TE OGH 1999/5/20 6Ob14/99y

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Veröffentlicht am 20.05.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*****, vertreten durch Zauner & Mühlböck Rechtsanwälte KEG in Linz, wider die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Georg Freimüller und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Widerrufs, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 4. November 1998, GZ 2 R 179/98a-18, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 15. Mai 1998, GZ 2 Cg 62/98m-12, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, das in Ansehung der Unterlassungsverpflichtung bereits in Rechtskraft erwachsen ist, wird hinsichtlich des Widerrufsbegehrens dahin abgeändert, daß es wie folgt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, binnen drei Monaten die Behauptung, die klagende Partei habe NS-Abzeichen in Verwendung, die entfernt werden müßten, öffentlich in den "Salzburger Nachrichten" als unrichtig zu widerrufen."

Die beklagte Partei hat der Klägerin nachstehende Kosten binnen 14 Tagen zu ersetzen:

an Kosten des Verfahrens erster Instanz 61.010,- S (darin 6.890 S Barauslagen und 9.020,- S Umsatzsteuer),

an Kosten des Berufungsverfahrens 15.873,-- S (darin 2.645,50 S Umsatzsteuer),

an Kosten des Revisionsverfahrens 11.491,04 S (darin 6.620 S Barauslagen und 811,84 S Umsatzsteuer).

Die klagende Partei hat der Beklagten die mit 2.436,48 S (darin 406,08 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten eines angenommenen Kostenrekurses zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte hatte in der Umgebung der Salzburger Jahnturnhalle Plakate angebracht und gleichlautende Flugblätter verteilt, wobei diese Publikationen den gegen den Kläger gerichteten Aufruf "Weg mit den NS-Abzeichen" enthielten und den Kläger im Zusammenhang mit der Abbildung eines Hakenkreuzes anführten.

Der Kläger begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, auf öffentlich angebrachten Plakaten die Forderung an den Kläger "Weg mit NS-Abzeichen" und die bildliche Darstellung des Hakenkreuzes im Zusammenhang mit dem Kläger zu unterlassen und die Behauptung, der Kläger habe NS-Abzeichen in Verwendung, die entfernt werden müßten, öffentlich in einer Tageszeitung der Stadt Salzburg als unrichtig zu widerrufen. In der Berufungsverhandlung präzisierte die Klägerin ihr Widerrufsbegehren dahin, daß der öffentliche Widerruf in den Salzburger Nachrichten begehrt werde.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungs- und Widerrufsbegehren statt. Der Aufruf der Beklagten erwecke den Eindruck, der Kläger verwende tatsächlich ein nach § 1 AbzeichenG verbotenes Zeichen, nämlich ein Hakenkreuz; dies sei nicht der Fall. Der Vorwurf sei geeignet, das Fortkommen des Klägers, seinen Ruf und sein Ansehen zu gefährden. Die Abbildung eines Hakenkreuzes im Zusammenhang mit Ausführungen über den Kläger suggeriere, daß es sich bei ihm um eine nationalsozialistische oder (neo)nazistische Vereinigung handle, jedenfalls aber um eine Vereinigung, in der derartiges Gedankengut vertreten werde. Dies sei nicht (jedenfalls heute nicht mehr) der Fall.Das Erstgericht gab dem Unterlassungs- und Widerrufsbegehren statt. Der Aufruf der Beklagten erwecke den Eindruck, der Kläger verwende tatsächlich ein nach Paragraph eins, AbzeichenG verbotenes Zeichen, nämlich ein Hakenkreuz; dies sei nicht der Fall. Der Vorwurf sei geeignet, das Fortkommen des Klägers, seinen Ruf und sein Ansehen zu gefährden. Die Abbildung eines Hakenkreuzes im Zusammenhang mit Ausführungen über den Kläger suggeriere, daß es sich bei ihm um eine nationalsozialistische oder (neo)nazistische Vereinigung handle, jedenfalls aber um eine Vereinigung, in der derartiges Gedankengut vertreten werde. Dies sei nicht (jedenfalls heute nicht mehr) der Fall.

