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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §20;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde des Mag. L in K, vertreten durch Dr. Nikolaus Lanner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Dr.-A.-Lemisch-Platz 7/3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom 23. Juni 2006, GZ. RV/0120-K/04, betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides kann Folgendes entnommen werden:
Der Beschwerdeführer hat mit Eingabe vom 18. November 2003 beantragt, die Einkommensteuernachzahlung aus der Veranlagung des Jahres 2002 in Höhe von 8.753,68 EUR nachzusehen. In diesem Jahr sei es zwangsläufig zur Betriebsaufgabe gekommen, welche ausschließlich durch willkürliche Handlungsweisen der Justizbehörden verursacht worden wäre. Er sei bis zum "Entzug seiner Sachverständigeneigenschaft" im Jahr 2001 hauptberuflich als Sachverständiger im Bereich der Wirtschaftskriminalität tätig gewesen. Im Zusammenhang mit der Abrechnung eines Großgutachtens im Jahr 1998 seien Umstände eingetreten, die zu seinem gesundheitlichen und beruflichen Niedergang geführt hätten. Er habe sich mit einem Gebührenbestimmungsbeschluss auseinandersetzen müssen, dessen Folgen seinen wirtschaftlichen Ruin bedeutet hätten. Der Beschwerdeführer sei von der Staatsanwaltschaft "gemobbt" und zu einem "Abrechnungsbetrüger" gestempelt worden. Auf Grund dieses Mobbings sei es zu einem Totalausfall bei weiteren Gutachtensaufträgen gekommen. Obwohl das Oberlandesgericht Graz das erstellte Rechtsgutachten und sämtliche damit im Zusammenhang verrechneten Leistungen als richtig qualifiziert habe, sei sein Leistungsanspruch um einen Betrag gekürzt worden, der seinem Verdienst entsprochen habe. Diese Umstände hätten in der Folge zu seiner Berufsunfähigkeit geführt.
Seit 1. August 2000 beziehe der Beschwerdeführer eine Sozialversicherungspension in Höhe von 1.336,26 EUR und eine Pension der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in Höhe von 210,54 EUR, wovon Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 420,84 EUR abzuziehen seien. Er besitze ein Bürohaus in Klagenfurt und sei Miteigentümer eines weiteren, in Graz gelegenen Hauses. Die Einkünfte aus der Vermietung beider Häuser habe er den kreditgewährenden Banken, welche den Erwerb finanziert hätten, zur Besicherung abgetreten. Beide Objekte wären nur unter Inkaufnahme einer Vermögensverschleuderung veräußerbar.
Der Beschwerdeführer beantragte, die Unbilligkeit der Einhebung der mit der Betriebsaufgabe verbundenen Einkommensbesteuerung zu überprüfen, weil deren Abstattung außer Verhältnis zu jenen wirtschaftlichen Folgen stünde, die mit der Verwirklichung des abgabenauslösenden Tatbestandes und damit verbundenen Belastungsauswirkungen üblicherweise verbunden wären.
Zur Dokumentation des Gebührenstreits mit der Justiz legte der Beschwerdeführer verschiedene Unterlagen, darunter auch Kopien von Zeitungsartikeln vor.
Die vom Beschwerdeführer gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 erhobene Berufung (betreffend den Wert des entnommenen Büros in Höhe von 25.000 EUR) wurde in der Folge zurückgezogen und das Nachsichtsansuchen (um den bisher strittigen Betrag) auf 15.087,27 EUR ausgedehnt.
Das Finanzamt wies den Nachsichtsantrag ab und stellte fest, dass der gesamte aushaftende Abgabenbetrag ausschließlich aus der Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 2002 (Betriebsaufgabe) resultiere.
In der Berufung gegen den Abweisungsbescheid vom 15. Juni 2004 wiederholte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen und schilderte ausführlich den mit der Justizverwaltung ausgetragenen Gebührenkonflikt, der seine - Mitte des Jahres 2000 massiv gewordene - Erkrankung ausgelöst habe. Mit Bescheiden des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom 27. September 2001 bzw. des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz vom 25. Jänner 2002 sei dem Beschwerdeführer die "Eigenschaft" als Sachverständiger aus dem Buchwesen wegen Erkrankung entzogen worden. Damit sei dem Beschwerdeführer auch der Zugang zu anderen Gerichten verwehrt worden. Die gegen den Beschwerdeführer gerichtete "Meinungsbildung" habe die Akquisition von neuen Aufträgen im vorgegebenen eng begrenzten Auftragsmarkt nahezu unmöglich gemacht.
