TE Vwgh Erkenntnis 2006/11/14 2005/03/0057

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Veröffentlicht am 14.11.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1 ;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z3;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des W M in W, vertreten durch Dipl.- Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. August 2004, Zl SD 377/04, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Mandatsbescheid vom 3. Oktober 2003 entzog die Bundespolizeidirektion Wien dem Beschwerdeführer gemäß §§ 8 Abs 1, 25 Abs 3 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), iVm § 57 AVG die am 4. Juli 1983 für ihn ausgestellte Waffenbesitzkarte.

Dem lag im Wesentlichen zu Grunde, dass bei einer am 24. September 2003 durchgeführten Überprüfung der ordnungsgemäßen Verwahrung festgestellt worden sei, der Beschwerdeführer habe seine Schusswaffen in einem unversperrten Kasten verwahrt. Die Verwahrung erfolge also in keinem einbruchshemmenden Behältnis; die Waffen seien gegen unbefugten Zugriff von Mitbewohnern nicht geschützt. Dies sei nicht ordnungsgemäß, weil im gleichen Haushalt zwei Kinder (3 und 12 Jahre alt) wohnhaft seien.

In der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid brachte der Beschwerdeführer vor, dass mit den Kindern und auch deren Eltern kein gemeinsamer Haushalt bestehe, zwei völlig getrennte Haus-, Stiegen- und Wohnungseingänge vorhanden seien, und der Raum, in dem die Waffen aufbewahrt werden, "ausschließlich mir gehört und durch eine versperrbare Eisentür vor unbefugtem Zutritt geschützt ist". In seiner Stellungnahme vom 8. Februar 2004 räumte der Beschwerdeführer ein, dass sich die Waffen im Zeitpunkt der Kontrolle in einem unversperrten Kasten, aber "in einem verschlossenem Behältnis" befunden hätten. Dieser Kasten befinde sich nicht in der Wohnung, sondern in der durch eine Eisentür verschlossenen Werkstätte, zu der nur er den Schlüssel habe. Außer den Waffen würden dort auch wichtige Dokumente und Wertgegenstände aufbewahrt, was den "hohen Sicherheitsfaktor" unterstreiche.

Im Bescheid vom 13. Februar 2004, mit dem der Vorstellung nicht Folge gegeben wurde, stellte die erstinstanzliche Behörde fest, dass der Beschwerdeführer seine Schusswaffen "in einem unversperrten Kasten in der Garage verwahrte". Die Verwahrung sei in keinem einbruchshemmenden Behältnis erfolgt. Im gleichen unversperrten Kasten würden auch Wertgegenstände sowie Sparbücher, Pässe und Münzen verwahrt. Es sei deshalb "anzunehmen, dass zumindest Ihre Gattin, welche nicht im Besitz einer waffenrechtlichen Urkunde ist, Zugriff zu diesen Wertgegenständen und somit auch zu den Waffen hatte". Deshalb liege eine ordnungsgemäße Verwahrung nicht vor.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den eben angeführten Bescheid nicht Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, dass sich die Entziehung auf § 25 Abs 3 in Verbindung mit § 8 Abs 1 Z 2 WaffG stütze. Die belangte Behörde führte aus, "die Gründe des angefochtenen Bescheides" seien "auch für die Berufungsentscheidung maßgebend". Weiters führte die belangte Behörde Folgendes aus:

"Der (Beschwerdeführer) bewohnt gemeinsam mit seiner Ehegattin das Erdgeschoß eines Einfamilienhauses. Die Fenster des Hauses sind vergittert, eine Alarmanlage ist teilweise vorhanden. Der (Beschwerdeführer) hatte, wie sich aus dem Erhebungsbericht ergibt, seine Waffen zum Zeitpunkt der Überprüfung in der Garage, in einem nicht versperrbaren Holzschrank 'verwahrt'.

Mit Schreiben vom 08.10.2003 wies der (Beschwerdeführer) darauf hin, dass der Raum, in dem die Waffen aufbewahrt wurden, ausschließlich ihm gehöre, durch eine versperrbare Eisentür vor unbefugtem Zutritt geschützt sei und die Waffen neben anderen Wertgegenständen in einem 'nicht leicht zu findenden Abteil' des Kastens versteckt gewesen seien."

