TE OGH 1999/4/26 14R41/99y

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Veröffentlicht am 26.04.1999
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Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Walterskirchen als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Zemanek und Dr. Riedl in der Rechtssache der klagenden Partei Bank *****, vertreten durch D*****, wider die beklagte Partei Dkfm DDr. G*****, Rechtsanwalt, *****, vertreten durch D*****, wegen S 569.032,75, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 29.1.1999, 28 Cg 137/98t-7, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird n i c h t Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt vom Beklagten S 569.032,75 im wesentlichen mit der Begründung, er habe den zu Kontonummer 602 600 900 gewährten Kredit vereinbarungswidrig nicht rückgeführt. Aufgrund des mehrmonatigen Zahlungsverzuges, der wesentlichen Vermögensgefährdung und beträchtlichen Vermögensverschlechterung sei dem Beklagten der Terminsverlust nach dessen Androhung und Nachfristsetzung erklärt worden.

Mit seinem Verfahrenshilfeantrag begehrt der Beklagte die Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Beigebung des ihn im Verfahrenshilfeverfahren vertretenden Rechtsanwaltes im wesentlichen mit der Begründung, er befinde sich seit über einem Jahr in Untersuchungshaft. Aufgrund der Schwierigkeiten, seinen vielfältigen wirtschaftlichen Verpflichtungen aus der Haft heraus nachzukommen, sowie aufgrund von Machinationen seiner (früheren) Geschäftspartner im Zuge seiner Ortsabwesenheit verfüge er über keinerlei Einkommen und stünden seinen Vermögenswerten ungleich höhere Schulden von rund S 30 Mio gegenüber. Er sei daher zur Bestreitung der Kosten einer anwaltlichen Vertretung im gegenständlichen Verfahren nicht imstande und daher auf die Bewilligung von Verfahrenshilfe zur Abwendung des unbegründeterweise erhobenen Klagsanspruches angewiesen. Über Aufforderung des Erstgerichtes hat er auch seine konkreten Einwände gegen den Klagsanspruch dargelegt.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Erstgericht den Verfahrenshilfeantrag des Beklagten im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß nach der grundsätzlichen Bestimmung des § 73 Abs 1 ZPO der Verfahrenshilfeantrag die Partei nicht berechtige, die Einlassung in den Rechtsstreit zu verweigern oder die Erstreckung von Fristen zu begehren. Zwar werde gemäß § 73 Abs 2 ZPO die Frist für die Beantwortung der Klage unterbrochen, wenn die Partei vor deren Ablauf die Bewilligung der Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwaltes beantrage. Diese Ausnahmebestimmung könne jedoch im Hinblick auf § 73 Abs 1 ZPO nur so verstanden werden, daß eine unvertretene oder durch ihren bisherigen Rechtsanwalt nicht mehr vertretene Partei vor Rechtsnachteilen infolge Fristenablaufes geschützt werden soll. Für eine Partei, die ohnedies aufrecht durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, bestehe dieses Schutzbedürfnis nicht. Die in SZ 48/93 vertretene Rechtsansicht, daß der Verfahrenshilfeantrag einer vertretenen Partei die Berufungsfrist gemäß § 464 Abs 3 ZPO unterbreche, weil dieser Antrag als Anzeige des Erlöschens der Vollmacht gelte, sei auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil dort die bisher vertretene Partei persönlich den Antrag gestellt habe, sodaß mangels Erhebung durch das Erstgericht vom Erlöschen der Vollmacht ausgegangen worden sei. Der Beklagte habe aber seinen Verfahrenshilfeantrag durch seinen gewillkürten Vertreter eingebracht. Eine Unterbrechung der Klagebeantwortungsfrist durch den am letzten Tag der Klagebeantwortungsfrist eingebrachten Verfahrenshilfeantrag komme ihm im vorliegenden Fall daher nicht zugute. Da eine durch den Verfahrenshilfeanwalt eingebrachte Klagebeantwortung verspätet und daher unbeachtlich wäre, wären die vom Beklagten beabsichtigten Prozeßhandlungen aussichtslos. Damit fehle es an einer der Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe.Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Erstgericht den Verfahrenshilfeantrag des Beklagten im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß nach der grundsätzlichen Bestimmung des Paragraph 73, Absatz eins, ZPO der Verfahrenshilfeantrag die Partei nicht berechtige, die Einlassung in den Rechtsstreit zu verweigern oder die Erstreckung von Fristen zu begehren. Zwar werde gemäß Paragraph 73, Absatz 2, ZPO die Frist für die Beantwortung der Klage unterbrochen, wenn die Partei vor deren Ablauf die Bewilligung der Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwaltes beantrage. Diese Ausnahmebestimmung könne jedoch im Hinblick auf Paragraph 73, Absatz eins, ZPO nur so verstanden werden, daß eine unvertretene oder durch ihren bisherigen Rechtsanwalt nicht mehr vertretene Partei vor Rechtsnachteilen infolge Fristenablaufes geschützt werden soll. Für eine Partei, die ohnedies aufrecht durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, bestehe dieses Schutzbedürfnis nicht. Die in SZ 48/93 vertretene Rechtsansicht, daß der Verfahrenshilfeantrag einer vertretenen Partei die Berufungsfrist gemäß Paragraph 464, Absatz 3, ZPO unterbreche, weil dieser Antrag als Anzeige des Erlöschens der Vollmacht gelte, sei auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil dort die bisher vertretene Partei persönlich den Antrag gestellt habe, sodaß mangels Erhebung durch das Erstgericht vom Erlöschen der Vollmacht ausgegangen worden sei. Der Beklagte habe aber seinen Verfahrenshilfeantrag durch seinen gewillkürten Vertreter eingebracht. Eine Unterbrechung der Klagebeantwortungsfrist durch den am letzten Tag der Klagebeantwortungsfrist eingebrachten Verfahrenshilfeantrag komme ihm im vorliegenden Fall daher nicht zugute. Da eine durch den Verfahrenshilfeanwalt eingebrachte Klagebeantwortung verspätet und daher unbeachtlich wäre, wären die vom Beklagten beabsichtigten Prozeßhandlungen aussichtslos. Damit fehle es an einer der Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Beklagten.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach dem Inhalt des Verfahrenshilfeantrages kann nicht bezweifelt werden, daß die Vollmacht an den vom Beklagten bevollmächtigten Rechtsanwalt nur für das Verfahrenshilfeverfahren erteilt wurde. Denn dieser Rechtsanwalt hat sich lediglich bereit erklärt, im Hauptverfahren als Rechtsanwalt im Rahmen der bewilligten Verfahrenshilfe unentgeltlich zur Verfügung zu stehen. Eine solche Einschränkung der Vollmacht ist auch zulässig (vgl JBl 1989, 51 = EvBl 1989/49). Ob der erst am letzten Tag der Klagebeantwortungsfrist eingebrachte Verfahrenshilfeantrag eines nach wie vor in die Liste eingetragenen Rechtsanwaltes ein überzeugendes Indiz für die beabsichtigte Verfahrensverschleppung und damit für eine mutwillige Rechtsverfolgung - die gemäß § 63 Abs 1 ZPO der Bewilligung der Verfahrenshilfe entgegensteht - anzusehen ist, muß aus den im folgenden angeführten Gründen nicht näher geprüft werden.Nach dem Inhalt des Verfahrenshilfeantrages kann nicht bezweifelt werden, daß die Vollmacht an den vom Beklagten bevollmächtigten Rechtsanwalt nur für das Verfahrenshilfeverfahren erteilt wurde. Denn dieser Rechtsanwalt hat sich lediglich bereit erklärt, im Hauptverfahren als Rechtsanwalt im Rahmen der bewilligten Verfahrenshilfe unentgeltlich zur Verfügung zu stehen. Eine solche Einschränkung der Vollmacht ist auch zulässig vergleiche JBl 1989, 51 = EvBl 1989/49). Ob der erst am letzten Tag der Klagebeantwortungsfrist eingebrachte Verfahrenshilfeantrag eines nach wie vor in die Liste eingetragenen Rechtsanwaltes ein überzeugendes Indiz für die beabsichtigte Verfahrensverschleppung und damit für eine mutwillige Rechtsverfolgung - die gemäß Paragraph 63, Absatz eins, ZPO der Bewilligung der Verfahrenshilfe entgegensteht - anzusehen ist, muß aus den im folgenden angeführten Gründen nicht näher geprüft werden.

