TE Vwgh Erkenntnis 2006/11/14 2004/05/0278

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Veröffentlicht am 14.11.2006
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;
BauO NÖ 1976 §10 Abs1 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §11 Abs1 Z2 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §14 Abs1 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §14 Abs2 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §2 Z7 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §2 Z7 idF 8200-6;
BauO NÖ 1996 §11 Abs1 idF 8200-6;
BauO NÖ 1996 §11 Abs1 Z1 idF 8200-6;
BauO NÖ 1996 §11 Abs1 Z2 idF 8200-6;
BauO NÖ 1996 §11 Abs2 idF 8200-6;
BauO NÖ 1996 §11 Abs2 Z1 lita idF 8200-6;
BauO NÖ 1996 §11 Abs2 Z2 idF 8200-6;
BauO NÖ 1996 §11 Abs2 Z3 idF 8200-6;
BauO NÖ 1996 §11 Abs2 Z4 idF 8200-6;
BauO NÖ 1996 §11 Abs2 Z5 idF 8200-6;
BauO NÖ 1996 §11 Abs4 idF 8200-6;
BauO NÖ 1996 §11 idF 8200-6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz, als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Mag. Herta Schwarz in 3400 Klosterneuburg, vertreten durch Kraft & Winternitz, Rechtsanwälte-GmbH in 1010 Wien, Nibelungengasse 11, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 26. Februar 2002, Zl. RU1-V-01090/01, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Klosterneuburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über Antrag der Beschwerdeführerin und des Dipl. Ing. W. B. erließ der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde am 30. Dezember 1983 folgenden Bescheid (Klammerausdruck nicht im Original):

"I. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Klosterneuburg als Baubehörde I. Instanz erteilt gemäß § 11 der Bauordnung für Niederösterreich die Bewilligung

zur Abteilung der Grundstücke Nr. 1235/1, 1235/2, 1235/3, E.Z. 340, und des Grundstückes Nr. 3206/1, E. Z. 4859, K. G. Klosterneuburg, auf die Trennstücke Gdst. Nr. 1235/1, 1235/2, 1235/3, 1235/4 und die Verkehrsflächen Gdst. Nr. 1235/5, 3206/1, gemäß dem Teilungsplan des Zivilingenieurs für Vermessungswesen (...) vom 10.8.1982, Geschäftszahl 2860/1.

Die Punkte 1.), 3.) und 6.) der Beilage A zur Verhandlungsniederschrift sind als Bestandteil dieser Bewilligung einzuhalten.

Für die Verbücherung der Abteilung wird die Übernahme durch die Stadt Klosterneuburg der gemäß Pkt. 1.) dieses Bescheides zum öffentlichen Gut abzutretenden Verkehrsflächen bestätigt.

II. Gemäß § 14 Abs. 1 NÖ Bauordnung sind für die durch diese Teilung geschaffenen Trennstücke, welche neuen Bauplätzen entsprechen, Aufschließungsbeiträge an die Gemeinde zu erbringen.

Gemäß dem Ansuchen von (....) und von (Beschwerdeführerin), anlässlich der Grundabteilungsverhandlung, auf Stundung der Aufschließungsbeiträge anlässlich der Abteilung der Gdst. Nr. 1235/1, 1235/2 und 1235/3, E. Z. 340, K.G. Klosterneuburg, bis zur erstmaligen Bauführung oder Unterabteilung auf mehrere Bauplätze wird gemäß dem Stadtratsbeschluss vom 5. 10 1983 unter der Bedingung stattgegeben, dass diese Verpflichtung im Grundbuch mittels einer Realbestellungsurkunde sichergestellt wird, in welcher die Verpflichtung enthalten ist, dass die Bezahlung der Aufschließungsbeiträge gemäß den zum Zeitpunkt der Vorschreibung geltenden Einheitssatz zu erfolgen hat.

....."

