TE OGH 1999/5/12 3R158/99d

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Veröffentlicht am 12.05.1999
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Norm

EO §54c
GOG §90a
  1. EO § 54c heute
  2. EO § 54c gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 86/2021
  3. EO § 54c gültig von 01.10.1995 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 519/1995
  1. GOG § 90a heute
  2. GOG § 90a gültig ab 31.12.1996 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 761/1996
  3. GOG § 90a gültig von 01.01.1995 bis 30.12.1996 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 349/1995
  4. GOG § 90a gültig von 01.01.1994 bis 31.12.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 92/1993

Kopf

Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter des Landesgerichtes Dr. Künz als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Mähr und den Vizepräsidenten Dr. Bildstein als weitere Mitglieder des Senates in der Exekutionssache der betreibenden Partei L*****gegen die verpflichtete Partei Dr. Wilfried Ludwig W***** wegen ATS 5.275,-- sA, infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Bregenz vom 25.3.1999, 10 E 419/99-5, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten der Rekurswerber selbst zu tragen hat, wird keine Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 24.2.1999, 10 E 419/99 y-2, wurde der betreibenden Partei aufgrund eines vollstreckbaren Rückstandsausweises vom 19.2.1999 zur Hereinbringung der Forderung von ATS 5.275,-- sowie der Kosten des Antrages die Exekution durch Pfändung und Verkauf der beweglichen körperlichen Sachen aller Art, die sich im Gewahrsam des Verpflichteten befinden, und Pfändung und Überweisung zur Einziehung der in § 296 EO angeführten Papiere bewilligt.Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 24.2.1999, 10 E 419/99 y-2, wurde der betreibenden Partei aufgrund eines vollstreckbaren Rückstandsausweises vom 19.2.1999 zur Hereinbringung der Forderung von ATS 5.275,-- sowie der Kosten des Antrages die Exekution durch Pfändung und Verkauf der beweglichen körperlichen Sachen aller Art, die sich im Gewahrsam des Verpflichteten befinden, und Pfändung und Überweisung zur Einziehung der in Paragraph 296, EO angeführten Papiere bewilligt.

In seinem dagegen fristgerecht erhobenen Einspruch machte der Verpflichtete geltend, dass sowohl die betreibende Partei durch die Ausstellung des Rückstandsausweises als auch das Exekutionsgericht durch die Bewilligung der Exekution gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen hätten.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht den Einspruch mit der Begründung abgewiesen, dass der Einwand, die betreibende Partei hätte keinen Rückstandsausweis ausstellen dürfen, nicht zulässig sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Verpflichteten mit dem Antrag, die bewilligte Fahrnisexekution unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogener Exekutionsakte einzustellen.

