TE OGH 1999/3/11 2Ob163/97b

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Veröffentlicht am 11.03.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei b.c.s. ***** GmbH, ***** Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Christian Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Christian S*****, vertreten durch Dr. Horst Wendling & Mag. Alois Huter, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen US-$ 23.540,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. November 1996, GZ 4 R 244/96f- 68, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 12. Juli 1996, GZ 11 Cg 1/95k-62, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird - mit Ausnahme der in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung des Zinsenbegehrens und des Begehrens auf Zahlung von 20 % USt aus den Zinsen - aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Berufungsgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt in der vorliegenden Klage, den Beklagten zur (Rück-)Zahlung des Schillinggegenwertes der von ihr auf eine mit US-$ 68.540,-- in Rechnung gestellte Mountain-Bikes-Bestellung geleisteten Anzahlung von US-$ 23.540,-- sA zu verpflichten. Der Bestellung und dem Vertragsabschluß seien vom Beklagten unter Hervorhebung von Gewichtsvorteilen durch Verwendung "spezialgefräster Rahmen" angepriesene Mountain-Bikes bzw Mountain-Bike-Rahmen zugrundegelegen; tatsächlich habe die Klägerin jedoch im Mai 1994 von einem anderen Abnehmer der Fahrräder des Beklagten erfahren, daß dieser keine spezialgefrästen Rahmen verwende. Auf ihre umgehend an den Beklagten gerichteten Erklärungen, nur Fahrräder mit spezialgefrästen Rahmen als bestellte Ware zu übernehmen, andernfalls den Vertrag aufzuheben und die Anzahlung zurückzuverlangen, habe der Beklagte lediglich erklärt, es seien nicht mit spezialgefrästen Rahmen ausgestattete Mountain-Bikes bestellt worden, die bestellte Lieferung stehe demnächst für die Klägerin zur Verfügung. Daraufhin habe sie den Vertragsrücktritt erklärt.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Für die von ihm (auch) gegenüber der Klägerin präsentierten spezialgefrästen Rahmen sei nur zur informativen Testung des Marktes geworben worden. Derartige Rahmen seien jedoch keineswegs Gegenstand der fraglichen Bestellung der Klägerin gewesen, wie auch aus den der Bestellung zugrundeliegenden Spezifikationslisten hervorgehe. Der Inhalt der Bestellung sei der Klägerin, einem durch einen sachkundigen Geschäftsführer vertretenen Fachunternehmen, bekannt gewesen. Nicht der Beklagte befinde sich im Verzug mit der Lieferung (vertragskonformer Ware), vielmehr könne die Klägerin wegen Annahmeverzuges bzw unberechtigten Vertragsrücktrittes vom vertragsgemäß leistungsbereiten Beklagten nicht die vereinbarte Anzahlung zurückverlangen. Sollte die Klagsforderung aber doch für zu Recht bestehend erachtet werden, so wende er das Klagebegehren übersteigende Gegenforderungen (aus einem nicht eingelösten Wechsel über US-$ 45.000,-- samt Nebengebühren und einem offenen Rechnungsbetrag von DM 18.620,--) zur Aufrechnung ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen fest, der Beklagte sei im Jahr 1993 an den Geschäftsführer der Klägerin herangetreten und habe ihm erklärt, er habe ein superleichtes neues Bike mit besonderen Komponenten anzubieten. Das besondere an diesem Rad sei ein Spezialrahmen, der sich dadurch auszeichne, daß er wie ein Gewehrlauf ausgefräst werde und so aufgrund des eingesparten Materials besonders wenig Gewicht aufweise. Nach einem ersten Treffen in K***** sei es im August 1993 zur Präsentation dieses Mountain-Bikes in H***** gekommen. Der Beklagte habe dieses Fahrrad zum damaligen Zeitpunkt als das leichteste Bike der Welt bezeichnet. Es hätte lediglich ein Gewicht von 6,88 kg haben sollen. In Anwesenheit von Vertretern sei diskutiert worden, ob sich dieses neuartige Mountain-Bike vertreiben lassen würde. Anläßlich dieser Präsentation habe der Beklagte aber nicht zugesagt, daß alle von ihm zu liefernden Räder diese Spezialfräsung aufwiesen, vielmehr sei es darum gegangen, die Möglichkeiten zu eruieren, wie sich ein solches Produkt am deutschen Markt verkaufen ließe bzw um die Akzeptanz dieses Produktes bei den Vertretern zu ermitteln. In diesem Zeitpunkt habe der Beklagte dieses neuartige Rad noch nicht in Produktion gehabt, sondern vielmehr St*****-Räder vertrieben, die mit "triple butted" oder "double-butted"-Rahmen ausgestattet seien, wobei die Besonderheit hier auch in der Art der Verschweißung liege und nicht bedeute, daß der Rahmen speziell spiralgefräst sei. Weiters seien bei den vom Beklagten geführten Rädern die Gruppen STX, LX und XT zu unterscheiden gewesen, wobei hier unterschiedliche Schalt- und Bremsgruppen bzw verschiedene verwendete Materialien zu verstehen seien. Bei der Präsentation in H***** sei lediglich ein gewöhnliches Mountain-Bike mit einem Gewicht von 8,2 kg vorgestellt worden, das noch nicht den spezialgefrästen Rahmen aufgewiesen habe. Den Vertretern bzw der Klägerin sei aber ein spezialgefrästes Rohr vorgezeigt worden. Um das neue Produkt zu veranschaulichen, sei bei der Präsentation weiters ein ausgefräster aufgeschnittener Rahmen wie im Prospekt abgebildet vorgezeigt worden. Dabei sei auch erörtert worden, daß das neuartig gefräste Fahrrad aufgrund seiner Rahmenbeschaffenheit nicht für "down-hill-"Fahrten geeignet sei. Anläßlich dieser Präsentation habe die Klägerin noch keine Bestellungen getätigt.

