TE OGH 1999/3/16 10ObS422/98a

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Veröffentlicht am 16.03.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Manhard (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Johann Holper (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Artur G*****, ohne Beschäftigungsangabe, *****, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Mag. Martin Mennel und andere Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei Vorarlberger Gebietskrankenkasse, 6850 Dornbirn, Jahngasse 4, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram und Dr. Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1.320,-- s. A. (Revisionsinteresse S 730,27), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. Oktober 1998, GZ 25 Rs 101/98h-57, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 23. Juli 1997, GZ 35 Cgs 126/92g-53, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Der Kläger ist bei der Beklagten nach den Bestimmungen des ASVG in der Krankenversicherung pflichtversichert. Er leidet an einer Herzerkrankung, die unter anderem eine medikamentöse Behandlung erforderlich macht. Er begab sich zur Behandlung dieser Erkrankung zu einem Facharzt für Innere Medizin, der ein Vertragsarzt der Beklagten ist, was dem Kläger auch bekannt war. Im Zuge der Behandlung wurde eine 24-Stunden-Blutdruckmessung durchgeführt, wofür der Kläger auf Grund der Rechnung des Facharztes vom 22. 9. 1992 S 1.320,-- (inklusive Umsatzsteuer) bezahlte. Daraufhin beantragte der Kläger bei der Beklagten Kostenerstattung. Der Kläger war im dritten Quartal 1992, in welchem die Behandlung vom 21. 9. 1992 im Zusammenhang mit der 24-Stunden-Blutdruckmessung erfolgte, mehrmals bei diesem Facharzt in Behandlung, der für Leistungen in diesem Quartal auch mit der Beklagten abrechnete und insgesamt S 647,28 für Ordinationsgebühren vergütet erhielt.

Mit Bescheid vom 26. 11. 1992 lehnte die Beklagte die Kostenerstattung ab. Es handle sich bei der Behandlung um keine Kassenleistung, die über einen Krankenschein verrechnet werden könne. Ein Tätigwerden eines Arztes teils als Wahl-, teils als Vertragsarzt scheide selbst im Falle der Übereinkunft zwischen dem Arzt und dem Versicherten aus. Für die vom Vertragsarzt dem Kläger erbrachten Sachleistungen sei dieser im Rahmen des Gesamt- und Einzelvertrages entschädigt worden.

Mit der rechtzeitigen Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung von S 1.320,-- s. A. Durch die Blutdruckmessung habe eine wesentlich kostengünstigere, effizientere, schonendere und lebensverlängernde Medikation verordnet werden können.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im wesentlichen ein, daß es sich bei dem in Anspruch genommenen Facharzt um einen Vertragsarzt der Beklagten und nicht um einen Wahlarzt handle, so daß ein Kostenerstattungsanspruch schon deshalb ausgeschlossen sei. Der Kläger habe Anspruch auf Behandlung auf Kosten der Beklagten, der Facharzt habe von ihm für die Krankenbehandlung gar nichts verlangen dürfen.