Zwar führt selbst die mutwillige Antragstellung auf Bewilligung der Verfahrenshilfe anstelle der vom Verfahrenshilfewerber zu erstattenden Klagebeantwortung in der Regel lediglich zur Verweigerung der Verfahrenshilfe, nicht aber zum Verlust der Rechtswohltat der Fristunterbrechung nach § 73 Abs 2 ZPO. Doch gebietet der Regelungszweck des § 73 Abs 1 ZPO im vorliegenden Fall eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Die Bestimmung des § 73 Abs 1 ZPO, wonach der Verfahrenshilfeantrag nicht zur Verweigerung der Streiteinlassung oder zur Verweigerung der Verfahrensfortsetzung berechtigt, gilt nämlich in jenen Verfahren, in denen wegen des fehlenden Anwaltszwanges die Partei selbst (allenfalls mit Anleitung des Richters) aktionsfähig ist. § 73 Abs 2 ZPO idF vor dem KSchG schränkte diesen Grundsatz mit der Rechtswohltat der Fristunterbrechung für jene Verfahren ein, in denen die Partei wegen des angeordneten Vertretungszwanges durch einen Rechtsanwalt ("Anwaltsprozeß") nicht mehr selbst in der Hauptsache aktionsfähig ist und ohne Unterbrechungsanordnung dem nicht mehr zu behebenden Fristenablauf trotz Verfahrenshilfeantrag ausgesetzt wäre. Dieser Regelungszweck führt einerseits zur analogen Anwendung der Fristunterbrechung auf in § 73 Abs 2 ZPO (§ 464 Abs 3 ZPO) nicht genannte befristete Prozeßhandlungen (vgl Fasching ErgBd 51 ff; Fucik in Rechberger Rz 2 zu § 73 ZPO mwN). Andererseits muß dieser Regelungszweck aber auch zu der Einschränkung führen, daß gemäß § 28 Abs 1 ZPO vom Anwaltszwang ausgenommenen Personen die Rechtswohltat der Fristunterbrechung nicht zugute kommen soll. Denn diese Personen sind trotz des absoluten Anwaltszwanges in der Hauptsache nicht aktionsunfähig. Die Beseitigung des Wortes "Anwaltsprozeß" durch das KSchG reduziert diese Überlegungen auf jene in § 28 Abs 1 ZPO genannten Personen, die nicht zu dem durch das KSchG geschützten Personenkreis zu zählen sind, die wegen ihrer Rechtsunkundigkeit des besonderen Schutzes durch die Verfahrensvorschriften bedürfen.Zwar führt selbst die mutwillige Antragstellung auf Bewilligung der Verfahrenshilfe anstelle der vom Verfahrenshilfewerber zu erstattenden Klagebeantwortung in der Regel lediglich zur Verweigerung der Verfahrenshilfe, nicht aber zum Verlust der Rechtswohltat der Fristunterbrechung nach Paragraph 73, Absatz 2, ZPO. Doch gebietet der Regelungszweck des Paragraph 73, Absatz eins, ZPO im vorliegenden Fall eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Die Bestimmung des Paragraph 73, Absatz eins, ZPO, wonach der Verfahrenshilfeantrag nicht zur Verweigerung der Streiteinlassung oder zur Verweigerung der Verfahrensfortsetzung berechtigt, gilt nämlich in jenen Verfahren, in denen wegen des fehlenden Anwaltszwanges die Partei selbst (allenfalls mit Anleitung des Richters) aktionsfähig ist. Paragraph 73, Absatz 2, ZPO in der Fassung vor dem KSchG schränkte diesen Grundsatz mit der Rechtswohltat der Fristunterbrechung für jene Verfahren ein, in denen die Partei wegen des angeordneten Vertretungszwanges durch einen Rechtsanwalt ("Anwaltsprozeß") nicht mehr selbst in der Hauptsache aktionsfähig ist und ohne Unterbrechungsanordnung dem nicht mehr zu behebenden Fristenablauf trotz Verfahrenshilfeantrag ausgesetzt wäre. Dieser Regelungszweck führt einerseits zur analogen Anwendung der Fristunterbrechung auf in Paragraph 73, Absatz 2, ZPO (Paragraph 464, Absatz 3, ZPO) nicht genannte befristete Prozeßhandlungen vergleiche Fasching ErgBd 51 ff; Fucik in Rechberger Rz 2 zu Paragraph 73, ZPO mwN). Andererseits muß dieser Regelungszweck aber auch zu der Einschränkung führen, daß gemäß Paragraph 28, Absatz eins, ZPO vom Anwaltszwang ausgenommenen Personen die Rechtswohltat der Fristunterbrechung nicht zugute kommen soll. Denn diese Personen sind trotz des absoluten Anwaltszwanges in der Hauptsache nicht aktionsunfähig. Die Beseitigung des Wortes "Anwaltsprozeß" durch das KSchG reduziert diese Überlegungen auf jene in Paragraph 28, Absatz eins, ZPO genannten Personen, die nicht zu dem durch das KSchG geschützten Personenkreis zu zählen sind, die wegen ihrer Rechtsunkundigkeit des besonderen Schutzes durch die Verfahrensvorschriften bedürfen.

