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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §225 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der R in S, vertreten durch Bruckner & Fänerich, Rechtsanwälte in 8510 Stainz, Technologie Park 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 19. März 2004, Zl. 226.093/1-3/2004, betreffend Anerkennung von Beiträgen als wirksam entrichtet gemäß § 115 Abs. 3 GSVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86,
2. Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillgeist-Straße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am 14. Jänner 2004 gemäß § 115 Abs. 3 GSVG die Anerkennung der Wirksamkeit verspätet entrichteter Pensionsversicherungsbeiträge für den Zeitraum von Jänner 1981 bis Februar 1985 mit der Begründung, sie habe die Beiträge verspätet entrichtet, weil ihr Mann erkrankt und als Arbeitskraft ausgefallen sei. Sie habe mit fremden Leuten arbeiten müssen und dadurch große finanzielle Einbußen erlitten. Sie erhalte derzeit Arbeitslosengeld bzw. bis 31. Jänner 2004 einen Pensionsvorschuss. Ihr Mann erhalte eine Pension von der Pensionsversicherungsanstalt. Es liege ein Fall von besonderer Härte vor, weil sie anlässlich der Vorsprachen nicht darüber aufgeklärt worden sei, dass die Beiträge trotz Bezahlung nicht wirksam wären.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde diesem Antrag keine Folge gegeben. Die Beschwerdeführerin sei von Mai 1976 bis Februar 1985 der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterlegen. Zum 31. Dezember 1985 habe ihr Beitragsrückstand für den Zeitraum Jänner 1981 bis Februar 1985 S 81.216,42 betragen. Sie sei nicht in der Lage gewesen, Zahlungen zu leisten. Am 21. Mai 1999 habe sie den Kapitalsbetrag von S 56.216,50 beglichen. Auf die Einforderung der restlichen Verzugszinsen sei verzichtet worden. Am 20. November 2003 habe die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Berufsunfähigkeitspension gestellt. Sie habe zum Stichtag 1. Dezember 2003 437 Versicherungsmonate erworben. Bescheid- und leistungszuständig sei die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt. Diese habe auch zu prüfen, ob bzw. inwieweit sich die Anerkennung der rechtswirksamen Beitragsentrichtung auf das Zustandekommen eines Pensionsanspruches auswirken würde. Die Beschwerdeführerin erfülle die Wartezeit sowohl für eine Alterspension als auch für eine Berufsunfähigkeitspension. § 115 Abs. 3 GSVG könne nicht dazu herangezogen werden, die Voraussetzung für eine Verbesserung der Höhe der Leistung aus der Pensionsversicherung zu schaffen. Der Zweck der Bestimmung liege darin, Lücken im Versicherungsverlauf zu schließen, um Versicherten die Erfüllung der Wartezeit für eine Leistung aus der Pensionsversicherung zu ermöglichen, soweit es sich nicht um eine vorzeitige Alterspension handle. Im Hinblick darauf könne nicht von dem nach § 115 Abs. 3 GSVG eingeräumten Ermessen im Sinn des Antrages der Beschwerdeführerin Gebrauch gemacht werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt die Zuerkennung von Aufwandersatz für den Vorlageaufwand. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt hat keine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 115 Abs. 3 GSVG in der bis zum Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2005 - SVÄG 2005, BGBl. I Nr. 132, geltenden Fassung kann der zuständige Bundesminister in Fällen besonderer Härte auch Beiträge als wirksam entrichtet anerkennen, die für Zeiten gemäß § 115 Abs. 1 Z. 1 GSVG nach Ablauf des dort bezeichneten Zeitraumes entrichtet werden. Ein Fall besonderer Härte ist insbesondere dann anzunehmen, wenn dem Versicherten ansonsten ein Nachteil in seinen versicherungsrechtlichen Verhältnissen erwächst, der unter Berücksichtigung seiner Familien- und Einkommensverhältnisse von wesentlicher Bedeutung ist, und der Versicherte seine Anmeldung zur Versicherung nicht vorsätzlich unterlassen hat, oder wenn die rechtzeitige Beitragsentrichtung infolge unverschuldet eingetretener ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Versicherten unterblieben ist.
Der Zweck dieser gesetzlichen Bestimmung wird - ebenso wie bei § 225 Abs. 3 ASVG in der bis zum Inkrafttreten des SVÄG 2005 geltenden Fassung - in der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darin erblickt, in Fällen besonderer Härte durch die Anerkennung der Wirksamkeit der Erwerbes von Beitragszeiten solchen Versicherten die Möglichkeit zu verschaffen, bei Erreichung des Anfallsalters bzw. bei Invalidität in den Genuss einer Leistung aus der Pensionsversicherung zu gelangen, die sonst eine solche Leistung deshalb nicht erlangen könnten, weil ihnen trotz des Vorliegens eines nahezu bis an den Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles heranreichenden Versicherungsverlaufes voraussichtlich beim Eintritt des Versicherungsfalles eine im Verhältnis zur Gesamtzahl der für die Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen eines Leistungsanspruches erforderlichen Versicherungsmonate nur ganz geringfügige Versicherungszeit fehlen würde. § 115 Abs. 3 GSVG dient demnach lediglich dazu, Lücken im Versicherungsverlauf zwecks Erlangung einer Leistung aus der Pensionsversicherung zu schließen, nicht aber dazu, die Bestimmungen über die Wartezeit und die Deckung schlechthin illusorisch zu machen oder die Höhe der Leistung aus der Pensionsversicherung zu verbessern (vgl. das hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 2000, Zl. 2000/08/0008, vom 20. September 2000, Zl. 97/08/0497, und vom 29. März 2006, Zl. 2005/08/0011).
Im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin unstreitig die Wartezeit für eine Alters- bzw. Invaliditätspension erfüllt, hat die belangte Behörde die Frage, ob ein Fall besonderer Härte vorliegt, zutreffend verneint und den Antrag der Beschwerdeführerin zu Recht abgewiesen. Daran ändert auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie könnte bei Anerkennung der Wirksamkeit der verspätet entrichteten Pensionsversicherungsbeiträge eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer in Anspruch nehmen, nichts, weil es sich hiebei nur um die - einer Besserstellung durch eine Erhöhung der Pensionsleistung vergleichbare - Besserstellung durch Vorverlegung der Anspruchsberechtigung aus der Pensionsversicherung handeln würde, nicht jedoch um die erstmalige Eröffnung der Möglichkeit, in den Genuss einer Leistung aus der Pensionsversicherung zu gelangen.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. Oktober 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004080160.X00Im RIS seit
17.01.2007