Dem Rekurs kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurswerber wiederholt zunächst in seinem Rechtsmittel die Ausführungen im Einspruch, wonach die Ausstellung des Rückstandsausweises und Bewilligung der Exekution gemeinschaftsrechtswidrig wären. Der der Exekution zugrundeliegende Tourismusbeitrag sei derzeit Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art 177 EGV und es sei davon auszugehen, dass die Einhebung dieses Beitrages der Prüfung durch den EuGH nicht standhalten werde. Das Erstgericht wäre aufgrund der Bestimmung des § 90 a GOG verpflichtet gewesen, von Amts wegen den Rückstandsausweis als nicht exekutierbar zurückzuweisen. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei jeder Mitgliedstaat verpflichtet, bei einem Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht jede Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet zu lassen. Die Ausführungen des EuGH im Urteil Simmenthal II, wonach jedes Gericht im Rahmen seiner Zuständigkeit Gemeinschaftsrecht anzuwenden habe, beziehe sich entgegen der Rechtsansicht des Landesgerichtes Feldkirch im Verfahren 2 R 42/99 p, in welchem dem Rekursgericht außerdem ein denkunmöglicher Zirkelschluss unterlaufen sei, auf die Entscheidungszuständigkeit an sich und habe das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung alles Gemeinschaftsrecht anzuwenden. Auch sei die Auffassung des Rekursgerichtes im genannten Verfahren, dass das Gemeinschaftsrecht das Exekutionsgericht niemals zur "inhaltlichen" Prüfung eines Exekutionstitels verpflichten könne verfehlt, da es alleine Sache des Gemeinschaftsrechtes sei, welchen Prüfungsauftrag es einem zur Entscheidung zuständigen Gericht erteile.Der Rekurswerber wiederholt zunächst in seinem Rechtsmittel die Ausführungen im Einspruch, wonach die Ausstellung des Rückstandsausweises und Bewilligung der Exekution gemeinschaftsrechtswidrig wären. Der der Exekution zugrundeliegende Tourismusbeitrag sei derzeit Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Artikel 177, EGV und es sei davon auszugehen, dass die Einhebung dieses Beitrages der Prüfung durch den EuGH nicht standhalten werde. Das Erstgericht wäre aufgrund der Bestimmung des Paragraph 90, a GOG verpflichtet gewesen, von Amts wegen den Rückstandsausweis als nicht exekutierbar zurückzuweisen. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei jeder Mitgliedstaat verpflichtet, bei einem Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht jede Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet zu lassen. Die Ausführungen des EuGH im Urteil Simmenthal römisch II, wonach jedes Gericht im Rahmen seiner Zuständigkeit Gemeinschaftsrecht anzuwenden habe, beziehe sich entgegen der Rechtsansicht des Landesgerichtes Feldkirch im Verfahren 2 R 42/99 p, in welchem dem Rekursgericht außerdem ein denkunmöglicher Zirkelschluss unterlaufen sei, auf die Entscheidungszuständigkeit an sich und habe das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung alles Gemeinschaftsrecht anzuwenden. Auch sei die Auffassung des Rekursgerichtes im genannten Verfahren, dass das Gemeinschaftsrecht das Exekutionsgericht niemals zur "inhaltlichen" Prüfung eines Exekutionstitels verpflichten könne verfehlt, da es alleine Sache des Gemeinschaftsrechtes sei, welchen Prüfungsauftrag es einem zur Entscheidung zuständigen Gericht erteile.

Der Rechtsansicht des Rekurswerbers, aus der Judikatur des EuGH ableiten zu können, dass das Exekutionsgericht verpflichtet gewesen wäre, die Richtigkeit eines verwaltungsbehördlichen Exekutionstitels entgegen der Bestimmung der Exekutionsordnung zu prüfen, kann nicht beigepflichtet werden.

Dem Rekurswerber ist zunächst darin zuzustimmen, dass unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht - wozu unter bestimmten Voraussetzungen auch primäres Gemeinschaftsrecht und damit allgemeine Rechtsgrundsätze zählen können - dem nationalen Recht ohne Rücksicht darauf vorgeht, welchen Rang das letztere im Stufenbau der Rechtsordnung eines Mitgliedsstaates einnimmt; das Gemeinschaftsrecht enthält jedoch keine näheren Vorschriften über Zuständigkeiten und Verfahren für seine Anwendung durch die mitgliedsstaatlichen Behörden und Gerichte. Die Vollziehung des unmittelbar anzuwendenden Gemeinschaftsrechtes obliegt den nationalen Gerichten nach den innerstaatlichen Verfahrens- und Zuständigkeitsregeln. Aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben sich nur zwei grundlegende, unmittelbar und vorrangig anwendbare Forderungen: Damit die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechtes, das vollzogen werden soll, durch die Anwendung mitgliedsstaatlichen Verfahrensrechtes inhaltlich nicht beeinträchtigt wird, verlangt der EuGH, dass das Rechtsschutzniveau im Vergleich zur Wahrung subjektiver Rechte nach mitgliedsstaatlichem Recht nicht niedriger sein (Diskriminierungsverbot) und die Ausgestaltung des Rechtsschutzes die Wahrung subjektiver Gemeinschaftsrechte nicht unmöglich machen oder übermäßig erschweren darf (Effizienzgebot) (Schweitzer/Hummer, Europarecht5 130; Winkler,

