TE OGH 1999/8/5 1Ob183/99i

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Veröffentlicht am 05.08.1999
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelm S*****, vertreten durch Dr. Christian Pichler, Rechtsanwalt in Reutte, wider die beklagte Partei Jakob S*****, vertreten durch Dr. Bernhard Heitzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck wegen Feststellung und Einverleibung einer Dienstbarkeit (Streitwert 35.000 S), Entfernung (Streitwert 10.000 S) und Unterlassung (Streitwert 10.000 S) infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 9. März 1999, GZ 1 R 41/99g-60, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Endurteil des Bezirksgerichts Reutte vom 30. November 1998, GZ 2 C 420/96a-56, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht gab den Klagebegehren auf Feststellung und Verbücherung der Dienstbarkeit des "unbeschränkten Geh- und Fahrweges" - räumlich begrenzt durch die Teilfläche A/a eines Lageplans des dienenden Grundstücks - mit Teilanerkenntnisurteil vom 20. Juni 1996 statt. Dagegen wies es die Mehrbegehren auf Feststellung und Verbücherung der Dienstbarkeit des "unbeschränkten Geh- und Fahrweges" an einer weiteren Teilfläche des dienenden Grundstücks, Entfernung von Betontrögen und einer Reklametafel sowie auf Unterlassung von Störungen des Dienstbarkeitsrechts mit dem Endurteil vom 30. November 1998 ab.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 52.000 S, jedoch nicht 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Mit Beschluß vom 27. April 1999 änderte das Berufungsgericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision dahin ab, daß ein solches Rechtsmittel doch zulässig sei, weil der Revisionswerber mit dem Hinweis, "geringfügige Veränderungen" der Rechtsausübung seien "bei im wesentlichen identer Inanspruchnahme des dienenden Grundstücks" kein Ersitzungshindernis, Umstände geltend mache, deren Bedeutung über den entschiedenen Einzelfall hinausgehe.

Folgende für das Revisionsverfahren noch bedeutsame Tatsachen seien hervorgehoben:

Seit 1962 bis zur Aufstellung von Waschbetontrögen und einer Reklametafel an bestimmten Stellen des dienenden Guts (Grundstück Nr. 1780) im Juli 1994 wurde nur über einen - räumlich nicht abgrenzbaren - "Teil der ... noch strittigen Fläche zugegangen und zugefahren". Das herrschende Grundstück ist durch Gehen und Fahren schon über die vom Teilanerkenntnisurteil erfaßte Grundfläche erreichbar. Die noch strittige Grundfläche wurde nicht "als Zufahrtsbereich zur Tankstelle" des Klägers benützt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