Das Berufungsgericht bestätigte das Unterlassungsgebot und wies das Widerrufsbegehren ab. Es bewertete den Streitgegenstand mit über 260.000 S und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Die Forderung "Weg mit NS-Abzeichen" enthalte den Tatsachenkern, daß die klagende Partei NS-Abzeichen habe bzw verwende, was angesichts des § 1 AbzeichenG den Vorwurf einer strafbaren Handlung beinhalte. Die Beklagte verwirkliche damit die Tatbestände nach § 1330 Abs 1 und 2 ABGB, so daß es an ihr gelegen sei, den Wahrheitsbeweis für ihre Behauptungen zu erbringen. Der Beklagten sei der Wahrheitsbeweis nicht gelungen. Damit erweise sich die ehrenrührige und rufschädigende Tatsachenbehauptung als falsch. Das Begehren auf Veröffentlichung des Widerrufs sei aber nicht berechtigt. Der Kläger habe in der Klage nicht angegeben, in welcher Publikation der Widerruf veröffentlicht werden solle. Die diesbezügliche "Präzisierung" in der Berufungsverhandlung stelle in Wahrheit eine Klageänderung dar, die nicht mehr zulässig sei.Das Berufungsgericht bestätigte das Unterlassungsgebot und wies das Widerrufsbegehren ab. Es bewertete den Streitgegenstand mit über 260.000 S und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Die Forderung "Weg mit NS-Abzeichen" enthalte den Tatsachenkern, daß die klagende Partei NS-Abzeichen habe bzw verwende, was angesichts des Paragraph eins, AbzeichenG den Vorwurf einer strafbaren Handlung beinhalte. Die Beklagte verwirkliche damit die Tatbestände nach Paragraph 1330, Absatz eins und 2 ABGB, so daß es an ihr gelegen sei, den Wahrheitsbeweis für ihre Behauptungen zu erbringen. Der Beklagten sei der Wahrheitsbeweis nicht gelungen. Damit erweise sich die ehrenrührige und rufschädigende Tatsachenbehauptung als falsch. Das Begehren auf Veröffentlichung des Widerrufs sei aber nicht berechtigt. Der Kläger habe in der Klage nicht angegeben, in welcher Publikation der Widerruf veröffentlicht werden solle. Die diesbezügliche "Präzisierung" in der Berufungsverhandlung stelle in Wahrheit eine Klageänderung dar, die nicht mehr zulässig sei.

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 25. 2. 1999, 6 Ob 14/99y mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 25. 2. 1999, 6 Ob 14/99y mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die Frage der Veröffentlichung eines Widerrufs in einem vergleichbaren Fall noch nicht beurteilt hat. Dieses Rechtsmittel ist auch berechtigt.

§ 1330 Abs 2 ABGB gewährt bei rufschädigenden unwahren Tatsachenbehauptungen einen Anspruch auf Widerruf und Veröffentlichung desselben. Dieser Anspruch steht auch bei der Herabsetzung eines Unternehmens (§ 7 Abs 1 UWG) zu. In welcher Form und in welchem Umfang der Widerruf zu erfolgen hat, wird in beiden Gesetzesstellen nicht näher erläutert. Die Auslegung nach dem Wortlaut des Begriffs "Widerruf" ergibt jedoch, daß der Täter eine Erklärung abzugeben hat, womit er seine als wahr in die Welt gesetzte Behauptung (als unwahr) zurücknimmt (widerruft). Nach ständiger Rechtsprechung muß der Widerruf in der gleich wirksamen Form wie die Verbreitung der Tatsachenbehauptung erfolgen (SZ 50/111; MR 1993, 55;Paragraph 1330, Absatz 2, ABGB gewährt bei rufschädigenden unwahren Tatsachenbehauptungen einen Anspruch auf Widerruf und Veröffentlichung desselben. Dieser Anspruch steht auch bei der Herabsetzung eines Unternehmens (Paragraph 7, Absatz eins, UWG) zu. In welcher Form und in welchem Umfang der Widerruf zu erfolgen hat, wird in beiden Gesetzesstellen nicht näher erläutert. Die Auslegung nach dem Wortlaut des Begriffs "Widerruf" ergibt jedoch, daß der Täter eine Erklärung abzugeben hat, womit er seine als wahr in die Welt gesetzte Behauptung (als unwahr) zurücknimmt (widerruft). Nach ständiger Rechtsprechung muß der Widerruf in der gleich wirksamen Form wie die Verbreitung der Tatsachenbehauptung erfolgen (SZ 50/111; MR 1993, 55;