Laut dem einen Bestandteil des Bescheids bildenden Teilungsplan vom 10. August 1982 wurden die im Eigentum der Beschwerdeführerin und des Dipl. Ing. W. B. stehenden, im Bauland befindlichen Grundstücke in der Weise geteilt, dass je zwei neue Grundstücke nördlich (darunter das hier gegenständliche Grundstück Nr. 1235/3, welches seit der Teilung allein der Beschwerdeführerin gehört) und südlich des zu schaffenden Verkehrsweges "Steigergasse" entstanden. Die Verkehrsfläche "Steigergasse" (Grundstück Nr. 1235/5) war gemäss dem einen Bestandteil der Bewilligung bildenden Punkt 1.) der Verhandlungsniederschrift vom 23. Juni 1983 "gleichzeitig mit der Eintragung dieses Bescheides im Grundbuch kostenlos und frei von in Geld ablösbaren Lasten sowie geräumt und gerodet in das öffentliche Gut abzutreten (§ 13 NÖ Bauordnung)". Nach Punkt 4 der Verhandlungsniederschrift hatten die Bauplätze so lange unbebaut zu bleiben, bis die Verbindung mit den übrigen öffentlichen Verkehrsflächen hergestellt ist.

Aus den vorliegenden Plänen ergibt sich weiters, dass das genannte Grundstück der Beschwerdeführerin an seiner Ostseite von der öffentlichen Verkehrsfläche "Eichberggasse" durch das dazwischen liegende Grundstück Nr. 1233/1 getrennt ist.

Mit Verordnung vom 17. Dezember 1987 - welche mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 31. Mai 1989 genehmigt wurde und am 29. Juni 1989 in Kraft trat - erhielt (u.a.) das als Weg vorgesehene Grundstück Nr. 1235/5 sowie der westliche Teil des Grundstückes Nr. 1235/3 die Widmung "Grünland-Landwirtschaft". Der östliche Teil des Grundstückes Nr. 1235/3, der südlich an die nunmehr umgewidmete Wegparzelle anschließt, behielt die Widmung "Bauland-Wohngebiet" bei.

Mit Schreiben vom 29. September 2000, verbessert mit Schreiben vom 30. Oktober 2000, beantragte die Beschwerdeführerin die Erklärung des Grundstückes Nr. 1235/3, KG Klosterneuburg (gemeint wohl: des als "Bauland-Wohngebiet" gewidmeten östlichen Teiles des Grundstückes Nr. 1235/3), zum Bauplatz.

Mit Bescheid des Stadtamtes der mitbeteiligten Partei vom 6. November 2000 wurde der Antrag, den als "Bauland-Wohngebiet" gewidmeten Teil des Grundstückes Nr. 1235/3 zum Bauplatz zu erklären, abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die dem als "Bauland-Wohngebiet" gewidmeten Teil des Grundstückes Nr. 1235/3 vorgelagerte Straßengrundfläche Nr. 1235/5 laut dem derzeit gültigen Flächenwidmungsplan die Widmung "Grünland-Landwirtschaft" aufweise.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Partei vom 28. März 2001 als unbegründet abgewiesen. Das gegenständliche Grundstück besitze keinen Anschluss an eine öffentliche Verkehrsfläche, sondern sei durch das östlich angrenzende Grundstück Nr. 1233/1 von der öffentlichen Verkehrsfläche "Eichberggasse" getrennt. Auch sei das anlässlich der Abteilung abgetretene Grundstück Nr. 1235/5, welches als öffentliche Verkehrsfläche "Steigergasse" vorgesehen gewesen sei, gemäß dem derzeit geltenden Flächenwidmungsplan als "Grünland-Landwirtschaft" ausgewiesen. Im Zeitpunkt der Abteilung sei die gesamte Liegenschaft EZ 340 (Nr. 1235/1 alt, 1235/2 alt, 1235/3 alt) als "Bauland-Wohngebiet" gewidmet gewesen; den neu geschaffenen vier "Trennstücken" sei Bauplatzeigenschaft zugekommen. Jener Teil des Grundstückes Nr. 1235/3, welcher auch nunmehr als "Bauland-Wohngebiet" gewidmet sei, sei im Zuge der Teilung nicht zum Bauplatz erklärt worden, weshalb er einer Bauplatzerklärung bedürfe. Die Voraussetzungen des § 10 (gemeint wohl: § 11) Abs. 2 Z. 2 bis 5 NÖ Bauordnung seien zwar zu bejahen, jene der Z. 1 aber nicht. Da das Grundstück Nr. 1235/5 nunmehr als "Grünland" gewidmet sei und vor der öffentlichen Verkehrsfläche "Eichberggasse" das fremde Grundstück Nr. 1233/1 liege, sei die Bauplatzerklärung daher zu versagen gewesen.

