TE OGH 1999/2/10 9Ob321/98s

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Veröffentlicht am 10.02.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Christian R*****, Landwirt, ***** vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Angela S*****, Musiklehrerin, ***** vertreten durch Mag. Michael Waldbauer, Rechtsanwalt in Kufstein, wegen Aufkündigung eines Mietverhältnisses (2 C 956/97p) sowie wegen S 11.856,-- sA (2 C 1062/97a), infolge außerordentlicher Revision und Rekurses der klagenden Partei gegen das Urteil und den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 23. September 1998, GZ 4 R 353/98k-29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 4. Mai 1998, GZ 2 C 956/97p-22, teils abgeändert, teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Der Rekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

2. Im übrigen wird der Revision Folge gegeben. Das angefochtene Urteil und das vorangegangene Berufungsverfahren werden als nichtig aufgehoben und die Berufung der beklagten Partei sowie die Berufungsbeantwortung der klagenden Partei werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung:

Der Kläger kündigte am 17. 6. 1997 das Mietverhältnis zur Beklagten gerichtlich auf. Er stützte sich dabei auf einen Mietzinsrückstand (§ 30 Abs 2 Z 1 MRG), erheblich nachteiligen Gebrauch des Mietgegenstandes durch rücksichtsloses, anstößiges und grob ungehöriges Verhalten (§ 30 Abs 2 Z 3 MRG) sowie den Eintritt eines vereinbarten Kündigungsgrundes durch Nichteinhaltung vertraglich übernommener Verpflichtungen (§ 30 Abs 2 Z 13 MRG). Mit einer Leistungsklage begehrte der Kläger neben der Zahlung rückständigen Mietzinses die Zahlung von Beträgen, mit denen der Kläger für die Beklagte in Vorlage getreten sei, insgesamt zuletzt S 11.856,-- sA.Der Kläger kündigte am 17. 6. 1997 das Mietverhältnis zur Beklagten gerichtlich auf. Er stützte sich dabei auf einen Mietzinsrückstand (Paragraph 30, Absatz 2, Ziffer eins, MRG), erheblich nachteiligen Gebrauch des Mietgegenstandes durch rücksichtsloses, anstößiges und grob ungehöriges Verhalten (Paragraph 30, Absatz 2, Ziffer 3, MRG) sowie den Eintritt eines vereinbarten Kündigungsgrundes durch Nichteinhaltung vertraglich übernommener Verpflichtungen (Paragraph 30, Absatz 2, Ziffer 13, MRG). Mit einer Leistungsklage begehrte der Kläger neben der Zahlung rückständigen Mietzinses die Zahlung von Beträgen, mit denen der Kläger für die Beklagte in Vorlage getreten sei, insgesamt zuletzt S 11.856,-- sA.

Die Beklagte erhob Einwendungen und beantragte die Abweisung des Leistungsbegehrens.

Das Erstgericht trug in seinem Urteil vom 4. 5. 1998 (ON 22) 1. der Beklagten auf, die im ersten Obergeschoß des landwirtschaftlichen Zuhauses gelegene Wohnung, das Lager im Erdgeschoß im Ausmaß von 8,6 m2, den Tankraum im Erdgeschoß und die mitgemieteten Kfz-Abstellplätze südöstlich und südwestlich des Gebäudes von allen nicht in Bestand genommenen Fahrnissen zu räumen und dem Kläger bei sonstiger Exekution binnen 14 Tagen samt Inventar zu übergeben und erkannte 2. die Beklagte für schuldig, dem Kläger S 8.460,-- sA binnen 14 Tagen bis sonstiger Exekution zu zahlen sowie die mit S 56.170,-- bestimmten Prozeßkosten zu ersetzen; ein Mehrbegehren von S 3.396,-- samt 10 % Zinsen aus S 500,-- vom 6. 6. 1997 bis 30. 11. 1997 und aus S 3.396,-- seit 1. 12. 1997 wies es (unangefochten und somit rechtskräftig) ab. Dieses Urteil wurde der Beklagten am 14. 5. 1998 zugestellt. Mit Beschluß vom 15. 5. 1998, 6 S 32/98p-3, eröffnete das Bezirksgericht Kufstein das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der beklagten Partei. Gleichzeitig wurde der Schuldnerin die Eigenverwaltung nicht entzogen. Dieser Beschluß wurde am 15. 5. 1998 an der Gerichtstafel angeschlagen.

Keine der Parteien stellte einen Antrag auf Fortsetzung der zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren 2 C 1062/97a und 2 C 956/97p. Das Erstgericht faßte auch keinen Fortsetzungsbeschluß.

