TE OGH 1999/5/20 2Ob4/99y

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Veröffentlicht am 20.05.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Bernhard M*****, vertreten durch den Vater Peter M*****, ebendort, dieser vertreten durch Dr. Stefan Gloß und andere Rechtsanwälte in St. Pölten, infolge Revisionsrekurses der Mutter Eva S*****, vertreten durch Dr. Eduard Pranz und andere Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen den Beschluß des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 30. September 1998, GZ 10 R 195/98y-94, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Herzogenburg vom 25. Juni 1998, GZ 3 P 1309/95x-75, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern wurde mit Beschluß des Erstgerichts vom 13. 12. 1988 einvernehmlich geschieden. Seit 27. 1. 1996 lebt der mj. Bernhard im Haushalt seines Vaters, dem mit rechtskräftigem Beschluß des Erstgerichts vom 15. 11. 1996 auch die Obsorge für ihn übertragen wurde. Noch am selben Tag stellte der Vater den Antrag, die Mutter zur Leistung monatlicher Unterhaltsbeiträge von S 3.000,-- ab 1. 2. 1996 für Bernhard zu verpflichten. Die Mutter sprach sich dagegen aus, weil sie lediglich Karenzgeld in Höhe von monatlich S 6.000,-- beziehe und neben Bernhard und Manuel noch für ihre Töchter Katharina, geboren 1992, und Maria, geboren 1995, sorgepflichtig sei.

Das Erstgericht verpflichtete die Mutter zur Leistung monatlicher Unterhaltsbeiträge für Bernhard von S 3.000,-- ab 1. 2. 1996. Es ging von einem monatlichen Karenzgeldbezug der Mutter von S 7.700,-- und einer weiteren Sorgepflicht für die mj. Maria aus. Die Mutter habe neben dem Karenzgeld gegenüber ihrem Ehegatten einen monatlichen Unterhaltsanspruch, der die Annahme einer Bemessungsgrundlage von mindestens S 15.790,-- rechtfertige.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es führte folgendes aus:

Zu Recht werfe die Rekurswerberin dem Erstgericht vor, daß es ihre Sorgepflicht für die mj. Katharina völlig übergangen und ihren Karenzgeldanspruch aktenwidrig mit S 7.700,-- netto angenommen habe. Aus der vom Erstgericht selbst eingeholten Lohnauskunft gehe hervor, daß die Rekurswerberin ab Februar 1996 Karenzgeld von monatlich S 6.601,80 netto bezogen habe; der erst nach der Beschlußfassung eingeholten weiteren Lohnauskunft sei zu entnehmen, daß dieser Karenzgeldbezug mit 22. 10. 1997 ausgelaufen sei und sie seither kein eigenes Einkommen mehr habe. Auch die Sorgepflicht für die 1992 geborene Tochter Katharina sei aktenkundig.

Auch unter Zugrundelegung dieser zusätzlichen Sorgepflicht sowie der tatsächlichen Karenzgeldbezüge ändere sich jedoch am Ergebnis der Unterhaltsbemessung nichts. Zwar könne der fiktive Geldunterhaltsanspruch der Rekurswerberin gegenüber ihrem nunmehrigen Ehegatten nicht, wie es das Erstgericht getan habe, als Unterhaltsbemessungsgrundlage herangezogen werden; wohl könne aber nach der neueren, von der Rekurswerberin insofern nicht exakt wiedergegebneen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (siehe JBl 1997, 35) der ihr gegenüber ihrem Ehegatten zustehende Taschengeldanspruch zur Befriedigung des Unterhaltsanspruches ihres Sohnes gänzlich abgeschöpft werden. Dieser Anspruch, der dem schlechter verdienenden oder einkommenslosen Ehegatten auch dann zustehe, wenn sein unterhaltspflichtiger Partner ansonsten Naturalunterhalt leiste, sei mit dem von der deutschen Judikatur entwickelten und vom Obersten Gerichtshof auch für österreichische Verhältnisse angewandten Satz von 5 % des monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu bemessen. Aus der vom Erstgericht gleichfalls nach Beschlußfassung eingeholten Lohnauskunft betreffend den Ehegatten der Rekurswerberin gehe hervor, daß dieser im Zeitraum vom 1. 7. 1997 bis 30. 6. 1998 ein Gesamtnettoeinkommen von S 889.336,-- bezogen habe, was einem monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen von S 73.744,33 entspreche. Der Taschengeldanspruch der Rekurswerberin errechne sich somit für diesen Zeitraum mit S 3.700,--, was selbst ohne Berücksichtigung des Karenzgeldes bei weitem ausreiche, um monatliche Unterhaltsbeiträge von S 3.000,-- leisten zu können.

