TE OGH 1999/7/13 4Ob103/99x

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Veröffentlicht am 13.07.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Raiffeisenbank R***** reg. Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Weinwurm und Dr. Alois M. Leeb, Rechtsanwälte in Neunkirchen, wider die beklagte Partei Helene C***** vertreten durch Dr. Kurt Klein und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen Anfechtung (Streitwert 1,000.000 S sA), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 30. November 1998, GZ 11 R 153/98w-17, womit das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 15. Juni 1998, GZ 4 Cg 78/97p-13, aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Ehegatte der Beklagten hatte als Angestellter der klagenden Bank von anonymen Sparkonten Geldbeträge für sich abgehoben und dabei einen Schaden von ca 3,000.000 S verursacht. Er wurde im Mai 1995 entlassen und verpflichtete sich zur Schadensgutmachung. Am 13. 11. 1996 wurde er wegen des Verbrechens der Untreue strafgerichtlich verurteilt; der Klägerin - die sich als Privatbeteiligte dem Strafverfahren angeschlossen hatte - wurden 2,2 Mio S zugesprochen. Zum Zeitpunkt seiner Entlassung hafteten 244.897,64 S auf dem Gehaltskonto des Beklagten und 545.073 S auf einem (vor Entlassung eingeräumten) Rahmenkredit aus. Für beide Kredite hatte die Beklagte eine Mithaftung als Bürgin und Zahlerin übernommen. Sie deckte diese Kreditverbindlichkeiten am 8. 11. 1995 ab und leistete am 23. 11. 1995 einen weiteren Betrag von 700.000 S zur teilweisen Schadensgutmachung für ihren Gatten. Dieser zahlte einen Tag später selbst weitere 300.000 S an die Klägerin.

Die Beklagte und ihr Gatte waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaften EZ 58 und 99 Grundbuch Harmisch und EZ 401 Grundbuch Kohfidisch. Sie errichteten am 19. 1. 1996 einen notariellen Kaufvertrag, in dem der Gatte der Beklagten dieser seine Liegenschaftshälften zu einem Gesamtkaufpreis von 1,642.000 S verkaufte. Der Kaufpreis wurde vereinbarungsgemäß durch Anrechnung der von der Beklagten davor geleisteten Zahlungen entrichtet, und zwar der Rückzahlung für Kredite, für die sie als Bürgin und Zahlerin gehaftet hatte (800.000 S), der Abdeckung der Pfandrechte der Bausparkasse und des Landes Burgenland (142.000 S) und der teilweisen Schadensgutmachung (700.000 S).

