TE OGH 1999/1/27 7Ob13/99h

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.01.1999
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Dr. Huber und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef M*****, vertreten durch Dr. Werner Weidinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei D.*****, vertreten durch Dr. Wolfram Themmer, Dr. Martin Prunbauer und Dr. Josef Toth, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 93.405,76 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10. August 1998, GZ 1 R 71/98g-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 26. November 1997, GZ 9 C 1716/96k-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit S 6.086,40 (hierin enthalten S 1.014,40 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist auch an den vom Berufungsgericht gemäß § 508 Abs 3 ZPO vorgenommenen Ausspruch, daß die ordentliche Revision doch nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei (hier: mit der Begründung, daß zwar das Berufungsgericht die vom Revisionswerber dargelegten Bedenken nicht teile, jedoch "grobe Auslegungsfehler und krasse Denkfehler, die in der Regel unbewußt unterlaufen, auch bei größter Sorgfalt nicht immer vermieden werden können, ist doch jede berufliche Tätigkeit - und damit auch die Rechtsfindung - potentiell fehler- und damit auch schadensgeneigt"), nicht gebunden (2 Ob 217/98w, 7 Ob 284/98k).Der Oberste Gerichtshof ist auch an den vom Berufungsgericht gemäß Paragraph 508, Absatz 3, ZPO vorgenommenen Ausspruch, daß die ordentliche Revision doch nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zulässig sei (hier: mit der Begründung, daß zwar das Berufungsgericht die vom Revisionswerber dargelegten Bedenken nicht teile, jedoch "grobe Auslegungsfehler und krasse Denkfehler, die in der Regel unbewußt unterlaufen, auch bei größter Sorgfalt nicht immer vermieden werden können, ist doch jede berufliche Tätigkeit - und damit auch die Rechtsfindung - potentiell fehler- und damit auch schadensgeneigt"), nicht gebunden (2 Ob 217/98w, 7 Ob 284/98k).

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Es kann daher genügen, folgendes auszuführen:Gemäß Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (Paragraph 502, Absatz eins, ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Es kann daher genügen, folgendes auszuführen:

Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß auf den vorliegenden Fall die Rechtslage vor dem Inkrafttreten der VersVG-Novelle 1994 BGBl 509 anzuwenden ist. Nach dem Nachweis einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers durch den Versicherer wäre es sohin Sache des Ersteren gewesen, zu beweisen, daß diese lediglich leicht fahrlässig erfolgte oder daß das Erweisen grober Fahrlässigkeit weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung Einfluß gehabt habe. Bei der Obliegenheit des Versicherungsnehmers im Rahmen der Rechtsschutzversicherung, den Versicherer unverzüglich "vollständig und wahrheitsgemäß" über sämtliche Umstände des Versicherungsfalles zu unterrichten (Art 8 Z 1 1.1 und 1.2 Arb 1988), handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Senates um eine auf die Bedürfnisse des Rechtschutzversicherers zugeschnittene Ausformung der allgemeinen Auskunftsobliegenheit des § 34 Abs 1 VersVG, wobei der Versicherungsschutz begehrende Versicherungsnehmer diese Auskünfte von sich aus, spontan und ohne konkretes Verlangen des Versicherers zu geben hat (VersE 1729). Im konkreten Fall hat der Kläger (nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes iVm dem Beiakt des Vorprozesses 21 Cg 373/93i des Landesgerichtes für Zivilrechtsachen Wien) gegenüber dem beklagten Versicherer angegeben, vor dem Unfall am 2. 12. 1990 im Wiener Stadtbereich auf der teilweise glatten und schneebedeckten Fahrbahn "mit der Wettersituation angepaßter Geschwindigkeit" gefahren zu sein, worauf Deckungszusage lediglich unter ausdrücklicher Zugrundelegung der Annahme, daß der Kläger keine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten habe (und angegurtet gewesen sei), erfolgte; im darauffolgenden vorgenannten Zivilverfahren gab der Kläger seine Geschwindigkeit mit ungefähr 50 km/h an. Tatsächlich betrug seine Geschwindigkeit jedoch zumindest 69 km/h statt höchstzulässiger 44 km/h, weshalb das dortige Klagebegehren rechtskräftig abgewiesen wurde. Insoweit das Berufungsgericht in dieser nach dem Eintritt des Versicherungsfalles erfolgten Verhaltensweise des Versicherungsnehmers (zumindest) grobe Fahrlässigkeit erblickte, handelt es sich um eine (vom Berufungsgericht in seiner bekämpften Entscheidung letztlich selbst als solche bezeichnete) Einzelfallbeurteilung. Daß die Falschangabe einer derartigen Geschwindigkeitsüberschreitung (von über 50 % und nicht bloß, wie das Berufungsgericht meinte, von 38 %) zumindest den Leistungsumfang beeinflußte, ist evident und damit auch von der Kausalität der Obliegenheitsverletzung im gegenständlichen Versicherungsfall auszugehen.Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß auf den vorliegenden Fall die Rechtslage vor dem Inkrafttreten der VersVG-Novelle 1994 BGBl 509 anzuwenden ist. Nach dem Nachweis einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers durch den Versicherer wäre es sohin Sache des Ersteren gewesen, zu beweisen, daß diese lediglich leicht fahrlässig erfolgte oder daß das Erweisen grober Fahrlässigkeit weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung Einfluß gehabt habe. Bei der Obliegenheit des Versicherungsnehmers im Rahmen der Rechtsschutzversicherung, den Versicherer unverzüglich "vollständig und wahrheitsgemäß" über sämtliche Umstände des Versicherungsfalles zu unterrichten (Artikel 8, Ziffer eins, 1.1 und 1.2 Arb 1988), handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Senates um eine auf die Bedürfnisse des Rechtschutzversicherers zugeschnittene Ausformung der allgemeinen Auskunftsobliegenheit des Paragraph 34, Absatz eins, VersVG, wobei der Versicherungsschutz begehrende Versicherungsnehmer diese Auskünfte von sich aus, spontan und ohne konkretes Verlangen des Versicherers zu geben hat (VersE 1729). Im konkreten Fall hat der Kläger (nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes in Verbindung mit dem Beiakt des Vorprozesses 21 Cg 373/93i des Landesgerichtes für Zivilrechtsachen Wien) gegenüber dem beklagten Versicherer angegeben, vor dem Unfall am 2. 12. 1990 im Wiener Stadtbereich auf der teilweise glatten und schneebedeckten Fahrbahn "mit der Wettersituation angepaßter Geschwindigkeit" gefahren zu sein, worauf Deckungszusage lediglich unter ausdrücklicher Zugrundelegung der Annahme, daß der Kläger keine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten habe (und angegurtet gewesen sei), erfolgte; im darauffolgenden vorgenannten Zivilverfahren gab der Kläger seine Geschwindigkeit mit ungefähr 50 km/h an. Tatsächlich betrug seine Geschwindigkeit jedoch zumindest 69 km/h statt höchstzulässiger 44 km/h, weshalb das dortige Klagebegehren rechtskräftig abgewiesen wurde. Insoweit das Berufungsgericht in dieser nach dem Eintritt des Versicherungsfalles erfolgten Verhaltensweise des Versicherungsnehmers (zumindest) grobe Fahrlässigkeit erblickte, handelt es sich um eine (vom Berufungsgericht in seiner bekämpften Entscheidung letztlich selbst als solche bezeichnete) Einzelfallbeurteilung. Daß die Falschangabe einer derartigen Geschwindigkeitsüberschreitung (von über 50 % und nicht bloß, wie das Berufungsgericht meinte, von 38 %) zumindest den Leistungsumfang beeinflußte, ist evident und damit auch von der Kausalität der Obliegenheitsverletzung im gegenständlichen Versicherungsfall auszugehen.

