Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtsachen durch den Richter des Oberlandesgerichtes DDr.Huberger als Vorsitzenden und die Richterinnen des Oberlandesgerichtes Dr.Ciresa und Dr. Blaszczyk sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Karl Stetter (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Prok.Walter Lihotzky (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei E*****S*****, 3*****, vertreten durch Dr.Andrea EISLER, Sekretär der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, 1010 Wien,Teinfaltstraße 7, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt Öffentlich Bediensteter (BVA), 1081 Wien, Josefstädter Straße 80 , wegen Hinterbliebenenrente und Teilersatz der Bestattungskosten (§ 111 B-KUVG), infolge Berufung der klagenden Partei wider das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 6.10.1998 ,6 Cgs 76/98b-5, gemäß den §§ 2 ASGG, 492 Abs.1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtsachen durch den Richter des Oberlandesgerichtes DDr.Huberger als Vorsitzenden und die Richterinnen des Oberlandesgerichtes Dr.Ciresa und Dr. Blaszczyk sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Karl Stetter (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Prok.Walter Lihotzky (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei E*****S*****, 3*****, vertreten durch Dr.Andrea EISLER, Sekretär der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, 1010 Wien,Teinfaltstraße 7, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt Öffentlich Bediensteter (BVA), 1081 Wien, Josefstädter Straße 80 , wegen Hinterbliebenenrente und Teilersatz der Bestattungskosten (Paragraph 111, B-KUVG), infolge Berufung der klagenden Partei wider das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 6.10.1998 ,6 Cgs 76/98b-5, gemäß den Paragraphen 2, ASGG, 492 Absatz , ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Ehegatte der Klägerin, der Gendarmeriegruppeninspektor F*****S*****, verstarb am 10.11.1996 nach Ausbruch einer Hepatitis-B Infektion, die er sich nach der Unfall-Schadenanzeige vom 18.11.1996 im Sommer 1996 im Zuge seiner Dienstausübung als Gendarm bei Verkehrsunfallserhebungen zugezogen haben soll [37 Unfallerhebungen 1996].
Mit Bescheid der beklagten Partei vom 20.3.1998 wurde die Anerkennung der Erkrankung als Dienstunfall und als Folge einer Berufskrankheit abgelehnt (Beilage ./A).
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin nunmehr die Zuerkennung einer Hinterbliebenenrente gemäß § 112 B-KUVG und den Teilersatz der Bestattungskosten gemäß § 111 B-KUVG mit dem wesentlichen Vorbringen, daß die Infektion des Verstorbenen im Sinne eines Anscheinsbeweises mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit während des Dienstes stattgefunden habe.Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin nunmehr die Zuerkennung einer Hinterbliebenenrente gemäß Paragraph 112, B-KUVG und den Teilersatz der Bestattungskosten gemäß Paragraph 111, B-KUVG mit dem wesentlichen Vorbringen, daß die Infektion des Verstorbenen im Sinne eines Anscheinsbeweises mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit während des Dienstes stattgefunden habe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das Klagebegehren ebenfalls abgewiesen. Es stellte den auf den Seiten 2 und 3 seiner Urteilsausfertigung (= AS 21 und 23) ersichtlichen Sachverhalt fest, auf den zur Vermeidung weitwendiger Wiederholungen hinzuweisen ist; hervorzuheben ist:
Der seit dem 1.1.1967 im Gendarmeriedienst befindlich gewesene Gatte der Klägerin war zuletzt als Beamter der Verkehrsabteilung, Außenstelle M*****, des LGK *****beschäftigt und im Zuge seiner Tätigkeit auf der Westautobahn mit der Aufnahme von Verkehrsunfällen beschäftigt und dadurch auch beim Eintreffen am Unfallsort mit dem Ergreifen Erster Hilfe-Maßnahmen befaßt.
Er infizierte sich im Laufe des Jahres 1996 an der Infektionskrankheit Hepatitis B, an deren Folge er am 10.11.1996 verstarb.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt dahin, daß auf Grund des Umstandes, daß die Exekutivdiensttätigkeit nicht in der Anlage 3 zum ASVG aufgezählt und demnach die Anerkennung als Berufskrankheit im Sinne des § 92 Abs.1 B-KUVG nicht möglich sei, eine analoge Anwendung auf Unternehmen, die in Nr. 38 der Anlage 1 nicht genannt sei, komme demnach nicht in Betracht. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der klagenden Partei wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Begehren, es im klagsstattgebenden Sinn abzuändern (ON 7).In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt dahin, daß auf Grund des Umstandes, daß die Exekutivdiensttätigkeit nicht in der Anlage 3 zum ASVG aufgezählt und demnach die Anerkennung als Berufskrankheit im Sinne des Paragraph 92, Absatz , B-KUVG nicht möglich sei, eine analoge Anwendung auf Unternehmen, die in Nr. 38 der Anlage 1 nicht genannt sei, komme demnach nicht in Betracht. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der klagenden Partei wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Begehren, es im klagsstattgebenden Sinn abzuändern (ON 7).
