Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Stefan P*****, vertreten durch Dr. Friedrich Lorenz, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Eva K*****, vertreten durch Dr. Thomas Mondl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. April 1999, GZ 12 R 157/98s-31, womit die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 21. Dezember 1983, GZ 23 Cg 200/82-18, zurückgewiesen wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
1.) Die Rekursbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
2.) Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Mit seiner am 8. 6. 1982 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger die Scheidung seiner mit der Beklagten geschlossenen Ehe aus deren Verschulden. Das Erstgericht verfügte die Zustellung der Klage, einer Ladung zur ersten Verhandlungstagsatzung sowie des Auftrags, einen Zustellbevollmächtigten im Inland namhaft zu machen, an die Beklagte durch internationalen Rückschein. Dieser langte mit einem offenkundig vom Empfängerpostamt stammenden Poststempel und einer unleserlichen Unterschrift unter dem Vermerk "Obgenannte Sendung wurde ordnungsgemäß ausgefolgt" zurück. Die Rubrik "Unterschrift des Empfängers" blieb leer.
Die Beklagte beteiligte sich in der Folge nicht am Verfahren. Für sie bestimmte Ladungen wurden in einigen Fällen bei Gericht hinterlegt. Mit Urteil vom 21. 12. 1983 (ON 18) schied das Erstgericht die zwischen den Streitteilen geschlossene Ehe aus dem Alleinverschulden der Beklagten. Auch dieses Urteil wurde bei Gericht hinterlegt. Am 27. 2. 1984 bestätigte das Erstgericht, daß das Urteil seit 22. 2. 1984 rechtskräftig sei.
Am 16. 8. 1988 langte beim Erstgericht das Schreiben eines kanadischen Anwalts ein (ON 21), mit dem dieser unter Anführung der Aktenzahl ("File number 23CG 200/82-8") bekannt gab, daß er in Vertretung der Beklagten handle ("... we act in behalf of ..."); er sei davon unterrichtet, daß der Ehemann im Jahr 1982 ein Scheidungsverfahren gegen seine Klientin eingeleitet habe. Obwohl seiner Klientin die Originalscheidungsdokumente ("... original divorce documents ...") zugegangen seien, habe sie niemals das Scheidungsurteil erhalten. Er ersuche um Übersendung einer gerichtlich beglaubigten Ausfertigung des Urteils. Auf diesem Schreiben befindet sich der Kanzleivermerk des Erstgerichts: "Urteil mit RK express abgefertigt".
Am 29. 6. 1998 langte der Antrag der durch den nunmehr ausgewiesenen österreichischen Rechtsanwalt vertretenen Beklagten auf Zustellung sämtlicher Schriftstücke des Verfahrens beim Erstgericht ein (ON 22). Die Beklagte habe erst im Zuge des in Ansehung ihrer Kinder geführten Pflegschaftsverfahrens Kenntnis davon erhalten, daß die Ehe der Streitteile aus ihrem Verschulden geschieden worden sei. Ihr sei weder die Klage noch eine Ladung noch das Urteil zugestellt worden. Am 8. 7. 1998 verfügte das Erstgericht die Zustellung "des Urteils ON 18 mit RK-Bestätigung", einer Halbschrift des Antrags und einer Kopie des Schreibens des kanadischen Anwalts.