Das Erstgericht wies im ersten Rechtsgang das Klagebegehren ab. Es stelle ergänzend fest, daß es sich bei der hier angewendeten Blutdruckmessung um eine in medizinischer Hinsicht zulässige und in bezug auf den Behandlungserfolg zweckmäßige Maßnahme handelte. Dadurch habe beim Kläger vor allem die für die Behandlung der Herzerkrankung erforderliche Medikation exakt quantifiziert werden können, wodurch die Beklagte wesentlich weniger Kosten für Medikamente zu ersetzen habe. Der verrechnete Betrag sei auch marktüblich und angemessen. Die maßgebliche Honorarordnung sehe in bezug auf diese Blutdruckmessung keinen eigenen Tarifansatz vor. Der Arzt habe für die am 21. 9. 1992 vorgenommene Behandlung vom Kläger ein Entgelt von S 1.320,-- und von der Beklagten ein solches in nicht genau feststellbarer Höhe, jedenfalls jedoch in der Höhe des sogenannten Ordinationstarifes erhalten.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht im ersten Rechtsgang davon aus, daß der Kläger gegenüber der Beklagten Anspruch auf Ersatz der Kosten in jener Höhe habe, die bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner vom Versicherungsträger aufzuwenden gewesen wären (§ 131 Abs 1 ASVG). Bei dieser Beurteilung sei zu beachten, ob die anderen Vertragsärzte der Beklagten im Einzelfall dem Kläger eine zweckmäßige und ausreichende Behandlung zur Verfügung gestellt hätten. Deshalb, weil andere Vertragsärzte keine 24-Stunden-Blutdruckmessung durchgeführt hätten, könne nicht geschlossen werden, diese anderen Ärzte hätten dem Kläger keine zweckmäßige und ausreichende Krankenbehandlung zuteil werden lassen.In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht im ersten Rechtsgang davon aus, daß der Kläger gegenüber der Beklagten Anspruch auf Ersatz der Kosten in jener Höhe habe, die bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner vom Versicherungsträger aufzuwenden gewesen wären (Paragraph 131, Absatz eins, ASVG). Bei dieser Beurteilung sei zu beachten, ob die anderen Vertragsärzte der Beklagten im Einzelfall dem Kläger eine zweckmäßige und ausreichende Behandlung zur Verfügung gestellt hätten. Deshalb, weil andere Vertragsärzte keine 24-Stunden-Blutdruckmessung durchgeführt hätten, könne nicht geschlossen werden, diese anderen Ärzte hätten dem Kläger keine zweckmäßige und ausreichende Krankenbehandlung zuteil werden lassen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Nach der Krankenordnung der Beklagten habe der Versicherte das Recht, einen Wahlarzt in Anspruch zu nehmen; als solcher sei ein Arzt anzusehen, der zur Kasse in keinem Vertragsverhältnis stehe. Die Kosten der wahlärztlichen Hilfe seien vom Versicherten zu zahlen. Ihm gebühre eine Kostenerstattung, wenn nicht in demselben Kalendervierteljahr .... ein Facharzt als Wahlarzt bzw ein Facharzt des gleichen Fachgebietes als Vertragsarzt in Anspruch genommen worden sei. Dies habe der Kläger getan, weil er den Facharzt einerseits als Vertragsarzt in Anspruch genommen habe und andererseits nun Ersatz für Wahlarztkosten begehre. Ein Vertragsarzt könne aber nicht gleichzeitig auch als Wahlarzt im Sinne des ASVG in Anspruch genommen werden, weshalb auch eine Kostenerstattung bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes schon vom Gesetz wegen ausgeschlossen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hob mit Beschluß vom 28. 11. 1995, 10 ObS 166/94 (SSV-NF 9/100, RdM 1996, 122) diese Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Sache an das Erstgericht zurück. Er führte dort unter anderem aus:

Leistungen, die im Zeitpunkt der grundsätzlichen Einigung über die Positionen der Honorarordnung auf Kosten des Versicherungsträgers nicht zu erbringen waren, die jedoch später Gegenstand der Leistungen wurden, auf die die Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger Anspruch haben, seien, sofern sie in ihrem Umfang und in ihrer Qualität den Leistungen entsprechen, für die Sondertarife vorgesehen sind, nicht Gegenstand des Gesamtvertrages und der aus diesem erfließenden Behandlungspflicht der Vertragsärzte. Notwendige, in den Gesamtverträgen aber nicht vorgesehene Leistungen sei der Versicherte auch dann zu fordern berechtigt, wenn sich die Vertragsärzte berechtigt weigern, diese Leistungen auf Kosten der Krankenversicherung zu erbringen. Ein Versicherter dürfe einen Vertragsarzt privat in Anspruch nehmen und habe Anspruch auf spätere Kostenerstattung, wenn es sich um Leistungen handle, die der Vertragsarzt auf Rechnung der Krankenversicherung nicht erbringen darf. Im vorliegenden Fall handle es sich bei der 24-Stunden-Blutdruckmessung um eine verhältnismäßig neue Untersuchungsmethode, die den großen Vorteil habe, daß sie zahlreiche Werte über 24 Stunden erhebt und speichert, was angesichts der großen Schwankungsbreite, der der normale Blutdruck unterliegt, eine wichtige Zusatzinformation bedeute. Es stehe bereits jetzt fest, daß die beim Kläger angewandte Untersuchungsmethode im Rahmen der ausreichenden und zweckmäßigen Krankenbehandlung blieb und auch das Maß des Notwendigen nicht überschritt (§ 133 Abs 2 ASVG); der Kläger habe daher grundsätzlich Anspruch auf Kostenersatz gegenüber dem beklagten Versicherungsträger. Dennoch sei die Sache nicht spruchreif. Wenngleich keine Bedenken dagegen bestünden, daß ein Vertragsarzt anläßlich der Behandlung eines Versicherten neben dem Honorar der Krankenkasse für Vertragsleistungen auch ein Privathonorar für andere Leistungen (nicht für Vertragsleistungen) entgegennehme, so setze dies voraus, daß dieses Privathonorar für eine ärztliche Leistung zu erbringen sei, die nicht bereits durch das Kassenhonorar abgegolten sei. Nach der unter den Beilagen erliegenden Kostenkalkulation für die 24-Stunden-Blutdruckmessung seien im Gesamtbetrag auch Aufwandskosten einer Untersuchung enthalten. Es sei nicht ausreichend geklärt, inwieweit der behandelnde Arzt für Untersuchungen am 21. und 22. 9. 1992 bereits durch das Kassenhonorar entlohnt worden sei. Der von der Beklagten zu leistende Kostenersatz habe jedoch nur zu erfolgen, soweit eine solche Honorierung nicht bereits stattgefunden habe, weil es im anderen Fall zu einer Doppelhonorierung der Leistung kommen würde. Die erstgerichtlichen Feststellungen seien diesbezüglich unklar, das Berufungsgericht habe diese Frage für nicht erörterungsbedürftig gehalten. Um die Sache spruchreif zu machen, bedürfe es einer Verhandlung in erster Instanz.Leistungen, die im Zeitpunkt der grundsätzlichen Einigung über die Positionen der Honorarordnung auf Kosten des Versicherungsträgers nicht zu erbringen waren, die jedoch später Gegenstand der Leistungen wurden, auf die die Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger Anspruch haben, seien, sofern sie in ihrem Umfang und in ihrer Qualität den Leistungen entsprechen, für die Sondertarife vorgesehen sind, nicht Gegenstand des Gesamtvertrages und der aus diesem erfließenden Behandlungspflicht der Vertragsärzte. Notwendige, in den Gesamtverträgen aber nicht vorgesehene Leistungen sei der Versicherte auch dann zu fordern berechtigt, wenn sich die Vertragsärzte berechtigt weigern, diese Leistungen auf Kosten der Krankenversicherung zu erbringen. Ein Versicherter dürfe einen Vertragsarzt privat in Anspruch nehmen und habe Anspruch auf spätere Kostenerstattung, wenn es sich um Leistungen handle, die der Vertragsarzt auf Rechnung der Krankenversicherung nicht erbringen darf. Im vorliegenden Fall handle es sich bei der 24-Stunden-Blutdruckmessung um eine verhältnismäßig neue Untersuchungsmethode, die den großen Vorteil habe, daß sie zahlreiche Werte über 24 Stunden erhebt und speichert, was angesichts der großen Schwankungsbreite, der der normale Blutdruck unterliegt, eine wichtige Zusatzinformation bedeute. Es stehe bereits jetzt fest, daß die beim Kläger angewandte Untersuchungsmethode im Rahmen der ausreichenden und zweckmäßigen Krankenbehandlung blieb und auch das Maß des Notwendigen nicht überschritt (Paragraph 133, Absatz 2, ASVG); der Kläger habe daher grundsätzlich Anspruch auf Kostenersatz gegenüber dem beklagten Versicherungsträger. Dennoch sei die Sache nicht spruchreif. Wenngleich keine Bedenken dagegen bestünden, daß ein Vertragsarzt anläßlich der Behandlung eines Versicherten neben dem Honorar der Krankenkasse für Vertragsleistungen auch ein Privathonorar für andere Leistungen (nicht für Vertragsleistungen) entgegennehme, so setze dies voraus, daß dieses Privathonorar für eine ärztliche Leistung zu erbringen sei, die nicht bereits durch das Kassenhonorar abgegolten sei. Nach der unter den Beilagen erliegenden Kostenkalkulation für die 24-Stunden-Blutdruckmessung seien im Gesamtbetrag auch Aufwandskosten einer Untersuchung enthalten. Es sei nicht ausreichend geklärt, inwieweit der behandelnde Arzt für Untersuchungen am 21. und 22. 9. 1992 bereits durch das Kassenhonorar entlohnt worden sei. Der von der Beklagten zu leistende Kostenersatz habe jedoch nur zu erfolgen, soweit eine solche Honorierung nicht bereits stattgefunden habe, weil es im anderen Fall zu einer Doppelhonorierung der Leistung kommen würde. Die erstgerichtlichen Feststellungen seien diesbezüglich unklar, das Berufungsgericht habe diese Frage für nicht erörterungsbedürftig gehalten. Um die Sache spruchreif zu machen, bedürfe es einer Verhandlung in erster Instanz.

