TE OGH 1999/3/9 7Ob352/98k

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Veröffentlicht am 09.03.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gert L*****, vertreten durch Dr. Thomas Wallentin, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Stadt Wien, Wien 8, Rathaus, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 45 C 141/93g des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. November 1997, GZ 41 R 679/97z-15, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9. Juli 1997, GZ 45 C 262/97g-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die gegen den Wiederaufnahmskläger gerichtete Zins- und Räumungsklage wurde im Vorprozeß mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 17. 4. 1996, 45 C 141/93p-33 (idF des Berichtigungsbeschlusses vom 7. 8. 1996, 45 C 141/93g-36) dahin erledigt, daß der Wiederaufnahmskläger zur Zahlung von 4 % Zinsen aus S 31.774,90 vom 2. 3. 1993 bis 1. 1. 1994 und aus S 53.278,13 vom 2. 1. 1994 bis 13. 11. 1995 verurteilt, das Mehrbegehren des Inhalts, der Wiederaufnahmskläger sei schuldig, der beklagten Partei S 53.278,13 zu zahlen und die Wohnung top 19 im Hause Wien 4, Rechte Wienzeile 25-27/1 geräumt zu übergeben, jedoch abgewiesen wurde. Diesem Urteil war der Beschluß des Erstgerichtes vorangegangen, daß der Zinsrückstand für den Zeitraum Dezember 1991 bis Jänner 1994 mit S 53.278,13 festgestellt wurde. Der Wiederaufnahmskläger hat den geschuldeten Betrag vor dem Schluß der Verhandlung erster Instanz gezahlt. Eine Einschränkung des Begehrens auf Zahlung des Zinsrückstandes auf Nebengebühren und Kosten war nicht erfolgt, weil die Beklagte im Vorprozeß die Zahlung bestritten hatte. Das Erstgericht hatte nur Zinsen und Kosten zugesprochen, eine spruchmäßige Entscheidung über das Zinszahlungsbegehren erging im erstinstanzlichen Urteil jedoch nicht. Nach Auffassung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht habe den Wiederaufnahmskläger am Zinsrückstand kein grobes Verschulden getroffen, weil sein Standpunkt, daß er gegen die Zinsforderung mit einer Forderung der Gert L***** GmbH, die im selben Hause Mieterin war, aufrechnen könne, eine "vertretbare Verkennung der Rechtslage" darstelle. Die Gegenforderung der Gert L***** GmbH war auch schon Gegenstand des dem Urteil vorangegangenen Beschlußverfahrens gemäß § 33 MRG. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht hatte im Beschluß vom 12. 9. 1995, GZ 45 C 141/93g-25, ausgeführt, daß die geltend gemachte Gegenforderung nur der Gert L***** GmbH zustehen könne, nicht aber dem Wiederaufnahmskläger.Die gegen den Wiederaufnahmskläger gerichtete Zins- und Räumungsklage wurde im Vorprozeß mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 17. 4. 1996, 45 C 141/93p-33 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 7. 8. 1996, 45 C 141/93g-36) dahin erledigt, daß der Wiederaufnahmskläger zur Zahlung von 4 % Zinsen aus S 31.774,90 vom 2. 3. 1993 bis 1. 1. 1994 und aus S 53.278,13 vom 2. 1. 1994 bis 13. 11. 1995 verurteilt, das Mehrbegehren des Inhalts, der Wiederaufnahmskläger sei schuldig, der beklagten Partei S 53.278,13 zu zahlen und die Wohnung top 19 im Hause Wien 4, Rechte Wienzeile 25-27/1 geräumt zu übergeben, jedoch abgewiesen wurde. Diesem Urteil war der Beschluß des Erstgerichtes vorangegangen, daß der Zinsrückstand für den Zeitraum Dezember 1991 bis Jänner 1994 mit S 53.278,13 festgestellt wurde. Der Wiederaufnahmskläger hat den geschuldeten Betrag vor dem Schluß der Verhandlung erster Instanz gezahlt. Eine Einschränkung des Begehrens auf Zahlung des Zinsrückstandes auf Nebengebühren und Kosten war nicht erfolgt, weil die Beklagte im Vorprozeß die Zahlung bestritten hatte. Das Erstgericht hatte nur Zinsen und Kosten zugesprochen, eine spruchmäßige Entscheidung über das Zinszahlungsbegehren erging im erstinstanzlichen Urteil jedoch nicht. Nach Auffassung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht habe den Wiederaufnahmskläger am Zinsrückstand kein grobes Verschulden getroffen, weil sein Standpunkt, daß er gegen die Zinsforderung mit einer Forderung der Gert L***** GmbH, die im selben Hause Mieterin war, aufrechnen könne, eine "vertretbare Verkennung der Rechtslage" darstelle. Die Gegenforderung der Gert L***** GmbH war auch schon Gegenstand des dem Urteil vorangegangenen Beschlußverfahrens gemäß Paragraph 33, MRG. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht hatte im Beschluß vom 12. 9. 1995, GZ 45 C 141/93g-25, ausgeführt, daß die geltend gemachte Gegenforderung nur der Gert L***** GmbH zustehen könne, nicht aber dem Wiederaufnahmskläger.

Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des Verfahrens 45 C 141/93g des Erstgerichts. Grundlage des darin ergangenen Urteils sei ein (damals) gegen ihn laufendes Strafverfahren gewesen, das am 23. 5. 1997 mit seinem Freispruch geendet habe. Wenngleich das Urteil nicht ausdrücklich damit begründet worden sei, daß sich der Wiederaufnahmskläger diverser strafbarer Handlungen schuldig gemacht habe, so habe das anhängige Strafverfahren doch die unvoreingenommene Beurteilung der Aussagen der Streitteile und der Zeugen beeinträchtigt. Das Verfahren hätte zu einem anderen Ergebnis geführt, wenn dem Erstgericht der im Strafverfahren erfolgte Freispruch bekannt gewesen wäre.

Das Erstgericht wies die Wiederaufnahmsklage im Vorprüfungsverfahren zurück. Das gegen den Wiederaufnahmskläger geführte Strafverfahren sei in keiner Weise Grundlage des Verfahrens und der Entscheidung im Vorprozeß gewesen, der Strafakt sei nicht einmal beigeschafft worden. Der Ausgang des Verfahrens sei vom Strafverfahren demnach völlig unabhängig gewesen. Daher liege kein gesetzlicher Wiederaufnahmsgrund vor.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichts und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- nicht übersteige und der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Der Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO liege schon deshalb nicht vor, weil der als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachte Freispruch des Klägers erst nach rechtskräftiger Erledigung des Vorprozesses ergangen sei. Abgesehen davon sei das Strafverfahren für den Vorprozeß in keiner Weise von Bedeutung gewesen.Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichts und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- nicht übersteige und der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Der Wiederaufnahmsgrund des Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer 7, ZPO liege schon deshalb nicht vor, weil der als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachte Freispruch des Klägers erst nach rechtskräftiger Erledigung des Vorprozesses ergangen sei. Abgesehen davon sei das Strafverfahren für den Vorprozeß in keiner Weise von Bedeutung gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Kläger erhobene Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Gegenstand des durch die Wiederaufnahmsklage angegriffenen Vorprozesses war die Zins- und Räumungsklage der Vermieterin des Wiederaufnahmsklägers. Dieser hat vor Schluß der Verhandlung erster Instanz den Zinsrückstand (ohne Nebengebühren) gezahlt. Die Wiederaufnahmsklage richtet sich erkennbar nicht gegen den abweisenden Ausspruch über das Räumungsbegehren. Insoweit wäre der Kläger durch die Entscheidung auch nicht beschwert. Bei Rechtsmittelklagen hat eine selbständige Streitbewertung nicht zu erfolgen; der Streitgegenstand ist denknotwendig derselbe wie im Hauptprozeß (Mayer in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 56 JN; SZ 64/172). Richtet sich die Wiederaufnahmsklage nur gegen den Ausspruch über mehrere im Vorprozeß geltend gemachte Ansprüche, dann ist nur dieser Teil des Streitgegenstandes von Bedeutung. Da sich die Wiederaufnahmsklage hier nur gegen den Ausspruch über einen Geldanspruch richtet und dieser im Vorprozeß zufolge des dargestellten Vorgehens des Erstgerichts nur noch Nebengebühren umfaßte, überstieg der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, nicht S 50.000,--. Gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO in der hier noch anzuwenden Fassung vor der WGN 1997 BGBl I 1997/140 (Art XXXI Z 1 lit c WGN 1997; die Entscheidung des Rekursgerichts erging vor dem 1. 1. 1998) ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert S 50.000,-- nicht übersteigt. Diese Fassung enthält ua noch nicht die Ausnahme von der Rechtsmittelunzulässigkeit im Revisionsrekursverfahren für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten (§ 528 Abs 2 Z 1 idF WGN 1997). Im übrigen fehlte es aber bei der Zurückweisung einer Wiederaufnahmsklage an dem Erfordernis, daß "dabei" über eine Räumung entschieden wird (§ 502 Abs 5 Z 2 ZPO idF WGN 1997). Liegt aber der Entscheidungsgegenstand unter S 50.000,--, dann kann auch die vom Rekursgericht bestätigte Zurückweisung einer Klage nicht angefochten werden (Kodek in Rechberger aaO Rz 2 zu § 528 ZPO; RZ 1991/12).Gegenstand des durch die Wiederaufnahmsklage angegriffenen Vorprozesses war die Zins- und Räumungsklage der Vermieterin des Wiederaufnahmsklägers. Dieser hat vor Schluß der Verhandlung erster Instanz den Zinsrückstand (ohne Nebengebühren) gezahlt. Die Wiederaufnahmsklage richtet sich erkennbar nicht gegen den abweisenden Ausspruch über das Räumungsbegehren. Insoweit wäre der Kläger durch die Entscheidung auch nicht beschwert. Bei Rechtsmittelklagen hat eine selbständige Streitbewertung nicht zu erfolgen; der Streitgegenstand ist denknotwendig derselbe wie im Hauptprozeß (Mayer in Rechberger, ZPO Rz 2 zu Paragraph 56, JN; SZ 64/172). Richtet sich die Wiederaufnahmsklage nur gegen den Ausspruch über mehrere im Vorprozeß geltend gemachte Ansprüche, dann ist nur dieser Teil des Streitgegenstandes von Bedeutung. Da sich die Wiederaufnahmsklage hier nur gegen den Ausspruch über einen Geldanspruch richtet und dieser im Vorprozeß zufolge des dargestellten Vorgehens des Erstgerichts nur noch Nebengebühren umfaßte, überstieg der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, nicht S 50.000,--. Gemäß Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer eins, ZPO in der hier noch anzuwenden Fassung vor der WGN 1997 BGBl römisch eins 1997/140 (Art römisch XXXI Ziffer eins, Litera c, WGN 1997; die Entscheidung des Rekursgerichts erging vor dem 1. 1. 1998) ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert S 50.000,-- nicht übersteigt. Diese Fassung enthält ua noch nicht die Ausnahme von der Rechtsmittelunzulässigkeit im Revisionsrekursverfahren für die unter Paragraph 49, Absatz 2, Ziffer 5, JN fallenden Streitigkeiten (Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer eins, in der Fassung WGN 1997). Im übrigen fehlte es aber bei der Zurückweisung einer Wiederaufnahmsklage an dem Erfordernis, daß "dabei" über eine Räumung entschieden wird (Paragraph 502, Absatz 5, Ziffer 2, ZPO in der Fassung WGN 1997). Liegt aber der Entscheidungsgegenstand unter S 50.000,--, dann kann auch die vom Rekursgericht bestätigte Zurückweisung einer Klage nicht angefochten werden (Kodek in Rechberger aaO Rz 2 zu Paragraph 528, ZPO; RZ 1991/12).