Die Beklagte erhob daraufhin die (am 10. 8. 1998 zur Post gegebene) Berufung gegen das Scheidungsurteil ON 18. Nach Vorlage der Akten ersuchte das Berufungsgericht das Erstgericht, im Sinne des § 469 Abs 1 ZPO Erhebungen über die Zustellung der angefochtenen Entscheidung, insbesondere durch Vernehmung der Beklagten, durchzuführen. Das Erstgericht vernahm die Beklagte in Anwesenheit ihres Rechtsvertreters (ON 28). Die Beklagte gab dort unter anderem an, sie habe den kanadischen Anwalt im Jahr 1988 beauftragt, "weil nach kanadischem Recht Kinder nur mit Zustimmung beider Elternteile von ihrem Wohnsitz weggebracht werden" könnten. Sie habe den kanadischen Anwalt nur beauftragt, alles Notwendige wegen der Kinder zu veranlassen, nicht jedoch damit, sie vor einem österreichischen Gericht zu vertreten. Sie habe keine "Scheidungsdokumente" erhalten, nicht an der in der Klage angeführten Anschrift gewohnt und wisse nicht, woher der kanadische Anwalt die Zahl des Scheidungsakts erfahren habe. Ihr Anwalt habe im Namen ihrer Kinder gegenüber der Paßbehörde die Erklärung abzugeben gehabt, daß die Ehe geschieden sei. Sie wisse nichts darüber, daß dem kanadischen Anwalt eine Ausfertigung des Scheidungsurteils geschickt worden sei.Die Beklagte erhob daraufhin die (am 10. 8. 1998 zur Post gegebene) Berufung gegen das Scheidungsurteil ON 18. Nach Vorlage der Akten ersuchte das Berufungsgericht das Erstgericht, im Sinne des Paragraph 469, Absatz eins, ZPO Erhebungen über die Zustellung der angefochtenen Entscheidung, insbesondere durch Vernehmung der Beklagten, durchzuführen. Das Erstgericht vernahm die Beklagte in Anwesenheit ihres Rechtsvertreters (ON 28). Die Beklagte gab dort unter anderem an, sie habe den kanadischen Anwalt im Jahr 1988 beauftragt, "weil nach kanadischem Recht Kinder nur mit Zustimmung beider Elternteile von ihrem Wohnsitz weggebracht werden" könnten. Sie habe den kanadischen Anwalt nur beauftragt, alles Notwendige wegen der Kinder zu veranlassen, nicht jedoch damit, sie vor einem österreichischen Gericht zu vertreten. Sie habe keine "Scheidungsdokumente" erhalten, nicht an der in der Klage angeführten Anschrift gewohnt und wisse nicht, woher der kanadische Anwalt die Zahl des Scheidungsakts erfahren habe. Ihr Anwalt habe im Namen ihrer Kinder gegenüber der Paßbehörde die Erklärung abzugeben gehabt, daß die Ehe geschieden sei. Sie wisse nichts darüber, daß dem kanadischen Anwalt eine Ausfertigung des Scheidungsurteils geschickt worden sei.
In dem die ehelichen Kinder der Parteien betreffenden Pflegschaftsverfahren stellten die Kinder, vertreten durch die hier Beklagte, diese vertreten durch den hier ausgewiesenen Rechtsanwalt, am 8. 9. 1997 den Antrag, den Vater (den Kläger) zu bestimmten Unterhaltsbeträgen zu verpflichten (ON 1 des vom Obersten Gerichtshof im kurzen Weg beigeschafften Pflegschaftsakts). Einleitend wurde ausgeführt, die Ehe der Streitteile sei "mit Urteil des Landesgerichts für ZRS Wien, AZ 23 Cg 200/82, rechtskräftig seit dem 22. 8. 1984" geschieden worden. In seiner Äußerung brachte der Vater unter anderem vor, das Urteil sei nicht am 22. 8. 1984, sondern am 22. 2. 1994 (richtig: 1984) rechtskräftig geworden (ON 8 des Pflegschaftsakts). Die Stellungnahme der Antragstellerinnen (ON 20 des Pflegschaftsakts) enthält auf AS 85 folgenden Absatz:
"Daß dem Antragsgegner eine zustellfähige Adresse der Antragstellerinnen nicht bekannt war, ist schlechthin falsch: Wie die Antragstellerinnen in ihrem Antrag bereits vorgebracht haben, wurde die Ehe zwischen der Kindesmutter und dem Antragsgegner mit Urteil des Landesgerichts für ZRS Wien vom 21. 12. 1983, GZ 23 CG 200/82 geschieden. Es hätte daher ein Blick in den Gerichtsakt genügt, um die zustellfähige Adresse der Antragstellerinnen herauszufinden. Schließlich ergibt sich aus dem Gerichtsakt, daß die Zustellung der Gerichtsstücke an die Vertreterin der Antragstellerinnen ausgewiesen ist."
Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Gericht zweiter Instanz die Berufung der Beklagten zurück. Es stellte nach Wiedergabe des Verfahrensgangs auf Grund des dargestellten Inhalts des Prozeß- und des Pflegschaftsakts sowie der Vernehmung der Beklagten fest, daß dieser bis spätestens 8. 9. 1997 eine Ausfertigung des angefochtenen Urteils zugekommen sei. Die gegenteiligen Angaben der Beklagten seien unglaubwürdig, weil nicht ersichtlich sei, wie der im Jahr 1988 für die Beklagte eingeschrittene Rechtsanwalt anders als durch die von der Beklagten vorgelegten Dokumente die Zahl des Scheidungsakts hätte erfahren können. Es sei davon auszugehen, daß die beklagte das Scheidungsurteil von dem kanadischen Anwalt erhalten habe. Dieser nicht mehr exakt feststellbare Zeitpunkt liege jedenfalls vor der ersten Antragstellung im Pflegschaftsverfahren, weil die diesbezüglichen Angaben ohne Vorliegen des Urteils - bei der unrichtigen Monatsangabe handle es sich offensichtlich um einen Schreibfehler - nicht erklärbar seien. Die Zustellung des Urteils sei daher gemäß § 7 ZustG als im Zeitpunkt des tatsächlichen Zukommens vollzogen anzusehen, weshalb die Berufung verspätet erhoben sei.Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Gericht zweiter Instanz die Berufung der Beklagten zurück. Es stellte nach Wiedergabe des Verfahrensgangs auf Grund des dargestellten Inhalts des Prozeß- und des Pflegschaftsakts sowie der Vernehmung der Beklagten fest, daß dieser bis spätestens 8. 9. 1997 eine Ausfertigung des angefochtenen Urteils zugekommen sei. Die gegenteiligen Angaben der Beklagten seien unglaubwürdig, weil nicht ersichtlich sei, wie der im Jahr 1988 für die Beklagte eingeschrittene Rechtsanwalt anders als durch die von der Beklagten vorgelegten Dokumente die Zahl des Scheidungsakts hätte erfahren können. Es sei davon auszugehen, daß die beklagte das Scheidungsurteil von dem kanadischen Anwalt erhalten habe. Dieser nicht mehr exakt feststellbare Zeitpunkt liege jedenfalls vor der ersten Antragstellung im Pflegschaftsverfahren, weil die diesbezüglichen Angaben ohne Vorliegen des Urteils - bei der unrichtigen Monatsangabe handle es sich offensichtlich um einen Schreibfehler - nicht erklärbar seien. Die Zustellung des Urteils sei daher gemäß Paragraph 7, ZustG als im Zeitpunkt des tatsächlichen Zukommens vollzogen anzusehen, weshalb die Berufung verspätet erhoben sei.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Rekurs der Beklagten ist nicht berechtigt; die vom Kläger erstattete Rekursbeantwortung ist unzulässig.
a) Zur Rekursbeantwortung:
Die zweitinstanzliche Zurückweisung einer Berufung aus formellen Gründen gem. § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ist kein Beschluß im Sinne des § 521a Abs 1 Z 3 ZPO. Das Rekursverfahren ist daher nicht zweiseitig (RZ 1994/47; 1 Ob 595/93; 1 Ob 392/97x; 8 ObA 83/99k; u.v.a.). Die Rekursbeantwortung ist zurückzuweisen.Die zweitinstanzliche Zurückweisung einer Berufung aus formellen Gründen gem. Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer eins, ZPO ist kein Beschluß im Sinne des Paragraph 521 a, Absatz eins, Ziffer 3, ZPO. Das Rekursverfahren ist daher nicht zweiseitig (RZ 1994/47; 1 Ob 595/93; 1 Ob 392/97x; 8 ObA 83/99k; u.v.a.). Die Rekursbeantwortung ist zurückzuweisen.
