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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des Dr. F in W, vertreten durch Dr. Surena Ettefagh, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Johannitergasse 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. März 2006, Zl. UVS-07/A/30/6581/2003-14, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien:
Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. März 2006 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Arbeitgeber zu verantworten, dass er am 15. Jänner 2003 in seinem Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart eines Espressos in W den iranischen Staatsangehörigen KB als Kellner beschäftigt habe, obwohl für diesen Ausländer weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigenbestätigung oder eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei.
Er habe dadurch eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde u.a. aus (Schreibweise wie im Original):
"Der Berufungswerber hat es als Arbeitgeber zu verantworten, dass er am 15.1.2003 in seinem Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart eines Espressos in W den Ausländer KB als Kellner beschäftigt hat, obwohl für diesen Ausländer weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt, noch eine Anzeigenbestätigung oder eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden ist.
Zu diesem Beweisergebnis gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat Wien aufgrund folgender Überlegungen:
Die Anwesenheit des inkriminierten Arbeitnehmers zur Tatzeit am Tatort wurde seitens des Berufungswerbers nie bestritten. Bestritten wurde jedoch ausdrücklich, dass der Observierte tatsächlich Arbeitnehmer des Berufungswerbers war. Auch bei Beurteilung der ausführlichen Darstellung der Abläufe zur Tatzeit durch den in der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommenen Observierten konnte zweifelsfrei festgestellt werden, dass dieser die Tätigkeiten eines Kellners ausgeführt hat.
...
Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen ...
...
Der Berufungswerber hat sich damit verantwortet, dass ER DAS Vorliegen des dem Tatvorwurf zugrunde liegenden Sachverhalt bestritten hat.
Obiger Würdigung der beantragten und durchgeführten Beweise zufolge, ist es jedoch dem Berufungswerber nicht gelungen diese Behauptung glaubhaft zu machen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2005 wurden der iranische Staatsangehörige KB und die Meldungsleger St und H als Zeugen einvernommen. Die Zeugen St und H gaben an, dass sie im Zuge ihrer Kontrolltätigkeit beim Betreten des gegenständlichen Lokals "hinter der Bar einen Herrn" (Anmerkung: dabei handelt es sich um KB) "stehen" gesehen hätten, "welcher sich gerade ein Glas und eine Flasche auf ein kleines Tablett" gestellt habe bzw.
"welcher ... eine Flasche Mineralwasser auf ein Tablett gestellt"
habe. KB sei angesprochen und eine Amtshandlung begonnen worden.
Gemäß § 28 Abs. 7 AuslBG ist dann, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen wird, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen, wenn der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt.
Glaubhaft machen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer eine plausible Erklärung dafür anzubieten und diese durch Beweismittel zu unterlegen hat, dass das Verhalten, bei dem der ausländische Staatbürger beobachtet worden ist, in rechtlicher Beurteilung keine Beschäftigung im Sinne des AuslBG darstellt.
Der Beschwerdeführer hat sich im Verwaltungsverfahren damit verantwortet, dass KB am Vorfallstag (15. Jänner 2003) lediglich Instrumente habe abholen wollen, mit denen er zu Silvester bei einer privaten Feier als "Gast und Freund des Hauses" aufgespielt habe. KB habe nach Verpackung der Instrumente den anwesenden Kellner um ein Glas Mineralwasser gebeten. Da reger Betrieb geherrscht habe, habe der Kellner, der KB als "Freund des Hauses" gekannt habe, KB gebeten, sich das Mineralwasser selbst zu holen, was KB getan habe. In der mündlichen Verhandlung hat der als Zeuge einvernommene KB diese Verantwortung im Wesentlichen bestätigt.
Diese Verantwortung steht nicht im Widerspruch mit dem Sachverhalt, der von den Zeugen St und H - und zwar im Zuge einer ganz kurzen Zeitspanne und nicht einer längeren Observierung - beobachtet worden war. Sie wäre grundsätzlich auch geeignet, die beobachteten Tätigkeiten als solche darzustellen, die rechtlich nicht als Beschäftigung im Sinne des AuslBG zu werten wären.
Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1044 wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht. Denn die oben wörtlich wiedergegebene Begründung enthält keine Beweiswürdigung zur Verantwortung des Beschwerdeführers und der Aussage des Zeugen KB und zeigt keine Sachverhaltselemente auf, auf Grund derer die belangte Behörde zur rechtlichen Beurteilung gelangen konnte, dass eine Beschäftigung als "Kellner" vorgelegen sei.
Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 6. November 2006
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006090092.X00Im RIS seit
06.12.2006Zuletzt aktualisiert am
01.06.2010