Am 1. 10. 1993 habe die Tochter des Beklagten an die Klägerin Spezifikationslisten gesandt, die dazu notwendig seien, eine genaue Bestellung durchführen zu können. Konkret handle es sich dabei um dreierlei Radtypen, nämlich XT, LX und STX. Jeder Radtyp werde sowohl hinsichtlich der Rahmenbeschaffenheit, Beschaffenheit der Gabel, des Steuersatzes, des Lenkers, der Bremsen, des Vorbaues, des Umwerfers, des Schaltwerkes, des Kettenblattes, des Zahnkranzes, der Pedale, der Kette, des Innenlagers, der Felge, der Speichen, der Naben, der Reifen, des Sattels, der Sattelstütze, des Barends, der Rahmenhöhe, der Farbe und des Gewichtes beschrieben. Mit keinem Wort werde auf diesen Spezifikationslisten auf einen spiralgezogenen Rahmen hingewiesen. Der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt der Klägerin die Lieferung von Steinbach-Rädern mit spiralgezogenen Rahmen zugesagt. Er habe dieses Spezialrad am Markt bereits "vor Produktion" einführen wollen, was in dieser, wie auch in anderen Branchen durchaus üblich sei. In dieser Absicht habe er auch seine neuentwickelten "spirale-tubed-Rahmen" auf der Euro-Bike-Messe in Friedrichshafen präsentiert.

Die Klägerin habe aufgrund von Spezifikationslisten ihre Bestellungen vorgenommen. Eine Bestellung aufgrund solcher Listen sei üblich und ermögliche einen genauen Überblick über die Bestellung. Die vom Beklagten verwendete Bezeichnung "spezial-gefräst" sei vom Hersteller des Prospektes für den Beklagten kreiert worden. In keiner einzigen verwendeten Bestellungsunterlage sei dieser Ausdruck vom Beklagten verwendet worden. Im Februar 1994 habe die Klägerin die ersten Fahrradbestellungen vorgenommen und mit ihrer Unterschrift am 21. 2. 1994 bestätigt, daß sie 50 Stück Mountain-Bike Bausätze STX auf Vollständigkeit, Type und Verarbeitung begutachtet und für gut geheißen habe. Am 28. 2. 1994 habe der Beklagte weitere von der Klägerin bestellte Mountain-Bikes mit einem Gesamtpreis von US-S 68.540,-- in Rechnung gestellt. Da die Finanzierung durch die Klägerin problematisch gewesen sei, hätten die Parteien am 28. 3. 1994 folgende Vereinbarung getroffen:

".....

