TE OGH 1999/8/5 12Os89/99 (12Os90/99)

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Veröffentlicht am 05.08.1999
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Der Oberste Gerichtshof hat am 5. August 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lokay als Schriftführer in der Strafsache gegen Natascha E***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Urteile des Bezirksgerichtes Villach vom 15. April 1998, GZ 4 U 27/98t-8, und des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 20. August 1998, AZ 7 Bl 123/98, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit der Verurteilten zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 5. August 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lokay als Schriftführer in der Strafsache gegen Natascha E***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach Paragraph 88, Absatz eins, StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Urteile des Bezirksgerichtes Villach vom 15. April 1998, GZ 4 U 27/98t-8, und des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 20. August 1998, AZ 7 Bl 123/98, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit der Verurteilten zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 15. April 1998, GZ 4 U 27/98t-8, mit dem Natascha E***** des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, und das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 20. August 1998, AZ 7 Bl 123/98, verletzen das Gesetz in der Bestimmung des § 19 StVO iVm § 88 Abs 1 StGB.Das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 15. April 1998, GZ 4 U 27/98t-8, mit dem Natascha E***** des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach Paragraph 88, Absatz eins, StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, und das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 20. August 1998, AZ 7 Bl 123/98, verletzen das Gesetz in der Bestimmung des Paragraph 19, StVO in Verbindung mit Paragraph 88, Absatz eins, StGB.

Beide Urteile werden aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Villach zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 15. April 1998, GZ 4 U 27/98t-8, wurde Natascha E***** des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt.Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 15. April 1998, GZ 4 U 27/98t-8, wurde Natascha E***** des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach Paragraph 88, Absatz eins, StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt.

Nach den wesentlichen - zusammengefaßt wiedergegebenen - Urteilsfeststellungen fuhr Natascha E***** am 30. Dezember 1997 im Stadtgebiet von Villach mit ihrem PKW auf der Taferner Straße nach Westen in Richtung Kreuzung mit der Ossiacher Zeile. Über den trichterförmigen Einmündungsbereich der Taferner Straße in die Ossiacher Zeile erstreckt sich ein 3,5 m breiter Schutzweg (vor dem das Gebotszeichen "Vorrang geben" - § 52 lit c Z 23 StVO - aufgestellt ist - 37 - und) an den in westlicher Richtung "die Markierungslinie eines Radfahrweges als Verlängerung eines asphaltierten Radfahrweges" (womit ersichtlich die parallel zum Schutzweg geführte Radfahrerüberfahrt im Zuge des Radweges gemäß § 2 Abs 1 Z 12a StVO beschrieben werden sollte) mit einer Gesamtbreite von 2,5 m anschließt (der mit in Form von Bodenmarkierungen in Richtung Norden, somit bei Annäherung an den in Rede stehenden Einmündungsbereich auf der Taferner Straße von links nach rechts weisenden Richtungspfeilen gemäß § 55 Abs 1 StVO versehen ist - 13, 35).Nach den wesentlichen - zusammengefaßt wiedergegebenen - Urteilsfeststellungen fuhr Natascha E***** am 30. Dezember 1997 im Stadtgebiet von Villach mit ihrem PKW auf der Taferner Straße nach Westen in Richtung Kreuzung mit der Ossiacher Zeile. Über den trichterförmigen Einmündungsbereich der Taferner Straße in die Ossiacher Zeile erstreckt sich ein 3,5 m breiter Schutzweg (vor dem das Gebotszeichen "Vorrang geben" - Paragraph 52, Litera c, Ziffer 23, StVO - aufgestellt ist - 37 - und) an den in westlicher Richtung "die Markierungslinie eines Radfahrweges als Verlängerung eines asphaltierten Radfahrweges" (womit ersichtlich die parallel zum Schutzweg geführte Radfahrerüberfahrt im Zuge des Radweges gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 12 a, StVO beschrieben werden sollte) mit einer Gesamtbreite von 2,5 m anschließt (der mit in Form von Bodenmarkierungen in Richtung Norden, somit bei Annäherung an den in Rede stehenden Einmündungsbereich auf der Taferner Straße von links nach rechts weisenden Richtungspfeilen gemäß Paragraph 55, Absatz eins, StVO versehen ist - 13, 35).

Als E***** in den beschriebenen Kreuzungsbereich einfuhr, näherte sich entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung - aus Sicht der PKW-Lenkerin somit von rechts - der 82-jährige Radfahrer Mathias K*****. Natascha E***** bog in weiterer Folge nach rechts in die Ossiacher Zeile ein, wobei sie nur nach links blickte und demzufolge den Radfahrer nicht wahrnahm. Dieser erlitt bei der Kollision beider Fahrzeuge dem Grade nach leichte Verletzungen, die mit einer Gesundheitsschädigung von mehr als dreitägiger Dauer verbunden waren (21).

