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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Niederösterreich ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 3.124,93 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer (Wohnungseigentümer) einer Wohnhausanlage ("Öko-Siedlung, Gärtnerhof").
2.1. Mit Bescheiden vom 27. Juni 1997 trug der Bürgermeister der Stadtgemeinde Gänserndorf den Beschwerdeführern den Anschluß an den Schmutzwasserkanal auf, der im Zuge der Errichtung einer Schmutzwasserkanalisation neu verlegt worden war.
Mit Bescheid vom 14. Jänner 1998 wies der Gemeinderat der Stadtgemeinde Gänserndorf eine dagegen gerichtete Berufung der Beschwerdeführer ab.
2.2. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung an die Niederösterreichische Landesregierung, die mit Bescheid vom 13. Februar 1998 abgewiesen wurde. Begründend berief sich die Landesregierung auf §17 Abs1 des Niederösterreichischen Kanalgesetzes 1977 LGBl. 8230-5 und auf §62 Abs2 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 LGBl. 8200-0.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, welche die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes bzw. durch Unterstellung eines verfassungswidrigen Inhalts behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
II. 1. Aus Anlaß dieser Beschwerde beschloß der Verfassungsgerichtshof, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §62 Abs2 erster und zweiter Satz der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 LGBl. 8200-0 einzuleiten. Mit Erkenntnis vom 12. Juni 2002, G 322,360,361/01, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, daß diese Bestimmungen verfassungswidrig waren.
Die belangte Behörde hat ein verfassungswidriges Gesetz angewandt. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.
Die Beschwerdeführer wurden also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde zu berücksichtigen haben, daß der Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom 12. Juni 2002, G 322,360,361/01, auch §62 Abs2 erster und zweiter Satz der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 idF der 1. Novelle als verfassungswidrig aufgehoben und daß er die Wirkung dieser Aufhebung auch auf das vorliegende Verfahren erstreckt hat.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist ein Streitgenossenzuschlag von 50 %, weiters Umsatzsteuer in der Höhe von € 490,54 sowie der Ersatz der entrichteten Gebühr gemäß §17a VfGG von € 181,68 enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B623.1998Dokumentnummer
JFT_09979382_98B00623_00