Die mit 28. 2. 1994 gestellte Rechnung über MTB (Mountain-Bike) XT, LX und Rahmensets über US-$ 68.540,-- wird spätestens 14 Tage nach Erhalt der Anzahlung von US-$ 23.540,-- und den Rest von US-$ 45.000,-- in Form eines Wechsels, der von der Bank Austria diskontiert wird, in Taiwan verschifft und zum Versand gebracht. Christian S***** garantiert, daß die Ware bis spätestens 20. 5. 1994 bei B.C.S. eintrifft. Dieser Termin kann nur dann eingehalten werden, wenn die Bank Austria am 28. 3. 1994 die US-$ 68.540,-- für die Überweisung nach Taiwan zur Verfügung stellt. Vorausgesetzt, daß die Bank die US-$ 68.540,-- zur Verfügung stellt, verpflichtet sich Christian S***** bei Nichteinhaltung des Liefertermins die Anzahlung von US-$ 23.540,-- zurückzuzahlen und den Wechsel der Firma B.C.S. zurückzugeben".

Im Mai 1994 habe der Geschäftsführer der Klägerin von Alois M*****, dem Geschäftsführer eines anderen Abnehmers der Mountain-Bikes des Beklagten, erfahren, daß die vom Beklagten gelieferten S*****-Räder nicht - wie von ihm erwartet - über spezialgezogene Rahmen verfügt. Mit Faxen vom 11. 5. bzw 16. 5. 1994 habe der Geschäftsführer der Klägerin an den Beklagten die Anfrage gerichtet, ob die noch ausständigen Rahmen der Bike-Lieferung laut Rechnung vom 28. 2. 1994 über einen gefrästen Rahmen verfügten. Weiters habe er im Fax vom 16. 5. 1994 angekündigt, daß falls diese Mountain-Bikes nicht wie in der Lieferbestätigung vermerkt bis spätestens 20. 5. 1994 bei der Klägerin einträfen, diese auf alle Fälle die Annahme der anstehenden Lieferung verweigern würde. In einem daraufhin geführten Telefongespräch habe der Beklagte erklärt, die bestellten Fahrräder entsprächen den Spezifikationslisten, verfügten jedoch nicht über einen gefrästen Rahmen. Weiters habe er der Klägerin mitgeteilt, daß die bestellte Ware im offenen Zollager des Beklagten zur Abholung bereit stehe. Die bereitgestellte Ware habe den der Bestellung der Klägerin zugrundeliegenden Spezifikationsmerkmalen entsprochen. In der Folge habe die Klägerin die Annahme verweigert. Gemäß der Vereinbarung vom 28. 3. 1994 habe die Klägerin einen Wechsel über US-$ 45.000,-- ausgestellt und dem Beklagten einen Scheck über US-$ 23.540,-- übergeben.

In rechtlicher Beurteilung führte das Erstgericht aus, der Beklagte habe weder ausdrücklich noch schlüssig eine Zusage abgegeben, daß alle von ihm gelieferten Räder über einen spezialgefrästen bzw gezogenen Rahmen verfügten. Der Geschäftsführer der Klägerin habe die Präsentation des neuen Bikes mit spezialgefrästem Rahmen in dieser Richtung mißverstanden. Diesen Irrtum habe der Beklagte nicht veranlaßt, weil der Geschäftsführer der Klägerin bis Mai 1994 niemals ausdrücklich auf seinen Wunsch hinsichtlich spezialgefräster Rahmen hingewiesen habe. Der Beklagte habe sohin darauf vertrauen können, daß die Klägerin genau jene Produkte, die sie ausdrücklich schriftlich bestellt habe, tatsächlich bekommen wolle. Ihrem Geschäftsführer seien die auf den Spezifikationslisten verwendeten Spezifikationsmerkmale ein Begriff gewesen. Nur unter diesen Voraussetzungen sei aber der Fahrradlieferungsvertrag zwischen den Parteien zustandegekommen. Ein Mißverständnis seitens der Klägerin habe diese selbst zu verantworten.