EvBl 1998/93; Harrer in Schwimann, ABGB2 Rz 30 zu § 1330;EvBl 1998/93; Harrer in Schwimann, ABGB2 Rz 30 zu Paragraph 1330 ;,

Korn/Neumayer, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht 76). Das Widerrufsbegehren hat - bei sonstiger zur Klagsabweisung führender Unbestimmtheit des Klagebegehrens (ÖBl 1992, 45 - Kummerlzeitung) anzugeben, wem gegenüber der Widerruf abzugeben ist (ÖBl 1976, 16; ÖBl 1981, 45 - Griechenland-Reisen; ÖBl 1992, 142 - Zellstoffhandel; ÖBl 1992, 45 - Kummerlzeitung; Harrer aaO Rz 28;

Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 22 zu § 1330). Begehrt der Kläger den öffentlichen Widerruf (nämlich die Veröffentlichung des Widerrufs), hat er im Urteilsbegehren jene Publikationsorgane anzugeben, in denen die Öffentlichkeit vom Widerruf in Kenntnis gesetzt werden soll (ÖBl 1981, 45 - Griechenland-Reisen).Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 22 zu Paragraph 1330,). Begehrt der Kläger den öffentlichen Widerruf (nämlich die Veröffentlichung des Widerrufs), hat er im Urteilsbegehren jene Publikationsorgane anzugeben, in denen die Öffentlichkeit vom Widerruf in Kenntnis gesetzt werden soll (ÖBl 1981, 45 - Griechenland-Reisen).

In der Klage begehrte der Kläger den öffentlichen Widerruf in einer Tageszeitung der Stadt Salzburg. Er gab damit hinreichend deutlich an, daß der Widerruf den Lesern einer in der Stadt Salzburg verbreiteten - namentlich jedoch nicht bezeichneten - Tageszeitung gegenüber zu erfolgen habe. Sein Begehren war damit keineswegs unbestimmt, wohl aber ergänzungsbedürftig. Ungeachtet der anwaltlichen Vertretung des Klägers hätte daher schon das Erstgericht im Rahmen der ihm auferlegten Anleitungspflicht (§ 182 ZPO) auf eine entsprechende Präzisierung des Urteilsbegehrens dringen müssen (ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser Pickerln II; ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille). Ohne entsprechende Erörterung und Aufforderung zur Präzisierung hätte auch das Berufungsgericht das Widerrufsbegehren nicht ohne weiteres abweisen dürfen. Zu einer derartigen Präzisierung ist es aber schließlich in der Berufungsverhandlung gekommen. Der Kläger hat dort ausgeführt, das Widerrufsbegehren werde dahingehend konkretisiert, daß der öffentliche Widerruf in den Salzburger Nachrichten zu erfolgen habe. Angesichts des bereits in der Klage hinreichend deutlich formulierten Widerrufsbegehrens stellt dieses Vorbringen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes keine Klageänderung dar. Das Klagebegehren wurde durch die in der Berufungsverhandlung vorgenommene Formulierung weder quantitativ erweitert noch qualitativ geändert, noch auch hat der Kläger ein aliud formuliert.In der Klage begehrte der Kläger den öffentlichen Widerruf in einer Tageszeitung der Stadt Salzburg. Er gab damit hinreichend deutlich an, daß der Widerruf den Lesern einer in der Stadt Salzburg verbreiteten - namentlich jedoch nicht bezeichneten - Tageszeitung gegenüber zu erfolgen habe. Sein Begehren war damit keineswegs unbestimmt, wohl aber ergänzungsbedürftig. Ungeachtet der anwaltlichen Vertretung des Klägers hätte daher schon das Erstgericht im Rahmen der ihm auferlegten Anleitungspflicht (Paragraph 182, ZPO) auf eine entsprechende Präzisierung des Urteilsbegehrens dringen müssen (ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser Pickerln II; ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille). Ohne entsprechende Erörterung und Aufforderung zur Präzisierung hätte auch das Berufungsgericht das Widerrufsbegehren nicht ohne weiteres abweisen dürfen. Zu einer derartigen Präzisierung ist es aber schließlich in der Berufungsverhandlung gekommen. Der Kläger hat dort ausgeführt, das Widerrufsbegehren werde dahingehend konkretisiert, daß der öffentliche Widerruf in den Salzburger Nachrichten zu erfolgen habe. Angesichts des bereits in der Klage hinreichend deutlich formulierten Widerrufsbegehrens stellt dieses Vorbringen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes keine Klageänderung dar. Das Klagebegehren wurde durch die in der Berufungsverhandlung vorgenommene Formulierung weder quantitativ erweitert noch qualitativ geändert, noch auch hat der Kläger ein aliud formuliert.

