TE OGH 1999/5/18 12R220/98f

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Veröffentlicht am 18.05.1999
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Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch Dr. Weihs als Vorsitzenden sowie Dr. Pisan-Schuster und Dr. Strauss als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. A***** M***** S*****, Kaufmann, W*****, vertreten durch Dr. H***** L*****, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. S***** T*****, Angestellter, W*****, vertreten durch Mag. A***** B*****, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 400.000,-- s.A. - hier: Ordnungsstrafe S 1.000,--) infolge des Rekurses der W***** T*****, Angestellte, W*****, vertreten durch Mag. A***** B*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 15.5.1998, GZ 7 Cg 54/97f-24, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß ersatzlos behoben.

Text

Begründung:

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes entspann sich während der Verhandlungstagsatzung vom 15.5.1998 zwischen dem vor dem Verhandlungssaal wartenden Zeugen F***** M***** und der Zeugin W***** T***** (Gattin des Beklagten) ein Konflikt, im Zuge dessen die Letztgenannte den Erstgenannten wegen des Inhalts von dessen Zeugenaussage bedrohte und zweimal anspuckte. Gegenüber dem Erstrichter bestritt die Zeugin diese Beleidigungen, machte jedoch auf ihn keinen glaubwürdigen Eindruck. Dies sei - so der Erstrichter - lediglich der Gipfel einer sich zuspitzenden Situation gewesen, zumal die Zeugin bereits in der vorangegangenen Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 16.4.1998 von der Rechtspraktikantin beim Verlassen des Verhandlungssaales an der Tür lauschend angetroffen worden sei. Ihr Verhalten sei Ausfluß eines hohen emotionalen Engagements, welches sie für den Prozeß ihres Gattin entwickelte. Aus diesem Grund erschien dem Erstrichter die von großer Empörung getragene Behauptung des M*****, W***** T***** habe ihn angespuckt, schlüssig und glaubwürdig. Damit habe sich die Zeugin einer gröberen Ungebühr im Sinne des § 199 Abs.1 ZPO gegenüber einem Zeugen schuldig gemacht. Mit dem angefochtenen Beschluß verhängte das Erstgericht über W***** T***** eine Ordnungsstrafe von S 1.000,-- und führte dazu noch aus, die Sitzungspolizei des Gerichtes nach § 199 Abs.1 ZPO umfasse nach dem Gesetzeszweck wohl auch Streitigkeiten und Beleidigungen die während der Verhandlung direkt vor dem Verhandlungssaal zwischen anwesenden Zeugen entstünden und Bezug auf die Verhandlung hätten.Nach den Feststellungen des Erstgerichtes entspann sich während der Verhandlungstagsatzung vom 15.5.1998 zwischen dem vor dem Verhandlungssaal wartenden Zeugen F***** M***** und der Zeugin W***** T***** (Gattin des Beklagten) ein Konflikt, im Zuge dessen die Letztgenannte den Erstgenannten wegen des Inhalts von dessen Zeugenaussage bedrohte und zweimal anspuckte. Gegenüber dem Erstrichter bestritt die Zeugin diese Beleidigungen, machte jedoch auf ihn keinen glaubwürdigen Eindruck. Dies sei - so der Erstrichter - lediglich der Gipfel einer sich zuspitzenden Situation gewesen, zumal die Zeugin bereits in der vorangegangenen Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 16.4.1998 von der Rechtspraktikantin beim Verlassen des Verhandlungssaales an der Tür lauschend angetroffen worden sei. Ihr Verhalten sei Ausfluß eines hohen emotionalen Engagements, welches sie für den Prozeß ihres Gattin entwickelte. Aus diesem Grund erschien dem Erstrichter die von großer Empörung getragene Behauptung des M*****, W***** T***** habe ihn angespuckt, schlüssig und glaubwürdig. Damit habe sich die Zeugin einer gröberen Ungebühr im Sinne des Paragraph 199, Absatz , ZPO gegenüber einem Zeugen schuldig gemacht. Mit dem angefochtenen Beschluß verhängte das Erstgericht über W***** T***** eine Ordnungsstrafe von S 1.000,-- und führte dazu noch aus, die Sitzungspolizei des Gerichtes nach Paragraph 199, Absatz , ZPO umfasse nach dem Gesetzeszweck wohl auch Streitigkeiten und Beleidigungen die während der Verhandlung direkt vor dem Verhandlungssaal zwischen anwesenden Zeugen entstünden und Bezug auf die Verhandlung hätten.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der W***** T*****.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.