Am 9. 6. 1998 erhob die Beklagte Berufung gegen den stattgebenden Teil des Ersturteils. Das Erstgericht verfügte die Zustellung der Berufung an den Kläger, welcher eine Berufungsbeantwortung einbrachte, in welcher er aber auf das mittlerweile eröffnete Konkursverfahren nicht hinwies.

Nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung erkannte das Berufungsgericht 1. in der Rechtssache 2 C 956/97p zu Recht, indem es die Kündigung aufhob und das Räumungsbegehren abwies und faßte 2. in der Rechtssache 2 C 1062/97a den Beschluß, mit welchem es - mit Ausnahme der in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung - das angefochtene Urteil hinsichtlich des Zuspruches von S 8.460,-- sA aufhob und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwies. Es sprach weiters aus, daß die ordentliche Revision gegen den abändernden Teil der Entscheidung nicht zulässig sei, weil es von der Judikatur nicht abgewichen sei.

Sowohl gegen das Urteil als auch gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richten sich die außerordentliche Revision und ein (darin enthaltener) Rekurs des Klägers aus den (erkennbaren) Gründen der Nichtigkeit und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, das angefochtene Urteil und den Beschluß des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, die Revision, soweit in ihr Nichtigkeit geltend gemacht wird, zu verwerfen und im übrigen zurückzuweisen; hilfsweise, der Revision nicht Folge zu geben.

Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß ist unzulässig. Gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist gegen einen Beschluß des Berufungsgerichtes, soweit damit das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wurde, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nur statthaft, wenn ein solcher vom Berufungsgericht zugelassen wurde. Dies ist hier nicht der Fall.Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß ist unzulässig. Gemäß Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer 2, ZPO ist gegen einen Beschluß des Berufungsgerichtes, soweit damit das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wurde, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nur statthaft, wenn ein solcher vom Berufungsgericht zugelassen wurde. Dies ist hier nicht der Fall.

Im übrigen ist die Revision, soweit Nichtigkeit geltend gemacht wird, zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 7 Abs 1 KO werden alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Gemeinschuldner Kläger oder Beklagter ist, mit Ausnahme der in § 6 Abs 3 bezeichneten Streitigkeiten durch die Konkurseröffnung unterbrochen. Dazu gehören insbesondere auch Streitigkeiten über die Aufkündigung von Bestandverhältnissen (RIS-Justiz RS0035210, RS0020908). Auch das Schuldenregulierungs- verfahren gemäß § 181 f KO ist ein Konkursverfahren. Daher hat auch die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens verfahrensunterbrechende Wirkung (RIS-Justiz RS0036752; RS0103501).Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, KO werden alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Gemeinschuldner Kläger oder Beklagter ist, mit Ausnahme der in Paragraph 6, Absatz 3, bezeichneten Streitigkeiten durch die Konkurseröffnung unterbrochen. Dazu gehören insbesondere auch Streitigkeiten über die Aufkündigung von Bestandverhältnissen (RIS-Justiz RS0035210, RS0020908). Auch das Schuldenregulierungs- verfahren gemäß Paragraph 181, f KO ist ein Konkursverfahren. Daher hat auch die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens verfahrensunterbrechende Wirkung (RIS-Justiz RS0036752; RS0103501).

