TE OGH 1999/4/28 7Ob209/98f

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Veröffentlicht am 28.04.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Dr. Huber und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Helga K*****, vertreten durch Dr. Karl Haas ua Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen die beklagten Parteien 1. Johann W*****, und 2. Monika W*****, vertreten durch Dr. Eduard Pranz ua Rechtsanwälte in St. Pölten (1 C 977/91f des Bezirksgerichtes Herzogenburg), 3. Johann Z*****, 4. Helene Z*****, 5. Erwin Z***** und 6. Margit Z*****, alle vertreten durch Dr. Werner Pennerstofer ua Rechtsanwälte in St. Pölten (1 C 68/92f des Bezirksgerichtes Herzogenburg), wegen Feststellung und Beseitigung (zu 1 C 977/91f) sowie Feststellung (zu 1 C 68/92f), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 3. März 1998, GZ 29 R 43/98k-60, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Herzogenburg vom 28. November 1997, GZ 1 C 977/91f-53, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den Dritt- bis Sechstbeklagten die mit S 4.870,66 (darin enthalten S 811,78 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Erst- und Zweitbeklagten haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte die Feststellung des Bestehens einer Dienstbarkeit des Fahrens mit land- und forstwirtschaftlichen Fuhren zugunsten ihrer Liegenschaft über ein im Miteigentum der Erst- und Zweitbeklagten und ein im Miteigentum der Dritt- bis Sechtsbeklagten stehendes Grundstück. Von den Erst- und Zweitbeklagten begehrte sie weiters die Beseitigung einer im Bereich des Weges errichteten Mauer.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und behaupteten im wesentlichen, jeweils gutgläubig das lastenfreie Eigentum an den Grundstücken erworben zu haben.

Das Erstgericht wies im dritten Rechtsgang das Klagebegehren ab. Aus seinen Feststellungen geht hervor, daß die Erst- und Zweitbeklagten sowie die Dritt- und Viertbeklagten die Grundstücke jeweils im Jahr 1979 gekauft haben. Die Fünft- bis Sechstbeklagten sind erst 1981 (richtig: 1983) je zu einem Viertel auf der Liegenschaft der Dritt- und Viertbeklagten "mitangeschrieben" worden. Der strittige Weg, der den südwestlichen, zur Liegenschaft der Klägerin führenden Ast eines sich gabelnden Weges darstellt, "verläuft mit Fahrspuren praktisch nur im Grünen", während der andere, in südöstlicher Richtung verlaufende Ast "mit Schotter und Fahrspuren" ausgebildet ist. Bei der Begehung der Grundstücke anläßlich ihres Erwerbes im Jahr 1979 durch die Erst- und Zweitbeklagten einerseits und die Dritt- und Viertbeklagten andererseits glichen sie einer "Wildnis". Sie waren lange Zeit nicht bewirtschaftet worden. Beim südwestlichen Ast des Weges waren die Fahrspuren so stark verwachsen, daß sie nur schwer erkennbar waren. Eine Benützung dieses Wegastes war nicht erkennbar. Der andere Ast war hingegen deutlich ausgeprägt und lies eine Benützung erkennen. Die Liegenschaft der Klägerin verfügt auch noch über eine andere Zufahrtsmöglichkeit direkt von der Hauptstraße.

Das Erstgericht vertrat die Ansicht, daß das nichtverbücherte Wegerecht der Klägerin für die Beklagten nicht offenkundig gewesen sei. Die Beklagten hätten daher die Grundstücke jeweils lastenfrei erworben.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 52.000,--, nicht jedoch S 260.000,-- übersteige und daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil vom Obersten Gerichtshof zum Problem der Offenkundigkeit einer Dienstbarkeit insofern noch nicht Stellung genommen worden sei, ob der Erwerber eines Grundstückes offensichtlich veralteten Fahrspuren auf den Grund gehen müsse.

Die Revision ist jedoch entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Revisionszulässigkeit mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Die Ausführungen zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens bekämpfen in Wahrheit die Billigung der in der Berufung angefochtenen Beweiswürdigung des Erstgerichtes. Die Anfechtung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen ist jedoch im Revisionsverfahren ausgeschlossen.