Für den Kläger wäre aber auch nichts gewonnen, wenn man - wofür allenfalls die Ausführungen in der Klage Anlaß bieten könnten - annehmen wollte, daß er mit seiner Klage auch den im Vorprozeß gemäß § 33 MRG ergangenen Beschluß anfechten will. Unter der weiteren Voraussetzung, daß auch durch einen solchen Beschluß ein Verfahren durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen wurde (§ 530 Abs 1 ZPO), ist ihm die Begründung der Vorinstanzen entgegenzuhalten, daß das Strafverfahren auf die Entscheidung über den Mietzinsrückstand keinerlei Einfluß haben konnte, wurde die von ihm eingewendete Gegenforderung doch nicht etwa deshalb aberkannt, weil seine Angaben mangels Glaubwürdigkeit (etwa wegen des anhängigen Strafverfahrens) nicht in die Feststellungen eingeflossen sind, sondern deshalb, weil diese Forderung nach seinem eigenen Prozeßvorbringen nicht ihm, sondern der Gert L***** GmbH zustand. Die zutreffende Beurteilung der Vorinstanzen, daß der als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachte Freispruch im Strafverfahren im Vorprozeß keine dem Wiederaufnahmskläger günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde, könnte unter diesen Umständen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO berühren. Wäre der Streitwert des Vorprozesses daher mit einem S 50.000,-- übersteigenden Betrag anzunehmen, dann wäre der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.Für den Kläger wäre aber auch nichts gewonnen, wenn man - wofür allenfalls die Ausführungen in der Klage Anlaß bieten könnten - annehmen wollte, daß er mit seiner Klage auch den im Vorprozeß gemäß Paragraph 33, MRG ergangenen Beschluß anfechten will. Unter der weiteren Voraussetzung, daß auch durch einen solchen Beschluß ein Verfahren durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen wurde (Paragraph 530, Absatz eins, ZPO), ist ihm die Begründung der Vorinstanzen entgegenzuhalten, daß das Strafverfahren auf die Entscheidung über den Mietzinsrückstand keinerlei Einfluß haben konnte, wurde die von ihm eingewendete Gegenforderung doch nicht etwa deshalb aberkannt, weil seine Angaben mangels Glaubwürdigkeit (etwa wegen des anhängigen Strafverfahrens) nicht in die Feststellungen eingeflossen sind, sondern deshalb, weil diese Forderung nach seinem eigenen Prozeßvorbringen nicht ihm, sondern der Gert L***** GmbH zustand. Die zutreffende Beurteilung der Vorinstanzen, daß der als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachte Freispruch im Strafverfahren im Vorprozeß keine dem Wiederaufnahmskläger günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde, könnte unter diesen Umständen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO berühren. Wäre der Streitwert des Vorprozesses daher mit einem S 50.000,-- übersteigenden Betrag anzunehmen, dann wäre der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E53140 07A03528

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0070OB00352.98K.0309.000

Dokumentnummer

JJT_19990309_OGH0002_0070OB00352_98K0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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