TE OGH 1999/7/14 3Ob212/98t

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Veröffentlicht am 14.07.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****AG, *****, vertreten durch Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Manfred G*****, vertreten durch Dr. Erwin Gstirner, Rechtsanwalt in Graz, wegen Einwendungen gegen den Anspruch gemäß § 35 EO (Streitwert: 622.207,50 S), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 19. März 1998, GZ 4 R 105/98k-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 30. Dezember 1997, GZ 9 C 6/97y-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****AG, *****, vertreten durch Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Manfred G*****, vertreten durch Dr. Erwin Gstirner, Rechtsanwalt in Graz, wegen Einwendungen gegen den Anspruch gemäß Paragraph 35, EO (Streitwert: 622.207,50 S), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 19. März 1998, GZ 4 R 105/98k-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 30. Dezember 1997, GZ 9 C 6/97y-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 21.726,-- S (darin 3.621,-- S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte wurde bei einem Verkehrsunfall am 21. September 1987 in Graz schwerstens verletzt. Mit dem Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 25. November 1992, 2 Ob 60/92, wurde die Klägerin als Haftpflichtversicherer (zur ungeteilten Hand mit dem Lenker und dem Halter des Fahrzeuges, die hier nicht beteiligt sind) verpflichtet, dem Beklagten (dort Kläger) ab 15. März 1990 eine Verdienstentgangsrente von monatlich 6.061,50 S und einen Pflegekostenaufwand von monatlich 52.500,-- S zu bezahlen.

Auf Antrag des Beklagten, der vorbrachte, die Klägerin habe ihre Zahlungen wegen Erschöpfung der Versicherungssumme von 10,000.000,-- S eingestellt, bewilligte das Erstgericht dem Beklagten gegen die Klägerin aufgrund des genannten Urteiles am 1. Juli 1997 zur Hereinbringung der für Mai 1997 rückständigen Rentenzahlungen von zusammen 58.561,50 S die Fahrnisexekution und zur Sicherung der innerhalb eines Jahres fällig werdenden Rentenbeträge von 702.738,-- S die (Fahrnis-) Exekution zur Sicherstellung gemäß § 372 EO. Mit Antrag vom 23. September 1997 schränkte der Beklagte die Sicherungsexekution um das von ihm ab 1. Juni 1997 bezogene Pflegegeld der Stufe 5 von monatlich 11.591,-- S um 139.092,-- S auf 563.646,-- S ein.Auf Antrag des Beklagten, der vorbrachte, die Klägerin habe ihre Zahlungen wegen Erschöpfung der Versicherungssumme von 10,000.000,-- S eingestellt, bewilligte das Erstgericht dem Beklagten gegen die Klägerin aufgrund des genannten Urteiles am 1. Juli 1997 zur Hereinbringung der für Mai 1997 rückständigen Rentenzahlungen von zusammen 58.561,50 S die Fahrnisexekution und zur Sicherung der innerhalb eines Jahres fällig werdenden Rentenbeträge von 702.738,-- S die (Fahrnis-) Exekution zur Sicherstellung gemäß Paragraph 372, EO. Mit Antrag vom 23. September 1997 schränkte der Beklagte die Sicherungsexekution um das von ihm ab 1. Juni 1997 bezogene Pflegegeld der Stufe 5 von monatlich 11.591,-- S um 139.092,-- S auf 563.646,-- S ein.