Der Beschwerdeführer sei Mitte 1996 mit dem Großgutachten beauftragt worden und habe auf Grund des enormen damit verbundenen Arbeitsumfanges die Tätigkeit in der Steuerberatungskanzlei reduzieren müssen. Diese in Kauf genommenen Auftragsausfälle zusammen mit dem durch den Gebührenstreit bedingten Entfall weiterer Gutachtensaufträge hätten den Beschwerdeführer unerwartet und durch Organe der Republik Österreich veranlasst in massive wirtschaftliche Existenznot gebracht. Die Betriebsaufgabe sei letztlich von Organen der Republik Österreich verursacht worden. Für die daraus resultierende Steuerlast habe der Beschwerdeführer nicht vorsorgen können.
Die Bestimmung des § 38 Gebührenanspruchsgesetz, der anordne, dass der Sachverständige seine Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust geltend zu machen habe, sowie die Bestimmung des § 41 Gebührenanspruchsgesetz, der ausschließlich die Beschwerde an den übergeordneten Gerichtshof als Rechtsmittel zulasse, hätten verhindert, dass er zur Schadensminderung eine ihm nach den autonomen Honorarrichtlinien zustehende Wertgebühr hätte nachverrechnen und den materiell falschen, die Rechnungskürzung bestimmenden Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz hätte bekämpfen können. Die Rechtsordnung durchbreche die grundsätzliche Gleichstellung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer und führe im Ergebnis dazu, dass die Gebührenbestimmung letztlich vom "guten Willen" des jeweiligen Organs der Republik abhängig sei. Von einer Anzeige wegen des begründeten Verdachtes des Amtsmissbrauches habe der Beschwerdeführer abgesehen, weil die dafür zuständige Behörde zugleich als Täter in Betracht komme.
Im Rahmen einer mündlichen Berufungsverhandlung vom 18. Mai 2006 schilderte der Beschwerdeführer erneut eingehend unter Vorlage entsprechender Beweisstücke den gesamten Vorgang rund um die Gutachtenserstellung. Das gegen den Beschwerdeführer betriebene Mobbing habe durch den Erstbeschluss des Landesgerichtes Klagenfurt, mit welchem lediglich ca. 10 % seines Honoraranspruches, nämlich rund 800.000 S anerkannt worden seien, begonnen. Gleichzeitig mit dem Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz vom 18. Dezember 1998, wonach sein Gebührenanspruch neuerlich zu überprüfen sei, sei ein weiterer Zeitungsartikel erschienen, welcher aus der Sicht des Beschwerdeführers sein berufliches Fortkommen nachhaltig schwer geschädigt habe. Der Beschwerdeführer sei fortwährend der Doppelverrechnung bezichtigt und seine Arbeit sei herabgewürdigt worden. Mit Gebührenbestimmungsbeschluss vom 25. Februar 1999 habe der Beschwerdeführer dahingehend Recht bekommen, als ein Honoraranspruch von 7,155.805 S zuzüglich 20 % Umsatzsteuer anerkannt worden sei. Insgesamt habe sich auch durch den im Instanzenzug erreichten Erfolg keine Änderung der negativen Meinung gegenüber dem Beschwerdeführer ergeben. Er habe keine weiteren Gutachtensaufträge mehr bekommen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe der Bestimmung des § 236 BAO sachverhaltsbezogen im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag ausführlich dargestellt, dass er infolge eines Gebührenkonfliktes im Zeitraum von Juni 1998 bis Mai 1999 und zweier dazu erschienener Zeitungsartikel nicht mehr mit der Erstellung von Gutachten in gerichtlichen Strafverfahren beauftragt worden sei. An dem strittigen Gutachten habe der Beschwerdeführer zwei Jahre lang von 1996 bis Juni 1998 gearbeitet. Mit Gebührenbestimmungsbeschluss vom 25. Februar 1999 seien seine Gebühren in Höhe von 8,186.966 S abzüglich bereits rechtskräftig zuerkannter Gebühren in Höhe von 400.000 S bestimmt worden. Das Mehrbegehren von 664.548,24 S sei nicht zugesprochen worden. Dieser nicht zuerkannte Betrag habe nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers seinem Verdienst entsprochen. Die Lebensqualität des Beschwerdeführers und seiner Familie sei seit Erstellung des Gutachtens stark beeinträchtigt, weil bis heute nicht abschätzbar sei, ob er und seine Familie einer Lebensbedrohung ausgesetzt seien, da der Beschuldigte des der Gutachtenserstellung zu Grunde liegenden Strafverfahrens im Verdacht stehe, Kontakte zur organisierten Kriminalität gepflogen zu haben.
