TE OGH 1999/3/8 15R13/99p

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Veröffentlicht am 08.03.1999
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Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Univ.Prof.Dr.Ertl als Vorsitzenden sowie den Richter des Oberlandesgerichtes Univ.Doz.Dr.Bydlinski und den KR Mayrhofer in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien 1) E***** V*****, Geschäftsführer,

2) E***** V***** GmbH, *****, wider die beklagte und gefährdende Partei ***** P***** GmbH, *****, wegen Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000,--) über den Rekurs der beklagten und gefährdenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten (als Handelsgericht) vom 2.12.1998, 1 Cg 80/97m-16, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird im Kostenpunkt, nicht aber in der Hauptsache, F o l g e gegeben.

Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahin abgeändert, daß sie zu lauten hat:

"Die beklagte und gefährdende Partei hat die ihr im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten endgültig, die klagende und gefährdete Partei hingegen vorläufig selbst zu tragen."

Die beklagte und gefährdende Partei hat ihre Rekurskosten endgültig, die klagenden und gefährdeten Parteien haben die Kosten ihrer Rekursbeantwortung hingegen vorläufig selbst zu tragen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt S 260.000,--.

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Über Antrag der klagenden und gefährdeten Parteien (im folgenden: Kläger) erließ das Erstgericht mit Beschluß vom 21.3.1997 gegenüber der Beklagten (sowie dem ursprünglich weiteren Beklagten B***** W*****) eine einstweilige Verfügung, mit der ihr geboten wurde, bis zur rechtskräftigen Erledigung des Hauptverfahrens die Veröffentlichung und/oder Verbreitung der Behauptungen, der Erstkläger sei neben seiner Tätigkeit als Chefredakteur der N*****zeitung gleichzeitig als SP-Pressesprecher tätig und/oder die N*****zeitung sei ein "rotes Parteiblättchen" und/oder die Kläger stünden in unerklärbaren parteipolitischen Verflechtungen zur SPÖ oder sinngleiche und ähnliche Behauptungen zu unterlassen. Es nahm dabei unter anderem nachstehenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Die Zweitklägerin ist Medieninhaberin und Herausgeber der "N*****zeitung" (*****). Der Erstkläger ist Chefredakteur dieser Zeitung und Geschäftsführer und Gesellschafter der Zweitklägerin.

Der Erstbeklagte ist ÖVP-Gemeinderat in St.Pölten. Die Zweitbeklagte ist Medieninhaberin und Herstellerin der Wochenzeitung "N*****", die mit zahlreichen Regionalausgaben in ganz Niederösterreich verbreitet wird.

In der Ausgabe Nr.11/1997 der N***** veröffentlichte und verbreitete die zweitbeklagte Partei auf Seite 14 folgenden Artikel, der auch Äußerungen des Erstbeklagten wie im folgenden angeführt enthält:

"W***** vs. K*****

St.Pölten. - ÖVP-Gemeinderat B***** W***** kritisiert die Stellungnahmen vom Vizebürgermeister A***** K***** in der sozialdemokratischen Zeitung "***** Stadtexpress" über die angeblichen Verflechtungen der Wirtschaftskammer mit der Zeitung "Die Landeshauptstadt".

"Weiß der Vizebürgermeister nicht mehr um die Verstrickungen seiner eigenen Partei?" fragt W*****. "Da gibt es gleich mehrere SPÖ-Gemeinderäte, die als Beamte der Stadt für alle Steuerzahler zu arbeiten haben, da gibt es angeblich eine so unabhängige "Stadtzeitung", deren Chefredakteur gleichzeitig als SP-Pressesprecher tätig ist und bei meinem regelmäßigen Gang ins Rathaus muß ich feststellen, daß vor dem Bürgermeisterzimmer das rote Parteiblättchen zur freien Entnahme aufliegt".

Letzteres scheint laut B***** W***** Methode zu haben: "Vor kurzem wurden noch im Tourismusbüro an die Besucher die SPÖ-Wahlkampfstadtpläne verteilt. Wenn es also in St.Pölten unerklärbare politische Verflechtungen gibt, so sind es die der Sozialdemokratischen Partei".