b) Zum Rekurs:
Ein gegen die Zurückweisung einer Berufung wegen Verspätung erhobener Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ohne die Beschränkung des § 502 Abs 1 ZPO zulässig (RZ 1992/1; 1 Ob 41/93; 1 Ob 636/95; u.v.a.). Die Rekursfrist beträgt - wie sich aus den Ausführungen zur Unzulässigkeit der Rekursbeantwortung ergibt - 14 Tage. Das am letzten Tag dieser Frist eingebrachte, allerdings an das Berufungsgericht adressierte Rechtsmittel ist rechtzeitig, weil es am selben Tag an das Erstgericht weitergeleitet wurde und dort noch an diesem Tag eintraf; in diesem Fall steht die Absendung an ein unrichtiges Gericht der Anwendung des § 89 GOG nicht entgegen (SZ 24/10; 9 ObA 2310/96p; u.v.a.).Ein gegen die Zurückweisung einer Berufung wegen Verspätung erhobener Rekurs ist gemäß Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer eins, ZPO ohne die Beschränkung des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zulässig (RZ 1992/1; 1 Ob 41/93; 1 Ob 636/95; u.v.a.). Die Rekursfrist beträgt - wie sich aus den Ausführungen zur Unzulässigkeit der Rekursbeantwortung ergibt - 14 Tage. Das am letzten Tag dieser Frist eingebrachte, allerdings an das Berufungsgericht adressierte Rechtsmittel ist rechtzeitig, weil es am selben Tag an das Erstgericht weitergeleitet wurde und dort noch an diesem Tag eintraf; in diesem Fall steht die Absendung an ein unrichtiges Gericht der Anwendung des Paragraph 89, GOG nicht entgegen (SZ 24/10; 9 ObA 2310/96p; u.v.a.).
Wer ein Rechtsmittel erhoben hat, kann sich dagegen zur Wehr setzen, daß es als verspätet zurückgewiesen wurde, wenn die Annahme der Verspätung auf einer unrichtigen Auslegung der Verfahrensgesetze beruht (SZ 58/148; 5 Ob 533/91). Hält der Berufungssenat zur Feststellung der Berufungsgründe oder der Nichtigkeit tatsächliche Aufklärungen seitens der Parteien oder des Gerichts erster Instanz oder andere vorgängige Erhebungen für erforderlich, so sind diese nach § 473 Abs 2 ZPO anzuordnen und mit Benützung der einschlägigen, in den Berufungsschriften enthaltenen Parteiangaben entweder vom Berufungssenat selbst durchzuführen oder durch einen beauftragten Richter oder das Prozeßgericht erster Instanz durchführen zu lassen. Unter der in der zitierten Gesetzesstelle verwendeten Wortfolge "Feststellung der Berufungsgründe oder der Nichtigkeit" sind die in § 471 ZPO genannten Gründe, aus denen die Berufung ohne Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung vor den Berufungssenat zu bringen ist, zu verstehen, somit auch die in § 471 Z 2 ZPO genannte Verspätung des Rechtsmittels. Weil die Entscheidung des Berufungsgerichts im Vorprüfungsverfahren gelegentlich von nicht aktenkundigen Tatsachen abhängt, zumal die in § 471 ZPO genannten Gründe vom Neuerungsverbot nicht berührt werden, hat das Berufungsgericht zur Aufklärung dieser Tatsachen die erforderlichen Erhebungen zu pflegen. Ebenso wie bei der Prüfung und Feststellung aller sonst im Prozeß von Amts wegen zu berücksichtigenden und zu ermittelnden Tatsachen bedarf es auch hier keines formellen Beweisverfahrens. Die Wendung des Gesetzes "vorgängige Erhebungen" bedeutet, daß weder die Parteien selbst verpflichtet sind, für ihre konkreten Tatsachenbehauptungen die erforderlichen Beweismittel genau und im einzelnen zu bezeichnen, noch daß das Berufungsgericht oder der die Erhebungen durchführende Richter im