Im zweiten Rechtsgang erkannte das Erstgericht die Beklagte schuldig, dem Kläger S 800 zu zahlen; das Mehrbegehren von S 520 und das Zinsenbegehren wies es (rechtskräftig) ab. Es traf unter anderem auf Grund von Sachverständigengutachten ausführliche Feststellungen hinsichtlich des Vorganges beim Anlegen und der Abnahme des Meßgerätes, der Auswertung, der Gerätekosten und der betriebswirtschaftlichen Kosten eines Anwendungsfalles, der Kostenkalkulation des vom Kläger konsultierten Facharztes und der von der OÖ Gebietskrankenkasse ihrer Honorarregelung zugrunde liegenden Kostenkalkulation. Bei seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht vor allem von einem Vergleich mit den von Fachärzten für innere Medizin in Vorarlberg auch im September 1992 erbrachten Leistungen und den diesbezüglichen Kalkulationen aus. Es erscheine sachgerecht, die konkrete Position neben dem Ordinationstarif hypothetisch mit S 800 festzusetzen. Diesen hypothetisch anzunehmenden Vertragstarif-Ersatzbetrag habe die Beklagte dem Kläger unter Ausklammerung der bereits bezahlten Ordinationsgebühr zu ersetzen.

Das Berufungsgericht gab der nur von der Beklagten gegen die Stattgebung eines Teilbetrages von S 730,27 erhobenen Berufung nicht Folge. Nach dem oben dargestellten Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofs sei nur aufklärungsbedürftig, inwieweit der Arzt für die Erbringung der Leistung bereits eine Abgeltung von der Beklagten erhalten habe; sonstige und weitere Parameter der Leistung, etwa die Angemessenheit oder kalkulatorische Richtigkeit der Honorarnote seien nicht mehr zu überprüfen gewesen. Daher sei auf die Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht einzugehen. Auf die bemängelten Feststellungen komme es ebensowenig an wie darauf, ob das Erstgericht die Bestimmung des § 273 ZPO anwenden durfte oder ob die Ermittlung des zugesprochenen Betrages der Höhe nach gerechtfertigt sei. Der Kostenersatz wäre mit dem begehrten Betrag von S 1.320 zu veranschlagen gewesen; davon seien maximal die dem Arzt bezahlten Behandlungsbeiträge (Ordinationsleistungen) von S 269,70 abzuziehen, so daß ein Rest von S 1.023,30 jedenfalls berechtigt wäre. Dieser Betrag sei aber durch den Zuspruch des Erstgerichtes gedeckt. Daher erübrige sich ein Eingehen auf die Berufungsausführungen. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision im Hinblick auf die Klärung der Rechtslage durch den zitierten Aufhebungsbeschluß nicht zulässig sei.Das Berufungsgericht gab der nur von der Beklagten gegen die Stattgebung eines Teilbetrages von S 730,27 erhobenen Berufung nicht Folge. Nach dem oben dargestellten Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofs sei nur aufklärungsbedürftig, inwieweit der Arzt für die Erbringung der Leistung bereits eine Abgeltung von der Beklagten erhalten habe; sonstige und weitere Parameter der Leistung, etwa die Angemessenheit oder kalkulatorische Richtigkeit der Honorarnote seien nicht mehr zu überprüfen gewesen. Daher sei auf die Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht einzugehen. Auf die bemängelten Feststellungen komme es ebensowenig an wie darauf, ob das Erstgericht die Bestimmung des Paragraph 273, ZPO anwenden durfte oder ob die Ermittlung des zugesprochenen Betrages der Höhe nach gerechtfertigt sei. Der Kostenersatz wäre mit dem begehrten Betrag von S 1.320 zu veranschlagen gewesen; davon seien maximal die dem Arzt bezahlten Behandlungsbeiträge (Ordinationsleistungen) von S 269,70 abzuziehen, so daß ein Rest von S 1.023,30 jedenfalls berechtigt wäre. Dieser Betrag sei aber durch den Zuspruch des Erstgerichtes gedeckt. Daher erübrige sich ein Eingehen auf die Berufungsausführungen. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision im Hinblick auf die Klärung der Rechtslage durch den zitierten Aufhebungsbeschluß nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß ein weiterer Betrag von S 730,27 abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung der Bindung an den Aufhebungsbeschluß von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist. Die Revision ist im Sinne ihres Eventualantrages auch berechtigt.