Der Erstkläger ist und war niemals Pressesprecher der sozialdemokratischen Partei, weder in St.Pölten, noch anderswo; er ist auch nicht Mitglied der SPÖ. Die "Neue Stadtzeitung" und die Zweitklägerin sind weder rechtlich noch wirtschaftlich in irgend einer Weise mit der SPÖ oder irgend einer ihrer Teilgruppierungen verflochten oder von dieser abhängig. Diese Zeitung ist auch inhaltlich parteipolitisch unabhängig und berichtet gleichermaßen über die im Gemeinderat von St.Pölten vertretenen Parteien. Vor Veröffentlichung des oben wörtlich zitierten Artikels in der Ausgabe Nr.11/1997 der N***** wurden der Erstkläger oder andere Mitarbeiter der "Neuen Stadtzeitung" weder vom Erstbeklagten noch von einem Mitarbeiter der Zweitbeklagten mit den im Artikel enthaltenen Vorwürfen konfrontiert oder dazu befragt.

Die neue Stadtzeitung ist eine Gratiszeitung, die in St.Pölten und Umgebung verbreitet wird. Die Finanzierung der Zweitklägerin und der Stadtzeitung erfolgt über Inserate; die Zweitklägerin und die Stadtzeitung sind auch auf die Erzielung von Inserateneinnahmen von der ÖVP nahestehenden Wirtschaftstreibenden, aber auch von politisch unabhängigen Unternehmen angewiesen.

Nach Erscheinen des oben zitierten Artikels in der Ausgabe Nr.11/1997 der N***** wurde der Erstkläger mehrfach auf diese Veröffentlichung hin angesprochen und mit dem Vorwurf konfrontiert, daß seine Zeitung ("Neue Stadtzeitung") zur SPÖ gehöre, weshalb die Insertionstätigkeit in Hinkunft neu überdacht werden müßte. Ein Inseratenkunde erklärte unter Bezugnahme auf den inkriminierten Artikel auch schriftlich, nicht bereit zu sein, mit einem politisch zugeordneten Medium geschäftlich zusammenzuarbeiten, und ersuchte den Erstkläger um Aufklärung und Stellungnahme.

Der gegen die einstweilige Verfügung von der Beklagten erhobene Rekurs blieb erfolglos.

In ihrem (gleichzeitig mit dem Rekurs erhobenen) Widerspruch wandte sie - abgesehen von umfangreichen Rechtsausführungen - im wesentlichen ein, daß es ihr aufgrund der Aktualität der medialen Auseinandersetzung zwischen dem Vizebürgermeister und dem Erstbeklagten über angebliche Verflechtungen zwischen Politik und Printmedien in der Region St.Pölten jedenfalls zweckmäßig erschienen sei, die Presseaussendung, die vermutlich auch an andere Medien gerichtet worden sei, noch in den nächstfolgende nach dem Wochenende am 11.3.1997 erscheinende Ausgabe der N***** zu pressen, obwohl grundsätzlich schon Redaktionsschluß gegeben gewesen sei. In der Veröffentlichung sei die Presseaussendung der ÖVP St.Pölten vom 6.3.1997, die bei der Beklagten per Fax um 17.20 Uhr eingelangt sei, wortgetreu wiedergegeben worden. Daß die Veröffentlichung mit der Wettbewerbsabsicht geschehen sei, aus dem ohnehin unwahrscheinlichen Überlauf von Inserenten von der Zweitklägerin an die Beklagte wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen, müsse strikt in Abrede gestellt werden.

Die Kläger replizierten darauf, daß das Vorbringen der Beklagten deren Wettbewerbsabsicht und deren Verschulden nur untermauere. Die Beklagte bestätige selbst, daß sie bereits am 6.3.1997 um 17.20 Uhr über die Presseaussendung verfügt habe, wobei diese erst fünf Tage später veröffentlicht wurde. Es wäre der Beklagten ein Leichtes gewesen, sich rechtzeitig vor Veröffentlichung der inkriminierten Äußerungen von der Unwahrheit der klagsgegenständlichen Behauptungen zu überzeugen.