Gegen den dieser Exekution zugrundeliegenden vollstreckbaren Anspruch erhebt die Klägerin Einwendungen gemäß § 35 EO mit dem Vorbringen, der Anspruch sei erloschen, weil die Haftpflichtversicherungssumme von 10,000.000,-- S verbraucht sei. Die Klägerin sei ausdrücklich nur im Wege der Direktklage gemäß § 22 KHVG als Haftpflichtversicherer in Anspruch genommen worden. Für mehr als die vertraglich vereinbarte Versicherungssumme hafte sie nicht. Dies ergebe sich aus dem Textzusammenhang des Titelurteiles, insbesondere aus dem Feststellungsausspruch, der eine Haftungsbeschränkung auf die Versicherungssumme enthalte. Im Titelverfahren sei daher nicht erforderlich gewesen einzuwenden, daß die Rentenzahlung auf die vertraglich vereinbarte Versicherungssumme beschränkt sei, weil es sich beim Rentenbegehren um ein solches auf Abgeltung künftiger Schäden (Schadenersatzansprüche) des Geschädigten gehandelt habe, für welche sie ohnedies nur im Feststellungsbegehren im Ausmaß der Versicherungssumme in Anspruch genommen worden sei. Sie habe im vorangegangenen Prozeß nicht erkannt, daß die zur Verfügung stehende Versicherungssumme nicht ausreichen werde, um die Ersatzansprüche des Geschädigten sowie der Legalzessionare zur Gänze zu decken. Deswegen sei davon Abstand genommen worden, eine Rentenkürzung gemäß § 155 VersVG vorzunehmen. Unfallopfer mit derart schweren Verletzungen überlebten meist das schädigende Ereignis kaum um mehr als zehn Jahre. Es habe darüber hinaus keine Möglichkeit bestanden, im Titelverfahren einen Verteilungsplan vorzulegen oder den Einwand der Rentenkürzung in einer relevanten Weise vorzutragen. Die Nichtvorlage eines Verteilungsplanes während des Titelprozesses habe dem Beklagten nur Vorteile gebracht. Obwohl er verpflichtet gewesen wäre, alle ihm zustehenden Sozialversicherungsleistungen zu konsumieren, sei der Bezug von Pflegegeld ab 1. Juli 1993 abgelehnt worden. Der Umstand, daß sie nicht erkannt habe, die Versicherungssumme werde nicht ausreichen, könne nicht dazu führen, daß sie dem Beklagten über die Versicherungssumme hinaus Rentenbeträge zu leisten habe. Ein diesbezügliches Begehren des Beklagten sei sittenwidrig. Dieser habe nicht einmal den Versuch unternommen, ungeachtet des Urteils jene Beträge, die geschuldet würden, von der Versicherungsnehmerin, die nach dem Urteil unbegrenzt hafte, einbringlich zu machen. Die Erschöpfung der Versicherungssumme habe naturgemäß im Titelprozeß noch nicht eingewendet werden können, vielmehr sei dies ein nach Schluß der Verhandlung eingetretener Umstand. Schon aus den Früchten des Kapitals hätte der Beklagte den Pflegeaufwand (neben dem Pensions- und Pflegegeldbezug) decken können.Gegen den dieser Exekution zugrundeliegenden vollstreckbaren Anspruch erhebt die Klägerin Einwendungen gemäß Paragraph 35, EO mit dem Vorbringen, der Anspruch sei erloschen, weil die Haftpflichtversicherungssumme von 10,000.000,-- S verbraucht sei. Die Klägerin sei ausdrücklich nur im Wege der Direktklage gemäß Paragraph 22, KHVG als Haftpflichtversicherer in Anspruch genommen worden. Für mehr als die vertraglich vereinbarte Versicherungssumme hafte sie nicht. Dies ergebe sich aus dem Textzusammenhang des Titelurteiles, insbesondere aus dem Feststellungsausspruch, der eine Haftungsbeschränkung auf die Versicherungssumme enthalte. Im Titelverfahren sei daher nicht erforderlich gewesen einzuwenden, daß die Rentenzahlung auf die vertraglich vereinbarte Versicherungssumme beschränkt sei, weil es sich beim Rentenbegehren um ein