Ausgangspunkt ist der bereits zitierte und oben auszugsweise wiedergegebene Aufhebungsbeschluß des Senates vom 28. 11. 1995, 10 ObS 166/94. Ohne daß dies dort direkt ausgesprochen wurde, handelte es sich um eine Aufhebung nach § 496 Abs 1 Z 3 ZPO, weil "nach Inhalt der Prozeßakten" dem Revisionsgericht "erhebliche scheinende Tatsachen in erster Instanz gar nicht erörtert wurden." Grund für die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht war das Vorliegen von Feststellungsmängeln auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung (sog. sekundäre Mängel); die Bestimmung des § 496 Abs 2 ZPO, wonach sich das Verfahren vor dem Prozeßgericht im Falle der Z 1 auf die unerledigt gebliebenen Ansprüche und Anträge, im Falle der Z 2 auf die durch den Mangel betroffenen Teile des erstrichterlichen Verfahrens und Urteils zu beschränken haben, gilt daher hier nicht (vgl Fasching, ZPR2 Rz 1764; 1774, 1820). Liegen auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhende Feststellungsmängel vor, hebt der Oberste Gerichtshof zufolge erhobener Rechtsrüge die Urteile der Vorinstanzen auf und verweist er die Sache an das Erstgericht zurück, dann gelten für das weitere Verfahren vor dem Erstgericht die Bestimmungen des § 496 ZPO sinngemäß, wie wenn die Aufhebung bereits durch das Berufungsgericht erfolgt wäre. Das bedeutet aber, daß eben die Beschränkung des § 496 Abs 2 ZPO nicht gilt und im fortgesetzten Verfahren neues - auch widersprechendes - Vorbringen und neue Beweisanträge - abgesehen vom Fall der Verschleppungsabsicht - unbeschränkt zulässig sind. Lediglich abschließend entschiedene Fragen oder abschließend erledigte Streitpunkte können nicht wieder aufgerollt werden (Kodek/Rechberger, ZPO, Rz 5 zu § 496 mwN; RIS-Justiz RS0042435; zuletzt etwa 7 Ob 18/98t).Ausgangspunkt ist der bereits zitierte und oben auszugsweise wiedergegebene Aufhebungsbeschluß des Senates vom 28. 11. 1995, 10 ObS 166/94. Ohne daß dies dort direkt ausgesprochen wurde, handelte es sich um eine Aufhebung nach Paragraph 496, Absatz eins, Ziffer 3, ZPO, weil "nach Inhalt der Prozeßakten" dem Revisionsgericht "erhebliche scheinende Tatsachen in erster Instanz gar nicht erörtert wurden." Grund für die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht war das Vorliegen von Feststellungsmängeln auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung (sog. sekundäre Mängel); die Bestimmung des Paragraph 496, Absatz 2, ZPO, wonach sich das Verfahren vor dem Prozeßgericht im Falle der Ziffer eins, auf die unerledigt gebliebenen Ansprüche und Anträge, im Falle der Ziffer 2, auf die durch den Mangel betroffenen Teile des erstrichterlichen Verfahrens und Urteils zu beschränken haben, gilt daher hier nicht vergleiche Fasching, ZPR2 Rz 1764; 1774, 1820). Liegen auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhende Feststellungsmängel vor, hebt der Oberste Gerichtshof zufolge erhobener Rechtsrüge die Urteile der Vorinstanzen auf und verweist er die Sache an das Erstgericht zurück, dann gelten für das weitere Verfahren vor dem Erstgericht die Bestimmungen des Paragraph 496, ZPO sinngemäß, wie wenn die Aufhebung bereits durch das Berufungsgericht erfolgt wäre. Das bedeutet aber, daß eben die Beschränkung des Paragraph 496, Absatz 2, ZPO nicht gilt und im fortgesetzten Verfahren neues - auch widersprechendes - Vorbringen und neue Beweisanträge - abgesehen vom Fall der Verschleppungsabsicht - unbeschränkt zulässig sind. Lediglich abschließend entschiedene Fragen oder abschließend erledigte Streitpunkte können nicht wieder aufgerollt werden (Kodek/Rechberger, ZPO, Rz 5 zu Paragraph 496, mwN; RIS-Justiz RS0042435; zuletzt etwa 7 Ob 18/98t).