In rechtlicher Hinsicht wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, eine ungewöhnliche Belastung des Beschwerdeführers mit Abgaben sei im Beschwerdefall verglichen mit anderen Fällen der krankheitsbedingten Betriebsaufgabe nicht gegeben.
Es sei nicht Aufgabe der Abgabenbehörden, Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes hinsichtlich ihres Vollzuges durch die Justizbehörden zu überprüfen. Fest stehe, dass das Mehrbegehren in Höhe von 48.294,60 EUR nicht gewährt worden sei und das Oberlandesgericht den Gebührenbeschluss bestätigt habe. Fest stehe auch, dass der Beschwerdeführer im Zuge des Gebührenstreites rund 95 % der begehrten Gebühr (ursprünglich 9,251.514,24 S inklusive Umsatzsteuer) erhalten habe. Gebührenkonflikte zwischen Justizbehörden und Sachverständigen mögen nicht die Regel sein, seien jedoch keineswegs außergewöhnlich.
Der Beschwerdeführer habe sich im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit entschlossen, den Schwerpunkt seiner wirtschaftlichen Betätigung in den Bereich der Gutachtertätigkeit bei Gericht zu verlagern. Damit habe sich der Beschwerdeführer dem Risiko ausgesetzt, Aufträge durch die Justizbehörde zu erlangen oder nicht. Einen Anspruch auf Erhalt einer bestimmten Anzahl bzw. Quoten von Aufträgen zur Gutachtenserstellung bestehe nicht. Im geschilderten Gebührenstreit habe sich das vom Beschwerdeführer eingegangene Unternehmerwagnis verwirklicht.
Die Bestimmung des § 236 Abs. 1 BAO solle der Abgabenbehörde die Möglichkeit eröffnen, eine infolge der besonderen Umstände des Einzelfalles eingetretene, besonders harte Auswirkung der Abgabenvorschriften, die der Gesetzgeber, wäre sie vorhersehbar gewesen, vermieden hätte, zu mildern. Eine sachliche Unbilligkeit der Abgabenvorschreibung im Falle einer Betriebsaufgabe infolge Berufsunfähigkeit sei nicht zu ersehen, zumal der Gesetzgeber diesen Fall im Einkommensteuerrecht gesondert geregelt habe. Soweit der Beschwerdeführer vorbringe, er sei durch willkürliches Handeln dritter Personen zur Betriebsaufgabe gezwungen worden, sei ihm zu entgegnen, dass die mit der erzwungenen Betriebsaufgabe verbundenen wirtschaftlichen Folgen nicht über jene hinausgingen, die üblicherweise mit einer Betriebsaufgabe verbunden seien.
Soweit sich der Beschwerdeführer auf rufschädigende Zeitungsartikel berufen habe, sei er darauf zu verweisen, dass durch die Zeitungsveröffentlichung eingetretene Schäden von ihm im Rechtsweg (Entgegnung in den Medien, Verdienstentgang) durchzusetzen seien.