Das Gericht zweiter Instanz gab infolge Berufung der Klägerin dem Klagebegehren im wesentlichen (mit Ausnahme der - unbekämpft gebliebenen - Teilabweisung eines Zinsenmehrbegehrens und eines Begehrens von 20 % USt aus den Zinsen) statt, sprach (allerdings ohne förmliche Fassung eines dreigliedrigen Urteilsspruches) aus, daß die vom Beklagten eingewendeten Gegenforderungen nicht zu Recht bestünden, und ließ die ordentliche Revision zu. Es stellte aufgrund einer Beweisergänzung in der Berufungsverhandlung ergänzend den Inhalt der Beilagen E und G fest und leitete rechtlich daraus ab, die verfahrensgegenständliche Bestellung habe sich wegen der im August 1993 erfolgten Produktpräsentation des "leichtesten Rades der Welt" mit Veranschaulichung eines aufgeschnittenen spezialgefrästen Rahmenrohres, aufgrund des Textes der Fachzeitschrift Bike 10/93 laut Beilage E ("S*****: Das 6,88 - kg Bike - damit ist der Alurenner das leichteste Bike auf der Messe. Das meiste Gewicht spart Designer Christian S***** am Rahmen, indem er die spezial-legierten Rohre spiralförmig ausfräst. Das 1280 g leichte Rohrgestell komplettiert der ehemalige Drachenbauer mit serienmäßigen Shimano-Komponenten und günstigen Leichtteilen....") sowie des Prospektes Beilage G, in dem auf die spiralförmig ausgefrästen Rahmenrohre als Grund für die Gewichtsersparnis hingewiesen wurde, auf das vorgelegte Muster (Rahmen mit spezialgefrästem Rohr) bezogen, was der Beklagte auch habe wissen müssen.

Auf die zwischen den Streitteilen zustandegekommene Vereinbarung sei das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (UNK), das für die Bundesrepublik Deutschland am 1. 1. 1991, in Österreich am 1. 1. 1989 in Kraft getreten sei, anzuwenden, weil beide Streitteile ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat hätten. Das UN-Kaufrecht kenne nur den einheitlichen Begriff der Vertragsverletzung, worunter jede mögliche Nichterfüllung jedweder Vertragspflicht zu verstehen sei.

Herausgehoben werde nur die wesentliche Vertragsverletzung: Ihr allgemeiner Tatbestand setze voraus, daß - durch welche Vertragswidrigkeit auch immer - der verletzten Partei entgehe, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen (Art 25). Sie berechtige den Käufer jedenfalls immer auch zur Vertragsaufhebung. Die Wesentlichkeit sei immer dann zu bejahen, wenn der Käufer, hätte er bei Vertragsschluß die Verletzung vorausgesehen, den Vertrag überhaupt nicht geschlossen hätte. Nach dem UN-Kaufrecht sei auch die Haftung des Beklagten zu beurteilen, dies sei eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung mit der beschränkten Möglichkeit eines Entlastungsbeweises. Vorausgesetzt sei allein, daß der Verkäufer in irgendeiner Weise den Vertrag verletzt habe, d.h. insbesondere durch Lieferung vertragswidriger Ware den geschuldeten Erfolg nicht herbeigeführt habe. Die Ware müsse gemäß Art 35 Abs 2 lit c UNK mangels besonderer Vereinbarung die Eigenschaften der vorgelegten Probe (des Musters) haben.Herausgehoben werde nur die wesentliche Vertragsverletzung: Ihr allgemeiner Tatbestand setze voraus, daß - durch welche Vertragswidrigkeit auch immer - der verletzten Partei entgehe, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen (Artikel 25,). Sie berechtige den Käufer jedenfalls immer auch zur Vertragsaufhebung. Die Wesentlichkeit sei immer dann zu bejahen, wenn der Käufer, hätte er bei Vertragsschluß die Verletzung vorausgesehen, den Vertrag überhaupt nicht geschlossen hätte. Nach dem UN-Kaufrecht sei auch die Haftung des Beklagten zu beurteilen, dies sei eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung mit der beschränkten Möglichkeit eines Entlastungsbeweises. Vorausgesetzt sei allein, daß der Verkäufer in irgendeiner Weise den Vertrag verletzt habe, d.h. insbesondere durch Lieferung vertragswidriger Ware den geschuldeten Erfolg nicht herbeigeführt habe. Die Ware müsse gemäß Artikel 35, Absatz 2, Litera c, UNK mangels besonderer Vereinbarung die Eigenschaften der vorgelegten Probe (des Musters) haben.