Nach Ergänzung des Bescheinigungsverfahrens im Rahmen einer am 2.4.1998 durchgeführten Widerspruchsverhandlung wies das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluß den Widerspruch der Beklagten ab und verhielt sie zum Ersatz der mit S 21.344,40 bestimmten Kosten des Widerspruchsverfahrens an die Kläger. Über den bereits eingangs der Entscheidung dargestellten Sachverhalt hinaus nahm es folgendes als bescheinigt an:

Bevor bei der beklagten Partei die Entscheidung fiel, daß der inkriminierte Artikel veröffentlicht werde, trug der für die beklagte Partei tätige Journalist Mag.H***** S***** einem Mitarbeiter der beklagten Partei auf, zu recherchieren, ob die von B***** W***** im inkriminierten Artikel geäußerten Behauptungen zutreffen. In welcher Art und Weise diese Recherche vorzunehmen sein werde, überließ Mag.S***** diesem Mitarbeiter. Dieser Mitarbeiter der Beklagten versuchte, bei der SPÖ St.Pölten anzurufen, dürfte dort aber keine informierte Person erreicht haben. Daß dieser Mitarbeiter bei den Klägern rückgefragt bzw dort eine Stellungnahme eingeholt hätte, kann nicht festgestellt werden. Ausreichend Zeit, eine solche Stellungnahme der Kläger bis zur Veröffentlichung in der maßgeblichen Ausgabe der N***** einzuholen, wäre jedenfalls gewesen.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den seiner Entscheidung zugrundegelegten Sachverhalt - abgesehen von einem Verweis auf die Rekursentscheidung - dahin, daß der von der Beklagten behauptete Rechtfertigungsgrund des überwiegenden Informationsinteresses der Öffentlichkeit nicht vorliege. Es möge durchaus sein, daß eine unverzügliche Veröffentlichung indiziert gewesen war; dem stehe aber gegenüber, daß Gelegenheit zur Einholung einer Stellungnahme des Betroffenen bestanden hatte. Die Beklagte, die im Widerspruchsverfahren unterlegen sei, habe den Klägern gemäß den §§ 78 EO, 41, 48 ZPO die in diesem Verfahrensteil aufgelaufenen Kosten zu ersetzen.Rechtlich beurteilte das Erstgericht den seiner Entscheidung zugrundegelegten Sachverhalt - abgesehen von einem Verweis auf die Rekursentscheidung - dahin, daß der von der Beklagten behauptete Rechtfertigungsgrund des überwiegenden Informationsinteresses der Öffentlichkeit nicht vorliege. Es möge durchaus sein, daß eine unverzügliche Veröffentlichung indiziert gewesen war; dem stehe aber gegenüber, daß Gelegenheit zur Einholung einer Stellungnahme des Betroffenen bestanden hatte. Die Beklagte, die im Widerspruchsverfahren unterlegen sei, habe den Klägern gemäß den Paragraphen 78, EO, 41, 48 ZPO die in diesem Verfahrensteil aufgelaufenen Kosten zu ersetzen.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Hinsichtlich der Kostenentscheidung wird beantragt, den Ausspruch des Erstgerichts dahin abzuändern, daß ausgesprochen wird, daß die Kläger auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens vorläufig selbst zu tragen haben.

Die Kläger beantragen in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist lediglich in Ansehung der Kostenfrage berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, daß Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nur die Überprüfung der objektiven Richtigkeit der erlassenen einstweiligen Verfügung ist. Der Widerspruch ersetzt die vor Erlassung der einstweiligen Verfügung unterbliebene Vernehmung des Gegners und stellt daher keine neue, von ihr unabhängige Entscheidung dar (JBl 1955, 453, JBl 1974, 529 ua). Aufgrund eines Widerspruchs kann über die einstweilige Verfügung nur im Rahmen der Anfechtungspunkte neu entschieden werden (JBl 1955, 453).

