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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
Alkohol - Steuer und MonopolG 1995 §25 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der W in B, vertreten durch Mag. Alfred Lang, Rechtsanwalt in 8280 Fürstenfeld, Realschulstraße 2a, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Zollsenat 3 (K), vom 2. November 2005, Zl. ZRV/0031-Z3K/04, betreffend Widerruf einer Alkohollagerbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 4. März 2002 bewilligte das Hauptzollamt Graz der Beschwerdeführerin gemäß § 31 Abs. 3 iVm § 33 Alkoholsteuergesetz (AlkStG) die Führung eines offenen Alkohollagers unter den im Anhang zu diesem Bescheid angeführten Bedingungen und Auflagen.
Mit Bescheid vom 28. März 2003 hat das Hauptzollamt Graz die erteilte Bewilligung vom 4. März 2002 gemäß § 36 Abs. 2 iVm § 25 Abs. 1 Z 1 und 5 AlkStG mit sofortiger Wirkung widerrufen; dies mit der Begründung, dem Hauptzollamt sei bekannt geworden, dass gegen die Beschwerdeführerin beim Landesgericht für Strafsachen Wien bereits am 11. April 2000 Anzeige wegen des Verdachtes der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 11, 33 Abs. 1 iVm 38 Abs. 1 FinStrG erstattet worden sei. Seit 10. Februar 2003 befinde sich die Beschwerdeführerin in Schweden wegen des Verdachtes des illegalen Verkaufs von Alkohol nach Norwegen in Untersuchungshaft. Es bestehe der begründete Verdacht, dass die steuerliche Zuverlässigkeit der Beschwerdeführerin nicht gegeben und der Eingang der Alkoholsteuer massiv gefährdet sei.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die steuerliche Zuverlässigkeit sei gegeben, denn sie sei eine unbescholtene Bürgerin. Dass beim Landesgericht für Strafsachen Wien ein Strafverfahren wegen des Verdachtes der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung anhängig sei, könne im Jahre 2003 nicht mehr zur Beurteilung herangezogen werden, denn eine derartig lange Verfahrensdauer verstoße gegen geltendes Menschenrecht. Es gelte die Unschuldsvermutung und dieses Verfahren gegen sie zu verwenden, komme einer Vorverurteilung gleich. Die Begründung über die Untersuchungshaft in Schweden sei der blanke Hohn, denn obwohl sie im Besitz gültig ausgestellter Zolldokumente gewesen sei, habe es die Behörde unterlassen, die schwedischen Behörden zu informieren, dass alles seine Richtigkeit habe. Stattdessen habe sie wegen Behördenwillkür unschuldig im Gefängnis sitzen müssen und sei erst nach über vier Monaten entlassen worden.
In einem weiteren als "Einspruch" bezeichneten Schreiben vom 2. Dezember 2003 brachte die Beschwerdeführerin unter Vorlage von Gerichtsentscheidungen aus Schweden vor, das schwedische Verfahren habe sich als "Nonsens" herausgestellt. Dass dieses Verfahren überhaupt zustande gekommen sei, sei der tatkräftigen Mitwirkung eines Beamten des Zollamtes Wien zu verdanken.
Mit Vorhalt vom 13. Jänner 2004 wurde der Beschwerdeführerin u. a. mitgeteilt, dass nach Auskunft des Zollamtes Feldbach die kaufmännischen Bücher nicht ordnungsgemäß geführt würden.