Mit ihrer dagegen erhobenen Vorstellung verband die Beschwerdeführerin die Anträge auf Rückabtretung des Grundstückes Nr. 1235/5 und auf (zumindest teilweise) Umwidmung dieses Grundstückes in "Bauland-Wohngebiet", damit eine Zufahrt möglich sei.

Mit Bescheid vom 8. Juni 2001 hob die belangte Behörde den Berufungsbescheid auf, weil der Stadtrat der mitbeteiligten Partei nicht geprüft habe, ob die Beschwerdeführerin gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 lit. c NÖ Bauordnung ein Fahr- und Leitungsrecht über das östlich angrenzende Grundstück Nr. 1233/1 habe, bzw. sie nicht darauf hingewiesen habe, dass sie ein solches erwirken könne. Bezüglich der Rückabtretung des Grundstückes Nr. 1235/5 verwies die belangte Behörde auf § 12 Abs. 7 BO und führte aus, dass hierfür die mitbeteiligte Stadtgemeinde zuständig sei.

Über Aufforderung der mitbeteiligten Stadtgemeinde teilte die nunmehr anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin mit Stellungnahme vom 24. Oktober 2001 mit, dass sie ein Fahr- und Leitungsrecht über das Grundstück Nr. 1233/1 nicht erwirkt habe und aller Voraussicht nach auch nicht erwirken könne. Die einzige Möglichkeit, zu dem gegenständlichen Grundstück gelangen zu können, sei die Zufahrt über das Grundstück Nr. 1235/5. Ihren Antrag auf Rückabtretung des Grundstückes Nr. 1235/5 zog sie, da der damalige Miteigentümer Dipl. Ing. W. B. einer Übertragung seiner Rechte an die Beschwerdeführerin nicht zugestimmt habe, zurück.

Mit Bescheid vom 5. Dezember 2001 wies der Stadtrat der mitbeteiligten Partei die Berufung der Beschwerdeführerin neuerlich als unbegründet ab. Das fortgesetzte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Beschwerdeführerin weder ein Fahr- und Leitungsrecht über das Grundstück Nr. 1233/1 habe noch dass sie ein solches erwirken werde.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Es stehe fest, dass die beantragte Bauplatzerklärung den Bestimmungen des § 11 der NÖ Bauordnung widerspreche. Dies werde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten, sondern stelle sie vielmehr die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes in Abrede. Die belangte Behörde könne aber infolge der in der österreichischen Bundesverfassung normierten Gemeindeautonomie keine Anordnung einer Umwidmung treffen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 27. September 2004, B 708/02-8, ab; zur behaupteten Gesetzwidrigkeit der Verordnung vom 17. Dezember 1987 führte er aus:

"Soweit in der Beschwerde, die nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Gründlandwidmung des Grundstückes Nr. 1235/3 nicht

präjudiziell ist,

dass dem Abtretungsverpflichteten im Falle der Aufhebung der Widmung als öffentliche Verkehrsfläche ein Anspruch auf Rückübereignung gemäß § 12 Abs. 7 NÖ BauO 1996 offen steht

und dass der Beschwerdeführerin zivilrechtlich auch ein im Grundbuch sichergestelltes Fahr- und Leitungsrecht (§ 11 Abs. 2 lit. c) NÖ BauO 1996) nach den Bestimmungen des Notwegegesetzes eingeräumt werden kann,

die Rechtswidrigkeit der den Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen oder die Verletzung eines nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."

Mit demselben Beschluss trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof ab.