Abgesehen von jenen Fragen, die bereits Gegenstand des Rekursverfahrens waren, hat die Beklagte durch die Behauptungen in ihrem Widerspruch die Entscheidungsbasis ausschließlich durch ihr Vorbringen zur Aktualität und Dringlichkeit der inkriminierten Veröffentlichung erweitert. Zu diesem Beweisthema hat das Erstgericht nun - nach Ergänzung des Bescheinigungsverfahrens - als bescheinigt angenommen, daß für die Beklagte bzw deren Mitarbeiter ausreichend Zeit gewesen wäre, eine Stellungnahme der Kläger zu den im Artikel wiedergegebenen Vorwürfen bis zur Veröffentlichung in der maßgeblichen Ausgabe der NÖN einzuholen. Daß eine solche Rückfrage bei den Klägern erfolgt bzw dort eine Stellungnahme eingeholt worden wäre, konnte nicht festgestellt werden. Da also die von der Beklagten im Widerspruchsverfahren beantragte Ergänzung der der einstweiligen Verfügung zugrundeliegenden Sachverhaltsfeststellungen keine für die Widerspruchswerberin günstigen Ergebnisse brachte, bestand für das Erstgericht - unter Berücksichtigung der Rechtsausführungen des Rekursgerichts in seinem Beschluß vom 10.10.1997 (ON 10) - keine Veranlassung, die einstweilige Verfügung aufzuheben.

Soweit die Beklagte in ihrem Rechtsmittel moniert, daß die Frage eines Wegfalls der Wiederholungsgefahr vom Erstgericht nicht erörtert wurde, obwohl sie in der Widerspruchstagsatzung vom 2.4.1998 entsprechende Einwendungen erhoben hätte, so kann dem Erstrichter insoweit ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften nicht vorgeworfen werden. Gemäß § 397 Abs.2 EO muß der Widerspruch innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung der einstweiligen Verfügung erhoben werden. Berücksichtigt man nun, daß die einstweilige Verfügung durch den Widerspruch nicht an sich außer Kraft gesetzt wird, sondern daß über die einstweilige Verfügung nur im Rahmen der - im Widerspruch bestimmt bezeichneten - Anfechtungspunkte neu entschieden werden kann (JBl 1955, 453), so kann es nicht zulässig sein, im Rahmen einer Verhandlung über den Widerspruch neue Tatsachenbehauptungen nachzuschieben; damit würde die Fristbestimmung des § 397 Abs.2 EO umgangen werden. Mit der Frage eines Wegfalls der Wiederholungsgefahr hat sich der Erstrichter daher zu Recht nicht auseinandergesetzt.Soweit die Beklagte in ihrem Rechtsmittel moniert, daß die Frage eines Wegfalls der Wiederholungsgefahr vom Erstgericht nicht erörtert wurde, obwohl sie in der Widerspruchstagsatzung vom 2.4.1998 entsprechende Einwendungen erhoben hätte, so kann dem Erstrichter insoweit ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften nicht vorgeworfen werden. Gemäß Paragraph 397, Absatz , EO muß der Widerspruch innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung der einstweiligen Verfügung erhoben werden. Berücksichtigt man nun, daß die einstweilige Verfügung durch den Widerspruch nicht an sich außer Kraft gesetzt wird, sondern daß über die einstweilige Verfügung nur im Rahmen der - im Widerspruch bestimmt bezeichneten - Anfechtungspunkte neu entschieden werden kann (JBl 1955, 453), so kann es nicht zulässig sein, im Rahmen einer Verhandlung über den Widerspruch neue Tatsachenbehauptungen nachzuschieben; damit würde die Fristbestimmung des Paragraph 397, Absatz , EO umgangen werden. Mit der Frage eines Wegfalls der Wiederholungsgefahr hat sich der Erstrichter daher zu Recht nicht auseinandergesetzt.