Zur Wahrung des Gemeinschaftsrechtes bei Kollegialbehörden nach Art. 133 Z 4 B-VG durch den VfGH in JBl 1998, 551). So führt der EuGH in Rs C-312/93 Peterbroek, Slg 1995 I-4599 ff aus:Zur Wahrung des Gemeinschaftsrechtes bei Kollegialbehörden nach Artikel 133, Ziffer 4, B-VG durch den VfGH in JBl 1998, 551). So führt der EuGH in Rs C-312/93 Peterbroek, Slg 1995 I-4599 ff aus:

"Die Bestimmung der zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechtes erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, sind mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung auf diesem Gebiet Sache der einzelnen Mitgliedsstaaten. Jedoch dürfen diese Verfahren nicht ungünstiger gestaltet werden als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen, und sie dürfen die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen."

Entgegen der Ansicht des Rekurswerbers ist die Tatsache, dass den Gerichten durch gesetzliche Vorschriften die Zwangsvollstreckung rechtskräftiger Entscheidungen der Verwaltungsbehörden übertragen worden ist, eine Frage des Verfahrensrechtes, welches sich mangels direkt wirksamer gemeinschaftsrechtlicher Verfahrensnormen ausschließlich nach nationalem Recht richtet.

Auch dann, wenn es sich um einen rein nationalen Sachverhalt ohne Gemeinschaftsrechtsbezug handeln würde, beschränkten sich die Überprüfungsbefugnisse des Exekutionsgerichtes ausschließlich darauf, ob der Rückstandsausweis den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt aufweist; eine Überprüfung der Richtigkeit des Exekutionstitels dürfte ausschließlich in formeller, keinesfalls in sachlicher Hinsicht vorgenommen werden (RPflE 1992/73).

Für Einwendungen gegen den betriebenen Anspruch iSd § 35 Abs 1 EO ergibt sich bereits aus § 35 Abs 2 EO, dass diese bei der Verwaltungsbehörde anzubringen wären, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist. Für Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung iSd § 36 Abs 1 Z 1 EO ist bei einem Exekutionstitel nach § 1 Z 13 EO der Rechtsweg unzulässig, wenn es um die sachliche Überprüfung des verwaltungsbehördlichen Exekutionstitels oder um die Richtigkeit der von der Verwaltungsbehörde ausgestellten Bestätigung der Vollstreckbarkeit geht. Nichts anderes hat in gegenständlichem Verfahren mit Gemeinschaftsrechtsbezug zu gelten; der Rekurswerber hat sich mit seinen Einwendungen an die zuständige Verwaltungsbehörde zu wenden, sodass jegliche Diskriminierung vorliegendenfalls zu verneinen ist.Für Einwendungen gegen den betriebenen Anspruch iSd Paragraph 35, Absatz eins, EO ergibt sich bereits aus Paragraph 35, Absatz 2, EO, dass diese bei der Verwaltungsbehörde anzubringen wären, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist. Für Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung iSd Paragraph 36, Absatz eins, Ziffer eins, EO ist bei einem Exekutionstitel nach Paragraph eins, Ziffer 13, EO der Rechtsweg unzulässig, wenn es um die sachliche Überprüfung des verwaltungsbehördlichen Exekutionstitels oder um die Richtigkeit der von der Verwaltungsbehörde ausgestellten Bestätigung der Vollstreckbarkeit geht. Nichts anderes hat in gegenständlichem Verfahren mit Gemeinschaftsrechtsbezug zu gelten; der Rekurswerber hat sich mit seinen Einwendungen an die zuständige Verwaltungsbehörde zu wenden, sodass jegliche Diskriminierung vorliegendenfalls zu verneinen ist.

Aber auch dem Effizienzgebot wird durch die gegenständlichen Verfahrensvorschriften nicht zuwidergehandelt, da der vom Rekurswerber angestrebte Erfolg - nämlich die Aussetzung des Anlassverfahrens - dadurch zu erreichen ist, dass er sich an die zuständige Verwaltungsbehörde richtet.