Die Art der bis zum Vertragsabschluß erfolgten Präsentation durch den Beklagten sei so gewesen, daß ohne gegenteilige Aufklärung, die nicht erfolgt sei, ein Geschäftspartner der Meinung habe sein dürfen, alle in Hinkunft vom Beklagten hergestellten Räder seien mit dem neuen Rahmen versehen. Die Spezifikationen in den der Bestellung der Klägerin zugrundeliegenden Listen schlössen dies nicht aus, da sie insoferne neutral seien. Daß die Klägerin der Meinung gewesen sei, Mountain-Bikes mit Rahmen aus spiralgefrästem Rohr zu bestellen, habe das Erstgericht ohnedies (in völliger Übereinstimmung mit den Beweisergebnissen) festgestellt. Da dies dem objektiven Erklärungswert entsprochen habe, auf den es ankomme, sei der Vertrag auch mit diesem Inhalt zustandegekommen. Wenn nämlich die Klägerin, welcher der Vertrieb der S*****-Bikes übertragen worden sei und die diesen Vertrieb übernommen habe, am 30. 9. 1993 sowie in der Folge aufgrund der übermittelten Spezifikationslisten Mountain-Bikes bestellt habe, so habe der Beklagte wissen müssen, daß sich die Bestellung auf das vorgelegte Muster, nämlich die Rahmen mit spiralgefrästem Rohr, bezogen habe. Nun habe die vom Beklagten gelieferte bzw bereitgestellte Ware der Bestellung laut Muster nicht entsprochen. Dies habe die Klägerin, als sie davon erfahren habe, unverzüglich gerügt. Sie sei daher berechtigt gewesen, die noch ausstehende Ware nicht anzunehmen und vom Vertrag zurückzutreten. Sei der Vertrag aufgehoben, habe jeder Teil das bereits Erhaltene zurückzuerstatten. Der Beklagte habe sohin der Klägerin das bereits erhaltene Entgelt (die Anzahlung) zurückzuzahlen.

Die eingewendeten Gegenforderungen bestünden nicht zu Recht.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das zweitinstanzliche Urteil erhobene Revision des Beklagten ist mit ihrem Aufhebungsantrag berechtigt.

Der in der Revision gerügte, in der unterlassenen Erörterung der Unterstellung des strittigen Vertrages der Streitteile unter das UN-Kaufrecht erblickte Mangel des berufungsgerichtlichen Verfahrens liegt allerdings nicht vor:

Es konnte für die Parteien im vorliegenden Anwaltsprozeß nicht überraschend sein, daß der vorliegende Vertrag dem UNK unterstellt wird, sind doch dessen Anwendungsvoraussetzungen nach Art 1 des beim Vertragsabschluß in Österreich und Deutschland geltenden Übereinkommens klar erfüllt (vgl ZVR 1974/110). Damit sind die hier zwischen den Parteien strittigen Fragen des Zustandekommens und des Inhalts, sowie (allenfalls) der Verletzung und/oder Aufhebung des verfahrensbetroffenen Vertrages nach den Bestimmungen des UNK zu beurteilen:Es konnte für die Parteien im vorliegenden Anwaltsprozeß nicht überraschend sein, daß der vorliegende Vertrag dem UNK unterstellt wird, sind doch dessen Anwendungsvoraussetzungen nach Artikel eins, des beim Vertragsabschluß in Österreich und Deutschland geltenden Übereinkommens klar erfüllt vergleiche ZVR 1974/110). Damit sind die hier zwischen den Parteien strittigen Fragen des Zustandekommens und des Inhalts, sowie (allenfalls) der Verletzung und/oder Aufhebung des verfahrensbetroffenen Vertrages nach den Bestimmungen des UNK zu beurteilen:

Art 8 UNK regelt die Auslegung von Erklärungen und Verhalten folgendermaßen:Artikel 8, UNK regelt die Auslegung von Erklärungen und Verhalten folgendermaßen:

"(1) Für die Zwecke dieses Übereinkommens sind Erklärungen und das sonstige Verhalten einer Partei nach deren Willen auszulegen, wenn die andere Partei diesen Willen kannte oder darüber nicht in Unkenntnis sein konnte.

