Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Dr. Heinz Paul (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Kurt H*****, Lackierermeister, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1053 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr. Paul Bachmann, Dr. Eva-Maria Bachmann und Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. November 1998, GZ 7 Rs 221/98v-46, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 29. April 1998, GZ 31 Cgs 270/94a-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.058,88 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 676,48 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, wonach der am 24. 1. 1941 geborene Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Erwerbsunfähigkeitspension ab 1. 6. 1994 gemäß § 133 Abs 2 GSVG erfüllt, ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Sie steht auch mit der im ersten Rechtsgang vom Obersten Gerichtshof in seinem Aufhebungsbeschluß vom 26. 11. 1996, 10 ObS 2395/96w-22 (SSV-NF 10/122) dargelegten Rechtsauffassung, die als bekannt vorausgesetzt werden kann, im Einklang. Den Ausführungen der beklagten Partei zum geltend gemachten Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache (§ 503 Z 4 ZPO) ist folgendes entgegenzuhalten:Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, wonach der am 24. 1. 1941 geborene Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Erwerbsunfähigkeitspension ab 1. 6. 1994 gemäß Paragraph 133, Absatz 2, GSVG erfüllt, ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, zweiter Satz ZPO). Sie steht auch mit der im ersten Rechtsgang vom Obersten Gerichtshof in seinem Aufhebungsbeschluß vom 26. 11. 1996, 10 ObS 2395/96w-22 (SSV-NF 10/122) dargelegten Rechtsauffassung, die als bekannt vorausgesetzt werden kann, im Einklang. Den Ausführungen der beklagten Partei zum geltend gemachten Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache (Paragraph 503, Ziffer 4, ZPO) ist folgendes entgegenzuhalten:
Es trifft durchaus zu, daß der Kläger im Rahmen des § 133 Abs 2 GSVG - anders als etwa im Fall der vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 131c GSVG - zwar einen Berufsschutz, jedoch keinen sogenannten Tätigkeitsschutz genießt (SSV-NF 8/114, 10/56, 11/20, 11/25 ua, zuletzt 10 ObS 316/98p). Auf die konkret im Beobachtungszeitraum ausgeübte Tätigkeit oder die bisherige Betriebsstruktur stellt nur § 131c, nicht aber § 133 Abs 2 GSVG ab; hier geht es vorerst vielmehr um die Situation in solchen Betrieben schlechthin. Das Gesetz stellt bezüglich der Prüfung der Möglichkeit der Weiterführung einer selbständigen Tätigkeit eben nicht auf die bisherige Betriebsstruktur ab, sondern nur auf die Kenntnisse und Fähigkeiten, die für die durch 60 Monate ausgeübte selbständige Tätigkeit erforderlich waren. Dem Versicherten soll bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 133 Abs 2 GSVG nicht zugemutet werden, völlig neue Kenntnisse zu erwerben oder nunmehr einer unselbständigen Tätigkeit nachzugehen (SSV-NF 9/22, 11/25 ua, zuletzt 10 ObS 316/98p). Alle diese Erwägungen betreffen allerdings die erst in zweiter Linie zu beantwortende Frage der Verweisbarkeit eines selbständig Erwerbstätigen, nicht jedoch die primäre Frage, ob seine persönliche Arbeitsleistung zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig war (§ 133 Abs 2 lit b GSVG). Da das Gesetz von der Notwendigkeit der persönlichen Arbeitsleistung und nicht etwa von ihrer tatsächlichen Erbringung spricht, muß rückschauend geprüft werden, ob diese objektiv im Hinblick auf den betreffenden Betrieb auch erforderlich war (SSV-NF 5/114, 8/114, 11/45 ua, zuletzt 10 ObS 107/98b). Insoweit kommt es also doch auf den konkreten Betrieb des Klägers und nicht auf einen "idealtypischen (durchschnittlichen) Lackiererbetrieb schlechthin" an, wie die beklagte Partei meint. Im vorliegenden Fall ist auf Grund der Tatsachenfeststellungen davon auszugehen, daß die persönliche Mitarbeit des Klägers zur Aufrechterhaltung seines konkreten Betriebes auch im Rahmen einer wirtschaftlich vertretbaren Betriebsführung notwendig war. Damit ist eine der - neben dem Anfallsalter - wesentlichen Voraussetzungen erfüllt. Damit stellt sich die weitere Frage, ob der Kläger außerstande ist, einer (nicht