1. Gemäß § 484 ABGB kann der Besitzer des herrschenden Guts sein Recht auf die ihm gefällige Art ausüben, Dienstbarkeiten dürfen jedoch nicht erweitert, sondern müssen, soweit es deren Natur und der Zweck ihrer Bestellung gestattet, vielmehr eingeschränkt werden. Daraus folgt eine Verpflichtung des Berechtigten zur tunlichen Schonung des dienenden Guts; dieser muß sich daher alle Maßnahmen des Belasteten - sogar Beschränkungen der (bisherigen) Rechtsausübung - gefallen lassen, die die Ausübung der Dienstbarkeit unter Berücksichtigung ihres Zwecks nicht ernstlich erschweren oder gefährden (JBl 1998, 365; SZ 49/33; SZ 38/162). Solche Maßnahmen bewirken keine Veränderung der Identität des Rechtsobjekts. Innnerhalb dieser Grenzen ist der Belastete berechtigt, den Weg über sein Grundstück - selbst gegen den Willen des Berechtigten - auf eine andere Stelle zu verlegen, wenn der neue Weg dem Zweck der Servitut vollkommen oder wenigstens im wesentlichen entspricht (JBl 1998, 365 mwN; SZ 59/50). Gemäß § 12 Abs 2 GBG ist auch die Beschränkung einer Dienstbarkeit auf bestimmte räumliche Grenzen zulässig (siehe dazu SZ 59/50).1. Gemäß Paragraph 484, ABGB kann der Besitzer des herrschenden Guts sein Recht auf die ihm gefällige Art ausüben, Dienstbarkeiten dürfen jedoch nicht erweitert, sondern müssen, soweit es deren Natur und der Zweck ihrer Bestellung gestattet, vielmehr eingeschränkt werden. Daraus folgt eine Verpflichtung des Berechtigten zur tunlichen Schonung des dienenden Guts; dieser muß sich daher alle Maßnahmen des Belasteten - sogar Beschränkungen der (bisherigen) Rechtsausübung - gefallen lassen, die die Ausübung der Dienstbarkeit unter Berücksichtigung ihres Zwecks nicht ernstlich erschweren oder gefährden (JBl 1998, 365; SZ 49/33; SZ 38/162). Solche Maßnahmen bewirken keine Veränderung der Identität des Rechtsobjekts. Innnerhalb dieser Grenzen ist der Belastete berechtigt, den Weg über sein Grundstück - selbst gegen den Willen des Berechtigten - auf eine andere Stelle zu verlegen, wenn der neue Weg dem Zweck der Servitut vollkommen oder wenigstens im wesentlichen entspricht (JBl 1998, 365 mwN; SZ 59/50). Gemäß Paragraph 12, Absatz 2, GBG ist auch die Beschränkung einer Dienstbarkeit auf bestimmte räumliche Grenzen zulässig (siehe dazu SZ 59/50).

2. Aus den Feststellungen ist nicht ableitbar, daß die im Anlaßfall maßgebliche Dienstbarkeit nicht schon auf jener räumlich begrenzten Teilfläche des dienenden Guts zweckentsprechend ausgeübt werden kann, auf die sich das Teilanerkenntnisurteil bezieht. Der Beklagte wendete dazu im Verfahren erster Instanz (ON 23 und ON 37 S. 2) unter Berufung auf die Verpflichtung des Berechtigten zur schonenden Ausübung der Dienstbarkeit konkret ein, deren Zweck erfordere gar nicht die Inanspruchnahme weiterer Teilflächen des dienenden Guts. Der Kläger begnügte sich damit, diese Behauptung ohne nähere Begründung zu bestreiten (ON 37 S. 2); er hat im Verfahren erster Instanz auch nie vorgebracht, daß bestimmte private oder betriebliche Erfordernisse einer zweckentsprechenden Ausübung der Dienstbarkeit entgegenstünden, falls sie auf die im Teilanerkenntnisurteil umschriebene Grundstücksteilfläche beschränkt bliebe. Insoweit rügte er in der Berufung auch keine konkreten Feststellungsmängel; eine solche Rüge hätte in Ermangelung von Tatsachenvorbringen im Verfahren erster Instanz auch nicht von Erfolg begleitet sein können. Soweit er dieses Thema in der Revision aufgreift, kann er sich nur auf seine Behauptungen zur Benützung während der Ersitzungszeit, dagegen - mangels entsprechenden Prozeßvorbringens im Verfahren erster Instanz

  • -Strichaufzählung
    nicht auch erfolgreich darauf berufen, daß sein Interesse an einer zweckentsprechenden Rechtsausübung die Einbeziehung einer weiteren Teilfläche des dienenden Grundstücks erfordere. Was die erwähnten "Zwecke der Tankstelle" betrifft, ist zu erwidern, daß er im Verhandlungstermin vom 10. September 1996 (ON 19 S. 2 f) ausdrücklich außer Streit stellte, die nach Fällung des Teilanerkenntnisurteils noch strittige Grundfläche sei nicht als "Zufahrtsbereich zur Tankstelle benützt" worden. Nach dem Prozeßstandpunkt des Klägers stellt sich in Wahrheit auch gar nicht die Frage der unveränderten Identität des Rechtsobjekts bei einer während der Ersitzungszeit "in mäßigen und zumutbaren Grenzen gehaltenen Veränderung des Verlaufes eines Servitutsweges auf einer Liegenschaft", der Kläger will vielmehr das Wegerecht auf dem belasteten Grundstück - losgelöst vom Zweck der Dienstbarkeit und deren unter 1. ausgeführten Beschränkung
  • -Strichaufzählung
    nach Belieben einmal da und einmal dort ausüben.