Nur der Vollständigkeit halber - eine maßgebliche Änderung der vom Rekursgericht bereits beurteilten Tatsachen hat sich im Widerspruchsverfahren ja nicht ergeben - sei noch auf die Rekursausführungen eingegangen, soweit sie gegenüber dem Rekurs gegen die einstweilige Verfügung ergänzende Argumente enthalten. Nach der ganz herrschenden Auffassung des OGH zur sogenannten Zitatenjudikatur ist Täter im Sinne des § 1330 ABGB jeder Verbreiter von den Tatbestand dieser Bestimmung verletzenden Tatsachenbehauptungen, wobei die Verletzungshandlung auch in der (bloßen) Weitergabe der Behauptung eines Dritten - etwa in einem Zeitungsartikel - bestehen kann, ohne daß sich der Verbreiter mit der Äußerung identifizieren müßte (MR 1996, 146 = SZ 69/113). § 1330 Abs.2 ABGB umfaßt grundsätzlich auch das bloß "technische Verbreiten" einer Tatsachenbehauptung, etwa im Rahmen von Presseberichten (ÖBl 1991, 161, ÖBl 1993, 243 ua). Auch der Verleger einer periodischen Druckschrift ist damit als "Verbreiter" der in dieser Druckschrift veröffentlichten Behauptungen anzusehen (ÖBl 1993, 243). Lediglich bei neutraler Berichterstattung kann ein Rechtfertigungsgrund dann vorliegen, wenn das Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der Äußerung die Interessen des Verletzten überwiegt, etwa wegen der aktuellen, besonderen Wichtigkeit des Themas (MR 1996, 146 = SZ 69/113, ähnlich 6 Ob 244/98w); grundsätzlich hat ein Täter aber die von ihm wiedergegebenen Äußerungen eines Dritten zu vertreten (6 Ob 244/98w). Nur ausnahmsweise hat sich der Inhaber eines Massenmediums Äußerungen, die unwahre Tatsachenbehauptungen enthalten, nicht zurechnen zu lassen, nämlich dann, wenn er diese Behauptungen im Rahmen eines Meinungsforums im wesentlichen kommentarlos wiedergibt und dabei nur als "Markt" verschiedener Ansichten und Richtungen in Erscheinung tritt, wie dies etwa bei Live-Diskussionen der Fall ist. Ansonsten trifft Journalisten und Redakteure die Verpflichtung zu sorgfältigen Recherchen und sorgfältiger Prüfung der Zuverlässigkeit der Informationsquellen (ÖBl 1991, 163).Nur der Vollständigkeit halber - eine maßgebliche Änderung der vom Rekursgericht bereits beurteilten Tatsachen hat sich im Widerspruchsverfahren ja nicht ergeben - sei noch auf die Rekursausführungen eingegangen, soweit sie gegenüber dem Rekurs gegen die einstweilige Verfügung ergänzende Argumente enthalten. Nach der ganz herrschenden Auffassung des OGH zur sogenannten Zitatenjudikatur ist Täter im Sinne des Paragraph 1330, ABGB jeder Verbreiter von den Tatbestand dieser Bestimmung verletzenden Tatsachenbehauptungen, wobei die Verletzungshandlung auch in der (bloßen) Weitergabe der Behauptung eines Dritten - etwa in einem Zeitungsartikel - bestehen kann, ohne daß sich der Verbreiter mit der Äußerung identifizieren müßte (MR 1996, 146 = SZ 69/113). Paragraph 1330, Absatz , ABGB umfaßt grundsätzlich auch das bloß "technische Verbreiten" einer Tatsachenbehauptung, etwa im Rahmen von Presseberichten (ÖBl 1991, 161, ÖBl 1993, 243 ua). Auch der Verleger einer periodischen Druckschrift ist damit als "Verbreiter" der in dieser Druckschrift veröffentlichten Behauptungen anzusehen (ÖBl 1993, 243). Lediglich bei neutraler Berichterstattung kann ein Rechtfertigungsgrund dann vorliegen, wenn das Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der Äußerung die Interessen des Verletzten überwiegt, etwa wegen der aktuellen, besonderen Wichtigkeit des Themas (MR 1996, 146 = SZ 69/113, ähnlich 6 Ob 244/98w); grundsätzlich hat ein Täter aber die von ihm wiedergegebenen Äußerungen eines Dritten zu vertreten (6 Ob 244/98w). Nur ausnahmsweise hat sich der Inhaber eines Massenmediums Äußerungen, die unwahre Tatsachenbehauptungen enthalten, nicht zurechnen zu lassen, nämlich dann, wenn er diese Behauptungen im Rahmen eines Meinungsforums im wesentlichen kommentarlos wiedergibt und dabei nur als "Markt" verschiedener Ansichten und Richtungen in Erscheinung tritt, wie dies etwa bei Live-Diskussionen der Fall ist. Ansonsten trifft Journalisten und Redakteure die Verpflichtung zu sorgfältigen Recherchen und sorgfältiger Prüfung der Zuverlässigkeit der Informationsquellen (ÖBl 1991, 163).