Das Bezirksgericht beurteilte das Fahrverhalten der Natascha E***** als (nicht näher spezifizierte) "Mißachtung des Vorranges". Dieser Rechtsauffassung schloß sich im wesentlichen auch das Landesgericht Klagenfurt an, das als Berufungsgericht mit Urteil vom 20. August 1998, AZ 7 Bl 123/98 (ON 16 des U-Aktes), der gegen den Schuld- und Strafausspruch des Bezirksgerichtes Villach gerichteten Berufung der Beschuldigten (wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe) nicht Folge gab. Dabei ging auch das Berufungsgericht davon aus, daß E***** sich "gegenüber der Ossiacher Zeile im Nachrang befunden habe" und sich nicht auf den Vertrauensgrundsatz (§ 3 StVO) berufen könne, weil sie sich selbst straßenverkehrsordnungswidrig verhalten habe.Das Bezirksgericht beurteilte das Fahrverhalten der Natascha E***** als (nicht näher spezifizierte) "Mißachtung des Vorranges". Dieser Rechtsauffassung schloß sich im wesentlichen auch das Landesgericht Klagenfurt an, das als Berufungsgericht mit Urteil vom 20. August 1998, AZ 7 Bl 123/98 (ON 16 des U-Aktes), der gegen den Schuld- und Strafausspruch des Bezirksgerichtes Villach gerichteten Berufung der Beschuldigten (wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe) nicht Folge gab. Dabei ging auch das Berufungsgericht davon aus, daß E***** sich "gegenüber der Ossiacher Zeile im Nachrang befunden habe" und sich nicht auf den Vertrauensgrundsatz (Paragraph 3, StVO) berufen könne, weil sie sich selbst straßenverkehrsordnungswidrig verhalten habe.

In ihrer zur Wahrung des Gesetzes gegen beide Urteile erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde macht die Generalprokuratur zunächst mit Recht eine Verletzung der Bestimmung des § 19 StVO iVm § 88 Abs 1 StGB geltend:In ihrer zur Wahrung des Gesetzes gegen beide Urteile erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde macht die Generalprokuratur zunächst mit Recht eine Verletzung der Bestimmung des Paragraph 19, StVO in Verbindung mit Paragraph 88, Absatz eins, StGB geltend:

Rechtliche Beurteilung

Im Sinn der Argumentation der Beschwerde trifft es nämlich zu, daß die im Ergebnis konformen Rechtsauffassungen sowohl des Bezirksgerichtes Villach als auch des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht mit dem Gesetz nicht im Einklang stehen:

Denn Radfahrer sind verpflichtet, Radwege nur in der (wie hier) durch Richtungspfeile determinierten Richtung zu benützen. Ein Kraftfahrzeuglenker muß nicht damit rechnen, daß ein Radfahrer auf einem Radweg unzulässiger- weise entgegen der für ihn vorgeschriebenen Fahrtrichtung in eine Kreuzung einfährt. Auch ein vor der Kreuzung vorgebrachtes Verkehrszeichen "Vorrang geben" verhält den Kraftfahrzeuglenker nicht, einem vorschriftswidrig herannahenden Radfahrer den Vorrang zu überlassen (ZVR 1998/60, EvBl 1992/178 = ZVR 1992/142). Da somit von einem im Unfallszeitpunkt aktuellen Vorrang des Mathias K***** keine Rede sein kann, waren beide - auf den Nachrang E*****s abstellenden - Entscheidungen aufzuheben.

Soweit die Beschwerde aber aus diesem Verstoß gegen das Gesetz darüber hinaus die Voraussetzungen für einen Freispruch E*****s ableitet (§§ 292, 288 Abs 2 Z 3 StPO), trägt sie hier maßgebenden Faktoren insoweit nicht Rechnung, als auf der Basis der erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilt werden kann, ob Natascha E***** in der konkreten Situation bei Anwendung gebotener Sorgfalt das infolge Mißachtung der vorgeschriebenen Fahrtrichtung straßenverkehrsordnungswidrige Fahrverhalten des 82-jährigen Mathias K***** rechtzeitig (unter den Vertrauensgrundsatz ausschaltenden Modalitäten) hätte erkennen müssen.Soweit die Beschwerde aber aus diesem Verstoß gegen das Gesetz darüber hinaus die Voraussetzungen für einen Freispruch E*****s ableitet (Paragraphen 292,, 288 Absatz 2, Ziffer 3, StPO), trägt sie hier maßgebenden Faktoren insoweit nicht Rechnung, als auf der Basis der erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilt werden kann, ob Natascha E***** in der konkreten Situation bei Anwendung gebotener Sorgfalt das infolge Mißachtung der vorgeschriebenen Fahrtrichtung straßenverkehrsordnungswidrige Fahrverhalten des 82-jährigen Mathias K***** rechtzeitig (unter den Vertrauensgrundsatz ausschaltenden Modalitäten) hätte erkennen müssen.

Bei dieser Sachlage war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes infolge zum Nachteil der Natascha E***** unrichtiger Anwendung des § 19 StVO spruchgemäß mit Kassierung der in Rede stehenden Urteile vorzugehen und zu der für eine abschließende Fallbeurteilung erforderlichen Abklärung aller wesentlichen Tatsachengrundlagen eine entsprechende Verfahrenserneuerung anzuordnen.Bei dieser Sachlage war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes infolge zum Nachteil der Natascha E***** unrichtiger Anwendung des Paragraph 19, StVO spruchgemäß mit Kassierung der in Rede stehenden Urteile vorzugehen und zu der für eine abschließende Fallbeurteilung erforderlichen Abklärung aller wesentlichen Tatsachengrundlagen eine entsprechende Verfahrenserneuerung anzuordnen.

Anmerkung

E54925 12D00899

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0120OS00089.99.0805.000

Dokumentnummer

JJT_19990805_OGH0002_0120OS00089_9900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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