Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Divr. Mag. Dr. Gerhard Fuchs (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ernst Boran (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Erwin K*****, Wachorgan, ***** vertreten durch Dr. Carmen Riedl, Sekretärin der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, Prinz Eugen Straße 20-22, 1040 Wien, diese vertreten durch Dr. Georg Grießer und Dr. Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei S***** GmbH, ***** vertreten durch Frieders, Tassul & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 84.038,08 S brutto sA (Revisionsinteresse S 18.017,88 brutto sA), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. März 1998, GZ 7 Ra 29/98f-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 10. November 1997, GZ 5 Cga 195/97z-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung
I. zu Recht erkannt:römisch eins. zu Recht erkannt:
Spruch
Der außerordentlichen Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie einschließlich des unangefochten gebliebenen Teiles insgesamt zu lauten haben:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 84.038,08 brutto samt 4,5 % Zinsen aus S 66.020,20 brutto und 4 % Zinsen aus S 18.017,88 brutto jeweils seit 1. März 1997 und die mit S 3.330 bestimmten Barauslagen für das Verfahren erster Instanz sowie der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien deren mit S 9.300 bestimmten Aufwand im Verfahren erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren von 0,5 % Zinsen aus S 18.017,88 brutto seit 1. März 1997 wird abgewiesen."
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.655,68 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 609,28 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
II. denrömisch II. den
Beschluß
gefaßt:
Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war bei der beklagten Partei seit 1. Februar 1992 als Wachorgan beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde vom Kläger wegen Zuerkennung einer Invaliditätspension zum 28. Februar 1997 aufgekündigt. Der Entgeltfortzahlungsanspruch für das Jahr 1996 war infolge eines Krankenstandes vom 31. Oktober 1995 bis 31. März 1996 ausgeschöpft. Der letzte Krankenstand des Klägers dauerte vom 16. September 1996 über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus.
Der Kläger begehrte Urlaubsentschädigung, Urlaubsabfindung, Abfertigung sowie aliquote Sonderzahlungen und Krankenentgelt im Gesamtbetrag von S 84.038,08 brutto sA.
Die beklagte Partei stellte das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit, anerkannte die Ansprüche auf Urlaubsentschädigung, Urlaubsabfindung und Abfertigung und bestritt nur mehr den Anspruch auf Entgeltfortzahlung und aliquote Sonderzahlungen für den Zeitraum vom 1. Februar bis 28. Februar 1997 im Betrag von S 18.017,88 brutto.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren bezüglich eines Betrages von S 66.020,20 brutto samt 4,5 % Zinsen seit 1. März 1997 statt und wies das Mehrbegehren von S 18.017,88 brutto sA ab. Entgeltfortzahlung für Februar 1997 stehe dem Kläger nicht zu, weil er schon zu Beginn des Krankenstandes keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung mehr gehabt habe.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die Revision unzulässig sei. Hiebei stützte es sich ebenso wie das Erstgericht auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 17. April 1997, 8 ObA 2132/96d.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im klagsstattgebenden Sinn abzuändern.
Die von der beklagten Partei erstattete Revisionsbeantwortung ist verspätet (die Freistellung wurde am 9. Juli 1998 zugestellt, die Revisionsbeantwortung am 27. August 1998 zur Post gegeben), da die Bestimmungen über die Gerichtsferien gemäß § 39 Abs 4 ASGG im Verfahren in Arbeits- und Sozialrechtssachen nicht anzuwenden sind.Die von der beklagten Partei erstattete Revisionsbeantwortung ist verspätet (die Freistellung wurde am 9. Juli 1998 zugestellt, die Revisionsbeantwortung am 27. August 1998 zur Post gegeben), da die Bestimmungen über die Gerichtsferien gemäß Paragraph 39, Absatz 4, ASGG im Verfahren in Arbeits- und Sozialrechtssachen nicht anzuwenden sind.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, da zur strittigen Rechtsfrage, ob nach Ausschöpfung des Entgeltfortzahlungsanspruches im vorangegangenen Arbeitsjahr bei ununterbrochener krankheitsbedingter Arbeitsverhinderung mit Beginn des nächsten Arbeitsjahres ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht, nur die angeführte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vorliegt, die in der Lehre auf Ablehnung gestoßen ist (siehe Pfeil zu DRdA 1998/4; Schrank, Arbeitsrecht und Sozialrecht, 336; Andexlinger, ecolex 1997, 599) und gegen die der Revisionswerber beachtliche Argumente ins Treffen führt.
Die Revision ist auch berechtigt.