Die Klägerin ficht den notariellen Kaufvertrag nach § 2 Z 3 AnfO an und begehrt Duldung der Exekution gegen den Gatten der Beklagten in je eine Hälfte der angeführten Liegenschaften. Nach Aufdeckung seiner Malversationen habe der Gatte der Beklagten Schadensgutmachung zugesagt und einen Betrag von 3,2 Mio S anerkannt. Er habe sich verpflichtet, neben der Abdeckung der Kredite 1,000.000 S zur Schadensgutmachung zu leisten und eine Pfandbestellungsurkunde zu unterfertigen, habe die Pfandbestellung jedoch trotz Aufforderung nicht vorgenommen. Die Beklagte habe jene Verbindlichkeiten abgedeckt, für die sie als Bürgin und Zahlerin gehaftet habe; sie habe überdies einen weiteren Betrag von 700.000 S als Schadensgutmachung für ihren Ehegatten geleistet, der selbst noch weitere 300.000 S gezahlt habe. Gleichzeitig habe sie die Liegenschaft mit einer Höchstbetragshypothek von 900.000 S zugunsten einer anderen Bank belastet. Der Gatte der Beklagten verfüge über kein weiteres Vermögen, so daß die Hereinbringung des der Klägerin im Strafverfahren zugesprochenen Betrags nur im Wege einer Anfechtung des notariellen Kaufvertrages vom 19. 1. 1996 erfolgen könne.Die Klägerin ficht den notariellen Kaufvertrag nach Paragraph 2, Ziffer 3, AnfO an und begehrt Duldung der Exekution gegen den Gatten der Beklagten in je eine Hälfte der angeführten Liegenschaften. Nach Aufdeckung seiner Malversationen habe der Gatte der Beklagten Schadensgutmachung zugesagt und einen Betrag von 3,2 Mio S anerkannt. Er habe sich verpflichtet, neben der Abdeckung der Kredite 1,000.000 S zur Schadensgutmachung zu leisten und eine Pfandbestellungsurkunde zu unterfertigen, habe die Pfandbestellung jedoch trotz Aufforderung nicht vorgenommen. Die Beklagte habe jene Verbindlichkeiten abgedeckt, für die sie als Bürgin und Zahlerin gehaftet habe; sie habe überdies einen weiteren Betrag von 700.000 S als Schadensgutmachung für ihren Ehegatten geleistet, der selbst noch weitere 300.000 S gezahlt habe. Gleichzeitig habe sie die Liegenschaft mit einer Höchstbetragshypothek von 900.000 S zugunsten einer anderen Bank belastet. Der Gatte der Beklagten verfüge über kein weiteres Vermögen, so daß die Hereinbringung des der Klägerin im Strafverfahren zugesprochenen Betrags nur im Wege einer Anfechtung des notariellen Kaufvertrages vom 19. 1. 1996 erfolgen könne.

Die Benachteiligung sei offensichtlich. Die Beklagte hätte die Schulden (für die sie als Bürgin und Zahlerin haftete) ohnehin abdecken müssen, so daß der Hälfteanteil ihres Ehegatten der Klägerin voll zur Verfügung gestanden wäre. Überdies betrage der Wert der verkauften Liegenschaftshälften einschließlich Inventar mindestens 2,000.000 S. Die Klägerin hätte zwar vielleicht - wäre der angefochtene Kaufvertrag unterblieben - 700.000 S nicht erhalten, demgegenüber wäre aber auch die grundbücherliche Sicherstellung zugunsten einer anderen Bank nicht erfolgt. Die Liegenschaft wäre nur mit 250.000 S belastet gewesen, so daß für die Klägerin etwa 1,5 Mio S zur Verfügung gestanden wären. Der Kaufvertrag habe überdies wertvolles Inventar umfaßt. Die Beklagte habe die hohen Belastungen ihres Gatten gekannt. Der Kaufvertrag nenne ausdrücklich den Zweck der Behinderung einer Zwangsversteigerung.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Die Veräußerung der Liegenschaftshälften habe zu keiner Benachteiligung der Klägerin geführt, weil die Zahlungen aus dem Verkauf ohnehin an sie erfolgt seien. Die Gesamtliegenschaft habe einen Wert von maximal 2,5 Mio S, so daß die Klägerin auch bei einer Zwangsversteigerung nicht mehr erhalten hätte. Der Verkauf sei zur teilweisen Abdeckung der Schadenersatzansprüche der Klägerin gedacht gewesen und nicht in Benachteiligungsabsicht erfolgt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte in Ergänzung zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest, die Beklagte habe den Liegenschaftskauf nicht in der Absicht vorgenommen, die Klägerin zu benachteiligen und ihr die Eintreibung unmöglich zu machen. Sie habe das Wohnhaus vor der möglichen Zwangsversteigerung schützen, für die Familie - zwei unversorgte Kinder - erhalten und ihrem Gatten aus der finanziellen Notlage helfen wollen. Sie habe von seinen strafbaren Handlungen keine Kenntnis gehabt und sei daran auch nicht beteiligt gewesen.