3. Vor dem Hintergrund der Erörterungen unter 1. und 2. haftet dem angefochtenen Urteil kein Entscheidungsfehler an, der die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision nach den Prämissen des § 502 Abs 1 ZPO bewirken könnte. Das Berufungsgericht begründete seinen abgeänderten Zulassungsausspruch mit dem Argument, der Rechtsmittelwerber habe in der Revision Umstände von "über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung" geltend gemacht. Damit wurde aber die Stichhältigkeit des Abänderungsantrags (auch) unter Einbeziehung des Prozeßvorbringens der Streitteile im Verfahren erster Instanz - entgegen § 508 Abs 3 ZPO - gar nicht näher geprüft. Im übrigen führte das Gericht zweiter Instanz im angefochtenen Urteil zutreffend aus, der Kläger habe nach einer konkreten Einwendung des Beklagten, daß es diesem an einem über den im Teilanerkenntnisurteil festgelegten Dienstbarkeitsumfang hinausgehenden Bedarf fehle, nicht vorgebracht, weshalb eine zweckentsprechende Ausübung der Dienstbarkeit nach der vorgesehenen Bewirtschaftungsart und den jeweiligen Bedürfnissen des Berechtigten die Einbeziehung weiterer Teile des dienenden Grundstücks erfordern soll.3. Vor dem Hintergrund der Erörterungen unter 1. und 2. haftet dem angefochtenen Urteil kein Entscheidungsfehler an, der die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision nach den Prämissen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO bewirken könnte. Das Berufungsgericht begründete seinen abgeänderten Zulassungsausspruch mit dem Argument, der Rechtsmittelwerber habe in der Revision Umstände von "über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung" geltend gemacht. Damit wurde aber die Stichhältigkeit des Abänderungsantrags (auch) unter Einbeziehung des Prozeßvorbringens der Streitteile im Verfahren erster Instanz - entgegen Paragraph 508, Absatz 3, ZPO - gar nicht näher geprüft. Im übrigen führte das Gericht zweiter Instanz im angefochtenen Urteil zutreffend aus, der Kläger habe nach einer konkreten Einwendung des Beklagten, daß es diesem an einem über den im Teilanerkenntnisurteil festgelegten Dienstbarkeitsumfang hinausgehenden Bedarf fehle, nicht vorgebracht, weshalb eine zweckentsprechende Ausübung der Dienstbarkeit nach der vorgesehenen Bewirtschaftungsart und den jeweiligen Bedürfnissen des Berechtigten die Einbeziehung weiterer Teile des dienenden Grundstücks erfordern soll.

Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Demnach ist die Revision mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, von deren Lösung die Entscheidung abhängig wäre, zurückzuweisen.Gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach Paragraph 500, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO nicht gebunden. Demnach ist die Revision mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO, von deren Lösung die Entscheidung abhängig wäre, zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 40 und § 50 Abs 1 ZPO. Mangels eines Hinweises auf die Unzulässigkeit der Revision diente die Revisionsbeantwortung nicht einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf Paragraph 40 und Paragraph 50, Absatz eins, ZPO. Mangels eines Hinweises auf die Unzulässigkeit der Revision diente die Revisionsbeantwortung nicht einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

Anmerkung

E54775 01A01839

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0010OB00183.99I.0805.000

Dokumentnummer

JJT_19990805_OGH0002_0010OB00183_99I0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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