solches auf Abgeltung künftiger Schäden (Schadenersatzansprüche) des Geschädigten gehandelt habe, für welche sie ohnedies nur im Feststellungsbegehren im Ausmaß der Versicherungssumme in Anspruch genommen worden sei. Sie habe im vorangegangenen Prozeß nicht erkannt, daß die zur Verfügung stehende Versicherungssumme nicht ausreichen werde, um die Ersatzansprüche des Geschädigten sowie der Legalzessionare zur Gänze zu decken. Deswegen sei davon Abstand genommen worden, eine Rentenkürzung gemäß Paragraph 155, VersVG vorzunehmen. Unfallopfer mit derart schweren Verletzungen überlebten meist das schädigende Ereignis kaum um mehr als zehn Jahre. Es habe darüber hinaus keine Möglichkeit bestanden, im Titelverfahren einen Verteilungsplan vorzulegen oder den Einwand der Rentenkürzung in einer relevanten Weise vorzutragen. Die Nichtvorlage eines Verteilungsplanes während des Titelprozesses habe dem Beklagten nur Vorteile gebracht. Obwohl er verpflichtet gewesen wäre, alle ihm zustehenden Sozialversicherungsleistungen zu konsumieren, sei der Bezug von Pflegegeld ab 1. Juli 1993 abgelehnt worden. Der Umstand, daß sie nicht erkannt habe, die Versicherungssumme werde nicht ausreichen, könne nicht dazu führen, daß sie dem Beklagten über die Versicherungssumme hinaus Rentenbeträge zu leisten habe. Ein diesbezügliches Begehren des Beklagten sei sittenwidrig. Dieser habe nicht einmal den Versuch unternommen, ungeachtet des Urteils jene Beträge, die geschuldet würden, von der Versicherungsnehmerin, die nach dem Urteil unbegrenzt hafte, einbringlich zu machen. Die Erschöpfung der Versicherungssumme habe naturgemäß im Titelprozeß noch nicht eingewendet werden können, vielmehr sei dies ein nach Schluß der Verhandlung eingetretener Umstand. Schon aus den Früchten des Kapitals hätte der Beklagte den Pflegeaufwand (neben dem Pensions- und Pflegegeldbezug) decken können.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Ein Oppositionsgrund gemäß § 35 EO sei nicht gegeben. Nach Schluß der mündlichen Streitverhandlung entstandene Tatsachen, die den Anspruch zum Erlöschen bringen könnten, lägen nicht vor. Tatsachen, deren Vorbringen objektiv möglich gewesen wäre, die aber aus irgendwelchen Gründen nicht vorgebracht worden seien, könnten nicht im Wege einer Klage nach § 35 EO geltend gemacht werden. Der Einwand, daß die Versicherungssumme erschöpft und daher die Zahlungspflicht erloschen sei, widerspreche § 155 VersVG sowie dem vorliegenden Urteil im Titelprozeß. Nach ständiger Rechtsprechung müsse der Versicherer schon im Schadenersatzprozeß behaupten und beweisen, daß die Versicherungssumme zur Bezahlung der Rente nicht ausreichen werde. Einen solchen Einwand habe die Klägerin nicht erhoben. Die Berücksichtigung in einem späteren Prozeß oder in einem Exekutionsverfahren sei nicht mehr zulässig. Ein allfälliger Irrtum der Klägerin über die Lebenserwartung des Beklagten stelle keinen Oppositionsgrund dar.Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Ein Oppositionsgrund gemäß Paragraph 35, EO sei nicht gegeben. Nach Schluß der mündlichen Streitverhandlung entstandene Tatsachen, die den Anspruch zum Erlöschen bringen könnten, lägen nicht vor. Tatsachen, deren Vorbringen objektiv möglich gewesen wäre, die aber aus irgendwelchen Gründen nicht vorgebracht worden seien, könnten nicht im Wege einer Klage nach Paragraph 35, EO geltend gemacht werden. Der Einwand, daß die Versicherungssumme erschöpft und daher die Zahlungspflicht erloschen sei, widerspreche Paragraph 155, VersVG sowie dem vorliegenden Urteil im Titelprozeß. Nach ständiger Rechtsprechung müsse der Versicherer schon im Schadenersatzprozeß behaupten und beweisen, daß die Versicherungssumme zur Bezahlung der Rente nicht ausreichen werde. Einen solchen Einwand habe die Klägerin nicht erhoben. Die Berücksichtigung in einem späteren Prozeß oder in einem Exekutionsverfahren sei nicht mehr zulässig. Ein allfälliger Irrtum der Klägerin über die Lebenserwartung des Beklagten stelle keinen Oppositionsgrund dar.