Vorverfahren einen formellen Beweisbeschluß unter Zuziehung der Parteien zu fassen hätte. Zur Tatsachenermittlung kann jede Erkenntnisquelle herangezogen werden (SZ 53/4; RZ 1987/74; u.a.). In der aus verfassungsrechtlichen Erwägungen gebotener Anwendung des § 509 Abs 3 ZPO auch auf das Berufungsvorverfahren muß allerdings den Parteien zur Wahrung des rechtlichen Gehörs Gelegenheit gegeben werden, zu den Ergebnissen der Erhebungen oder Beweisaufnahmen Stellung zu nehmen. Falls sie nicht zu einer Vernehmung geladen werden, sind ihnen die Ergebnisse der Erhebungen zur Kenntnis zu bringen und ist ihnen eine Frist zur Stellungnahme zu setzen (JBl 1990, 335; SSV-NF 4/151; 10 ObS 165/95; JBl 1999, 126; u.a.).Wer ein Rechtsmittel erhoben hat, kann sich dagegen zur Wehr setzen, daß es als verspätet zurückgewiesen wurde, wenn die Annahme der Verspätung auf einer unrichtigen Auslegung der Verfahrensgesetze beruht (SZ 58/148; 5 Ob 533/91). Hält der Berufungssenat zur Feststellung der Berufungsgründe oder der Nichtigkeit tatsächliche Aufklärungen seitens der Parteien oder des Gerichts erster Instanz oder andere vorgängige Erhebungen für erforderlich, so sind diese nach Paragraph 473, Absatz 2, ZPO anzuordnen und mit Benützung der einschlägigen, in den Berufungsschriften enthaltenen Parteiangaben entweder vom Berufungssenat selbst durchzuführen oder durch einen beauftragten Richter oder das Prozeßgericht erster Instanz durchführen zu lassen. Unter der in der zitierten Gesetzesstelle verwendeten Wortfolge "Feststellung der Berufungsgründe oder der Nichtigkeit" sind die in Paragraph 471, ZPO genannten Gründe, aus denen die Berufung ohne Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung vor den Berufungssenat zu bringen ist, zu verstehen, somit auch die in Paragraph 471, Ziffer 2, ZPO genannte Verspätung des Rechtsmittels. Weil die Entscheidung des Berufungsgerichts im Vorprüfungsverfahren gelegentlich von nicht aktenkundigen Tatsachen abhängt, zumal die in Paragraph 471, ZPO genannten Gründe vom Neuerungsverbot nicht berührt werden, hat das Berufungsgericht zur Aufklärung dieser Tatsachen die erforderlichen Erhebungen zu pflegen. Ebenso wie bei der Prüfung und Feststellung aller sonst im Prozeß von Amts wegen zu berücksichtigenden und zu ermittelnden Tatsachen bedarf es auch hier keines formellen Beweisverfahrens. Die Wendung des Gesetzes "vorgängige Erhebungen" bedeutet, daß weder die Parteien selbst verpflichtet sind, für ihre konkreten Tatsachenbehauptungen die erforderlichen Beweismittel genau und im einzelnen zu bezeichnen, noch daß das Berufungsgericht oder der die Erhebungen durchführende Richter im Vorverfahren einen formellen Beweisbeschluß unter Zuziehung der Parteien zu fassen hätte. Zur Tatsachenermittlung kann jede Erkenntnisquelle herangezogen werden (SZ 53/4; RZ 1987/74; u.a.). In der aus verfassungsrechtlichen Erwägungen gebotener Anwendung des Paragraph 509, Absatz 3, ZPO auch auf das Berufungsvorverfahren muß allerdings den Parteien zur Wahrung des rechtlichen Gehörs Gelegenheit gegeben werden, zu den Ergebnissen der Erhebungen oder Beweisaufnahmen Stellung zu nehmen. Falls sie nicht zu einer Vernehmung geladen werden, sind ihnen die Ergebnisse der Erhebungen zur Kenntnis zu bringen und ist ihnen eine Frist zur Stellungnahme zu setzen (JBl 1990, 335; SSV-NF 4/151; 10 ObS 165/95; JBl 1999, 126; u.a.).