Wie in der Entscheidung 8 ObA 2132/96d ausgeführt, spricht der Wortlaut des Gesetzes, insbesondere der im Gesetz wiederholt gebrauchte Begiff "Entgeltfortzahlung" und die Wortfolge "so behält er seinen Anspruch auf das Entgelt" in § 2 Abs 1 Satz 1 EFZG gegen das Entstehen eines neuen Entgeltfortzahlungsanspruches während einer nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung andauernden krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung. Nach den Gesetzesmaterialien (RV 1105 BlgNR 13. GP, 14) ist der Entgeltfortzahlungsanspruch auf das Arbeitsjahr abgestellt; mit Beginn eines neuen Arbeitsjahres entsteht ein neuer Anspruch. Geht man nun unter Beachtung dieser Materialien von der Systematik des Gesetzes aus, wonach für die Entgeltfortzahlung infolge Krankheit oder Unglücksfalles nicht auf die Dauer der einzelnen Arbeitsverhinderung, sondern nur darauf abgestellt wird, ob im betreffenden Arbeitsjahr das Höchstausmaß an Entgeltfortzahlung bereits ausgeschöpft ist, dann spricht dieses Kontingentsystem (siehe Schrank aaO) eher für den Standpunkt des Revisionswerbers, unabhängig von der Dauer der Arbeitsverhinderung im vorangegangenen Jahr und der damit verbundenen Erschöpfung des Entgeltfortzahlungsanspruches entstehe mit Beginn des neuen Arbeitsjahres auch ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Zutreffend weist der Revisionswerber darauf hin, daß das Erfordernis eines Anspruches auf Entgelt oder Entgeltfortzahlung zu Beginn des neuen Arbeitsjahres zu willkürlichen Ergebnissen führen würde; es würde - mangels einer Wartezeit nach Wiederantritt des Dienstes, wie sie etwa im § 8 Abs 2 AngG mit einem halben Jahr vorgesehen ist - schon die Arbeitsleistung an einem einzigen Tag des neuen Arbeitsjahres einen neuen Entgeltfortzahlungsanspruch auslösen. Wie der Revisionswerber zutreffend aufzeigt, läßt der Wortlaut des § 2 Abs 1 Satz 1 EFZG "so behält er seinen Anspruch auf das Entgelt" auch eine Auslegung dahin zu, daß damit lediglich auf das vor der Erkrankung tatsächlich ins Verdienen gebrachte Entgelt Bezug genommen und zum Ausdruck gebracht wird, daß das Entgelt in dieser Höhe während der Erkrankung beibehalten wird und nicht nur dahin, daß der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht auf einen Zeitraum folgen könnte, in dem weder Entgelt noch Entgeltfortzahlung geleistet wurde. Ebenso kann der Begriff "Entgeltfortzahlung" dahin verstanden werden, daß er - anders als das Krankengeld - grundsätzlich in Höhe des vor der Erkrankung erzielten Verdienstes zusteht, zumal die Angleichung an den Entgeltfortzahlungsanspruch der Angestellten in dieser Hinsicht die wesentlichste Neuerung dieses Gesetzes war.Wie in der Entscheidung 8 ObA 2132/96d ausgeführt, spricht der Wortlaut des Gesetzes, insbesondere der im Gesetz wiederholt gebrauchte Begiff "Entgeltfortzahlung" und die Wortfolge "so behält er seinen Anspruch auf das Entgelt" in Paragraph 2, Absatz eins, Satz 1 EFZG gegen das Entstehen eines neuen Entgeltfortzahlungsanspruches während einer nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung andauernden krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung. Nach den Gesetzesmaterialien (RV 1105 BlgNR 13. GP, 14) ist der Entgeltfortzahlungsanspruch auf das Arbeitsjahr abgestellt; mit Beginn eines neuen Arbeitsjahres entsteht ein neuer Anspruch. Geht man nun unter Beachtung dieser Materialien von der Systematik des Gesetzes aus, wonach für die Entgeltfortzahlung infolge Krankheit oder Unglücksfalles nicht auf die Dauer der einzelnen Arbeitsverhinderung, sondern nur darauf abgestellt wird, ob im betreffenden Arbeitsjahr das Höchstausmaß an Entgeltfortzahlung bereits ausgeschöpft ist, dann spricht dieses Kontingentsystem (siehe Schrank aaO) eher für den Standpunkt des Revisionswerbers, unabhängig von der Dauer der Arbeitsverhinderung im vorangegangenen Jahr und der damit verbundenen Erschöpfung des Entgeltfortzahlungsanspruches entstehe mit Beginn des neuen Arbeitsjahres auch ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Zutreffend weist der Revisionswerber darauf hin, daß das Erfordernis eines Anspruches auf Entgelt oder Entgeltfortzahlung zu Beginn des neuen Arbeitsjahres zu willkürlichen Ergebnissen führen würde; es würde - mangels einer Wartezeit nach Wiederantritt des Dienstes, wie sie etwa im Paragraph 8, Absatz 2, AngG mit einem halben Jahr vorgesehen ist - schon die Arbeitsleistung an einem einzigen Tag des neuen Arbeitsjahres einen neuen Entgeltfortzahlungsanspruch auslösen. Wie der Revisionswerber zutreffend aufzeigt, läßt der Wortlaut des Paragraph 2, Absatz eins, Satz 1 EFZG "so behält er seinen Anspruch auf das Entgelt" auch eine Auslegung dahin zu, daß damit lediglich auf das vor der Erkrankung tatsächlich ins Verdienen gebrachte Entgelt Bezug genommen und zum Ausdruck gebracht wird, daß das Entgelt in dieser Höhe während der Erkrankung beibehalten wird und nicht nur dahin, daß der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht auf einen Zeitraum folgen könnte, in dem weder Entgelt noch Entgeltfortzahlung geleistet wurde. Ebenso kann der Begriff "Entgeltfortzahlung" dahin verstanden werden, daß er - anders als das Krankengeld - grundsätzlich in Höhe des vor der Erkrankung erzielten Verdienstes zusteht, zumal die Angleichung an den Entgeltfortzahlungsanspruch der Angestellten in dieser Hinsicht die wesentlichste Neuerung dieses Gesetzes war.