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es stellte das Ergebnis des Haftpflichtprozesses dar und darüber hinaus fest, daß die Klägerin in diesem Verfahren (dort als drittbeklagte Partei) die Unzulänglichkeit der Versicherungs- summe zur Befriedigung der zuletzt erhobenen Renten- forderungen des Beklagten (dort Klägers) im Sinne der §§ 115f VersVG nicht eingewendet und hiezu auch keinen Verteilungsplan vorgelegt habe. In der Korrespondenz, die dem Exekutionsverfahren und dem am 11. April 1997 von der Klägerin eingeleiteten Verfahren auf Feststellung, daß sie nicht verpflichtet sei, an den Beklagten aus Anlaß des Unfalls vom 21. 9. 1987 auch nach Erschöpfung der Haftpflichtversicherungssumme weiteren Ersatz von Verdienstentgang und Pflegekosten (das sind die hier betriebenen Renten) zu leisten, voranging hätten sich die Parteien nicht über eine "nachträgliche Rentenkürzung" geeinigt.Das Erstgericht gab der Klage statt. Es stellte das Ergebnis des Haftpflichtprozesses dar und darüber hinaus fest, daß die Klägerin in diesem Verfahren (dort als drittbeklagte Partei) die Unzulänglichkeit der Versicherungs- summe zur Befriedigung der zuletzt erhobenen Renten- forderungen des Beklagten (dort Klägers) im Sinne der Paragraphen 115 f, VersVG nicht eingewendet und hiezu auch keinen Verteilungsplan vorgelegt habe. In der Korrespondenz, die dem Exekutionsverfahren und dem am 11. April 1997 von der Klägerin eingeleiteten Verfahren auf Feststellung, daß sie nicht verpflichtet sei, an den Beklagten aus Anlaß des Unfalls vom 21. 9. 1987 auch nach Erschöpfung der Haftpflichtversicherungssumme weiteren Ersatz von Verdienstentgang und Pflegekosten (das sind die hier betriebenen Renten) zu leisten, voranging hätten sich die Parteien nicht über eine "nachträgliche Rentenkürzung" geeinigt.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht zunächst die Auffassung, die auf einer Fehleinschätzung (ua über die Lebenserwartung des Beklagten) beruhenden Versäumnisse der Klägerin im Haftpflichtprozeß (Unterlassung eines Rentenkürzungseinwandes im Sinne der §§ 155f VersVG und Nichtvorlage eines entsprechenden Verteilungsplanes) bildeten keine geeigneten Oppositionseinwendungen. Da jedoch die eindeutig und ausschließlich als Haftpflichtversicherer in Anspruch genommene Klägerin jedenfalls nur aus dem Versicherungsvertrag bis zur Höhe der Versicherungssumme hafte, sei davon auszugehen, daß sie ihre Leistungspflicht erfüllt habe. Der Beklagte habe die Versicherungssumme von 10,000.000,-- S in überwiegendem Ausmaß ausbezahlt erhalten. Zahlung und Erfüllung seien anspruchsaufhebende Tatsachen im Sinne des § 35 EO.In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht zunächst die Auffassung, die auf einer Fehleinschätzung (ua über die Lebenserwartung des Beklagten) beruhenden Versäumnisse der Klägerin im Haftpflichtprozeß (Unterlassung eines Rentenkürzungseinwandes im Sinne der Paragraphen 155 f, VersVG und Nichtvorlage eines entsprechenden Verteilungsplanes) bildeten keine geeigneten Oppositionseinwendungen. Da jedoch die eindeutig und ausschließlich als Haftpflichtversicherer in Anspruch genommene Klägerin jedenfalls nur aus dem Versicherungsvertrag bis zur Höhe der Versicherungssumme hafte, sei davon auszugehen, daß sie ihre Leistungspflicht erfüllt habe. Der Beklagte habe die Versicherungssumme von 10,000.000,-- S in überwiegendem Ausmaß ausbezahlt erhalten. Zahlung und Erfüllung seien anspruchsaufhebende Tatsachen im Sinne des Paragraph 35, EO.