Der Beklagtenvertreter war bei der gesamten, im Berufungsvorverfahren durchgeführten Vernehmung der Beklagten zugegen und hatte die Möglichkeit, Fragen und Anträge zu stellen. Ein Verstoß gegen Verfahrensgesetze liegt daher insoweit der Beklagten gegenüber nicht vor. Seine Forderung, das Gericht hätte die Beklagte "zumindest wissen lassen müssen, daß ihren Angaben (noch) kein Glaube geschenkt wird", um ihr Gelegenheit zu geben, weitere Anträge zu stellen, geht über die Gewährung rechtlichen Gehörs weit hinaus und würde im Ergebnis zu einer einseitigen Bevorzugung führen.
Gem. § 7 ZustG gilt eine mangelhafte Zustellung als dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger), tatsächlich zugekommen ist. Die bloße Kenntnis vom Inhalt des Zustellstücks reicht nicht aus (3 Ob 55/97b; 9 Ob 6/99v; JBl 1999, 265; u.a.). Trotz der erforderlichen restriktiven Auslegung der Bestimmung des § 7 ZustG hat der Oberste Gerichtshof auch ohne tatsächliche Aushändigung des Schriftstücks dann eine Heilung des Zustellmangels angenommen, wenn der Empfänger eine Verfügung über das Schriftstück getroffen hat, mag sie auch von jemand anderem durchgeführt worden sein (RdW 1994, 177; 8 Ob 2090/96b).Gem. Paragraph 7, ZustG gilt eine mangelhafte Zustellung als dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger), tatsächlich zugekommen ist. Die bloße Kenntnis vom Inhalt des Zustellstücks reicht nicht aus (3 Ob 55/97b; 9 Ob 6/99v; JBl 1999, 265; u.a.). Trotz der erforderlichen restriktiven Auslegung der Bestimmung des Paragraph 7, ZustG hat der Oberste Gerichtshof auch ohne tatsächliche Aushändigung des Schriftstücks dann eine Heilung des Zustellmangels angenommen, wenn der Empfänger eine Verfügung über das Schriftstück getroffen hat, mag sie auch von jemand anderem durchgeführt worden sein (RdW 1994, 177; 8 Ob 2090/96b).
Die Beklagte hat über die ihrem (damaligen) Vertreter übersandte Urteilsausfertigung - daß diese ihm zugekommen ist, wird im Rekurs nicht bestritten - dadurch verfügt, daß sie sich ausdrücklich auf dieses Urteil und dessen Rechtskraft berief und somit nicht anders handelte, als hätte sie ihrem Anwalt nach Mitteilung vom Erhalt der Urteilsausfertigung erklärt, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
Die Tatsache, daß das Berufungsgericht nicht auch die Vernehmung des kanadischen Anwalts zur Frage der Weiterleitung der Urteilsausfertigung an die Beklagte veranlaßte, vermag daher den gerügten Verfahrensmangel nicht zu begründen.
Dem Rekurs ist nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 50,, 40 ZPO.
Textnummer
E54885European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1999:0010OB00190.99V.0805.000Im RIS seit
04.09.1999Zuletzt aktualisiert am
24.05.2012