Nach einer Darstellung der Rechtslage hinsichtlich der Erfordernisse einer sorgfältigen Verwahrung von Schusswaffen folgerte die belangte Behörde:

"Auch wenn die Waffen (zusammen mit anderen Wertgegenständen) im Schrank gut versteckt waren, ist diese Verwahrungsart keinesfalls geeignet, die Waffen vor dem Zugriff einer dritten, zum Besitz der Waffen nicht berechtigten Person, zu sichern, wenn diese - vor allem auch während der Abwesenheit des Waffenbesitzers - ungehindert Zutritt zu dem betreffenden Raum hat. Davon ist insofern auszugehen, als in diesem 'Versteck' - wie der Beschwerdeführer selbst angibt - doch auch Münzen, Sparbücher und Reisepässe verwahrt werden. Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, ständig Kontrolle darüber zu haben, wo sich eine - wenn auch im gemeinsamen Haushalt lebende 'Person' (hier: die Ehegattin) - gerade aufhält. Dass seine Ehegattin, die keine waffenrechtliche Urkunde besitzt, keinen Zugang zur Garage hat, wurde vom (Beschwerdeführer) nicht behauptet. Da darüber hinaus die Ablage einer Waffe in einem unversperrbaren Kasten keine Verwahrung in einem einbruchshemmenden Behältnis im Sinne des Waffengesetzes darstellt, entspricht die vom (Beschwerdeführer) gewählte Art der Verwahrung nicht dem von einer zum Besitz einer Waffe berechtigten Person anzuwendenden Sorgfaltsgrad, da die Waffe vor einem möglichen Zugriff einer dazu nicht berechtigten Person (z.B. die Ehegattin) in keiner Weise gesichert war. Vor dem Hintergrund der Ausführungen des (Beschwerdeführers) in seiner Berufung ist festzustellen, dass auch die Verwahrung der Waffe in seinem Safe nur dann eine sichere Verwahrungsart darstellen würde, wenn nur waffenrechtlich berechtigte Personen Zugriff auf die Waffen hätten."

Es sei deshalb die waffenrechtliche Verlässlichkeit des Beschwerdeführers nicht mehr gegeben gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens - die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand - in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich aus Anlass einer Überprüfung der Verlässlichkeit gemäß § 25 Abs 1 oder 2 WaffG ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Verlässlich ist ein Mensch gemäß § 8 Abs 1 Z 2 zweiter Fall WaffG unter anderem nur dann, wenn keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen nicht sorgfältig verwahren werde.

Gemäß § 3 Abs 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998 ("2. WaffV"), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie "in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt". Nach § 3 Abs 2 Z 2 bis 4 der 2. WaffV gehört zu den maßgeblichen Umständen für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung unter anderem der Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit (Z 2), der Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind (Z 3), und der Schutz vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender (Z 4).

Zu der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Frage der Verwahrungspflichten des Besitzers einer Schusswaffe gegenüber dem Zugriff von Personen in seinem persönlichen Nahebereich - auf den der Ehegattin des Beschwerdeführers jederzeit möglichen und ungehinderten Zugriff auf die Waffe hat die belangte Behörde die Qualifizierung der Art der Verwahrung als unzureichend im Wesentlichen gestützt - ist zunächst gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf die Ausführungen zur diesbezüglichen Rechtsprechung im Erkenntnis vom 12. September 2002, Zl 2000/20/0070, zu verweisen. Nach den Maßstäben der in diesem Erkenntnis dargestellten Judikatur unterliegt es keinem Zweifel, dass die Verwahrung in einem unversperrten Schrank, zu dem die Ehegattin Zugriff hat, nicht den gesetzlichen Erfordernissen genügt (vgl das hg Erkenntnis vom 8. Juni 2005, Zl 2005/03/0047).

Dennoch ist die Beschwerde berechtigt:

Der Beschwerdeführer rügt als Mangelhaftigkeit des Verfahrens, dass die belangte Behörde zu Unrecht angenommen habe, seine Ehegattin habe Zugang zur von der belangten Behörde als "Garage" bezeichneten Werkstatt und damit Zugriff zu den Waffen. Vielmehr habe er im Verwaltungsverfahren vorgebracht, dass die Werkstatt durch eine Eisentüre verschlossen sei, zu der nur er den Schlüssel habe. Dieses Vorbringen ist zielführend:

Die erstinstanzliche wie auch die belangte Behörde haben dieses Vorbringen des Beschwerdeführers ignoriert; die belangte Behörde hat im Gegenteil ausgeführt, es sei vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden, dass seine Ehegattin keinen Zugang zur Garage habe. Darüber hinaus erfolgten nicht nachvollziehbare Mutmaßungen hinsichtlich des Zutritts der Ehegattin des Beschwerdeführers zu dem betreffenden Raum. Warum nämlich - trotz des klaren Vorbringens des Beschwerdeführers, der Raum gehöre ausschließlich ihm, er allein habe die Schlüssel zu diesem mit einer Eisentür verschlossenen Raum - aus dem Umstand, dass in dem Behältnis auch näher genannte Wertgegenstände verwahrt würden, zu schließen sei, dass die Ehegattin ungehindert Zutritt habe, ist für den Verwaltungsgerichtshof schon mangels näherer Darlegung durch die belangte Behörde nicht nachvollziehbar.

Indem die belangte Behörde eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit dem dargestellten Vorbringen und entsprechende Feststellungen unterließ, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Dieser Verfahrensmangel ist relevant, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei dessen Vermeidung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 14. November 2006

Schlagworte

"zu einem anderen Bescheid" Begründung Begründungsmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005030057.X00

Im RIS seit

17.01.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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