Während der Unterbrechung des Verfahrens nach § 7 Abs 1 KO sind Prozeßhandlungen der anderen Partei gegenüber unwirksam. Das Gericht hat sie allerdings zum Gegenstand seiner Verfügung zu machen, es muß sie zurückweisen oder als der anderen Partei gegenüber unwirksam erklären. Eine meritorische Entscheidung über das Rechtsmittel ist jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0036977; RS0037023). Die Aufnahme eines derart unterbrochenen Verfahrens kann nur durch Gerichtsbeschluß erfolgen (EvBl 1978/57; EvBl 1982/119, SZ 66/178). Die Aufnahme eines gemäß § 155 ff ZPO unterbrochenen Verfahrens (- hiezu zählen gemäß § 159 ZPO auch durch die Konkursordnung bewirkte Unterbrechungen -) ist mit Rekurs anfechtbar. Ein solcher anfechtbarer Beschluß ist jedenfalls in der Verfügung des Erstgerichtes, die Berufung der Beklagten an den Kläger zuzustellen, nicht zu ersehen. Daraus folgt, daß die Unterbrechung des Verfahrens während des gesamten Berufungsverfahrens bestanden hat und nach wie vor aufrecht besteht. Selbst die mit Beschluß des BG Kufstein vom 9. 9. 1998, 6 S 32/98p-20, verfügte Aufhebung des Konkurses nach rechtskräftiger Einleitung des Abschöpfungsverfahrens vermag an dieser Rechtslage nichts zu ändern, weil ein durch die Konkurseröffnung unterbrochener Prozeß durch die Konkursaufhebung allein nicht wieder aufgenommen wird. Solange nicht die Wiederaufnahme des unterbrochenen Verfahrens beschlossen wurde, bleibt dieses unterbrochen und kann daher auch kein Rechtsmittel erhoben werden (2 Ob 191/76; 6 Ob 582/87 ua). Trotz dieser Unterbrechung ist aber die außerordentliche Revision des Klägers zulässig und berechtigt, weil es einer Partei nicht verwehrt werden kann, die ihr zugestellte Entscheidung anzufechten, wenn sie damit einen Verstoß gegen § 7 Abs 1 KO geltend machen will (RIS-Justiz RS0036977; RS0037023).Während der Unterbrechung des Verfahrens nach Paragraph 7, Absatz eins, KO sind Prozeßhandlungen der anderen Partei gegenüber unwirksam. Das Gericht hat sie allerdings zum Gegenstand seiner Verfügung zu machen, es muß sie zurückweisen oder als der anderen Partei gegenüber unwirksam erklären. Eine meritorische Entscheidung über das Rechtsmittel ist jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0036977; RS0037023). Die Aufnahme eines derart unterbrochenen Verfahrens kann nur durch Gerichtsbeschluß erfolgen (EvBl 1978/57; EvBl 1982/119, SZ 66/178). Die Aufnahme eines gemäß Paragraph 155, ff ZPO unterbrochenen Verfahrens (- hiezu zählen gemäß Paragraph 159, ZPO auch durch die Konkursordnung bewirkte Unterbrechungen -) ist mit Rekurs anfechtbar. Ein solcher anfechtbarer Beschluß ist jedenfalls in der Verfügung des Erstgerichtes, die Berufung der Beklagten an den Kläger zuzustellen, nicht zu ersehen. Daraus folgt, daß die Unterbrechung des Verfahrens während des gesamten Berufungsverfahrens bestanden hat und nach wie vor aufrecht besteht. Selbst die mit Beschluß des BG Kufstein vom 9. 9. 1998, 6 S 32/98p-20, verfügte Aufhebung des Konkurses nach rechtskräftiger Einleitung des Abschöpfungsverfahrens vermag an dieser Rechtslage nichts zu ändern, weil ein durch die Konkurseröffnung unterbrochener Prozeß durch die Konkursaufhebung allein nicht wieder aufgenommen wird. Solange nicht die Wiederaufnahme des unterbrochenen Verfahrens beschlossen wurde, bleibt dieses unterbrochen und kann daher auch kein Rechtsmittel erhoben werden (2 Ob 191/76; 6 Ob 582/87 ua). Trotz dieser Unterbrechung ist aber die außerordentliche Revision des Klägers zulässig und berechtigt, weil es einer Partei nicht verwehrt werden kann, die ihr zugestellte Entscheidung anzufechten, wenn sie damit einen Verstoß gegen Paragraph 7, Absatz eins, KO geltend machen will (RIS-Justiz RS0036977; RS0037023).

Die vom Kläger aufgezeigte Nichtigkeit des Verfahrens bedingt eine ersatzlose Behebung sowohl des Berufungsurteils als auch des vorangegangenen Berufungsverfahrens sowie die Zurückweisung der im Berufungsverfahren erstatteten Rechtsmittelschriftsätze.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 51 Abs 2 ZPO. Wenngleich die beklagte Partei durch Anbringen einer Berufung noch vor Fortsetzung des durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Verfahrens die Nichtigkeit des Berufungsverfahrens bewirkt hat, ist gegenüber dem Kläger der Vorwurf zu erheben, daß dieser nicht bereits in seiner Berufungsbeantwortung, sondern erst in seinem außerordentlichen Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof den ihm schon früher möglichen Einwand der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beklagten erhoben hat.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 51, Absatz 2, ZPO. Wenngleich die beklagte Partei durch Anbringen einer Berufung noch vor Fortsetzung des durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Verfahrens die Nichtigkeit des Berufungsverfahrens bewirkt hat, ist gegenüber dem Kläger der Vorwurf zu erheben, daß dieser nicht bereits in seiner Berufungsbeantwortung, sondern erst in seinem außerordentlichen Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof den ihm schon früher möglichen Einwand der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beklagten erhoben hat.

Anmerkung

E52922 09A03218

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0090OB00321.98S.0210.000

Dokumentnummer

JJT_19990210_OGH0002_0090OB00321_98S0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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