In ihrer Beschwerdeergänzung erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Bauplatzerklärung für den als "Bauland-Wohngebiet" gewidmeten Teil ihres Grundstückes Nr. 1235/3, KG. Klosterneuburg, verletzt. Sie bringt im Wesentlichen vor, der Flächenwidmungsplan vom 17. Dezember 1987 sei in Bezug auf die Umwidmung des Grundstückes Nr. 1235/5 in "Grünland" gesetzwidrig, weil er der von der mitbeteiligten Partei betriebenen Abtretung dieses Grundstückes zur Errichtung einer Verkehrsfläche widerspreche sowie im Widerspruch zu der teilweisen Widmung des Grundstückes Nr. 1235/3 als "Bauland-Wohngebiet" stehe. Auch sei der Flächenwidmungsplan in Bezug auf die Umwidmung des Grundstückes Nr. 1235/5 für den vorliegenden Fall sehr wohl präjudiziell, weil andernfalls (bei Weiterbestehen der Widmung "Verkehrsfläche") die Bauplatzerklärung zu bewilligen gewesen wäre. Im Übrigen habe die Behörde es unterlassen, die Beschwerdeführerin darüber zu informieren, dass ein Fahr- und Leitungsrecht auch nach den Bestimmungen des Notwegerechtes ohne Zustimmung des Grundeigentümers eingeräumt werden hätte können.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 11 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-6 (BO) lautet:

"Bauplatz, Bauverbot

(1) Bauplatz ist ein Grundstück im Bauland, das

1.

hiezu erklärt wurde oder

2.

durch eine vor dem 1. Jänner 1989 baubehördlich bewilligte Änderung von Grundstücksgrenzen geschaffen wurde und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß oder

              3.              durch eine nach dem 1. Jänner 1989 baubehördlich bewilligte oder angezeigte Änderung von Grundstücksgrenzen ganz oder zum Teil aus einem Bauplatz entstanden ist und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß oder

              4.              am 1. Jänner 1989 bereits als Bauland gewidmet und mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude oder Gebäudeteil, ausgenommen solche nach § 15 Abs. 1 Z. 1 und § 23 Abs. 3 letzter Satz, bebaut war.

(2) Auf Antrag des Eigentümers ist ein Grundstück im Bauland mit Bescheid zum Bauplatz zu erklären, wenn es

1. a) an eine bestehende oder im Flächenwidmungsplan vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche unmittelbar angrenzt oder

b) mit einer solchen durch eine Brücke verbunden ist oder verbunden werden kann oder

c) mit einem im Grundbuch sichergestellten Fahr- und Leitungsrecht, das dem Bebauungsplan nicht widerspricht, verbunden wird,

2. auf Grund seiner Gestalt, Beschaffenheit und Größe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und den Festlegungen im Bebauungsplan bebaut werden darf,

3.

nicht in einer Aufschließungszone (§ 75) liegt, und wenn

4.

die Bauplatzerklärung dem Zweck einer Bausperre (§ 74 Abs. 4 oder § 23 Abs. 3 NÖ Raumordnungsgesetz, LGBl. 8000) nicht widerspricht, oder

              5.              die Aufschließung des Grundstücks zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht unwirtschaftliche Aufwendungen für öffentliche Einrichtungen auf dem Gebiete des Straßenbaues, der Wasserversorgung oder der Abwasserbeseitigung wegen seiner Entfernung von bereits aufgeschlossenem Gebiet zur Folge hat.

Verliert ein zum Bauplatz erklärtes Grundstück, das weder mit einem Gebäude noch mit einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) bebaut ist, durch Umwidmung nach den Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, die Baulandwidmung, erlischt die Bauplatzerklärung.

...

(4) Wenn ein Grundstück zum Teil als Bauland, zum anderen als Grünland gewidmet ist, gilt auch Abs. 2. In diesem Fall darf nur der als Bauland gewidmete Teil - unter Angabe des Flächenausmaßes -

zum Bauplatz erklärt werden und die Ein- und Ausfahrt auch durch einen Grüngürtel führen, wenn dies mit dessen Widmungszweck vereinbar ist.