Der erkennende Senat hält daher nicht an der in der Entscheidung 8 ObA 2132/96d vertretenen Auffassung fest, die Entstehung eines weiteren Entgeltfortzahlungsanspruches im nächsten Arbeitsjahr setze das Bestehen eines Entgelt- oder Entgeltfortzahlungsanspruches zu Beginn oder im Laufe dieses Arbeitsjahres voraus, sondern schließt sich der schon bisher von Cerny (in Entgeltfortzahlungsgesetz2 § 2 Anm 20), Adametz (in Adametz/Basalka/Krejci/Mayr/Stummvoll, Kommentar zum Entgeltfortzahlungsgesetz § 2 Rz 25), Tomandl (in Arbeitsrecht 22 und 3, 141) und Scherff (im Handbuch der Entgeltfortzahlung zu § 2 Abs 5 EFZG) vertretenen Auffassung an, mit Beginn des nächsten Arbeitsjahres entstehe bei ununterbrochen fortdauernder krankheitsbedingter Arbeitsverhinderung ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch auch dann, wenn der Arbeitnehmer wegen Ausschöpfung des Entgeltanspruches nach dem EFZG zuvor kein Entgelt mehr erhalten hatte.Der erkennende Senat hält daher nicht an der in der Entscheidung 8 ObA 2132/96d vertretenen Auffassung fest, die Entstehung eines weiteren Entgeltfortzahlungsanspruches im nächsten Arbeitsjahr setze das Bestehen eines Entgelt- oder Entgeltfortzahlungsanspruches zu Beginn oder im Laufe dieses Arbeitsjahres voraus, sondern schließt sich der schon bisher von Cerny (in Entgeltfortzahlungsgesetz2 Paragraph 2, Anmerkung 20), Adametz (in Adametz/Basalka/Krejci/Mayr/Stummvoll, Kommentar zum Entgeltfortzahlungsgesetz Paragraph 2, Rz 25), Tomandl (in Arbeitsrecht 22 und 3, 141) und Scherff (im Handbuch der Entgeltfortzahlung zu Paragraph 2, Absatz 5, EFZG) vertretenen Auffassung an, mit Beginn des nächsten Arbeitsjahres entstehe bei ununterbrochen fortdauernder krankheitsbedingter Arbeitsverhinderung ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch auch dann, wenn der Arbeitnehmer wegen Ausschöpfung des Entgeltanspruches nach dem EFZG zuvor kein Entgelt mehr erhalten hatte.
In Stattgebung der außerordentlichen Revision waren daher die Urteile der Vorinstanzen im Sinn der Zuerkennung auch des der Höhe nach unbestrittenen Anspruches auf Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 1. Februar 1997 bis 28. Februar 1997 abzuändern.
Da die beklagte Partei bei Verweigerung dieser Zahlung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 17. April 1997 folgte, waren der Klägerin diesbezüglich nicht die höheren Verzugszinsen nach § 49a ASGG, sondern nur die gesetzlichen Zinsen zuzuerkennen.Da die beklagte Partei bei Verweigerung dieser Zahlung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 17. April 1997 folgte, waren der Klägerin diesbezüglich nicht die höheren Verzugszinsen nach Paragraph 49 a, ASGG, sondern nur die gesetzlichen Zinsen zuzuerkennen.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz gründet sich auf die §§ 43 Abs 2, 50 ZPO und 58a Abs 1 ASGG.Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz gründet sich auf die Paragraphen 43, Absatz 2,, 50 ZPO und 58a Absatz eins, ASGG.
Anmerkung
E52860 08B01638European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1999:008OBA00163.98Y.0128.000Dokumentnummer
JJT_19990128_OGH0002_008OBA00163_98Y0000_000