In der Stellungnahme brachte die Beschwerdeführerin dazu vor, dass es sich bei der Auskunft des Zollamtes und des Finanzamtes Feldbach um einen Irrtum handeln müsse, denn sie führe ordnungsgemäß Bücher und habe auch immer Steuererklärungen beim Finanzamt Feldbach eingereicht.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 23. Februar 2004 wies das Hauptzollamt Graz die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides wurde u.a. ausgeführt, dass nach Auskunft des zuständigen Finanzamtes Feldbach die kaufmännischen Bücher nicht ordnungsgemäß geführt würden. Damit sei eine positive Erledigung des Berufungsbegehrens nicht möglich.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen die Berufungsvorentscheidung erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Festgestellt wurde, dass sich der Widerruf der Bewilligung für ein offenes Alkohollager auf § 36 Abs. 2 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Z 1 und § 31 Abs. 5 AlkStG stütze.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, da das in Schweden geführte Strafverfahren mit einer Einstellung und Rehabilitation der Beschwerdeführerin durch das Berufungsgericht geendet habe, eine eventuelle Gefährdung des Eingangs der Alkoholsteuer nicht näher ausgeführt worden sei und die geführten Ermittlungen zu Warenlieferungen im Steueraussetzungsverfahren keinen Niederschlag in der bekämpften Entscheidung gefunden hätten, habe sich die belangte Behörde nur mit den Fragen der ordnungsgemäßen Führung der kaufmännischen Bücher und den Bedenken gegen die steuerliche Zuverlässigkeit und dies im Zusammenhang mit der Anzeige an das Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verdachtes, die Beschwerdeführerin habe das Vergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen, auseinander gesetzt. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 13. Jänner 2005 sei das Finanzamt Oststeiermark in der Strafsache gegen die Beschwerdeführerin wegen des Verdachtes des Vergehens der gewerbsmäßigen vorsätzlichen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG mit weiteren Ermittlungen gemäß § 197 FinStrG betraut worden. Diese Ermittlungen hätten zu einer abgabenrechtlichen Prüfung gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG und dem Prüfungsbericht vom 27. Juni 2005 geführt. Dabei sei der Teilziffer 1 des Prüfungsberichtes zu entnehmen, dass die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen anhand der von der Zollfahndung Wien übermittelten Unterlagen und den darin dokumentierten Geschäftsfällen erfolgt sei. Da von der Beschwerdeführerin keine ordnungsgemäßen Belege und Unterlagen vorgelegt worden seien, hätten auch keine Vorsteuern gewährt werden können und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb hätten auf Grund einer Reingewinnschätzung ermittelt werden müssen. Die Umsätze für die Jahre 1994 bis 2000 seien für die Beschwerdeführerin und ihren Bruder mit S 28,614.658,58 (Zahllast S 5,722.931,73) und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit S 3,732.346,76 festgestellt worden. Damit sei für die belangte Behörde die nicht ordnungsgemäße Führung der kaufmännischen Bücher ausreichend dokumentiert und der Grund für den Widerruf der Lagerbewilligung bestätigt. Mit den "Bedenken gegen die steuerliche Zuverlässigkeit" sei vom Gesetzgeber ein sehr weit gefasster und unbestimmter Gesetzesbegriff für den Widerruf postuliert worden. Gegen die steuerliche Zuverlässigkeit der Beschwerdeführerin sprächen eine Reihe von abgabenrechtlichen und finanzstrafrechtlichen Gründen. Am 11. April 2000 habe das Hauptzollamt Wien gegen die Beschwerdeführerin Anzeige an die Staatsanwaltschaft beim Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verdachtes eines vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Finanzvergehens erstattet. Eine solche Anzeige sei von der Finanzstrafbehörde bei Vorliegen eines begründeten Verdachtes eines Finanzvergehens zu erstatten. Ein solcher Verdacht könne nur auf Grund von Schlussfolgerungen aus Tatsachen entstehen und verlange hinreichende Anhaltspunkte, welche die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens strafbarer Umstände rechtfertigten. Ausgehend von dieser Anzeige habe das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Beschluss vom 13. Jänner 2005 das Finanzamt Oststeiermark als Finanzstrafbehörde erster Instanz mit den weiteren Ermittlungen gegen die Beschwerdeführerin und ihren Bruder wegen des Verdachtes der begangenen Abgabenhinterziehung betraut. In der Begründung dieses Beschlusses sei ausgeführt worden, dass die Beschwerdeführerin im Verdacht stehe, neben weiteren Abgabenverkürzungen auch bescheidmäßig festzusetzende Umsatzsteuer in Höhe von zumindest S 5,303.185,18 und noch zu ermittelnde Einkommensteuer in derzeit nicht bekannter Höhe hinterzogen zu haben. Die Prüfung des Finanzamtes habe in der Folge tatsächlich eine wie bereits oben dargestellte Abgabennachforderung in Höhe mehrerer Millionen Schilling ergeben. Diese Umstände seien geeignet, Bedenken gegen die steuerliche Zuverlässigkeit der Beschwerdeführerin zu begründen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Führung eines offenen Alkohollagers verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 31 Abs. 5 zweiter Satz AlkStG ist die Bewilligung eines Alkohollagers nur Betriebsinhabern zu erteilen, die ordnungsgemäß kaufmännische Bücher führen, rechtzeitig Jahresabschlüsse ausstellen, für offene Alkohollager Sicherheit gemäß § 33 Abs. 2 leisten, gegen deren steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen und kein Ausschließungsgrund (§ 33 Abs. 5) vorliegt.
