TE OGH 1999/3/30 10ObS60/99t

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Veröffentlicht am 30.03.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johann Meisterhofer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Ernst Löwe (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Nurija L*****, vertreten durch Dr. Dieter Zaponig, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen, Linke Wienzeile 48-52, 1061 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Jänner 1999, GZ 8 Rs 214/98x-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. Mai 1998, GZ 32 Cgs 53/97a-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Begründung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodaß auf deren Richtigkeit hingewiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).Die Begründung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodaß auf deren Richtigkeit hingewiesen werden kann (Paragraph 510, Absatz 3, Satz 2 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:

War der Versicherte - wie der Kläger - nicht überwiegend in erlernten (angelernten) Berufen tätig, gilt er als invalid, wenn er infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr imstande ist, durch eine Tätigkeit, die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet wird und die ihm unter billiger Berücksichtigung der von ihm ausgeübten Tätigkeiten zugemutet werden kann, wenigstens die Hälfte des Entgeltes zu erwerben, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflegt (§ 255 Abs 3 ASVG).War der Versicherte - wie der Kläger - nicht überwiegend in erlernten (angelernten) Berufen tätig, gilt er als invalid, wenn er infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr imstande ist, durch eine Tätigkeit, die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet wird und die ihm unter billiger Berücksichtigung der von ihm ausgeübten Tätigkeiten zugemutet werden kann, wenigstens die Hälfte des Entgeltes zu erwerben, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflegt (Paragraph 255, Absatz 3, ASVG).

Der ausdrücklich vorgeschriebene Maßstab der Lohnhälfte ist entgegen der Mutmaßung des Revisionswerbers keine "leere" Bestimmung. Kann jedoch der Versicherte in einem Verweisungsberuf voll eingesetzt werden, also ohne jede Einschränkung inhaltlicher oder zeitlicher Art, ist davon auszugehen, daß er zumindest den kollektivvertraglichen Lohn bzw das Entgelt erhält, das andere dafür geeignete Arbeiter regelmäßig durch diese Tätigkeit zu erzielen pflegen, sodaß sich die Frage der Lohnhälfte nicht stellt (SSV-NF 1/11, 1/54, 3/157, 4/33, 6/56 ua).

Das Verweisungsfeld für Versicherte, die keinen erlernten oder angelernten Beruf ausgeübt haben, ist mit dem Arbeitsmarkt ident (SSV-NF 1/4, 2/50, 5/96, 6/12, 6/56 ua). Die in § 255 Abs 3 ASVG enthaltene Zumutbarkeitsformel hindert eine Verweisung auf Tätigkeiten, die den bisher ausgeübten unähnlich sind, nicht, sondern soll nur in Ausnahmefällen eine Verweisung verhindern, die bei Berücksichtigung der schon ausgeübten Tätigkeiten als unbillig bezeichnet werden müßte (SSV-NF 2/50, 6/12 ua). Worin die Unbilligkeit bei einer Verweisung des Klägers vom bisherigen Beruf eines Gleisoberbauarbeiters, den er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, auf die Tätigkeit beispielsweise eines Geschirrabräumers, die seinem medizinischen Leistungskalkül entspricht, liegen sollte, vermag der Revisionswerber nicht darzutun.Das Verweisungsfeld für Versicherte, die keinen erlernten oder angelernten Beruf ausgeübt haben, ist mit dem Arbeitsmarkt ident (SSV-NF 1/4, 2/50, 5/96, 6/12, 6/56 ua). Die in Paragraph 255, Absatz 3, ASVG enthaltene Zumutbarkeitsformel hindert eine Verweisung auf Tätigkeiten, die den bisher ausgeübten unähnlich sind, nicht, sondern soll nur in Ausnahmefällen eine Verweisung verhindern, die bei Berücksichtigung der schon ausgeübten Tätigkeiten als unbillig bezeichnet werden müßte (SSV-NF 2/50, 6/12 ua). Worin die Unbilligkeit bei einer Verweisung des Klägers vom bisherigen Beruf eines Gleisoberbauarbeiters, den er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, auf die Tätigkeit beispielsweise eines Geschirrabräumers, die seinem medizinischen Leistungskalkül entspricht, liegen sollte, vermag der Revisionswerber nicht darzutun.

Soweit der Revisionswerber eine Auseinandersetzung mit der Frage vermißt, ob es überhaupt einen Arbeitsmarkt für Geschirrabräumer gibt, ist er darauf zu verweisen, daß nur dann, wenn es sich - im Rahmen des festgestellten Leistungskalküls - um nicht offenkundige (notorische) Verweisungsberufe handelt, die Zahl derartiger Arbeitsplätze zumindest annäherungsweise festzustellen ist (SSV-NF 6/4 mwN; 10 ObS 2202/96p; 10 ObS 2385/96z ua). Allgemeinkundige Tatsachen können demgegenüber nach ständiger Rechtsprechung (SSV-NF 6/87, 10 ObS 2107/96t) ohne Beweisaufnahme einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden. Um solche offenkundige Tatsachen handelt es sich aber nicht nur bei den Anforderungen an den Verweisungsberuf eines Geschirrabräumers, der weitgehend vor den Augen der Öffentlichkeit ausgeübt wird (SSV-NF 5/96), sondern im Hinblick auf die immer größere Zahl an Selbstbedienungslokalen auch bei der Zahl der Arbeitsplätze für Geschirrabräumer. Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, daß bei dieser weit verbreiteten Tätigkeit zumindest hundert, dem freien Wettbewerb zugängliche Arbeitsstellen bestehen, die österreichweit zur Verfügung stehen, sodaß von einem Arbeitsmarkt gesprochen werden kann (SSV-NF 6/4, 7/37 ua). In diesem Sinn führte auch der vom Erstgericht bestellte berufskundliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten aus (ON 23, S 5 FN 2). Soweit der Revisionswerber allenfalls bezweifelt, daß er aufgrund der konkreten Arbeitsmarktsituation im Verweisungsberuf des Geschirrabräumers tatsächlich einen freien Dienstposten finden wird, ist er darauf hinzuweisen, daß dieser Aspekt den Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit, nicht jedoch jenen der Invalidität betrifft (SSV-NF 1/23, 6/56, 7/68 ua).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.

Anmerkung

E53472 10C00609

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:010OBS00060.99T.0330.000

Dokumentnummer

JJT_19990330_OGH0002_010OBS00060_99T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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