TE OGH 1999/4/15 12Os34/99

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Veröffentlicht am 15.04.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. April 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gutschi als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rudolf V***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 (aF) StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 25. November 1998, GZ 12 Vr 842/97-46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

 

Beschluß

 

gefaßt:

Spruch

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

 

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

 

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

 

Gründe:

 

Rudolf V***** wurde des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 (aF) StGB (1.) und des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (2.) schuldig erkannt, weil er in der Zeit von 1991 bis 1994 in Groß Enzersdorf in zahlreichen, im Abstand von etwa zwei Wochen wiederholten Angriffen

 

1. die am 20. Juli 1982 geborene Limana R*****, sohin eine unmündige Person, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbrauchte, indem er sein Glied in ihren Mund steckte und den Samenerguß in ihren Mund durchführte sowie Finger in ihre Scheide einführte;

 

2. durch die zu 1. bezeichneten Handlungen (richtig:) unter Ausnützung seiner Stellung die seiner Erziehung auf Aufsicht unterstehende minderjährige Tochter seiner Lebensgefährtin (US 4, 5) zur Unzucht mißbraucht.

 

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

 

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider bedeutete die Abweisung in der Hauptverhandlung gestellter Beweisanträge (465 f/I) keine Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsrechte. Im Sinn des dazu gerügten erstgerichtlichen Zwischenerkenntnisses trifft es zunächst zu, daß die Einholung eines polygraphischen Gutachtens "zum Beweis dafür, daß der Angeklagte hinsichtlich des angeblichen Mißbrauchs die Wahrheit sagt", mit dem das österreichische Strafverfahrensrecht maßgebend mitbestimmenden Grundsatz der unverzichtbaren Dispositionsfähigkeit des Angeklagten (Beschuldigten) über seine Angaben (§§ 199 Abs 1, 200 Abs 2, 202, 203 StPO; Art 6 MRK) unvereinbar und damit unzulässig ist (SSt 37/54'; JBl 1955, 367; EvBl 1951/29; SSt 48/22).

 

Die weiteren Anträge auf "Einholung eines psychiatrischen Gutachtens über den psychopathologischen Status des Angeklagten, Beurteilung der psychosexuellen Entwicklung, über eventuelle psychische Entwicklungsstörungen und eventuelle infantile Persönlichkeitszüge" betreffen weder für die Entscheidung über die Schuld noch für den anzuwendenden Strafsatz relevante Umstände, laufen im übrigen auf eine vorsorgliche Sondierung potentieller Beweisquellen, damit auf die Einholung von Erkundungsbeweisen hinaus und erweisen sich solcherart als für eine gesetzmäßige Fundierung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes nicht geeignet.

 

Gleiches gilt schließlich für das vom Schöffengericht abgelehnte Begehren des Beschwerdeführers auf Beischaffung und Verlesung des Aktes AZ 10 Vr 1007/97 des Landesgerichtes Korneuburg "zum Beweis dafür, daß hier erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Aussage der Limana R***** vorgeherrscht haben, die letztlich zum Freispruch (zu ergänzen: des N. J*****) geführt haben", weil der Antrag die gebotene Konkretisierung jener Beweisergebnisse, aus denen die angestrebte Problematisierung der Verläßlichkeit der Angaben des Tatopfers allenfalls abgeleitet werden könnte, verfehlt.

 

Aber auch die Mängelrüge (Z 5) ist unbegründet. Der unter dem Gesichtspunkt unvollständiger Begründung erhobene Einwand, das Erstgericht habe sich mit Widersprüchlichkeiten und Korrekturen der Angaben der Zeugin Limana R***** nicht auseinandergesetzt, übergeht die gerade dazu angestellten Urteilserwägungen (US 11 f).

 

Das darüber hinausgehende Vorbringen erschöpft sich, etwa durch Wertung der Aussage der Zeugin Cornelia E***** als "falsch", Betonung des (negativ beschriebenen) "Zustandsbildes" der Familie E*****, des vermeintlich schlechten persönlichen Verhältnisses zwischen dem Tatopfer und seiner Mutter und des in den entscheidenden Belangen von den Tatrichtern mit mängelfreier Begründung abgelehnten Gutachtens der Sachverständigen Dr. Ro***** in einer (hier) unzulässigen Kritik an der Lösung der Beweisfrage nach Art einer Schuldberufung.

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285a, 285d StPO).

 

Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E53846 12D00349

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0120OS00034.99.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19990415_OGH0002_0120OS00034_9900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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