Die beklagte Partei beantragte in ihrer Berufungsbeantwortung ON 8, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zur Rechtsrüge ist ausgehend vom unbekämpft festgestellten Sachverhalt auszuführen:
Durch die Einführung der Berufskrankheiten sollten Gesundheitsschädigungen als Folge einer Erwerbstätigkeit geschützt werden. Um die Unfallversicherung nicht mit den Unsicherheiten der medizinischen Ätiologie zu belasten, hat sich der Gesetzgeber vorbehalten, im einzelnen festzulegen, welche Krankheiten unter welchen Voraussetzungen als Berufskrankheiten gelten und hiezu eine taxative Liste erstellt ("abstrakte Berufskrankheiten"). Da eine Gesundheitsstörung verschiedene Ursachen haben kann, anerkannte der Gesetzgeber daher häufig eine bestimmte Gesundheitsstörung nicht schon als solche Berufskrankheit, sondern nur dann, wenn sie bestimmte Ursachen hat und in einer bestimmten Umgebung aufgetreten ist, stellt also, wie im Falle der Infektionskrankheiten (Nummer 38 der Anlage 1 zum ASVG) wegen der bei solchen Krankheiten besonderen Schwierigkeit des Nachweises der Kausalität mit der beruflichen Tätigkeit, auf besondere Unternehmen ab, weil die dort beschäftigten Personen in einem ganz besonderen Ausmaß der Gefahr von Ansteckungen ausgesetzt sind. Dies bedeutet aber, daß eine analoge Anwendung auf Unternehmen, die in Nummer 38 der Anlage 1 nicht aufgezählt sind, ausgeschlossen ist und es nur dem Gesetzgeber obliegt, den Kreis der geschützten Unternehmen zu erweitern, wie er es etwa in der 23. Novelle zum ASVG durch die Aufnahme auch der Einrichtungen der Kindergärten und Säuglingskrippen auch getan hat.
Nur sachlich nicht begründete Differenzierungen sind verfassungswidrig. Eine Differenzierung ist aber dann sachlich begründet, wenn sie nach objektiven Unterscheidungsmerkmalen (aus Unterschieden im Tatsächlichen) erfolgt (VfSlg. 4140, 4392 uva). Der Gesetzgeber ist demnach durch den Gleichheitsgrundsatz verpflichtet, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. Wesentliche Unterschiede im Tatsachenbereich müssen zu entsprechend unterschiedlichen Regelungen führen (VfSlg. 8217, 8806). Es ist zulässig, von einer durchschnittlichen Betrachtung und im Regelfall ein ganz besonders erhöhtes Ansteckungsrisiko mit sich bringen, dann erscheint diese Bestimmung wegen des Unterschiedes im Tatsächlichen verfassungsrechtlich nicht bedenklich. Gendarmeriebeamte werden im Exekutivdienst doch im Regelfall mit verletzten Personen zu tun haben und der Kontakt mit allenfalls Infizierten beschränkt sich jedenfalls auf eine kurz eingegrenzte Zeit. Einem solchen Risiko aber sind alle Erwerbstätigen ausgesetzt, die in intensivem, ständigem Kontakt mit anderen Menschen stehen (etwa Restaurants, Flugpassagierabfertigung, Reiseleiter u.a.).
Nach § 92 Abs 3 B-KUVG (§ 177 Abs 2 ASVG) gilt eine Krankheit, die ihrer Ar nach nicht in Anlage 1 zum ASVG enthalten ist, im Einzelfall als Berufskrankheit, wenn der Träger der Unfallversicherung auf Grund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse feststellt, daß diese Krankheit ausschließlich oder überwiegend durch die Verwendung schädigender Stoffe oder Strahlen bei einer vom Versicherten ausgeübten Beschäftigung entstanden ist. Diese Feststellung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Bundesministerin für Arbeit und Soziales.Nach Paragraph 92, Absatz 3, B-KUVG (Paragraph 177, Absatz 2, ASVG) gilt eine Krankheit, die ihrer Ar nach nicht in Anlage 1 zum ASVG enthalten ist, im Einzelfall als Berufskrankheit, wenn der Träger der Unfallversicherung auf Grund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse feststellt, daß diese Krankheit ausschließlich oder überwiegend durch die Verwendung schädigender Stoffe oder Strahlen bei einer vom Versicherten ausgeübten Beschäftigung entstanden ist. Diese Feststellung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Bundesministerin für Arbeit und Soziales.