Rechtlich verneinte das Erstgericht eine Benachteiligung der Klägerin, weil ihr die Erträgnisse aus dem Liegenschaftsverkauf ohnehin zugeflossen seien. Die Beklagte habe weder in Benachteiligungsabsicht gehandelt noch sei ihr die Benachteiligungsabsicht ihres Gatten bekannt gewesen noch auch hätte sie ihr bekannt sein müssen.

Das Berufungsgericht hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage der Bedeutung der Angemessenheit eines Preises beim Liegenschaftsverkauf bzw die Heranziehung von Anfechtungsmöglichkeiten bei der Erfüllung des Kaufpreises bei Beurteilung der "Benachteiligung" im Sinn des § 2 Z 3 AnfO Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle. Im Falle einer Anfechtung nach § 2 Z 3 AnfO habe der Gläubiger die in den letzten zwei Jahren davor erfolgte benachteiligende Handlung des Schuldners, die Beteiligung des Anfechtungsgegners und dessen Qualifikation als naher Angehöriger, nicht jedoch die Kenntnis einer Benachteiligungsabsicht nachzuweisen. Es obliege dem Anfechtungsgegner, konkrete Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, die den Schluß rechtfertigen, daß zur Zeit der Vornahme dieser Rechtshandlung keine Benachteiligungsabsicht bestanden habe oder ihm eine solche Absicht des Schuldners weder bekannt gewesen sei noch hätte bekannt sein müssen. Die Benachteiligungsabsicht werde als Tatsachenfeststellung verstanden, wobei erkennbar sein müsse, aus welchen in tatsächlicher Hinsicht zugrundeliegenden Umständen auf dieses Tatbestandselement geschlossen wurde. Dabei sei der Wille des Schuldners maßgeblich; es müsse konkret festgestellt werden, welche benachteiligenden Umstände von der Absicht des Schuldners getragen oder in Kauf genommen wurden.Das Berufungsgericht hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage der Bedeutung der Angemessenheit eines Preises beim Liegenschaftsverkauf bzw die Heranziehung von Anfechtungsmöglichkeiten bei der Erfüllung des Kaufpreises bei Beurteilung der "Benachteiligung" im Sinn des Paragraph 2, Ziffer 3, AnfO Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle. Im Falle einer Anfechtung nach Paragraph 2, Ziffer 3, AnfO habe der Gläubiger die in den letzten zwei Jahren davor erfolgte benachteiligende Handlung des Schuldners, die Beteiligung des Anfechtungsgegners und dessen Qualifikation als naher Angehöriger, nicht jedoch die Kenntnis einer Benachteiligungsabsicht nachzuweisen. Es obliege dem Anfechtungsgegner, konkrete Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, die den Schluß rechtfertigen, daß zur Zeit der Vornahme dieser Rechtshandlung keine Benachteiligungsabsicht bestanden habe oder ihm eine solche Absicht des Schuldners weder bekannt gewesen sei noch hätte bekannt sein müssen. Die Benachteiligungsabsicht werde als Tatsachenfeststellung verstanden, wobei erkennbar sein müsse, aus welchen in tatsächlicher Hinsicht zugrundeliegenden Umständen auf dieses Tatbestandselement geschlossen wurde. Dabei sei der Wille des Schuldners maßgeblich; es müsse konkret festgestellt werden, welche benachteiligenden Umstände von der Absicht des Schuldners getragen oder in Kauf genommen wurden.