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der - trotz Streitanhängigkeit der Feststellungsklage und auch bei einer Sicherungsexekution zulässigen - Oppositionsklage ermangle es an der Schlüssigkeit, weil sämtliche vorgebrachten, den betriebenen Ansprüchen entgegengestellten Umstände nicht erst nach der Entstehung des Exekutionstitels eingetreten seien, sondern sich als Säumnisse der Klägerin im Titelverfahren herausgestellt hätten. Die Ungewißheit der Lebenserwartung des Beklagten und die allfällige Erschöpfung der Versicherungssumme seien Umstände, die bereits bei Schluß der Verhandlung im Schadenersatzprozeß bekannt gewesen oder objektiv erkennbar gewesen seien bzw erkannt hätten werden müssen. Daran könne auch nichts ändern, daß die behauptete, nicht unmaßgebliche Klageausdehnung erst unmittelbar vor Schluß der Verhandlung erfolgt sei. Soweit der möglichen Erschöpfung der Deckungssumme Relevanz im Sinne der §§ 155 VersVG zukommen könne, hätte ein diesbezüglicher Einwand in Richtung einer allfälligen Rentenkürzung ebenfalls bereits im Titelprozeß erhoben werden müssen. Die dem Klageanspruch des Geschädigten (Beklagten) entgegenzuhaltende Behauptung des Haftpflichtversicherers, die Deckungssumme reiche zu seiner Befriedigung nicht aus, könne nämlich nur im jeweiligen Schadenersatzprozeß und nicht in einem späteren Verfahren, insbesondere nicht im Exekutionsverfahren, geprüft werden. Allfällige Willensmängel seien unbeachtlich und könnten keinen Oppositionsgrund darstellen. Dem Wortlaut des rechtskräftigen Urteiles sei, soweit es die gegenständlichen Rentenansprüche betreffe, eine Beschränkung nicht zu entnehmen. Damit könne der Beklagte dem Titel entsprechend seine Leistungen fordern. Sittenwidrige Rechtsausübung liege nicht vor. Das Verhalten des Beklagten seit der Rechtskraft des Titelurteiles sei letztlich irrelevant, weil es hier lediglich auf die maßgeblichen Verhältnisse bei Schluß der Verhandlung im Schadenersatzprozeß ankomme. Der Standpunkt des Erstgerichtes, der Anspruch sei durch Zahlung/Erfüllung erloschen, welchen Einwand die Klägerin eigentlich gar nicht erhoben habe, könne sohin nicht geteilt werden.Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der - trotz Streitanhängigkeit der Feststellungsklage und auch bei einer Sicherungsexekution zulässigen - Oppositionsklage ermangle es an der Schlüssigkeit, weil sämtliche vorgebrachten, den betriebenen Ansprüchen entgegengestellten Umstände nicht erst nach der Entstehung des Exekutionstitels eingetreten seien, sondern sich als Säumnisse der Klägerin im Titelverfahren herausgestellt hätten. Die Ungewißheit der Lebenserwartung des Beklagten und die allfällige Erschöpfung der Versicherungssumme seien Umstände, die bereits bei Schluß der Verhandlung im Schadenersatzprozeß bekannt gewesen oder objektiv erkennbar gewesen seien bzw erkannt hätten werden müssen. Daran könne auch nichts ändern, daß die behauptete, nicht unmaßgebliche Klageausdehnung erst unmittelbar vor Schluß der Verhandlung erfolgt sei. Soweit der möglichen Erschöpfung der