(5) Auf einem Bauplatz nach Abs. 1, der an eine im Flächenwidmungsplan vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche angrenzt, gilt ein Bauverbot, solange diese Verkehrsfläche den Verkehrserfordernissen nicht entspricht. Kein Bauverbot besteht, wenn der Bauplatz mit einem Fahr- und Leitungsrecht nach Abs. 2 Z. 1 lit. c mit einer anderen öffentlichen Verkehrsfläche, die den Verkehrserfordernissen entspricht, verbunden ist.

..."

Wie sich aus dieser Bestimmung ergibt, ist auf Antrag des Eigentümers ein Grundstück im Bauland, das noch nicht zum Bauplatz erklärt wurde und auch nicht nach Abs. 1 Z. 2 bis 4 leg. cit. als solcher gilt, zum Bauplatz zu erklären, wenn die in Abs. 2 normierten Voraussetzungen gegeben sind (vgl. auch § 23 Abs. 3 BO).

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin eine Bauplatzerklärung des als "Bauland-Wohngebiet" gewidmeten östlichen Teiles ihres Grundstückes Nr. 1235/3 beantragt. Da dieses Grundstück infolge einer baubehördlich bewilligten Abteilung vom 30. Dezember 1983 entstanden ist, ist zunächst zu prüfen, ob diesem und damit verbunden dem gegenständlichen Grundstücksteil nicht bereits ex lege Bauplatzeigenschaft im Sinne des § 11 Abs. 1 Z. 2 BO zukommt.

Im Zeitpunkt der Abteilung vom 30. Dezember 1983 galt die Niederösterreichische Bauordnung 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen lauten auszugsweise:

"§ 2

....

7. Bauplatz: ein an eine bestehende oder vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche angrenzendes Grundstück im Bauland, welches eine solche Gestalt, Beschaffenheit und Größe hat, dass darauf Gebäude nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und des Bebauungsplan errichtet werden dürfen;

....

§ 10

(1) Im Bauland bedarf die Grundabteilung (Teilung von Grundstücken sowie jede Veränderung von Grundstücksgrenzen) einer Bewilligung der Baubehörde;

....

§ 11

(1) Das Ansuchen um Bewilligung der Grundabteilung ist auf die Übereinstimmung mit den Vorschriften dieses Gesetzes und den Festlegungen im örtlichen Raumordnungsprogramm sowie im Bebauungsplan zu prüfen. Von der Vornahme eines Augenscheins und der Aufnahme des Beweises durch einen Sachverständigen bei diesem Augenschein darf nicht abgesehen werden.

(2) Jeder Bauplatz muss den in § 2 Z. 7 angeführten Anforderungen entsprechen. Fahnengrundstücke sind nur zulässig, wenn der an die Verkehrsfläche reichende Zufahrtsstreifen mindestens 3 m breit ist, höchstens über eine Bauplatztiefe reicht und Anschlüsse für Wasser und Kanalisation ohne besondere technische Vorrichtungen möglich sind. Jeder Bauplatz ist im Grundabteilungsbewilligungsbescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen.

(3) Die Baubehörde hat die Bewilligung zu versagen, wenn durch die Grundabteilung Vorschriften dieses Gesetzes verletzt werden, insbesondere wenn

....

3. durch die Grundabteilung eine unbebaubare Restfläche entstehen würde, es sei denn sie soll in das öffentliche Gut übertragen werden, oder

....

§ 14

(1) Die Gemeinde hat aus Anlass der Grundabteilung einen Beitrag zu den Herstellungskosten der Fahrbahn, der Gehsteiges, der Oberflächenentwässerung und der Straßenbeleuchtung einzuheben. Der Beitrag ist gleichzeitig mit der Bewilligung der Grundabteilung vorzuschreiben und wird drei Monate nach Rechtskraft des Grundbuchsbeschlusses fällig. Wenn zuvor noch kein Aufschließungsbeitrag entrichtet wurde, dann ist ein solcher nach den folgenden Bestimmungen anlässlich der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes auf dem Bauplatz zugleich mit der Erteilung der Baubewilligung vorzuschreiben.