Auch eine persönliche Unbilligkeit liege nicht vor. Dem Beschwerdeführer verblieben monatlich rund 1.550 EUR zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes. Der Beschwerdeführer leiste Kreditrückzahlungen und Aufwendungen für andere Gläubiger und besitze Immobilienvermögen im Schätzwert von rund 1,504.000 EUR. Demgegenüber hafteten Kredite in Höhe von derzeit etwa 985.000 EUR aus. Die Kredite seien hypothekarisch gesichert und die Mieteinnahmen aus beiden Mietobjekten den kreditgewährenden Banken zur Besicherung abgetreten worden. An Abgabenschulden hafteten rund 15.000 EUR aus. Alleine diese Gegenüberstellung zeige, dass die Entrichtung von rund 1,5 % der insgesamt aushaftenden Schulden keine existenzbedrohende Auswirkung haben könne. Dem Vorbringen, der Beschwerdeführer habe von seinem zu versteuernden Einkommen des Jahres 1999 in Höhe von rund 4,4 Mio. S eine Haftungszahlung für "seinen Miteigentümer in Graz" von 5 Mio. S geleistet, sei zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer im Regressweg letztlich den Miteigentumsanteil habe erwerben und damit zusätzlich Liegenschaftsvermögen habe schaffen können. Es sei nicht nachvollziehbar, dass Kreditgläubiger befriedigt würden, der Abgabengläubiger aber auf seine Forderung verzichten solle. Die Vermögensaufstellung zeige, dass der Beschwerdeführer nicht bereit sei, aus den vorhandenen Einnahmen sämtliche Gläubiger gleich zu befriedigen. Die beantragte Nachsicht sei daher nicht zu gewähren.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschulden auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles ist tatbestandsmäßige Voraussetzung für die in § 236 BAO vorgesehene Ermessensentscheidung. Verneint die Abgabenbehörde - wie im Beschwerdefall - die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum (vgl. mit weiteren Nachweisen das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 2001, 2001/15/0033).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt Unbilligkeit der Einhebung im Allgemeinen voraus, dass die Einhebung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stünde, die sich aus der Einziehung für den Steuerpflichtigen oder für den Steuergegenstand ergeben. Die Unbilligkeit kann "persönlich" oder "sachlich" bedingt sein.
Der Beschwerdeführer bringt vor, bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes zum Ergebnis gelangen müssen, dass ein sachlicher Unbilligkeitstatbestand vorliege. Entgegen dem Standpunkt der belangten Behörde habe ein außergewöhnlicher und vom Beschwerdeführer nicht beeinflussbarer Geschehensablauf zur gleichsam zwangsweisen Betriebsaufgabe geführt. Dass der Beschwerdeführer nach dem Gebührenstreit keine weiteren Gutachtensaufträge mehr erhalten habe und ihm durch die "negative Meinungsbildung" auch eine Akquisition im sonst gegebenen Auftragsmarkt unmöglich gemacht worden sei, seien Umstände, die nicht dem allgemeinen Unternehmerwagnis zugeordnet werden könnten. Die zwangsweise Betriebsaufgabe habe auch die wirtschaftliche Lebensplanung des Beschwerdeführers zerstört. Der Beschwerdeführer erziele auf Grund der Betriebsaufgabe unerwartet keine Einkünfte mehr aus selbständiger Tätigkeit, sodass er an der Erfüllung zuvor eingegangener finanzieller Verpflichtungen gehindert sei. Diese eingetretene Erschwernis würde sich durch die Einhebung der Abgabenverbindlichkeit verstärken und eine anormale Belastungswirkung entfalten.
Eine weitere Unbilligkeit der Einhebung sei auch darin zu erblicken, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf verfassungsrechtlich bedenkliche Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes nicht in der Lage sei, alle Ansprüche aus dem seinerzeitigen Gutachtensauftrag durchzusetzen, um zumindest durch die so erzielbaren Mehreinkünfte die Abgabenverbindlichkeit entrichten zu können. Der Beschwerdeführer sei im Gebührenstreit gehindert gewesen, bestehende Leistungszuschläge von 660.000 S wegen aktenwidriger Feststellungen der dort erkennenden Behörde und dem Umstand, dass außerordentliche Rechtsmittel entgegen den sonst geltenden Grundsätzen in anderen Verwaltungsverfahren nicht zulässig seien, durchzusetzen. Weiters sei der Beschwerdeführer nach der Involvierung in den Gebührenstreit auch nicht mehr in der Lage gewesen, die von ihm zunächst nicht verrechnete Wertgebühr von 220.000 EUR geltend zu machen. Das Gebührenanspruchsgesetz sehe nämlich - entgegen allen anderen Abrechnungsbestimmungen für Unternehmer - für die Geltendmachung von Ansprüchen lediglich eine nicht erstreckbare Frist von 14 Tagen vor. Der Beschwerdeführer habe die ihm zustehende Wertgebühr u.a. im Hinblick auf die bis zum Gebührenstreit intakte Geschäftsbeziehung zum Auftraggeber nicht geltend gemacht. Nachdem aber der Beschwerdeführer zu Unrecht vom Auftraggeber in einen Gebührenstreit mit weitreichenden Folgen verwickelt worden sei, sei auch die Grundlage für die zunächst nicht verrechnete Wertgebühr weggefallen. Wäre der Beschwerdeführer zur nachträglichen Geltendmachung der Wertgebühr berechtigt gewesen, hätten ihn die diesbezüglichen Einkünfte trotz aller sonst negativen Begleitumstände in eine wirtschaftlich bessere Lage versetzt, welche ihm auch eine Berichtigung der verfahrensgegenständlichen Abgabenschuld ermöglicht hätte. Die Bestimmung des § 38 Gebührenanspruchsgesetz, wonach ein Sachverständiger den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust geltend zu machen habe, sei verfassungswidrig. Jedenfalls habe diese Bestimmung den Beschwerdeführer an der nachträglichen Verrechnung der Wertgebühr gehindert, wodurch kein Ausgleich für die durch die Vorfälle sonst eingetretenen ungewöhnlichen Belastungen habe erzielt werden können.