Die Beklagte macht in ihrer Revision mit Recht geltend, daß im zweiten Rechtsgang die vom Obersten Gerichtshof als aufhebende Instanz in keiner Weise abschließend erledigte Höhe der Forderung zu prüfen war und daß die Parteien dazu neues Vorbringen erstatten und neue Beweisanträge stellen durften. Abschließend erledigt war nämlich nur die Frage, daß dem Kläger gegenüber der Beklagten grundsätzlich Anspruch auf Kostenersatz für die 24-Stunden-Blutdruckmessung zukommt. Die Beklagte hat im zweiten Rechtsgang zur Höhe des strittigen Anspruchs ein konkretes Vorbringen erstattet (insbesondere in der Verhandlung vom 29. 4. 1996, ON 24, aber auch in ihren Schriftsätzen ON 26, 32 und 41) und die vom Kläger vorgelegte Kostenkalkulation mit einer Reihe von Argumenten als unrichtig bestritten; in Erwiderung darauf hat auch der Kläger ein umfangreiches neues Vorbringen erstattet.

Damit ist aber die Auffassung des Berufungsgerichtes, die Angemessenheit oder kalkulatorische Richtigkeit der gegenständlichen Honorarnote sei im zweiten Rechtsgang nicht mehr zu überprüfen gewesen, verfehlt. Die Beklagte macht zutreffend als Verfahrensmangel geltend, daß das Berufungsgericht die in der Berufung enthaltenen Mängel- und Beweisrügen nicht erledigt und eine Prüfung des im zweiten Rechtsgang zur Höhe der Klageforderung erstatteten Vorbringens abgelehnt hat. Vor vollständiger Klärung des Sachverhaltes durch die Tatsacheninstanzen ist zu den Rechtsausführungen der Revisionswerberin nicht Stellung zu nehmen.

Das Berufungsgericht wird daher über die Berufung neuerlich zu entscheiden haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, ASGG.

Anmerkung

E53475 10C04228

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:010OBS00422.98A.0316.000

Dokumentnummer

JJT_19990316_OGH0002_010OBS00422_98A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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