Dem Beklagten wurde zwar im Disziplinarwege gemäß § 19 Abs 4 DSt die Ausübung der Rechtsanwaltschaft bis zur Beendigung des Disziplinarverfahrens vorläufig untersagt. Er ist aber nach wie vor in der Liste der Rechtsanwälte eingetragen. Die vorläufige Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft führt lediglich dazu, daß der Beklagte nicht andere Personen vor Gericht vertreten kann, nicht aber dazu, daß er selbst dem Anwaltszwang unterläge. Denn § 28 Abs 2 ZPO sieht dies nur für den Fall der Disziplinarstrafe der Streichung von der Rechtsanwaltsliste vor (vgl EvBl 1983/ 33).Dem Beklagten wurde zwar im Disziplinarwege gemäß Paragraph 19, Absatz 4, DSt die Ausübung der Rechtsanwaltschaft bis zur Beendigung des Disziplinarverfahrens vorläufig untersagt. Er ist aber nach wie vor in der Liste der Rechtsanwälte eingetragen. Die vorläufige Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft führt lediglich dazu, daß der Beklagte nicht andere Personen vor Gericht vertreten kann, nicht aber dazu, daß er selbst dem Anwaltszwang unterläge. Denn Paragraph 28, Absatz 2, ZPO sieht dies nur für den Fall der Disziplinarstrafe der Streichung von der Rechtsanwaltsliste vor vergleiche EvBl 1983/ 33).

Da der Beklagte in der Lage ist, trotz Anwaltszwanges die notwendigen Verfahrensschritte (Klagebeantwortung) selbst vorzunehmen (entgegenstehende Umstände hat er nicht konkret behauptet, von den Rechtsanwaltskosten abgesehen sind sie derzeit auch mit keinen besonderen Kosten verbunden), fehlen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe.

Dem Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf §§ 40 und 50Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf Paragraphen 40 und 50

ZPO.

Der Ausspruch über die generelle Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 4 ZPO iVm § 526 Abs 3 ZPO.Der Ausspruch über die generelle Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 4, ZPO in Verbindung mit Paragraph 526, Absatz 3, ZPO.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EW00318 14R00419

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:1999:01400R00041.99Y.0426.000

Dokumentnummer

JJT_19990426_OLG0009_01400R00041_99Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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