Die von der Beklagten zur Frage der Anleitung zur Berichtigung bzw Ergänzung des Klagebegehrens zitierte Entscheidung 4 Ob 18/92 (ÖBl 1992, 45 - Kummerlzeitung) steht dem nicht entgegen. Die dort klagende Partei hatte weder einen öffentlichen Widerruf begehrt noch in irgendeiner Weise erkennbar angegeben, wem gegenüber der Widerruf zu erklären sei. Für eine Anleitung zur Präzisierung dieses völlig unbestimmten Begehrens bestand daher anders als im vorliegenden Fall kein Anlaß.

Das in der Berufungsverhandlung präzisierte Begehren auf Veröffentlichung des Widerrufs in einer Ausgabe der Salzburger Nachrichten konnte daher erlassen werden. Daß diese Veröffentlichung in gleich wirksamer Form wie die Verbreitung der Tatsachenbehauptung erfolgt, ist nicht bestritten.

Die Entscheidung über die Kosten aller drei Instanzen beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Bis zur Anhebung des Streitwertes in der Tagsatzung vom 15. 5. 1998 wurde der Kostenbemessung ein Streitwert von 120.000 S nach Anhebung der nach § 10 Zif 6 RATG mit 240.000 S beschränkte Streitwert zurgrundegelegt. Der gegen das erstgerichtliche Urteil im Rahmen der Berufung erhobene Kostenrekurs der Beklagten wäre berechtigt gewesen, so daß die Klägerin die Kosten dieses angenommenen Kostenrekurses zu ersetzen hat. Im Berufungsverfahren war § 23 Abs 9 RATG zu berücksichtigen.Die Entscheidung über die Kosten aller drei Instanzen beruht auf den Paragraphen 41 und 50 Absatz eins, ZPO. Bis zur Anhebung des Streitwertes in der Tagsatzung vom 15. 5. 1998 wurde der Kostenbemessung ein Streitwert von 120.000 S nach Anhebung der nach Paragraph 10, Zif 6 RATG mit 240.000 S beschränkte Streitwert zurgrundegelegt. Der gegen das erstgerichtliche Urteil im Rahmen der Berufung erhobene Kostenrekurs der Beklagten wäre berechtigt gewesen, so daß die Klägerin die Kosten dieses angenommenen Kostenrekurses zu ersetzen hat. Im Berufungsverfahren war Paragraph 23, Absatz 9, RATG zu berücksichtigen.

Anmerkung

E54084 06AA0149

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0060OB00014.99Y.0520.000

Dokumentnummer

JJT_19990520_OGH0002_0060OB00014_99Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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