Da es sich bei der Beurteilung, welche Verschuldensform einen Versicherungsnehmer trifft, um eine Rechts- und keine Tatfrage handelt, bedurfte es auch nicht der vom Revisionswerber vermißten (und als Verfahrensverstoß erheblicher Art bezeichneten) Beweisergänzung oder -wiederholung nach § 498 ZPO - dies umso weniger, als in der Berufung der beklagten Partei nur eine Rechtsrüge und auch in der Berufungsbeantwortung des Klägers keine Beweisrügen enthalten gewesen waren.Da es sich bei der Beurteilung, welche Verschuldensform einen Versicherungsnehmer trifft, um eine Rechts- und keine Tatfrage handelt, bedurfte es auch nicht der vom Revisionswerber vermißten (und als Verfahrensverstoß erheblicher Art bezeichneten) Beweisergänzung oder -wiederholung nach Paragraph 498, ZPO - dies umso weniger, als in der Berufung der beklagten Partei nur eine Rechtsrüge und auch in der Berufungsbeantwortung des Klägers keine Beweisrügen enthalten gewesen waren.

Auch die Beurteilung des Verhaltens der beklagten Partei im Vorfeld und während des Verfahrens 21 Cg 373/93i im Lichte des § 863 ABGB ist typisch einzelfallabhängig und vermag keine Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO zu begründen. Wenn das Berufungsgericht die von Anfang an gleichlautenden Erklärungen der beklagten Partei im Schriftverkehr (insbesondere Deckung nur unter Zugrundelegung der Annahme, daß der Kläger keine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten hat, zu gewähren) dahin interpretierte, daß daraus kein Verzicht auf die Geltendmachung der zuvor bereits behandelten Obliegenheitsverletzung abgeleitet werden könne, ist darin weder ein Verstoß gegen die vom Obersten Gerichtshof stets zugrundegelegten Auslegungsgrundsätze (Verständnishorizont eines redlichen Erklärungsempfängers: VersE 1644; Rummel in Rummel, ABGB I2 Rz 8 zu § 863) noch eine (sonstige) krasse rechtliche Fehlbeurteilung zu erblicken.Auch die Beurteilung des Verhaltens der beklagten Partei im Vorfeld und während des Verfahrens 21 Cg 373/93i im Lichte des Paragraph 863, ABGB ist typisch einzelfallabhängig und vermag keine Rechtsfrage nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zu begründen. Wenn das Berufungsgericht die von Anfang an gleichlautenden Erklärungen der beklagten Partei im Schriftverkehr (insbesondere Deckung nur unter Zugrundelegung der Annahme, daß der Kläger keine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten hat, zu gewähren) dahin interpretierte, daß daraus kein Verzicht auf die Geltendmachung der zuvor bereits behandelten Obliegenheitsverletzung abgeleitet werden könne, ist darin weder ein Verstoß gegen die vom Obersten Gerichtshof stets zugrundegelegten Auslegungsgrundsätze (Verständnishorizont eines redlichen Erklärungsempfängers: VersE 1644; Rummel in Rummel, ABGB I2 Rz 8 zu Paragraph 863,) noch eine (sonstige) krasse rechtliche Fehlbeurteilung zu erblicken.

Auch sonst werden in der Revision keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Die Revision ist daher mangels Vorliegens einer solchen zurückzuweisen.Auch sonst werden in der Revision keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO aufgezeigt. Die Revision ist daher mangels Vorliegens einer solchen zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers aus dem Grunde des § 502 Abs 1 ZPO in ihrer Revisionsbeantwortung mehrfach hingewiesen.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf Paragraphen 41,, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers aus dem Grunde des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO in ihrer Revisionsbeantwortung mehrfach hingewiesen.

Anmerkung

E52711 07A00139

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0070OB00013.99H.0127.000

Dokumentnummer

JJT_19990127_OGH0002_0070OB00013_99H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten