TE OGH 1999/4/13 5Ob99/99s

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Veröffentlicht am 13.04.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Monika K*****, vertreten durch Dr. Norbert Margreiter, Rechtsanwalt in Bezau, wider die beklagten Parteien 1. Heinz F*****, vertreten durch Dr. Hubert F. Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, und 2. Annemarie R*****, vertreten durch Dr. Walter Geißelmann und Dr. Günter Tarabochia, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Unterlassung (Streitwert S 100.000), infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 22. Dezember 1998, GZ 2 R 425/98k-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 28. September 1998, GZ 6 C 425/98v-11, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) gemäß § 508a ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die Revision wird wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (Paragraph 502, Absatz eins, ZPO) gemäß Paragraph 508 a, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Die Klägerin ist zu 93/2084-Anteilen Mit- und Wohnungseigentümerin der Liegenschaft EZ*****, *****. Der Erstbeklagte ist zu 32/2084-Anteilen Mit- und Wohnungseigentümer dieser Liegenschaft, womit das Wohnungseigentum am Geschäftsraum "Kiosk" verbunden ist.

Die Zweitbeklagte hat diesen Kiosk vom Erstbeklagten im Bestand genommen.

Die Klägerin begehrt - gestützt auf den Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 22. 3. 1977, in dem dem Eigentümer des Kiosk ausdrücklich untersagt wurde, diesen als Gastlokal zu führen oder an dritte Personen zu diesem Zweck zu überlassen - von den Beklagten die Einstellung des Gastgewerbebetriebs in diesem Kiosk und den angrenzenden allgemeinen Gebäudeteilen sowie die Unterlassung jeder weiteren Verwendung dieser Wohnungseigentumseinheit und der allgemeinen Gebäudeteile als Gastgewerbebetrieb.

Die Beklagten hielten dem entgegen, daß im bezeichneten Kiosk kein Gastgewerbebetrieb geführt werde, sondern dort nur Zeitungen, Tabakwaren, Süßigkeiten, Spirituosen, heißer Leberkäse, belegte Brötchen, alkoholische und nichtalkoholische Getränke sowie Eiscreme etc verkauft würden. Die Waren würden durch das Fenster verkauft, Sitzplätze seien nicht vorhanden, sondern lediglich Stehtische, welche allerdings nicht auf allgemeinen Liegenschaftsteilen, sondern auf öffentlicher Grundfläche aufgestellt seien. Im übrigen bestritten die Beklagten, daß die in § 9 des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags getroffene Regelung auf den Erstbeklagten überbunden worden sei.Die Beklagten hielten dem entgegen, daß im bezeichneten Kiosk kein Gastgewerbebetrieb geführt werde, sondern dort nur Zeitungen, Tabakwaren, Süßigkeiten, Spirituosen, heißer Leberkäse, belegte Brötchen, alkoholische und nichtalkoholische Getränke sowie Eiscreme etc verkauft würden. Die Waren würden durch das Fenster verkauft, Sitzplätze seien nicht vorhanden, sondern lediglich Stehtische, welche allerdings nicht auf allgemeinen Liegenschaftsteilen, sondern auf öffentlicher Grundfläche aufgestellt seien. Im übrigen bestritten die Beklagten, daß die in Paragraph 9, des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags getroffene Regelung auf den Erstbeklagten überbunden worden sei.

Die Beklagten bestritten auch, daß durch die stattfindende Verwendung des Kiosk eine Beeinträchtigung der Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft erfolge.

Fest steht, daß § 9 des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags Wohnungseigentümern und ihren Bestandnehmern bloß verbietet, in Wohnungseigentumseinheiten Geschäfte zu betreiben oder betreiben zu lassen, die für andere Wohnungseigentümer im Haus eine Konkurrenz bilden oder mit unzumutbaren Belästigungen für die Bewohner des Hauses verbunden sind oder nach der Gewerbeordnung einer Ausnahmegenehmigung bedürften.Fest steht, daß Paragraph 9, des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags Wohnungseigentümern und ihren Bestandnehmern bloß verbietet, in Wohnungseigentumseinheiten Geschäfte zu betreiben oder betreiben zu lassen, die für andere Wohnungseigentümer im Haus eine Konkurrenz bilden oder mit unzumutbaren Belästigungen für die Bewohner des Hauses verbunden sind oder nach der Gewerbeordnung einer Ausnahmegenehmigung bedürften.

Eine Bestimmung, die den Betrieb des Kiosk inhaltlich näher ausgestaltet, ist im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag ebensowenig enthalten wie das Verbot, dort einen Gastgewerbebetrieb zu führen.

Der Zweitbeklagten ist allerdings aufgrund des mit dem Erstbeklagten abgeschlossenen Pachtvertrags nur gestattet, den Kiosk zum Verkauf von Zeitungen, Reiseandenken, Zigaretten etc und kleinen Imbissen und Getränken zu verwenden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dem Erstbeklagten sei die Bestimmung des § 9 des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags in seinem Kaufvertrag vom 10. 7. 1995 von seinem Rechtsvorgänger nicht überbunden worden. Abgesehen davon, enthalte dieser Vertrag auch kein Verbot, ein Gastlokal zu führen. Dazu komme, daß die Art der Tätigkeit der Zweitbeklagten keinen Gastgewerbebetrieb darstelle und auch ansonsten nicht der Bestimmung des § 9 des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags widerspreche.Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dem Erstbeklagten sei die Bestimmung des Paragraph 9, des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags in seinem Kaufvertrag vom 10. 7. 1995 von seinem Rechtsvorgänger nicht überbunden worden. Abgesehen davon, enthalte dieser Vertrag auch kein Verbot, ein Gastlokal zu führen. Dazu komme, daß die Art der Tätigkeit der Zweitbeklagten keinen Gastgewerbebetrieb darstelle und auch ansonsten nicht der Bestimmung des Paragraph 9, des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags widerspreche.

Einer dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die Zweitbeklagte keinen Gastgewerbebetrieb im Kiosk führe und sich im Umfang der Widmung des § 9 des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags vom 14. 3. 1977 halte. Darauf, ob die in § 9 dieses Vertrages getroffenen Vereinbarungen auf den Erstbeklagten überbunden worden seien, komme es nicht an, sondern nur darauf, ob eine Widmungsänderung im Sinne einer Erweiterung der Geschäftstätigkeit stattgefunden hätte, die die Klägerin mit Unterlassungsklage abzuwehren berechtigt wäre. Dies sei allerdings zu verneinen. Art und Umfang des Verkaufs von Waren, Getränken und kleinen Imbissen am Kiosk lasse dies nicht als Gastgewerbebetrieb einstufen oder als Erweiterung oder Änderung der Widmung. Auch eine Beeinträchtigung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer sei nicht erwiesen. Das Klagebegehren sei auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Zweitbeklagte Tische, Zeitungsständer und Schirme aufgestellt habe, wobei es nicht darauf ankomme, ob diese auf öffentlichen Grund oder aber auf Allgemeinflächen der Liegenschaft abgestellt seien.Einer dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die Zweitbeklagte keinen Gastgewerbebetrieb im Kiosk führe und sich im Umfang der Widmung des Paragraph 9, des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags vom 14. 3. 1977 halte. Darauf, ob die in Paragraph 9, dieses Vertrages getroffenen Vereinbarungen auf den Erstbeklagten überbunden worden seien, komme es nicht an, sondern nur darauf, ob eine Widmungsänderung im Sinne einer Erweiterung der Geschäftstätigkeit stattgefunden hätte, die die Klägerin mit Unterlassungsklage abzuwehren berechtigt wäre. Dies sei allerdings zu verneinen. Art und Umfang des Verkaufs von Waren, Getränken und kleinen Imbissen am Kiosk lasse dies nicht als Gastgewerbebetrieb einstufen oder als Erweiterung oder Änderung der Widmung. Auch eine Beeinträchtigung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer sei nicht erwiesen. Das Klagebegehren sei auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Zweitbeklagte Tische, Zeitungsständer und Schirme aufgestellt habe, wobei es nicht darauf ankomme, ob diese auf öffentlichen Grund oder aber auf Allgemeinflächen der Liegenschaft abgestellt seien.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000, nicht jedoch S 260.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Abgrenzung eines Kioskbetriebes von einem Gastgewerbebetrieb fehle. Dafür seien grundsätzliche Abgrenzungskriterien maßgeblich, weshalb die Bedeutung der Rechtsfrage über den Einzelfall hinausgehe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinn einer Stattgebung des Klagebegehrens abzielende ordentliche Revision der Klägerin.

Die Beklagten beantragen jeweils, der Revision nicht Folge zu geben bzw diese als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision ist das Revisionsgericht an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a ZPO).Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision ist das Revisionsgericht an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach Paragraph 500, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO nicht gebunden (Paragraph 508 a, ZPO).

Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß eine Widmungsänderung im Sinn des § 13 Abs 2 WEG auch eine Änderung des Gegenstands und der Betriebsform des im Wohnungseigentumsobjekt geführten Unternehmens ist (vgl MietSlg 40/16 = ImmZ 1988, 332; WoBl 1993/49 ua). Zur Abwehr eigenmächtiger Änderungen des Gegenstands und der Betriebsform eines in einem Wohnungseigentumsobjekt geführten Betriebes steht daher jedem einzelnen Wohnungseigentümer ein im streitigen Rechtsweg durchzusetzender Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch zu. Der Einwand, als Einzelrechtsnachfolger nicht an die im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag festgelegte Widmung gebunden zu sein, scheitert daran, daß auf einen Erwerber von Wohnungseigentum immer nur die konkreten dinglichen Befugnisse übergehen können (vgl WoBl 1993/49).Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß eine Widmungsänderung im Sinn des Paragraph 13, Absatz 2, WEG auch eine Änderung des Gegenstands und der Betriebsform des im Wohnungseigentumsobjekt geführten Unternehmens ist vergleiche MietSlg 40/16 = ImmZ 1988, 332; WoBl 1993/49 ua). Zur Abwehr eigenmächtiger Änderungen des Gegenstands und der Betriebsform eines in einem Wohnungseigentumsobjekt geführten Betriebes steht daher jedem einzelnen Wohnungseigentümer ein im streitigen Rechtsweg durchzusetzender Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch zu. Der Einwand, als Einzelrechtsnachfolger nicht an die im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag festgelegte Widmung gebunden zu sein, scheitert daran, daß auf einen Erwerber von Wohnungseigentum immer nur die konkreten dinglichen Befugnisse übergehen können vergleiche WoBl 1993/49).

Maßgeblich ist allerdings die Frage, ob es tatsächlich zu einer eigenmächtigen Änderung am Wohnungseigentumsobjekt in Form einer Widmungsänderung gekommen ist. Nur dann steht nämlich der Klägerin als Mit- und Wohnungseigentümerin ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch zu. Dies kann aber nur beurteilt werden, wenn man die gültige Widmung des betreffenden Objekts der tatsächlichen Verwendung gegenüberstellt. Ansatzpunkt muß daher sein, welche Widmung für das Objekt Kiosk besteht. Das erfordert wiederum einen Rückgriff auf die vertragliche Einigung der Mit- und Wohnungseigentümer. Nur dieser Widmungsakt gibt Auskunft über die bestehende Rechtslage zwischen den Mit- und Wohnungseigentümern (MietSlg 48/22 mwN).

Weil sich, wie feststeht, im maßgeblichen Wohnungseigentumsvertrag ein Verbot, im Kiosk einen Gastgewerbebetrieb zu führen, nicht findet, kommt es nicht darauf an, ob die tatsächlich dort nunmehr stattfindende Tätigkeit gewerberechtlich als Gastgewerbebetrieb einzustufen wäre. Maßgeblich ist allein, ob durch die vom Erstbeklagten veranlaßte und von der Zweitbeklagten durchgeführte Geschäftstätigkeit eine eigenmächtige Widmungsänderung herbeigeführt wurde, die einen Unterlassungsanspruch der Klägerin rechtfertigte.

Das ist nach den maßgeblichen Feststellungen nicht als erwiesen anzusehen, ohne daß es auf die begriffliche Abgrenzung eines Kiosk-Verkaufsbetriebes zu einem Gastgewerbebetrieb ankäme.

Welche Benützungsart vor 1997 tatsächlich stattgefunden hat, von der der Betrieb der Zweitbeklagten nunmehr abweiche, wurde nicht einmal behauptet. Der Klagserzählung läßt sich vielmehr entnehmen, daß sich die Klägerin vor allem durch die Aufstellung von Stehtischen, Reklamen, Müllbehältern, Sträuchern etc auf allgemeinen Teilen der Liegenschaft beeinträchtigt sieht. Die Entfernung dieser Einrichtungen, die von der ursprünglichen Widmung und dem Umfang des Betriebes nicht umfaßt sein könnte, wird aber mit der vorliegenden Klage nicht angestrebt.

Für die Stattgebung des auf Unterlassung der Führung eines Gastgewerbebetriebes gerichteten Klagebegehrens bestehen, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, keine rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen, ohne daß dabei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen gewesen wäre.Für die Stattgebung des auf Unterlassung der Führung eines Gastgewerbebetriebes gerichteten Klagebegehrens bestehen, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, keine rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen, ohne daß dabei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zu lösen gewesen wäre.

Dies hatte zur Zurückweisung der ordentlichen Revision zu führen.

Textnummer

E53801

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0050OB00099.99S.0413.000

Im RIS seit

13.05.1999

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2014
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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