Eine "sachliche" Unbilligkeit ist anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus "persönlichen" Gründen, ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Sachliche Unbilligkeit einer Abgabeneinhebung ist grundsätzlich in Fällen anzunehmen, in denen das ungewöhnliche Entstehen einer Abgabenschuld zu einem unproportionalen Vermögenseingriff beim Steuerpflichtigen führt. Der in der anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine vom Steuerpflichtigen nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung3, Tz. 11 zu § 236, und die dort angeführten Hinweise auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Im Erkenntnis vom 22. November 1999, 96/17/0237, führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Nachsichtsregelung der Abgabenbehörde die Möglichkeit eröffnen soll, eine infolge der besonderen Umstände des Einzelfalles eingetretene, besonders harte Auswirkung der Abgabenvorschriften, die der Gesetzgeber, wäre sie vorhersehbar gewesen, vermieden hätte, zu mildern.
Die Besteuerung des Betriebsaufgabegewinnes ist eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage. Die vom Beschwerdeführer dargestellte Belastung hat ihre Ursachen nicht in der Abgabeneinhebung, sondern in dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer infolge des Gebührenstreits, seiner Erkrankung und des damit verbundenen Entfalls von Aufträgen zu einer Aufgabe seines Betriebes gezwungen sah. Die Umstände der Betriebsaufgabe mögen außergewöhnlich sein, zu einer anormalen Belastung des Beschwerdeführers mit Einkommensteuer ist es durch die Betriebsaufgabe im Vergleich mit anderen Fällen krankheitsbedingter Betriebsaufgaben nach den unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde jedoch nicht gekommen. Dass der Beschwerdeführer infolge des Gebührenstreits und seiner Erkrankung keine Aufträge mehr erhalten hat und gezwungen war, seinen Betrieb einzustellen, könnte allenfalls eine persönliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung begründen.
Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes, die den Beschwerdeführer an der Geltendmachung seiner Ansicht nach berechtigter Ansprüche gehindert haben, haben gleichfalls keine Abgabenpflicht ausgelöst, welche als sachlich unbillig beurteilt werden könnte. Auch in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Ausbleiben von Betriebseinnahmen allenfalls zu einer persönlichen Unbilligkeit der Abgabeneinhebung infolge wirtschaftlicher Notlage hätte führen können. Die Bestimmung des § 236 BAO bietet hingegen keine Handhabe dafür, den Abgabepflichtigen Schäden auszugleichen, die ihm im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit zugefügt wurden oder die auf Gesetzesbestimmungen zurückzuführen sind, welche mit der Abgabenerhebung selbst in keinem Zusammenhang stehen.
Das Vorliegen einer "persönlichen" Unbilligkeit hat die belangte Behörde mit dem Hinweis auf die laufenden Pensionseinkünfte des Beschwerdeführers, das vorhandene Liegenschaftsvermögen und den geringen Anteil der Steuerschulden am Gesamtschuldenstand verneint. Gegen diese Beurteilung wendet sich der Beschwerdeführer konkret nicht. Insbesondere zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass die Einhebung der Einkommensteuernachforderung des Jahres 2002 seine Existenz bzw. die seiner Familie gefährden würde oder die (allenfalls ratenweise) Abstattung der Abgabenschuld entgegen den Feststellungen der belangten Behörde mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich wären.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 25. Oktober 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006150259.X00Im RIS seit
22.11.2006