Im vorliegenden Fall habe die Beklagte vorgebracht, weder sie noch ihr Gatte hätten in Benachteiligungsabsicht gehandelt. Das Erstgericht habe nur Feststellungen zur Absicht der Beklagten, nicht jedoch zu jener ihres Ehegatten getroffen. Wesentliches Indiz gegen das Bestehen einer Benachteiligungsabsicht sei die Angemessenheit des vereinbarten Preises, sofern nicht andere Indizien für die Absicht einer unmittelbaren Benachteiligung sprächen. Die Feststellung der Angemessenheit des vereinbarten Preises sei daher auch zur Beurteilung der Benachteiligung der Klägerin erforderlich. Dabei sei maßgeblich, ob die von der Beklagten geleisteten Zahlungen bereits vorweg für den Liegenschaftskauf gedacht waren. Wäre die Beklagte nur bereit gewesen, diese (Zahlungen) als Gegenleistung für die Liegenschaftshälfte zu erbringen, wäre die Klägerin (der sämtliche Zahlungen zugekommen seien), unter der weiteren Voraussetzung der Angemessenheit des Kaufpreises, durch den Kaufvertrag als solchen nicht benachteiligt. Die Anfechtungsordnung beabsichtige überdies nicht eine gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger. Die Begünstigung einzelner Gläubiger sei daher - soweit diesen nicht besondere "Umtriebe" zur Last fallen - grundsätzlich nicht anfechtbar.

Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren ergänzende Feststellungen zur Angemessenheit des Kaufpreises, des zeitlichen Ablaufs der Verkaufsverhandlungen und die Absicht des Ehegatten der Beklagten sowie deren Kenntnis davon zu treffen haben.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Aufhebungsbeschluß gerichtete Rekurs der Klägerin ist nicht berechtigt.

Die Klägerin stützt ihre Anfechtungsklage auf § 2 Z 3 AnfO. Danach sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, durch welche die Gläubiger des Schuldners benachteiligt werden und die er in den letzten zwei Jahren vor der Anfechtung gegenüber nahen Angehörigen oder zugunsten solcher Personen vorgenommen hat, es sei denn, daß dem anderen Teil zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners weder bekannt war noch bekannt sein mußte. Bei der auf diesen Tatbestand gestützten Anfechtung hat der Kläger die Vornahme einer die Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung des Schuldners in den letzten zwei Jahren vor Einbringung der Anfechtungsklage, die Beteiligung des Anfechtungsgegners an dieser Rechtshandlung und dessen Eigenschaft als naher Angehöriger im Sinn des § 4 AnfO zu behaupten und zu beweisen (ÖBA 1990, 139; ÖBA 1992, 582; RIS-Justiz RS0050751), nicht jedoch eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners und deren Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis durch den Anfechtungsgegner. Insoweit trifft die Beweislast den Anfechtungsgegner (WBl 1987, 158). Dieser kann nämlich die Anfechtung durch die Behauptung und den Beweis konkreter Tatsachen abwehren, die den Schluß rechtfertigen, daß überhaupt keine Benachteiligungsabsicht des Schuldners zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung bestand oder daß ihm eine solche Benachteiligungsabsicht des Schuldners weder bekannt war noch bekannt sein mußte. Bleibt es auch nur unklar, ob der nahe Angehörige die Benachteiligungsabsicht des Schuldners gekannt hat oder hätte kennen müssen, so besteht das Anfechtungsrecht (WBl 1987, 158; ÖBA 1990, 139, ÖBA 1992, 582; RIS-Justiz RS0050764; RS0050779; RS0050737; RS0050501).Die Klägerin stützt ihre Anfechtungsklage auf Paragraph 2, Ziffer 3, AnfO. Danach sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, durch welche die Gläubiger des Schuldners benachteiligt werden und die er in den letzten zwei Jahren vor der Anfechtung gegenüber nahen Angehörigen oder zugunsten solcher Personen vorgenommen hat, es sei denn, daß dem anderen Teil zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners weder bekannt war noch bekannt sein mußte. Bei der auf diesen Tatbestand gestützten Anfechtung hat der Kläger die Vornahme einer die Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung des Schuldners in den letzten zwei Jahren vor Einbringung der Anfechtungsklage, die Beteiligung des Anfechtungsgegners an dieser Rechtshandlung und dessen Eigenschaft als naher Angehöriger im Sinn des Paragraph 4, AnfO zu behaupten und zu beweisen (ÖBA 1990, 139; ÖBA 1992, 582; RIS-Justiz RS0050751), nicht jedoch eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners und deren Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis durch den Anfechtungsgegner. Insoweit trifft die Beweislast den Anfechtungsgegner (WBl 1987, 158). Dieser kann nämlich die Anfechtung durch die Behauptung und den Beweis konkreter Tatsachen abwehren, die den Schluß rechtfertigen, daß überhaupt keine Benachteiligungsabsicht des Schuldners zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung bestand oder daß ihm eine solche Benachteiligungsabsicht des Schuldners weder bekannt war noch bekannt sein mußte. Bleibt es auch nur unklar, ob der nahe Angehörige die Benachteiligungsabsicht des Schuldners gekannt hat oder hätte kennen müssen, so besteht das Anfechtungsrecht (WBl 1987, 158; ÖBA 1990, 139, ÖBA 1992, 582; RIS-Justiz RS0050764; RS0050779; RS0050737; RS0050501).

Eine Benachteiligung der Gläubiger ist immer dann gegeben, wenn ohne die angefochtene Rechtshandlung bzw durch deren Rückgängigmachung für den Gläubiger eine bessere Lage geschaffen wäre, wobei die bloße Wahrscheinlichkeit der Verbesserung der Befriedigungsaussichten ausreicht (WBl 1987, 158; ÖBA 1990, 841; RIS-Justiz RS0050667).

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, daß der Schuldner über keinerlei weiteres Vermögen verfügt, aus dem Gläubiger Befriedigung erlangen könnten. Die Rekurswerberin vertritt nun die Auffassung, sie sei schon deshalb benachteiligt, weil sie - wäre der Kaufvertrag über die Liegenschaftshälften ihres Schuldners nicht abgeschlossen worden - ein Zwangspfandrecht begründen und die Verwertung der Liegenschaftshälften hätte erwirken können. Sie wäre dann nach den auf der Gesamtliegenschaft haftenden Belastungen von etwa 1,000.000 S zum Zug gekommen. Diese Argumentation ist aber nur dann stichhältig, wenn der für die Liegenschaftshälfte vereinbarte und gezahlte Kaufpreis nicht dem Verkehrswert entsprochen und die Beklagte die vor Abschluß des Kaufvertrags geleisteten Zahlungen nicht als Gegenleistungen für den Erwerb der Liegenschaftshälfte verstanden hätte. Entsprach aber der vereinbarte Kaufpreis dem Verkehrswert der Liegenschaftshälfte und waren die vor Vertragsabschluß geleisteten Zahlungen als Gegenleistung für den Ankauf gedacht, ist eine Benachteiligung der Klägerin schon deshalb nicht zu erkennen, weil der Verkaufserlös mit Ausnahme der älteren sichergestellten Forderungen von Bausparkasse und Land Burgenland ohnehin allein für sie Verwendung fand. Die Klägerin ist auch im Umfang der von der Beklagten befriedigten Forderungen von Bausparkasse und Land Burgenland deshalb nicht benachteiligt, weil die gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger nur im Rahmen eines Konkursverfahrens erzwungen werden könnte. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen (WBl 1989, 68; RIS-Justiz RS0050569 und RS0050696), daß eine Gläubigerbenachteiligung außerhalb des Konkurses nicht schon darin liege, daß eine ältere richtige Forderung gezahlt oder gesichert wird, während eine jüngere unberücksichtigt bleibt.

Die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen reichen - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - zur Beurteilung der Gläubigerbenachteiligung als einer vom Kläger zu beweisenden Anfechtungsvoraussetzung nicht aus. Zum einen wurde nicht geprüft, ob der vereinbarte Kaufpreis dem Verkehrswert der Liegenschaftshälfte (gegebenenfalls mit dem von der Klägerin behaupteten Inventar) entsprochen hat. Zum anderen fehlen Feststellungen darüber, ob die vorweg an Gläubiger des Schuldners geleisteten Zahlungen als Gegenleistung für den Ankauf der Liegenschaftshälfte gedacht waren, und die Klägerin diese Zahlungen nur unter der Voraussetzung geleistet hatte, daß sie für den Ankauf angerechnet werden. Das Verfahren ist daher entgegen der Auffassung der Rekurswerberin schon aus diesen Gründen noch nicht spruchreif.