Gemäß § 36 Abs. 2 AlkStG gelten § 25 Abs. 1 Z 1 bis 5, Abs. 2 Z 1 und 5 und Abs. 3 und 4 sinngemäß für den Widerruf der Lagerbewilligung.
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 AlkStG ist die Betriebsbewilligung für eine Verschlussbrennerei zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eingetreten sind, bei deren Vorliegen im Zeitpunkt der Erteilung der Betriebsbewilligung der Antrag abzuweisen gewesen wäre und das Recht, die Verschlussbrennerei zu betreiben, nicht bereits kraft Gesetzes erloschen ist.
Die belangte Behörde stützte den Widerruf der Lagerbewilligung u.a. darauf, dass nach den Prüfungsfeststellungen der den Abgabenzeitraum 1994 bis 2000 umfassenden abgabenrechtlichen Prüfung keine ordnungsgemäßen Belege und Unterlagen vorgelegt worden seien und damit die nicht ordnungsgemäße Führung der kaufmännischen Bücher ausreichend dokumentiert sei. Weiters bestehe der begründete Verdacht einer Abgabenhinterziehung mit gerichtlicher Zuständigkeit.
In der Beschwerde wird dagegen vorgebracht, dass das Finanzstrafverfahren zwar eingeleitet, die Verdachtsmomente bislang aber nicht erhärtet worden seien, eine Berufung gegen die Bescheide des Finanzamtes Oststeiermark eingebracht worden sei und die Behörde sich lediglich an "vagen Mutmaßungen" orientiere. Die Zuverlässigkeit der Beschwerdeführerin sei gegeben und die belangte Behörde habe nicht geprüft, ob die Beschwerdeführerin in den Jahren 2000 bis 2004 überhaupt gewerblich tätig gewesen sei.
In der Beschwerde werden die Feststellungen der belangten Behörde über die anlässlich der abgabenrechtlichen Prüfung festgestellten Mängel bei der Führung der kaufmännischen Bücher nicht bestritten. Diese im Beschwerdefall anlässlich der Prüfung festgestellten, schwer wiegenden Mängel ("Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen erfolgte anhand der von der Zollfahndung Wien übermittelten Unterlagen", "nur die dokumentierten Geschäftsfälle (wurden) für die Bemessung der Umsatzsteuer herangezogen", "mangels Unterlagen (wurde) eine Reingewinnschätzung vorgenommen, " zu den vorhandenen Wareneinkäufen (lagen) keine Verkaufsrechnungen und zu den vorliegenden Ausgangsrechnungen keine Einkaufsrechnungen vor") reichen allein schon aus, die Bewilligung eines Alkohollagers zu versagen oder eine in Unkenntnis dieser Umstände erteilte Bewilligung zu widerrufen. Dem Widerruf der Bewilligung eines offenen Zolllagers lastet die behauptete Rechtswidrigkeit daher nicht an.
Da die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen vermochte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. Oktober 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006160015.X00Im RIS seit
17.01.2007