Soweit der Rekurswerber auf das Schreiben der betreibenden Partei vom 20.11.1998 Bezug nimmt, ist er darauf zu verweisen, dass die Einbringung einer Berufung die Vollstreckbarkeit des angefochtenen Bescheides nicht hemmt und aus dem Schreiben nicht das Anbot einer Stundung der bereits fälligen Beiträge abzuleiten ist, welche mittels Impugnationsklage geltend gemacht werden könnte (JBl 1988, 795).

Auch die vom Rekurswerber ins Treffen geführte Bestimmung des § 90 a GOG vermag das von ihm gewünschte Ergebnis nicht herbeizuführen, da sich die Verpflichtung der Gerichte, bis zum Einlangen der Vorabentscheidung nur solche Handlungen vorzunehmen, die durch die Vorabentscheidung nicht beeinflusst werden können, nur auf die Gerichte des Ausgangsverfahrens bezieht (4 Ob 2391/96 p), was in gegenständlichem Verfahren nicht zutrifft.Auch die vom Rekurswerber ins Treffen geführte Bestimmung des Paragraph 90, a GOG vermag das von ihm gewünschte Ergebnis nicht herbeizuführen, da sich die Verpflichtung der Gerichte, bis zum Einlangen der Vorabentscheidung nur solche Handlungen vorzunehmen, die durch die Vorabentscheidung nicht beeinflusst werden können, nur auf die Gerichte des Ausgangsverfahrens bezieht (4 Ob 2391/96 p), was in gegenständlichem Verfahren nicht zutrifft.

Eine in Österreich direkt wirksame gemeinschaftsrechtliche Verfahrensnorm, welche dem § 54 c EO widerspricht und vorsieht, dass das Exekutionsgericht sowie das ihm übergeordnete Gericht zweiter Instanz den Exekutionstitel inhaltlich (auf die richtige Anwendung materiellen Rechts) zu prüfen hat, besteht nicht.Eine in Österreich direkt wirksame gemeinschaftsrechtliche Verfahrensnorm, welche dem Paragraph 54, c EO widerspricht und vorsieht, dass das Exekutionsgericht sowie das ihm übergeordnete Gericht zweiter Instanz den Exekutionstitel inhaltlich (auf die richtige Anwendung materiellen Rechts) zu prüfen hat, besteht nicht.

Aus all dem folgt zusammenfassend, dass das Rekursgericht ebenso wie das Erstgericht sehr wohl die Bestimmungen der Exekutionsordnung zu beachten hat. In ihrem Einspruch gegen die Exekutionsbewilligung hat sich der Verpflichtete auf keinen der in § 54 c Abs 1 zweiter Satz EO aufgezählten Gründe gestützt, weshalb sich die Abweisung dieses Rechtsbehelfs durch das Erstgericht als zutreffend erweist und dem Rekurs ein Erfolg zu versagen ist.Aus all dem folgt zusammenfassend, dass das Rekursgericht ebenso wie das Erstgericht sehr wohl die Bestimmungen der Exekutionsordnung zu beachten hat. In ihrem Einspruch gegen die Exekutionsbewilligung hat sich der Verpflichtete auf keinen der in Paragraph 54, c Absatz eins, zweiter Satz EO aufgezählten Gründe gestützt, weshalb sich die Abweisung dieses Rechtsbehelfs durch das Erstgericht als zutreffend erweist und dem Rekurs ein Erfolg zu versagen ist.

Die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels hat der Rekurswerber gemäß §§ 78 EO, 50, 40 ZPO selbst zu tragen.Die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels hat der Rekurswerber gemäß Paragraphen 78, EO, 50, 40 ZPO selbst zu tragen.

Gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ist der Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung jedenfalls unzulässig.Gemäß Paragraph 78, EO in Verbindung mit Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer eins, ZPO ist der Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung jedenfalls unzulässig.

Anmerkung

EFE00029 03R01589

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00929:1999:00300R00158.99D.0512.000

Dokumentnummer

JJT_19990512_LG00929_00300R00158_99D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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