Überdies fehlen Feststellungen zu der vom Gesetz geforderten Benachteiligungsabsicht des Schuldners. In Benachteiligungsabsicht handelt der Schuldner, der weiß und auch will, daß Gläubiger durch seine Rechtshandlung benachteiligt werden. Benachteiligungsabsicht liegt aber auch schon vor, wenn der Schuldner weiß und will, daß die übrigen Gläubiger infolge der angefochtenen Rechtshandlung nicht rechtzeitig befriedigt werden. Es genügt auch, daß sein Wille in Form des bedingten Vorsatzes auf Herbeiführung dieses Erfolgs gerichtet war (ÖBA 1992, 582; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung2 Rz 136). Dies bedeutet, daß er die Benachteiligung der Klägerin ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden haben muß. Die Gläubigerbenachteiligung muß auch nicht der einzige Beweggrund des Schuldners gewesen sein. Es genügt, daß sich der Schuldner Werte "für später" erhalten wollte und dabei entweder die Benachteiligung anderer Gläubiger als sicher oder zumindest naheliegend erkannte und sich damit bewußt und positiv abfand (WBl 1989, 68, RIS-Justiz RS0050629). Die Frage, ob Benachteiligungsabsicht vorliegt, gehört dem Tatsachenbereich an. Der Anfechtungsgegner hat Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, die den Schluß rechtfertigen, daß sich der Schuldner bei Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung nicht mit der Absicht trug, seine Gläubiger zu benachteiligen oder, wenn schon dieser Beweis nicht gelingen sollte, daß dem Anfechtungsgegner die doch vorliegende Benachteiligungsabsicht des Schuldners nicht bekannt sein mußte; dabei geht jede Unklarheit zu Lasten des Anfechtungsgegners (ÖBA 1992, 582; RIS-Justiz RS0050501 und RS0050764).

Das Erstgericht hat wohl festgestellt, daß die Anfechtungsgegnerin den Liegenschaftskauf nicht in der Absicht getätigt habe, die Klägerin zu benachteiligen und ihr die Eintreibung unmöglich zu machen. Sie habe das Wohnhaus vor der möglichen Zwangsversteigerung schützen und für die Familie erhalten wollen - worin allerdings eine Benachteiligungsabsicht der Beklagten selbst zu erkennen ist - sowie ihrem Gatten aus der finanziellen Notlage zu helfen beabsichtigt. Es hat aber Feststellungen darüber unterlassen, welche die Gläubiger benachteiligenden Umstände vom Wissen und Willen des Schuldners umfaßt waren oder von ihm in Kauf genommen wurden. Dazu hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt, daß der Verkehrswert der veräußerten Liegenschaftshälfte ein maßgebliches Indiz für das Vorhandensein einer Benachteiligungsabsicht des Schuldners (und deren Kenntnis durch die Beklagte) ist. Sollte der Verkehrswert erkennbar über dem vereinbarten Kaufpreis liegen, wäre dies ein wesentliches Indiz für die - wohl auch der Beklagten erkennbare - Absicht des Schuldners, die Gläubiger durch Veräußerung der Liegenschaftshälfte zu dem vereinbarten geringeren Preis zu benachteiligen.

Der Beschluß des Berufungsgerichts auf Aufhebung und Rückverweisung zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung ist somit berechtigt. Dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin wird nicht Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E54837 04A01039

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0040OB00103.99X.0713.000

Dokumentnummer

JJT_19990713_OGH0002_0040OB00103_99X0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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