Werden diese Verpflichtungen verletzt und kommt es deshalb zur Verbreitung unwahrer kreditschädigender Behauptungen, so kann sich der Verbreitende auf den Rechtfertigungsgrund des Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit nicht berufen. Dies trifft insbesondere auf den vorliegenden Fall zu, zumal die Beklagte nicht einmal behauptet hat, den Versuch einer Rückfrage bei den von den Vorwürfen betroffenen Klägern vorgenommen zu haben. Das Erstgericht hat zudem (unbekämpft) als bescheinigt angenommen, daß eine Rückfrage im Rahmen der bis zum Erscheinen der betreffenden Ausgabe der Zeitung zur Verfügung stehenden Zeitrahmens möglich gewesen wäre. Angesichts der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs erweist sich auch die im Rekurs vertretene Auffassung als unrichtig, daß für die Beklagte keine Verpflichtung bestanden hätte, eine Stellungnahme von den Klägern einzuholen, da sie die (politische) Äußerung eines ÖVP-Gemeinderates wortwörtlich und wertungsfrei wiedergegeben habe. Von einer wertungsfreien (neutralen) Berichterstattung kann aber zweifellos nicht gesprochen werden, wenn nicht einmal der Versuch unternommen wird, den Lesern durch entsprechende Rückfragen beim Betroffenen ein objektives Bild über die (allenfalls) divergierenden Standpunkte zu den angesprochenen Themen zu bieten. Ein allfälliges Interesse der Öffentlichkeit an einer wörtlichen Wiedergabe von Äußerungen eines Politikers spricht ja keineswegs dagegen, auch die Gegenseite in ähnlicher Form zu Wort kommen zu lassen.

Daß es sich bei der Textpassage, die von den Klägern herausgegebene "Neue Stadtzeitung" stelle ein "rotes Parteiblättchen" dar, um eine Tatsachenbehauptung und nicht etwa eine (bloße) kritische politische Aussage (Werturteil) handelt, erscheint derart evident, daß darauf nicht näher eingegangen werden muß. Daß der sich einem Durchschnittsleser erschließende Tatsachenkern, das von den Klägern herausgegebene Medium verfolge ausschließlich eine der Parteilinie der SPÖ entsprechende Berichterstattung, den Tatsachen entspräche, hat die Beklagte gar nicht behauptet.

Was schließlich den Vorwurf "unerklärbarer parteipolitischer Verflechtungen" betrifft, so kann bei vernünftigem Verständnis keine Rede davon sein, daß diese nicht auf die Kläger bzw die von ihnen herausgegebene Stadtzeitung bezogen sein sollen. Wenn die Beklagte demgegenüber in ihrem Rekurs ausführt, es wären damit erkennbar "unerklärbare parteipolitische Verflechtungen in der Sozialdemokratischen Partei" gemeint, so unterstellt sie den inkriminierten Äußerungen insoweit völlige Unverständlichkeit bzw Sinnlosigkeit; was "parteipolitische Verflechtungen" innerhalb einer Partei sein sollten, ist nicht nachvollziehbar. Der mit der inkriminierten Veröffentlichung konfrontierte Leser hat nicht den geringsten Grund, den verbreiteten Äußerungen einen sinnlosen Inhalt zu unterstellen.

Dem in der Hauptsache unberechtigten Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes beruht auf den §§ 78 EO, 526 Abs.3, 500 Abs.2 Z 1 ZPO. Dabei ist das Rekursgericht der von den Klägerin vorgenommenen Bewertung gefolgt.Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes beruht auf den Paragraphen 78, EO, 526 Absatz ,, 500 Absatz , Ziffer eins, ZPO. Dabei ist das Rekursgericht der von den Klägerin vorgenommenen Bewertung gefolgt.

Der Revisionsrekurs (§ 402 Abs.1 EO) ist nicht zulässig, da keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs.1 ZPO zu lösen war; das Rekursgericht ist der (wiederholt zitierten) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gefolgt.Der Revisionsrekurs (Paragraph 402, Absatz , EO) ist nicht zulässig, da keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 528, Absatz , ZPO zu lösen war; das Rekursgericht ist der (wiederholt zitierten) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gefolgt.