Da Hepatitis B als Infektionskrankheit in der abstrakten Berufskrankheitenliste bereits erfaßt ist, kommt eine Anwendung des § 92 Abs 3 B-KUVG von vornherein nicht in Betracht (vgl OGH vom 6.9.1988, 10 ObS 159/88 = SSV-NF 2/88; RS-Justiz 0054077). Lücken im System der Berufskrankheiten zu schließen ist nicht AufgabeDa Hepatitis B als Infektionskrankheit in der abstrakten Berufskrankheitenliste bereits erfaßt ist, kommt eine Anwendung des Paragraph 92, Absatz 3, B-KUVG von vornherein nicht in Betracht vergleiche OGH vom 6.9.1988, 10 ObS 159/88 = SSV-NF 2/88; RS-Justiz 0054077). Lücken im System der Berufskrankheiten zu schließen ist nicht Aufgabe
der Rechtsprechung (10 ObS 2432/96m vom 27.3.1997 = ARD 4888/17/97;
10 ObS 34/98t vom 27.1.1997 = ARD 4921/19/98).
Insoweit das Vorliegen eines Dienstumfeldes sowohl in der Mängelrüge als auch in der Rechtsrüge geltend gemacht wird, so ist dem zu entgegnen, daß eine berufsbedingte Infektion primär als Berufskrankheit zu werten ist. Außerdem ist mangels konkreten (möglichen) Vorbringens, welches Unfallsgeschehen (für den Dienstunfall) beim verstorbenen Gatten der Klägerin stattgefunden hat (Eindringen von Krankheitskeimen über eine Hautverletzung, Mund-zu-Mund-Beatmung etc.), auch kein Hinweis auf eine Infektion von außen gegeben, zumal eine aus dem Körper selbst kommende Infektion keinen ursächlichen Zusammenhang mit einem Arbeits(hier:Dienst)unfall erkennen ließe (vgl OGH vom 17.9.1991, 10 ObS 221/91). Die Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus erfolgt - penivatal hier ausschließbar - durch Geschlechtsverkehr, penivatale Mechanismen wie Tätowierung, Drogenabusus, Transfusionen, Schmierinfektionen, wobei die Inkubationszeit 50 - 180 Tage beträgt. Auf Grund dieser Infektionsmöglichkeiten fehlen jegliche verwertbare und zielführenden Hinweise hinsichtlich eines heranziehbaren Dienstunfallgeschehens. Der Berufung kommt daher insgesamt keine Berechtigung zu, sodaß die begehrten Leistungen der Klägerin nicht zuzuerkennen sind. Ein Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision hatte zu entfallen, weil ein privilegierter Fall gemäß § 46 Abs.3 Ziffer 3 ASGG vorliegt (betreffend die Hinterbliebenenrente).Insoweit das Vorliegen eines Dienstumfeldes sowohl in der Mängelrüge als auch in der Rechtsrüge geltend gemacht wird, so ist dem zu entgegnen, daß eine berufsbedingte Infektion primär als Berufskrankheit zu werten ist. Außerdem ist mangels konkreten (möglichen) Vorbringens, welches Unfallsgeschehen (für den Dienstunfall) beim verstorbenen Gatten der Klägerin stattgefunden hat (Eindringen von Krankheitskeimen über eine Hautverletzung, Mund-zu-Mund-Beatmung etc.), auch kein Hinweis auf eine Infektion von außen gegeben, zumal eine aus dem Körper selbst kommende Infektion keinen ursächlichen Zusammenhang mit einem Arbeits(hier:Dienst)unfall erkennen ließe vergleiche OGH vom 17.9.1991, 10 ObS 221/91). Die Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus erfolgt - penivatal hier ausschließbar - durch Geschlechtsverkehr, penivatale Mechanismen wie Tätowierung, Drogenabusus, Transfusionen, Schmierinfektionen, wobei die Inkubationszeit 50 - 180 Tage beträgt. Auf Grund dieser Infektionsmöglichkeiten fehlen jegliche verwertbare und zielführenden Hinweise hinsichtlich eines heranziehbaren Dienstunfallgeschehens. Der Berufung kommt daher insgesamt keine Berechtigung zu, sodaß die begehrten Leistungen der Klägerin nicht zuzuerkennen sind. Ein Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision hatte zu entfallen, weil ein privilegierter Fall gemäß Paragraph 46, Absatz , Ziffer 3 ASGG vorliegt (betreffend die Hinterbliebenenrente).
Die Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil Kosten nicht
verzeichnet wurden.
Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11
Anmerkung
EW00431 7Rs378.98dEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0009:1999:0070RS00378.98D.0127.000Dokumentnummer
JJT_19990127_OLG0009_0070RS00378_98D0000_000