Deckungssumme Relevanz im Sinne der Paragraphen 155, VersVG zukommen könne, hätte ein diesbezüglicher Einwand in Richtung einer allfälligen Rentenkürzung ebenfalls bereits im Titelprozeß erhoben werden müssen. Die dem Klageanspruch des Geschädigten (Beklagten) entgegenzuhaltende Behauptung des Haftpflichtversicherers, die Deckungssumme reiche zu seiner Befriedigung nicht aus, könne nämlich nur im jeweiligen Schadenersatzprozeß und nicht in einem späteren Verfahren, insbesondere nicht im Exekutionsverfahren, geprüft werden. Allfällige Willensmängel seien unbeachtlich und könnten keinen Oppositionsgrund darstellen. Dem Wortlaut des rechtskräftigen Urteiles sei, soweit es die gegenständlichen Rentenansprüche betreffe, eine Beschränkung nicht zu entnehmen. Damit könne der Beklagte dem Titel entsprechend seine Leistungen fordern. Sittenwidrige Rechtsausübung liege nicht vor. Das Verhalten des Beklagten seit der Rechtskraft des Titelurteiles sei letztlich irrelevant, weil es hier lediglich auf die maßgeblichen Verhältnisse bei Schluß der Verhandlung im Schadenersatzprozeß ankomme. Der Standpunkt des Erstgerichtes, der Anspruch sei durch Zahlung/Erfüllung erloschen, welchen Einwand die Klägerin eigentlich gar nicht erhoben habe, könne sohin nicht geteilt werden.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das zweitinstanzliche Urteil erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist zwar - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - schon zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Vorab werden die Parteien auf die ihnen und ihren Rechtsvertretern bekannte, im Verfahren über die negative Feststellungsklage der Klägerin am 11. 2. 1999 zu 2 Ob 360/98z ergangene Revisionsentscheidung verwiesen, in der unter Darlegung und Abhandlung der - im wesentlichen mit den vorliegenden Revisionsargumenten übereinstimmenden - Revisionsausführungen der Klägerin die auf SZ 50/79 zurückgehende Rechtsprechung zu § 155 Abs 1 VersVG aufrechterhalten wurde. Der erkennende Senat tritt dieser Entscheidung aus den darin genannten Gründen auch im vorliegenden Fall bei. Damit erweist sich zunächst das Argument der Klägerin, sie könne die im Haftpflicht-/Titelprozeß aus welchen Gründen immer unterlassene "Rentenkürzung" auch noch mit Oppositionsklage geltend machen, als haltlos, weil dieser, der Absicherung gegen ein "Überschreiten" der Versicherungssumme aufgrund von Rentenverpflichtungen dienende Rechtsabwehreinwand auf das Haftpflichtverfahren beschränkt ist und sohin die Unterlassung eines derartigen, der Klägerin objektiv möglich gewesenen Einwandes, der auf bereits im Titelverfahren entstandene oder eingetretene Tatsachen (einschließlich Prognosen) beruht hätte, keinen tauglichen Oppositionsgrund gemäß § 35 Abs 1 EO bildet. Für die Klägerin ist auch mit den Hinweisen auf § 10 KHVG ("Hat der Versicherer Rentenzahlungen zu leisten und übersteigt der Kapitalwert der Rente die Versicherungssumme ... so gebührt die Rente nur im Verhältnis der Versicherungssumme oder ihres Restbetrages zum Kapitalwert der Rente. Der Ermittlung des Kapitalwertes ist die Allgemeine Sterbetafel für Österreich und ein Zinsfuß von 3 vH zu Grunde zu legen") bzw § 3 Abs 3 AKHB 1988 oder andere gleich oder ähnlich lautende Bestimmungen nichts gewonnen, weil sie darauf zwar einen Rentenkürzungseinwand sowie einen entsprechenden Verteilungsvorschlag gründen hätte können, jedoch nicht ihrer von der Vorinstanz sowie in der genannten Entscheidung 2 Ob 360/98z klargelegten Pflichten und/oder