Zu Recht wendet sich die Rekurswerberin aber gegen einen vom Ausgang des Hauptverfahrens unabhängigen Kostenzuspruch an die Kläger. Das Erstgericht hat sich dabei insbesondere auf ältere Judikatur (ZBl 1933/32, OLG Wien, ÖBl 1958, 42) sowie eine neuere Entscheidung des OGH berufen, die allerdings nur unvollständig und damit in hohem Maße mißverständlich publiziert wurde (NRsp 1993/134 = 9 ObA 14/93).

Tatsächlich ist der zitierten Entscheidung des OGH der ihm vom Erstgericht beigelegte Sinn nicht zu entnehmen. Es wird zwar ausgeführt, daß "grundsätzlich" auch ein Zuspruch im Provisorialverfahren in Betracht komme, weil die §§ 41, 50 gemäß den §§ 78, 402 EO auch im Provisorialverfahren anzuwenden seien; dezidiert wird aber ausgesprochen, daß eine Kostenentscheidung zugunsten des Antragstellers erst getroffen werden kann, wenn über den Bestand des zu sichernden Anspruchs (im Hauptverfahren) endgültig (rechtskräftig) abgesprochen wurde. Weiters wird darauf verwiesen, daß nach der jüngeren Rechtsprechung die nach § 393 Abs.1 EO vorbehaltenen Kosten als Kosten des Hauptverfahrens zu behandeln sind. In dem vom OGH behandelten Fall kam es nur deshalb zu einem endgültigen Absprechen über im Provisorialverfahren aufgelaufene Kosten (Kosten des Revisionsrekurses) - und zwar gemäß § 50 Abs.2 ZPO -, da zum Zeitpunkt der Entscheidung das Hauptverfahren bereits abgeschlossen war.Tatsächlich ist der zitierten Entscheidung des OGH der ihm vom Erstgericht beigelegte Sinn nicht zu entnehmen. Es wird zwar ausgeführt, daß "grundsätzlich" auch ein Zuspruch im Provisorialverfahren in Betracht komme, weil die Paragraphen 41,, 50 gemäß den Paragraphen 78,, 402 EO auch im Provisorialverfahren anzuwenden seien; dezidiert wird aber ausgesprochen, daß eine Kostenentscheidung zugunsten des Antragstellers erst getroffen werden kann, wenn über den Bestand des zu sichernden Anspruchs (im Hauptverfahren) endgültig (rechtskräftig) abgesprochen wurde. Weiters wird darauf verwiesen, daß nach der jüngeren Rechtsprechung die nach Paragraph 393, Absatz , EO vorbehaltenen Kosten als Kosten des Hauptverfahrens zu behandeln sind. In dem vom OGH behandelten Fall kam es nur deshalb zu einem endgültigen Absprechen über im Provisorialverfahren aufgelaufene Kosten (Kosten des Revisionsrekurses) - und zwar gemäß Paragraph 50, Absatz , ZPO -, da zum Zeitpunkt der Entscheidung das Hauptverfahren bereits abgeschlossen war.

Auch der erkennende Senat schließt sich - entgegen der vom Erstgericht zitierten älteren Judikatur - der Auffassung an, daß die gefährdete Partei ihre Kosten vorläufig gemäß § 393 Abs.1 EO selbst zu tragen hat, auch wenn sie im Widerspruchsverfahren obsiegt (vgl nur die Entscheidungen unter E 17 zu § 398 EO in MGA13). Zutreffend wird etwa in WR 621 (= hg 14 R 89, 90/93) darauf hingewiesen, daß es sich beim Widerspruchsverfahren nicht um einen (kostenmäßig abgesondert zu beurteilenden) Zwischenstreit handelt; das Widerspruchsverfahren, das im Sinne der zitierten Judikatur ja nur der Ersetzung der unterbliebenen Vernehmung des Antragsgegners dient, ist vielmehr als (unselbständiger) Teil des Provisorialverfahrens zu beurteilen.Auch der erkennende Senat schließt sich - entgegen der vom Erstgericht zitierten älteren Judikatur - der Auffassung an, daß die gefährdete Partei ihre Kosten vorläufig gemäß Paragraph 393, Absatz , EO selbst zu tragen hat, auch wenn sie im Widerspruchsverfahren obsiegt vergleiche nur die Entscheidungen unter E 17 zu Paragraph 398, EO in MGA13). Zutreffend wird etwa in WR 621 (= hg 14 R 89, 90/93) darauf hingewiesen, daß es sich beim Widerspruchsverfahren nicht um einen (kostenmäßig abgesondert zu beurteilenden) Zwischenstreit handelt; das Widerspruchsverfahren, das im Sinne der zitierten Judikatur ja nur der Ersetzung der unterbliebenen Vernehmung des Antragsgegners dient, ist vielmehr als (unselbständiger) Teil des Provisorialverfahrens zu beurteilen.