...."

Nach § 11 Abs. 3 Z. 3 BO 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-1 hätte die Baubehörde die Bewilligung zu versagen gehabt, wenn durch die Grundabteilung eine unbebaubare Restfläche entstanden wäre, es sei denn, sie sollte in das öffentliche Gut übertragen werden. Bauplätze mussten nach § 11 Abs. 2 leg. cit. den in § 2 Z. 7 angeführten Anforderungen entsprechen und im Grundabteilungs-Bewilligungsbescheid ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Ein Aufschließungsbeitrag konnte - wie sich aus § 14 Abs. 2 leg. cit. ableiten lässt - nur für einen Bauplatz vorgeschrieben werden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1980, Zl. 991, 992/80).

Daraus folgt, dass zur Beurteilung der Frage, ob ein Bauplatz durch eine Abteilungsbewilligung geschaffen wurde, der Abteilungsbewilligungsbescheid und als weitere Auslegungshilfe der darin möglicherweise verwiesene Abteilungsplan, der Gegenstand des Bewilligungsantrages war, heranzuziehen ist (siehe das hg Erkenntnis vom 12. Oktober 1984, Zl. 83/17/0036). Dem Bescheid kann im vorliegenden Fall in Spruchpunkt II entnommen werden, dass gemäß § 14 Abs. 1 NÖ BauO 1976 für die durch diese Teilung geschaffenen Trennstücke (darunter u.a. das Grundstück Nr. 1235/3), welche neuen Bauplätzen entsprechen, Aufschließungsbeiträge zu entrichten sind. Berücksichtigt man zusätzlich die in Spruchpunkt I gewählte Unterscheidung zwischen "Trennstücken" - welche nach Spruchpunkt II neuen Bauplätzen entsprechen - und "Verkehrsflächen", so ergibt sich insbesondere unter Beachtung dessen, dass Aufschließungsbeiträge nur für Bauplätze vorgeschrieben wurden, ohne Zweifel, dass dem Grundstück Nr. 1235/3 im Zeitpunkt des Abteilungsbewilligungsbescheids Bauplatzeigenschaft zukommen sollte. Dies wird auch durch den einen Bestandteil der Bewilligung bildenden Teilungsplan bestätigt, wonach eine unmittelbar an das gegenständliche Grundstück angrenzende Verkehrsfläche (Nr. 1235/5) vorgesehen war (vgl. § 2 Z. 7 NÖ BauO 1976). Gerade dadurch, dass die vorgeschriebenen Aufschließungsbeiträge bis zur erstmaligen Bauführung oder Unterabteilung auf mehrere Bauplätze gemäß Spruchpunkt II gestundet wurden, wird nochmals hervorgehoben, dass dieses Grundstück einer Bauführung zugänglich und damit Bauplatz sein sollte. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass dem Grundstück Nr. 1235/3 - und somit auch dem gegenständlichen Grundstücksteil - im Zeitpunkt seiner Abteilung am 30. Dezember 1983 Bauplatzeigenschaft im Sinne des § 11 Abs. 1 Z. 2 BO zukam.

Zu prüfen ist nun die Frage, ob diese Bauplatzeigenschaft auch noch im Zeitpunkt der hier gegenständlichen Antragsstellung aufrecht war.

Dazu ist zunächst auf den letzten Satz des § 11 Abs. 2 BO zu verweisen, wonach bei einem unbebauten Grundstück die Bauplatzeigenschaft erlischt, wenn die Widmung als Bauland verloren geht. Auch wenn diese Bestimmung im Abs. 2 des § 11 BO enthalten ist - die hier angenommene Bauplatzeigenschaft beruht ja nicht auf § 11 Abs. 1 Z. 1 BO, welche Bestimmung durch § 11 Abs. 2 BO näher ausgeführt wird, sondern auf § 11 Abs. 1 Z. 2 BO - besteht kein Grund zur Annahme, dass diese Bestimmung nicht auch auf "geborene" Bauplätze nach der zuletzt genannten Bestimmung Anwendung findet, weil, wie aus dem Einleitungssatz des § 11 Abs. 1 BO hervorgeht, die Baulandwidmung in jedem Fall Voraussetzung der Bauplatzeigenschaft ist. Zu verweisen ist schließlich auf § 11 Abs. 4 BO, wonach Abs. 2 auch gilt, wenn nur ein Teil als Bauland gewidmet ist.