(2) Ist Abs 1 nicht anwendbar, so sind Erklärungen und das sonstige Verhalten einer Partei so auszulegen, wie eine vernüftige Person der gleichen Art wie die andere Partei sie unter den gleichen Umständen aufgefaßt hätte.(2) Ist Absatz eins, nicht anwendbar, so sind Erklärungen und das sonstige Verhalten einer Partei so auszulegen, wie eine vernüftige Person der gleichen Art wie die andere Partei sie unter den gleichen Umständen aufgefaßt hätte.

(3) Um den Willen einer Partei oder Auffassung festzustellen, die eine vernünftige Person gehabt hätte, sind alle erheblichen Umstände zu berücksichtigen, insbesondere die Verhandlungen zwischen den Parteien, die zwischen ihnen entstandenen Gepflogenheiten, die Bräuche und das spätere Verhalten der Parteien."

Weiters sind Inhalt und Annahme des Angebots (der Vertragsabschluß) in den Art 14 ff, 18 ff näher geregelt und finden sich Regeln über eine wesentliche Vertragsverletzung (Art 25), die Vertragsaufhebung (Art 26 ff) und im weiteren Sinn über die Pflichten der Vertragsparteien und die wegen deren Verletzung der anderen Partei zustehenden Rechte in Art 30 ff, Art 35 [Vertragsmäßigkeit der Ware] f, Art 38 (Untersuchung der Ware durch den Käufer), Art 39 ff (Mängelrüge), Art 45 ff (Rechtsbehelfe des Käufers) wie etwa Art 49 (Vertragsaufhebung bei wesentlicher Vertragsverletzung) und dgl mehr.Weiters sind Inhalt und Annahme des Angebots (der Vertragsabschluß) in den Artikel 14, ff, 18 ff näher geregelt und finden sich Regeln über eine wesentliche Vertragsverletzung (Artikel 25,), die Vertragsaufhebung (Artikel 26, ff) und im weiteren Sinn über die Pflichten der Vertragsparteien und die wegen deren Verletzung der anderen Partei zustehenden Rechte in Artikel 30, ff, Artikel 35, [Vertragsmäßigkeit der Ware] f, Artikel 38, (Untersuchung der Ware durch den Käufer), Artikel 39, ff (Mängelrüge), Artikel 45, ff (Rechtsbehelfe des Käufers) wie etwa Artikel 49, (Vertragsaufhebung bei wesentlicher Vertragsverletzung) und dgl mehr.