Säumnisfolgen enthoben würde. Für sie bleibt der Exekutionstitel, in dem in den Leistungsaussprüchen über die vom Beklagten betriebenen Renten die Zahlungspflicht in keiner Weise (mit der Haftpflichtversicherungssumme) beschränkt ist, maßgeblich und es darf dem Beklagten die exekutive Verfolgung dieser Ansprüche - zuletzt unter Einschränkung um das von ihm bezogene monatliche Pflegegeld - nicht als Sittenverstoß angelastet werden.Vorab werden die Parteien auf die ihnen und ihren Rechtsvertretern bekannte, im Verfahren über die negative Feststellungsklage der Klägerin am 11. 2. 1999 zu 2 Ob 360/98z ergangene Revisionsentscheidung verwiesen, in der unter Darlegung und Abhandlung der - im wesentlichen mit den vorliegenden Revisionsargumenten übereinstimmenden - Revisionsausführungen der Klägerin die auf SZ 50/79 zurückgehende Rechtsprechung zu Paragraph 155, Absatz eins, VersVG aufrechterhalten wurde. Der erkennende Senat tritt dieser Entscheidung aus den darin genannten Gründen auch im vorliegenden Fall bei. Damit erweist sich zunächst das Argument der Klägerin, sie könne die im Haftpflicht-/Titelprozeß aus welchen Gründen immer unterlassene "Rentenkürzung" auch noch mit Oppositionsklage geltend machen, als haltlos, weil dieser, der Absicherung gegen ein "Überschreiten" der Versicherungssumme aufgrund von Rentenverpflichtungen dienende Rechtsabwehreinwand auf das Haftpflichtverfahren beschränkt ist und sohin die Unterlassung eines derartigen, der Klägerin objektiv möglich gewesenen Einwandes, der auf bereits im Titelverfahren entstandene oder eingetretene Tatsachen (einschließlich Prognosen) beruht hätte, keinen tauglichen Oppositionsgrund gemäß Paragraph 35, Absatz eins, EO bildet. Für die Klägerin ist auch mit den Hinweisen auf Paragraph 10, KHVG ("Hat der Versicherer Rentenzahlungen zu leisten und übersteigt der Kapitalwert der Rente die Versicherungssumme ... so gebührt die Rente nur im Verhältnis der Versicherungssumme oder ihres Restbetrages zum Kapitalwert der Rente. Der Ermittlung des Kapitalwertes ist die Allgemeine Sterbetafel für Österreich und ein Zinsfuß von 3 vH zu Grunde zu legen") bzw Paragraph 3, Absatz 3, AKHB 1988 oder andere gleich oder ähnlich lautende Bestimmungen nichts gewonnen, weil sie darauf zwar einen Rentenkürzungseinwand sowie einen entsprechenden Verteilungsvorschlag gründen hätte können, jedoch nicht ihrer von der Vorinstanz sowie in der genannten Entscheidung 2 Ob 360/98z klargelegten Pflichten und/oder Säumnisfolgen enthoben würde. Für sie bleibt der Exekutionstitel, in dem in den Leistungsaussprüchen über die vom Beklagten betriebenen Renten die Zahlungspflicht in keiner Weise (mit der Haftpflichtversicherungssumme) beschränkt ist, maßgeblich und es darf dem Beklagten die exekutive Verfolgung dieser Ansprüche - zuletzt unter Einschränkung um das von ihm bezogene monatliche Pflegegeld - nicht als Sittenverstoß angelastet werden.

Aus diesen Erwägungen kann die Revision nicht Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO, wobei die betriebene Forderung von 622.207,50 S die Kostenbemessungsgrundlage bildet.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 50,, 41 ZPO, wobei die betriebene Forderung von 622.207,50 S die Kostenbemessungsgrundlage bildet.

Anmerkung

E54626 03A02128

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0030OB00212.98T.0714.000

Dokumentnummer

JJT_19990714_OGH0002_0030OB00212_98T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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