TE OGH 1999/4/13 4Ob84/99b

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Veröffentlicht am 13.04.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hans B***** Schuhvertriebsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Schönherr Barfuß Torggler & Partner Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei H***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Kaan, Cronenberg & Partner Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung, Rechnungslegung, Zahlung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 450.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 11. Februar 1999, GZ 6 R 200/98y-11, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß Paragraphen 78,, 402 EO in Verbindung mit Paragraph 526, Absatz 2, Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Nachahmen eines fremden Produktes, das keinen Sonderschutz - etwa nach dem MSchG, dem UrhG oder als Unternehmenskennzeichen - genießt, ist an sich nicht wettbewerbswidrig; ein Verstoß gegen § 1 UWG ist aber dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt (stRsp ua ÖBl 1999, 12 - Gamma mwN). Das ist (ua) dann der Fall, wenn der Nachahmende das Vorbild nicht nur als Anregung zu eigenem Schaffen benützt, sondern seinem Produkt ohne ausreichenden Grund die Gestaltungsform eines fremden Erzeugnisses gibt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen hervorruft. Der Nachahmer muß von dem nachgeahmten Erzeugnis im Rahmen des Möglichen, vor allem dann, wenn ihm eine große Anzahl von Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung steht, angemessenen Abstand halten. Eine "vermeidbare Herkunftstäuschung" setzt voraus, daß eine bewußte Nachahmung vorliegt, die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt wird und eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre (ÖBl 1992, 109 -Das Nachahmen eines fremden Produktes, das keinen Sonderschutz - etwa nach dem MSchG, dem UrhG oder als Unternehmenskennzeichen - genießt, ist an sich nicht wettbewerbswidrig; ein Verstoß gegen Paragraph eins, UWG ist aber dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt (stRsp ua ÖBl 1999, 12 - Gamma mwN). Das ist (ua) dann der Fall, wenn der Nachahmende das Vorbild nicht nur als Anregung zu eigenem Schaffen benützt, sondern seinem Produkt ohne ausreichenden Grund die Gestaltungsform eines fremden Erzeugnisses gibt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen hervorruft. Der Nachahmer muß von dem nachgeahmten Erzeugnis im Rahmen des Möglichen, vor allem dann, wenn ihm eine große Anzahl von Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung steht, angemessenen Abstand halten. Eine "vermeidbare Herkunftstäuschung" setzt voraus, daß eine bewußte Nachahmung vorliegt, die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt wird und eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre (ÖBl 1992, 109 -

Prallbrecher; ÖBl 1996, 292 - Hier wohnt, jeweils mwN; MR 1997, 111 =

Schaschl, RdW 1997, 321 = WBl 1997, 308 = ecolex 1997, 586 = ÖBl

1997, 167 - Astoria). Sittenwidrigkeit ist ausgeschlossen, wenn die Form, welche zur Erzeugung der Ware am wirtschaftlichsten und zweckmäßigsten ist, nachgeahmt oder eine ihr ähnliche Form gewählt wird, da keine oder nur ganz beschränkte Ausweichmöglichkeiten bestehen (SZ 49/65 = ÖBl 1976, 154 - Schwedenbombe). Verwechslungsgefahr ist weiters nur dann anzunehmen, wenn dem nachgeahmten Produkt wettbewerbliche Eigenart und eine gewisse Verkehrsbekanntheit zukommt (ÖBl 1991, 213 - Cartes Classiques; ÖBl 1996, 292 - Hier wohnt; ÖBl 1997, 167 - Astoria jeweils mwN). Ist die wettbewerbliche Eigenart hingegen gering, kann nur ein eingeschränkter Schutz in Anspruch genommen werden; in einem solchen Fall können schon geringe Abweichungen die Gefahr von Verwechslungen beseitigen (4 Ob 102/88; 4 Ob 9/98x).

Die Beurteilung durch das Rekursgericht, das von der Beklagten vertriebene Produkt ahme ohne technische oder funktionsbedingte Notwendigkeit das wettbewerblich eigenartige Produkt der Klägerin bis auf geringfügige Details nach, obwohl eine Vielzahl anderer Gestaltungsmöglichkeiten für Trachtenschuhe offenstehe, und sei damit geeignet, eine vermeidbare Herkunftstäuschung bei den angesprochenen Verkehrskreisen auszulösen, hält sich im Rahmen der Grundsätze dieser Rechtsprechung und bedarf keiner Korrektur zur Wahrung der Rechtseinheit. Eine Auseinandersetzung mit der deutschen Rechtsprechung zum befristeten Saisonschutz für Modeneuheiten (zuletzt GRUR 1998, 477 [Sambuc] - Trachtenjanker mwN) ist hier - entgegen der Meinung der Revisionsrekurswerberin - schon deshalb entbehrlich, weil der von der Klägerin entworfene Qualitätstrachtenschuh nicht als (nach nur einer oder wenigen Saisonen unmoderner) Modeartikel iS dieser Rechtsprechung zu beurteilen ist. Im übrigen kann weder dem Gesetz noch der zitierten Rechtsprechung des erkennenden Senates zur Nachahmung und Übernahme fremder Leistungen im Wettbewerbsrecht entnommen werden, daß der von § 1 UWG gewährte Schutz zeitlich befristet wäre. Ob aber die Trachtenschuhe der Streitteile einander so ähnlich sind, daß dadurch die Gefahr einer Herkunftstäuschung hervorgerufen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und ist keine erhebliche Rechtsfrage iS des § 528 Abs 1 ZPO.Die Beurteilung durch das Rekursgericht, das von der Beklagten vertriebene Produkt ahme ohne technische oder funktionsbedingte Notwendigkeit das wettbewerblich eigenartige Produkt der Klägerin bis auf geringfügige Details nach, obwohl eine Vielzahl anderer Gestaltungsmöglichkeiten für Trachtenschuhe offenstehe, und sei damit geeignet, eine vermeidbare Herkunftstäuschung bei den angesprochenen Verkehrskreisen auszulösen, hält sich im Rahmen der Grundsätze dieser Rechtsprechung und bedarf keiner Korrektur zur Wahrung der Rechtseinheit. Eine Auseinandersetzung mit der deutschen Rechtsprechung zum befristeten Saisonschutz für Modeneuheiten (zuletzt GRUR 1998, 477 [Sambuc] - Trachtenjanker mwN) ist hier - entgegen der Meinung der Revisionsrekurswerberin - schon deshalb entbehrlich, weil der von der Klägerin entworfene Qualitätstrachtenschuh nicht als (nach nur einer oder wenigen Saisonen unmoderner) Modeartikel iS dieser Rechtsprechung zu beurteilen ist. Im übrigen kann weder dem Gesetz noch der zitierten Rechtsprechung des erkennenden Senates zur Nachahmung und Übernahme fremder Leistungen im Wettbewerbsrecht entnommen werden, daß der von Paragraph eins, UWG gewährte Schutz zeitlich befristet wäre. Ob aber die Trachtenschuhe der Streitteile einander so ähnlich sind, daß dadurch die Gefahr einer Herkunftstäuschung hervorgerufen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und ist keine erhebliche Rechtsfrage iS des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E53574 04A00849

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0040OB00084.99B.0413.000

Dokumentnummer

JJT_19990413_OGH0002_0040OB00084_99B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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