Eine nähere Befassung mit der hier aufgezeigten Rechtslage ist im vorliegenden Fall schon deshalb noch nicht möglich, weil - worauf in der Revision auch hingewiesen wird - die nach allen diesen Bestimmungen zu prüfenden Tatsachen hier nach dem bisherigen Verfahrensstand nicht verläßlich feststehen, sondern auch nach den vom Gericht zweiter Instanz ergänzend getroffenen Feststellungen Widersprüche zu (den eingangs näher dargelegten) gegenteiligen erstgerichtlichen Feststellungen bestehen bleiben, zumal das Berufungsgericht die Beweisrüge der Klägerin gegen die erstgerichtlichen Feststellungen vor allem über den Inhalt des vorliegenden Mountain-Bike-Kaufvertrages (Vertragsgegenstand, Vertragsmäßigkeit der Ware) nicht erledigt hat. Ohne - erst nach einer Beweiswiederholung mögliche - Abänderung der erstgerichtlichen Feststellungen, nach denen "gefräste Rahmen" nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens waren, durfte das Berufungsgericht nicht bloß aufgrund der Dartuung der Beil./E (Teil einer Fachzeitschrift "bike" 10/93) und Beil./G (eines Prospekts der Beklagten für 1994), von denen nicht einmal feststeht, welche Rolle sie bei der gegenständlichen Bestellung gespielt haben, von den überwiegend aufgrund unmittelbarer Beweisaufnahme getroffenen, völlig gegenteiligen Feststellungen des Erstgerichtes über den Vertragsinhalt abweichende "Feststellungen" treffen und seiner rechtlichen Beurteilung zugrundelegen. Daß es dabei die Bestimmung des § 488 Abs 4 ZPO eingehalten hätte, ist dem Protokoll über die Berufungsverhandlung (ON 67) nicht zu entnehmen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes sind aber die von der Klägerin mit Beweisrüge bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes über die vor dem Vertragsabschluß gelegenen Erklärungen und Verhaltensweisen und den Vertragsinhalt selbst rechtserheblich, weil sie - wie oben aufgezeigt - der rechtlichen Überprüfung nach dem UN-Kaufrecht zu unterziehen sind und insbesondere solche Umstände betreffen, die nach den Bestimmungen des Art 8 Abs 1 UNK zu beurteilen sind.Eine nähere Befassung mit der hier aufgezeigten Rechtslage ist im vorliegenden Fall schon deshalb noch nicht möglich, weil - worauf in der Revision auch hingewiesen wird - die nach allen diesen Bestimmungen zu prüfenden Tatsachen hier nach dem bisherigen Verfahrensstand nicht verläßlich feststehen, sondern auch nach den vom Gericht zweiter Instanz ergänzend getroffenen Feststellungen Widersprüche zu (den eingangs näher dargelegten) gegenteiligen erstgerichtlichen Feststellungen bestehen bleiben, zumal das Berufungsgericht die Beweisrüge der Klägerin gegen die erstgerichtlichen Feststellungen vor allem über den Inhalt des vorliegenden Mountain-Bike-Kaufvertrages (Vertragsgegenstand, Vertragsmäßigkeit der Ware) nicht erledigt hat. Ohne - erst nach einer Beweiswiederholung mögliche - Abänderung der erstgerichtlichen Feststellungen, nach denen "gefräste Rahmen" nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens waren, durfte das Berufungsgericht nicht bloß aufgrund der Dartuung der Beil./E (Teil einer Fachzeitschrift "bike" 10/93) und Beil./G (eines Prospekts der Beklagten für 1994), von denen nicht einmal feststeht, welche Rolle sie bei der gegenständlichen Bestellung gespielt haben, von den überwiegend aufgrund unmittelbarer Beweisaufnahme getroffenen, völlig gegenteiligen Feststellungen des Erstgerichtes über den Vertragsinhalt abweichende "Feststellungen" treffen und seiner rechtlichen Beurteilung zugrundelegen. Daß es dabei die Bestimmung des Paragraph 488, Absatz 4, ZPO eingehalten hätte, ist dem Protokoll über die Berufungsverhandlung (ON 67) nicht zu entnehmen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes sind aber die von der Klägerin mit Beweisrüge bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes über die vor dem Vertragsabschluß gelegenen Erklärungen und Verhaltensweisen und den Vertragsinhalt selbst rechtserheblich, weil sie - wie oben aufgezeigt - der rechtlichen Überprüfung nach dem UN-Kaufrecht zu unterziehen sind und insbesondere solche Umstände betreffen, die nach den Bestimmungen des Artikel 8, Absatz eins, UNK zu beurteilen sind.

Diese Erwägungen erfordern die Aufhebung des zweitinstanzlichen Urteils - im Umfang seiner noch nicht eingetretenen Rechtskraft - und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, welches die Beweisrüge der Berufung des Klägers zu erledigen und sodann auf einwandfreier Tatsachengrundlage neuerlich zu entscheiden haben wird.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, zweiter Satz ZPO.

Anmerkung

E53163 02A01637

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0020OB00163.97B.0311.000

Dokumentnummer

JJT_19990311_OGH0002_0020OB00163_97B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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