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 1500 ABGB ist die Gutgläubigkeit des Erwerbers einer Liegenschaft ausgeschlossen, wenn er in schuldhafter Weise Indizien für das Abweichen des Grundbuchsstandes von der tatsächlichen Rechtslage ignoriert. Es genügt hiebei leichte Fahrlässigkeit. Der Umfang der Sorgfaltspflicht bestimmt sich nach der Verkehrsübung (SZ 66/152 ua). Da das Grundbuch für Dienstbarkeiten von vornherein eine geringere Aussagekraft besitzt, weil diese Rechte nicht immer lückenlos verbüchert und im Nachbarschaftsverhältnis Liegenschaften vielfach seit Generationen in dem guten Glauben mitbenützt werden, daß hiezu ein Recht bestehe, ist der Erwerber einer Liegenschaft zu Nachforschungen verpflichtet, wenn sich aus den besonderen Umständen Bedenken gegen die Vollständigkeit des Grundbuchs ergeben. Dies ist der Fall, wenn sichtbare Anlagen auf dem Grund oder sonstige Einrichtungen oder Vorgänge, die man von dort aus bei einiger Aufmerksamkeit wahrnehmen kann, das Bestehen einer Dienstbarkeit vermuten lassen. Die Sorgfaltsanforderungen an den Erwerber dürfen nur nicht überspannt werden, weil sonst das Grundbuch entwertet würde (SZ 57/38 mwN).Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu Paragraph 1500, ABGB ist die Gutgläubigkeit des Erwerbers einer Liegenschaft ausgeschlossen, wenn er in schuldhafter Weise Indizien für das Abweichen des Grundbuchsstandes von der tatsächlichen Rechtslage ignoriert. Es genügt hiebei leichte Fahrlässigkeit. Der Umfang der Sorgfaltspflicht bestimmt sich nach der Verkehrsübung (SZ 66/152 ua). Da das Grundbuch für Dienstbarkeiten von vornherein eine geringere Aussagekraft besitzt, weil diese Rechte nicht immer lückenlos verbüchert und im Nachbarschaftsverhältnis Liegenschaften vielfach seit Generationen in dem guten Glauben mitbenützt werden, daß hiezu ein Recht bestehe, ist der Erwerber einer Liegenschaft zu Nachforschungen verpflichtet, wenn sich aus den besonderen Umständen Bedenken gegen die Vollständigkeit des Grundbuchs ergeben. Dies ist der Fall, wenn sichtbare Anlagen auf dem Grund oder sonstige Einrichtungen oder Vorgänge, die man von dort aus bei einiger Aufmerksamkeit wahrnehmen kann, das Bestehen einer Dienstbarkeit vermuten lassen. Die Sorgfaltsanforderungen an den Erwerber dürfen nur nicht überspannt werden, weil sonst das Grundbuch entwertet würde (SZ 57/38 mwN).

Eine Verkennung dieser bereits vom Berufungsgericht aufgezeigten Grundsätze durch die Vorinstanzen ist nicht zu erblicken. Der Oberste Gerichtshof hat zwar bereits ausgesprochen, daß für eine offenkundige Wegedienstbarkeit auch bloße Fahrspuren ausreichen können, doch ist der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt mit dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar, weil dort bis zu 20 cm tiefe, deutlich sichtbare Fahrrinnen vorhanden waren (MietSlg 32.031). Das Berufungsgericht hat auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung darauf hingewiesen, daß infolge einer anderen Zufahrtsmöglichkeit zum herrschenden Grundstück vom öffentlichen Gut aus keine weiteren Indizien für ein Wegerecht vorlagen, die den Anstoß für eine Erkundungspflicht verstärken hätten können (vgl MietSlg 32.030).Eine Verkennung dieser bereits vom Berufungsgericht aufgezeigten Grundsätze durch die Vorinstanzen ist nicht zu erblicken. Der Oberste Gerichtshof hat zwar bereits ausgesprochen, daß für eine offenkundige Wegedienstbarkeit auch bloße Fahrspuren ausreichen können, doch ist der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt mit dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar, weil dort bis zu 20 cm tiefe, deutlich sichtbare Fahrrinnen vorhanden waren (MietSlg 32.031). Das Berufungsgericht hat auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung darauf hingewiesen, daß infolge einer anderen Zufahrtsmöglichkeit zum herrschenden Grundstück vom öffentlichen Gut aus keine weiteren Indizien für ein Wegerecht vorlagen, die den Anstoß für eine Erkundungspflicht verstärken hätten können vergleiche MietSlg 32.030).