Aufgrund der vorliegenden Lohnauskunft und des mit dem Rekurs vorgelegten Ehepaktes, aus dem hervorgehe, daß der Ehemann der Rekurswerberin auch schon im April 1995 als Universitätsprofessor tätig gewesen sei, könne kein Zweifel bestehen, daß dieser im gesamten Bemessungszeitraum ab 1. 2. 1996 ein Einkommen erzielt habe, aus dem ein für die Leistung monatlicher Unterhaltsbeiträge von S 3.000,-- ausreichender Taschengeldanspruch der Klägerin ableitbar gewesen sei. Da die Rekurswerberin vor dem von der Lohnauskunft umfaßten Zeitraum jedenfalls monatlich Karenzgeld von S 6.601,80 bezogen habe, welches für den Unterhalt Bernhards nach Abzug der Sorgepflichten für Manuel, Katharina und Maria mit 18 % belastbar gewesen sei, habe sie in diesem Zeitraum aus ihrem eigenen Einkommen monatlich S 1.200,-- leisten können, sodaß ein Taschengeldanspruch von S 1.800,-- bereits zur Leistung von monatlich S 3.000,-- an Bernhard ausgereicht hätte. Einen Taschengeldanspruch von S 1.800,-- hätte sie jedoch bereits bei einem monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen ihres Ehegatten von S 36.000,--, somit weniger als der Hälfte seines nunmehrigen Einkommens, gehabt.

An dieser Beurteilung vermöge auch der von der Rekurswerberin ins Treffen geführte Ehepakt nichts zu ändern. Ob der darin enthaltene Verzicht auf Geldunterhalt für die Dauer der Ehe zwischen den Ehepartnern Gültigkeit habe oder als sittenwidrig anzusehen sei, brauche hier nicht näher untersucht werden; fest stehe jedenfalls, daß eine solche Vereinbarung nicht zu Lasten Dritter, im vorliegenden Fall unterhaltsberechtigter Kinder der Rekurswerberin, getroffen werden könne, sodaß sie für die vorliegende Unterhaltsbemessung unbeachtlich sei.

Das Erstgericht habe daher im Ergebnis zu Recht die von der Mutter zu leistenden Unterhaltsbeiträge ab 1. 2. 1996 mit monatlich S 3.000,-- ausgemessen.

Gegen diese Rekursentscheidung erhob die Mutter "außerordentlichen" Revisionsrekurs mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im abweisenden Sinne abzuändern; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Das Erstgericht legte dieses Rechtsmittel unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor, worauf dieser die Akten mit Beschluß vom 14. 1. 1999 im Hinblick auf § 14a AußStrG an das Erstgericht zurückstellte.Das Erstgericht legte dieses Rechtsmittel unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor, worauf dieser die Akten mit Beschluß vom 14. 1. 1999 im Hinblick auf Paragraph 14 a, AußStrG an das Erstgericht zurückstellte.

Das sodann befaßte Rekursgericht änderte seinen Zulassungsausspruch mit Beschluß vom 19. 3. 1999 dahin ab, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Tatsächlich sei die Frage, ob der in einem Ehepakt vereinbarte Verzicht der unterhaltspflichtigen Mutter auf jegliche Geldunterhaltsleistungen ihres Ehemannes den nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof aus dem Taschengeldanspruch einer Ehegattin ableitbaren Unterhaltsanspruch ihres Kindes zunichte machen könne, bisher vom Obersten Gerichtshof nicht entschieden worden, und stelle im Hinblick auf die sich im Falle ihrer Bejahung ergebenden Manipulationsmöglichkeiten eine Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG dar.Das sodann befaßte Rekursgericht änderte seinen Zulassungsausspruch mit Beschluß vom 19. 3. 1999 dahin ab, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Tatsächlich sei die Frage, ob der in einem Ehepakt vereinbarte Verzicht der unterhaltspflichtigen Mutter auf jegliche Geldunterhaltsleistungen ihres Ehemannes den nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof aus dem Taschengeldanspruch einer Ehegattin ableitbaren Unterhaltsanspruch ihres Kindes zunichte machen könne, bisher vom Obersten Gerichtshof nicht entschieden worden, und stelle im Hinblick auf die sich im Falle ihrer Bejahung ergebenden Manipulationsmöglichkeiten eine Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung im Sinne des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG dar.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, sie erhalte von ihrem nunmehrigen Ehegatten aufgrund des mit ihm vor Eingehen der Ehe am 27. 4. 1995 abgeschlossenen Ehepaktes vereinbarungsgemäß ausschließlich Naturalunterhalt. Sie habe daher gegen ihn auch keinen Anspruch auf Taschengeld. Die vom Rekursgericht zitierte Judikatur des Obersten Gerichtshofs könne daher nicht angewendet werden. Zur Zeit des Abschlusses des Ehepaktes habe sie keine Verpflichtung gehabt, dem mj. Bernhard Geldunterhalt zu bezahlen, da er in ihrer Obsorge gewesen sei. Durch die nachträgliche Änderung dieses Umstandes könne die Gültigkeit des Ehepaktes nicht aufgehoben werden. Überdies würde es eine krasse Benachteiligung ihrer anderen drei Kinder bedeuten, Taschengeld nur für den Unterhalt des mj. Bernhard zu verwenden.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Nach der schon vom Rekursgericht zitierten neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (6 Ob 2126/96g = JBl 1997, 35 = EvBl 1997/10; RIS-Justiz RS0105316) ist bei der Beurteilung des Unterhaltsanspruchs von Kindern gegenüber ihrem zu Geldunterhalt verpflichteten Elternteil, der wieder verheiratet ist und über kein eigenes Einkommen verfügt, von folgenden Grundsätzen auszugehen:

1.) Der fiktive Unterhaltsanspruch des Ehegatten gegenüber seinem Ehepartner ist mangels Durchsetzbarkeit infolge Naturalunterhaltsgewährung nicht Bemessungs- grundlage.