Mit Verordnung vom 17. Dezember 1987, welche am 29. Juni 1989 in Kraft trat, wurde der westliche Teil des Grundstückes Nr. 1235/3 in "Grünland" umgewidmet. Da auch nach § 2 Z. 7 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 in der im Zeitpunkt der Verordnung gültigen Fassung der Novelle LGBl. 8200-6 die Widmung "Bauland" ein maßgebliches Kriterium eines Bauplatzes war, hat der westliche Grundstücksteil seine Bauplatzeigenschaft zweifellos in diesem Zeitpunkt verloren.

Da aber nach § 11 Abs. 4 BO auch ein Grundstücksteil zum Bauplatz erklärt werden kann, ist die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass auch bei einem "geborenen" Bauplatz die Bauplatzeigenschaft bei bloß teilweiser Umwidmung für den Baulandteil bestehen bleiben kann, wenn auch der Restfläche nach den im Zeitpunkt der Abteilung geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft zukam (§ 11 Abs. 1 Z. 2 BO).

Nach § 2 Z. 7 der am 30. Dezember 1983 geltenden Niederösterreichischen Bauordnung 1976, LGBl. 8200-1, war "Bauplatz" als ein an eine bestehende oder vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche angrenzendes Grundstück im Bauland, welches eine solche Gestalt, Beschaffenheit und Größe hat, dass darauf Gebäude nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und des Bebauungsplanes errichtet werden dürfen, definiert. Dass die für einen Bauplatz erforderliche Qualität hier auch noch für die Restfläche vorliegt, kann nicht in Abrede gestellt werden; im Berufungsbescheid vom 28. März 2001 wurde ja festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z. 2 bis 5 BO zu bejahen sind.

Einen anderen Erlöschenstatbestand als den des § 11 Abs. 2 letzter Satz BO kennt das Gesetz allerdings nicht; insbesondere sieht das Gesetz für den Fall, dass die Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z. 1 lit. a BO wegfällt, kein Erlöschen der Bauplatzeigenschaft vor.

Daraus folgt, dass der gegenständliche Grundstücksteil nach wie vor ein Bauplatz ist, sodass das verfahrenseinleitende Ansuchen der Beschwerdeführerin gemäß § 68 Abs. 1 AVG hätte zurückgewiesen werden müssen. Dadurch, dass die belangte Behörde die Abweisung des Ansuchens billigte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weil damit in einer der Rechtskraft fähigen Weise über die Bauplatzeigenschaft der in Rede stehenden Grundfläche in negativer Weise abgesprochen wurde.

Damit erübrigen sich Erwägungen zu den von der Beschwerdeführerin geäußerten Normbedenken hinsichtlich der Umwidmung der (ehemaligen) Verkehrsfläche Grundstück Nr. 1235/5, insbesondere hinsichtlich des dem Bauplatz vorgelagerten Teiles dieses Grundstückes. Diese Frage wird sich allenfalls stellen, wenn einem Bauansuchen der Beschwerdeführerin das Bauverbot gemäß § 11 Abs. 5 BO bzw. das Hindernis des § 49 Abs. 3 leg. cit.

entgegen gehalten wird.

     Der angefochtene Bescheid war daher aus den obigen Erwägungen

wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

     Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die

§§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 2003/333.

Wien, am 14. November 2006

Schlagworte

Rechtskraft Besondere Rechtsgebiete BaurechtBesondere RechtsgebieteZurückweisung wegen entschiedener SacheIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004050278.X00

Im RIS seit

12.12.2006

Zuletzt aktualisiert am

27.06.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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