Ob im Zeitpunkt des Erwerbes der dienenden Grundstücke Anlagen vorhanden waren, die diesen Zweck des Dienens als offenkundig erkennen ließen und ob der dem Erst- bis Viertbeklagten nach den Feststellungen bekannte Sachverhalt eine Erkundungspflicht auslöste, ist eine Frage des Einzelfalles, der dann nicht die in § 502 Abs 1 ZPO geforderte Qualität zukommt, wenn die Verneinung dieser Fragen durch die Vorinstanzen nicht in Widerspruch zur dargestellten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes steht (1 Ob 2319/96). Ein solcher Widerspruch der Entscheidungen der Vorinstanzen in diesem Einzelfall ist nicht erkennbar. Die Frage, in welcher Form der strittige südwestliche Wegast im Zeitpunkt der Begründung des Miteigentums der Fünft- und Sechstbeklagten ausgeprägt war, kommt im Gegensatz zur Ansicht der Klägerin keine Bedeutung zu, weil die Fünft- und Sechstbeklagten ihr Miteigentum von den Dritt- und Viertbeklagten erwerben, die ihrerseits bereits lastenfrei erworben hatten.Ob im Zeitpunkt des Erwerbes der dienenden Grundstücke Anlagen vorhanden waren, die diesen Zweck des Dienens als offenkundig erkennen ließen und ob der dem Erst- bis Viertbeklagten nach den Feststellungen bekannte Sachverhalt eine Erkundungspflicht auslöste, ist eine Frage des Einzelfalles, der dann nicht die in Paragraph 502, Absatz eins, ZPO geforderte Qualität zukommt, wenn die Verneinung dieser Fragen durch die Vorinstanzen nicht in Widerspruch zur dargestellten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes steht (1 Ob 2319/96). Ein solcher Widerspruch der Entscheidungen der Vorinstanzen in diesem Einzelfall ist nicht erkennbar. Die Frage, in welcher Form der strittige südwestliche Wegast im Zeitpunkt der Begründung des Miteigentums der Fünft- und Sechstbeklagten ausgeprägt war, kommt im Gegensatz zur Ansicht der Klägerin keine Bedeutung zu, weil die Fünft- und Sechstbeklagten ihr Miteigentum von den Dritt- und Viertbeklagten erwerben, die ihrerseits bereits lastenfrei erworben hatten.

Die aus dem Grund des § 502 Abs 1 ZPO unzulässige Revision der Klägerin war daher zurückzuweisen.Die aus dem Grund des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO unzulässige Revision der Klägerin war daher zurückzuweisen.

Die Erst- und Zweitbeklagten haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung gemäß §§ 40, 50 ZPO selbst zu tragen, weil sie auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen haben.Die Erst- und Zweitbeklagten haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung gemäß Paragraphen 40,, 50 ZPO selbst zu tragen, weil sie auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen haben.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Dritt- bis Sechstbeklagten gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Hiebei war aufgrund der von der Klägerin vorgenommenen Bewertung ihres Feststellungsbegehrens von einer Bemessungsgrundlage von S 50.000,-- auszugehen.Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Dritt- bis Sechstbeklagten gründet sich auf die Paragraphen 41 und 50 ZPO. Hiebei war aufgrund der von der Klägerin vorgenommenen Bewertung ihres Feststellungsbegehrens von einer Bemessungsgrundlage von S 50.000,-- auszugehen.

Anmerkung

E53820 07A02098

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0070OB00209.98F.0428.000

Dokumentnummer

JJT_19990428_OGH0002_0070OB00209_98F0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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