2.) Der Anspruch auf "Taschengeld" ist gegenüber dem Ehegatten als teilweiser Geldunterhaltsanspruch durchsetzbar.

3.) Die Verwendung des Taschengeldes unterliegt der freien Disposition des Empfängers; wenn diesen Unterhaltspflichten treffen, ist das Taschengeld zur Erfüllung dieser Pflichten zu verwenden und nach den Umständen des Einzelfalls sogar zur Gänze abschöpfbar.

Im vorliegenden Fall hat die Mutter gegenüber ihrem nunmehrigen Ehegatten auf Geldunterhalt, damit auch auf Taschengeld verzichtet. Ein absichtliches Zusammenwirken der Verzichtspartner zum Nachteil Dritter könnte sittenwidrig sein (Schwimann, Unterhaltsrecht2 154). Die Rechtsmittelwerberin hat allerdings darauf verwiesen, daß sie bei Abschluß des Ehepaktes für den mj. Bernhard noch gar nicht geldunterhaltspflichtig war und nachträglich eine Umstandsänderung eingetreten ist. Hieraus ist für sie aber nichts zu gewinnen, weil ein Unterhaltsverzicht als Unterhaltsvereinbarung stets unter der Umstandsklausel (dh vorbehaltlich der Änderung wesentlicher maßgeblicher Umstände) abgeschlossen wird (Schwimann aaO 151 mwN). Die Anpassung des Unterhaltsverzichts der Mutter im Ehepakt an die geänderten Verhältnisse führt zur Unwirksamkeit des Verzichts auf Taschengeld, soweit dieses zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen des mj. Bernhard gegen seine Mutter benötigt wird, zumal redliche und vernünftige Parteien für die geänderte Lage einen Verzicht zu Lasten Dritter nicht vereinbaren würden (vgl Schwimann aaO 153 mwN). Das Rekursgericht hat somit im Ergebnis zutreffend den Ehepakt als für die vorzunehmende Unterhaltsbemessung unbeachtlich angesehen.Im vorliegenden Fall hat die Mutter gegenüber ihrem nunmehrigen Ehegatten auf Geldunterhalt, damit auch auf Taschengeld verzichtet. Ein absichtliches Zusammenwirken der Verzichtspartner zum Nachteil Dritter könnte sittenwidrig sein (Schwimann, Unterhaltsrecht2 154). Die Rechtsmittelwerberin hat allerdings darauf verwiesen, daß sie bei Abschluß des Ehepaktes für den mj. Bernhard noch gar nicht geldunterhaltspflichtig war und nachträglich eine Umstandsänderung eingetreten ist. Hieraus ist für sie aber nichts zu gewinnen, weil ein Unterhaltsverzicht als Unterhaltsvereinbarung stets unter der Umstandsklausel (dh vorbehaltlich der Änderung wesentlicher maßgeblicher Umstände) abgeschlossen wird (Schwimann aaO 151 mwN). Die Anpassung des Unterhaltsverzichts der Mutter im Ehepakt an die geänderten Verhältnisse führt zur Unwirksamkeit des Verzichts auf Taschengeld, soweit dieses zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen des mj. Bernhard gegen seine Mutter benötigt wird, zumal redliche und vernünftige Parteien für die geänderte Lage einen Verzicht zu Lasten Dritter nicht vereinbaren würden vergleiche Schwimann aaO 153 mwN). Das Rekursgericht hat somit im Ergebnis zutreffend den Ehepakt als für die vorzunehmende Unterhaltsbemessung unbeachtlich angesehen.

Eine unterhaltsrechtliche Benachteiligung der anderen drei Kinder der Mutter ist nicht zu befürchten, weil diese ihre Unterhaltsverpflichtung insoweit gemäß § 140 Abs 2 erster Satz ABGB durch die Betreuung dieser Kinder im Haushalt erfüllt und nichts auf das ausnahmsweise Vorliegen der Voraussetzungen des zweiten Satzes dieser Gesetzesstelle hindeutet.Eine unterhaltsrechtliche Benachteiligung der anderen drei Kinder der Mutter ist nicht zu befürchten, weil diese ihre Unterhaltsverpflichtung insoweit gemäß Paragraph 140, Absatz 2, erster Satz ABGB durch die Betreuung dieser Kinder im Haushalt erfüllt und nichts auf das ausnahmsweise Vorliegen der Voraussetzungen des zweiten Satzes dieser Gesetzesstelle hindeutet.

Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E54175 02AA0049

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0020OB00004.99Y.0520.000

Dokumentnummer

JJT_19990520_OGH0002_0020OB00004_99Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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