In Stattgebung des Rekurses war die angefochtene Kostenentscheidung daher insoweit abzuändern, als die Kläger auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens - ebenso wie die übrigen ihnen im Provisorialverfahren entstandenen Kosten - gemäß § 393 Abs.1 EO vorläufig selbst zu tragen haben, wogegen die Beklagte, die im Provisorialverfahren unterlegen ist, keinen Anspruch auf Kostenersatz hat (§§ 78 EO, 40 ZPO).In Stattgebung des Rekurses war die angefochtene Kostenentscheidung daher insoweit abzuändern, als die Kläger auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens - ebenso wie die übrigen ihnen im Provisorialverfahren entstandenen Kosten - gemäß Paragraph 393, Absatz , EO vorläufig selbst zu tragen haben, wogegen die Beklagte, die im Provisorialverfahren unterlegen ist, keinen Anspruch auf Kostenersatz hat (Paragraphen 78, EO, 40 ZPO).

Bei der Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens war davon auszugehen, daß die Beklagte in Ansehung der Hauptfrage - die auch als Bemessungsgrundlage für die Kosten der Schriftsätze heranzuziehen ist - unterlegen ist und nur einen vergleichsweise geringfügigen Erfolg in der Kostenfrage erreicht hat. Berücksichtigt man weiters, daß die Aufnahme einer Kostenanfechtung in den Rekurs zu keiner Kostenerhöhung geführt hat, erscheint eine sinngemäße Anwendung des § 43 Abs.2 ZPO zugunsten der Kläger angezeigt, sodaß der (geringfügige) Teilerfolg der Beklagten bei der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht ins Gewicht fällt.Bei der Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens war davon auszugehen, daß die Beklagte in Ansehung der Hauptfrage - die auch als Bemessungsgrundlage für die Kosten der Schriftsätze heranzuziehen ist - unterlegen ist und nur einen vergleichsweise geringfügigen Erfolg in der Kostenfrage erreicht hat. Berücksichtigt man weiters, daß die Aufnahme einer Kostenanfechtung in den Rekurs zu keiner Kostenerhöhung geführt hat, erscheint eine sinngemäße Anwendung des Paragraph 43, Absatz , ZPO zugunsten der Kläger angezeigt, sodaß der (geringfügige) Teilerfolg der Beklagten bei der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht ins Gewicht fällt.

Die Beklagte hat daher die Kosten ihres erfolglosen Rekurses gemäß den §§ 78 EO, 50, 40 ZPO endgültig selbst zu tragen, wogegen die Kläger die Kosten ihrer Rekursbeantwortung gemäß den §§ 50 Abs.1 ZPO, 393 Abs.1 EO vorläufig selbst zu tragen haben (LGZ Wien, EFSlg 46.929, 55.328, OLG Wien, EFSlg 52.462 ua).Die Beklagte hat daher die Kosten ihres erfolglosen Rekurses gemäß den Paragraphen 78, EO, 50, 40 ZPO endgültig selbst zu tragen, wogegen die Kläger die Kosten ihrer Rekursbeantwortung gemäß den Paragraphen 50, Absatz , ZPO, 393 Absatz , EO vorläufig selbst zu tragen haben (LGZ Wien, EFSlg 46.929, 55.328, OLG Wien, EFSlg 52.462 ua).

Anmerkung

EW00307 15R00139

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:1999:01500R00013.99P.0308.000

Dokumentnummer

JJT_19990308_OLG0009_01500R00013_99P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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