Gemäß § 199 Abs.1 ZPO kann demjenigen, der sich bei der Verhandlung einer gröberen Ungebühr, insbesondere einer Beleidigung der Mitglieder des Gerichtes, einer Partei, eines Vertreters, Zeugen oder Sachverständigen schuldig macht, vorbehaltlich der strafgerichtlichen oder disziplinaren Verfolgung eine Ordnungsstrafe bis zu S 20.000,-- durch Beschluß des Senates auferlegt werden.Gemäß Paragraph 199, Absatz , ZPO kann demjenigen, der sich bei der Verhandlung einer gröberen Ungebühr, insbesondere einer Beleidigung der Mitglieder des Gerichtes, einer Partei, eines Vertreters, Zeugen oder Sachverständigen schuldig macht, vorbehaltlich der strafgerichtlichen oder disziplinaren Verfolgung eine Ordnungsstrafe bis zu S 20.000,-- durch Beschluß des Senates auferlegt werden.

Zu Recht weist die Rekurswerberin darauf hin, daß es Aufgabe der Sitzungspolizei nach den §§ 197 bis 203 ZPO ist, für die Aufrechterhaltung der Ordnung bei der mündlichen Verhandlung zu sorgen. Aufgabe der Sitzungspolizei ist also die Aufrechterhaltung der Ordnung in der mündlichen Verhandlung oder bei sonstigen Amtshandlungen. Aus der Gesamtschau der Bestimmungen (auch des § 203 ZPO) ergibt sich, daß die Sitzungspolizei auf Geschehnisse einzuschränken ist, die sich vor dem Gericht, also in der Verhandlung selbst ereignen und vom Organ der Sitzungspolizei (Vorsitzender, Einzelrichter) auch selbst sinnlich wahrgenommen wurden. Es würde eine zu weite Ausdehnung der Sitzungspolizeibefugnisse bedeuten, wollte man auch Geschehnisse mit einbeziehen, die, wie hier, außerhalb des Verhandlungssaales (offenbar bei geschlossener Tür) vorgefallen sein mögen, die der Erstrichter aber offenbar selbst bei der Verhandlung nicht wahrgenommen hat und die er sich erst von einem Betroffenen schildern lassen mußte.Zu Recht weist die Rekurswerberin darauf hin, daß es Aufgabe der Sitzungspolizei nach den Paragraphen 197 bis 203 ZPO ist, für die Aufrechterhaltung der Ordnung bei der mündlichen Verhandlung zu sorgen. Aufgabe der Sitzungspolizei ist also die Aufrechterhaltung der Ordnung in der mündlichen Verhandlung oder bei sonstigen Amtshandlungen. Aus der Gesamtschau der Bestimmungen (auch des Paragraph 203, ZPO) ergibt sich, daß die Sitzungspolizei auf Geschehnisse einzuschränken ist, die sich vor dem Gericht, also in der Verhandlung selbst ereignen und vom Organ der Sitzungspolizei (Vorsitzender, Einzelrichter) auch selbst sinnlich wahrgenommen wurden. Es würde eine zu weite Ausdehnung der Sitzungspolizeibefugnisse bedeuten, wollte man auch Geschehnisse mit einbeziehen, die, wie hier, außerhalb des Verhandlungssaales (offenbar bei geschlossener Tür) vorgefallen sein mögen, die der Erstrichter aber offenbar selbst bei der Verhandlung nicht wahrgenommen hat und die er sich erst von einem Betroffenen schildern lassen mußte.

Der angefochtene Beschluß war daher ersatzlos zu beheben.

Anmerkung

EW00324 12R02208

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:1999:01200R00220.98F.0518.000

Dokumentnummer

JJT_19990518_OLG0009_01200R00220_98F0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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