jener) selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die eine ähnliche Ausbildung sowie gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie die Erwerbstätigkeit erfordert, die er zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat. Da er nach seinem medizinischen Leistungskalkül (Einschränkung auf leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit im Bücken und ohne knieende oder hockende Haltungen) von den wesentlichen Tätigkeiten eines Lackierers weitgehend ausgeschlossen ist, kommt eine Verweisung auf Tätigkeiten eines selbständigen Lackierermeisters weder im Kraftfahrzeugbereich noch in einem anderen Zweig wie etwa der Möbellackierung in Betracht. Daß der Kläger nicht mehr in Lage ist, ohne Gefährdung seiner Gesundheit seine bisherige Erwerbstätigkeit auszuüben, hat bereits das Erstgericht festgestellt.Es trifft durchaus zu, daß der Kläger im Rahmen des Paragraph 133, Absatz 2, GSVG - anders als etwa im Fall der vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit nach Paragraph 131 c, GSVG - zwar einen Berufsschutz, jedoch keinen sogenannten Tätigkeitsschutz genießt (SSV-NF 8/114, 10/56, 11/20, 11/25 ua, zuletzt 10 ObS 316/98p). Auf die konkret im Beobachtungszeitraum ausgeübte Tätigkeit oder die bisherige Betriebsstruktur stellt nur Paragraph 131 c,, nicht aber Paragraph 133, Absatz 2, GSVG ab; hier geht es vorerst vielmehr um die Situation in solchen Betrieben schlechthin. Das Gesetz stellt bezüglich der Prüfung der Möglichkeit der Weiterführung einer selbständigen Tätigkeit eben nicht auf die bisherige Betriebsstruktur ab, sondern nur auf die Kenntnisse und Fähigkeiten, die für die durch 60 Monate ausgeübte selbständige Tätigkeit erforderlich waren. Dem Versicherten soll bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des Paragraph 133, Absatz 2, GSVG nicht zugemutet werden, völlig neue Kenntnisse zu erwerben oder nunmehr einer unselbständigen Tätigkeit nachzugehen (SSV-NF 9/22, 11/25 ua, zuletzt 10 ObS 316/98p). Alle diese Erwägungen betreffen allerdings die erst in zweiter Linie zu beantwortende Frage der Verweisbarkeit eines selbständig Erwerbstätigen, nicht jedoch die primäre Frage, ob seine persönliche Arbeitsleistung zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig war (Paragraph 133, Absatz 2, Litera b, GSVG). Da das Gesetz von der Notwendigkeit der persönlichen Arbeitsleistung und nicht etwa von ihrer tatsächlichen Erbringung spricht, muß rückschauend geprüft werden, ob diese objektiv im Hinblick auf den betreffenden Betrieb auch erforderlich war (SSV-NF 5/114, 8/114, 11/45 ua, zuletzt 10 ObS 107/98b). Insoweit kommt es also doch auf den konkreten Betrieb des Klägers und nicht auf einen "idealtypischen (durchschnittlichen) Lackiererbetrieb schlechthin" an, wie die beklagte Partei meint. Im vorliegenden Fall ist auf Grund der Tatsachenfeststellungen davon auszugehen, daß die persönliche Mitarbeit des Klägers zur Aufrechterhaltung seines konkreten Betriebes auch im Rahmen einer wirtschaftlich vertretbaren Betriebsführung notwendig war. Damit ist eine der - neben dem Anfallsalter - wesentlichen Voraussetzungen erfüllt. Damit stellt sich die weitere Frage, ob der Kläger außerstande ist, einer (nicht jener) selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die eine ähnliche Ausbildung sowie gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie die Erwerbstätigkeit erfordert, die er zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat. Da er nach seinem medizinischen Leistungskalkül (Einschränkung auf leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit im Bücken und ohne knieende oder hockende Haltungen) von den wesentlichen Tätigkeiten eines Lackierers weitgehend ausgeschlossen ist, kommt eine Verweisung auf Tätigkeiten eines selbständigen Lackierermeisters weder im Kraftfahrzeugbereich noch in einem anderen Zweig wie etwa der Möbellackierung in Betracht. Daß der Kläger nicht mehr in Lage ist, ohne Gefährdung seiner Gesundheit seine bisherige Erwerbstätigkeit auszuüben, hat bereits das Erstgericht festgestellt.
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, ASGG.
Anmerkung
E53072 10C00369European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1999:010OBS00036.99P.0218.000Dokumentnummer
JJT_19990218_OGH0002_010OBS00036_99P0000_000