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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §33 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über den Antrag des J H in S, vertreten durch Gruböck & Gruböck Rechtsanwälte OEG in 2500 Baden, Beethovengasse 4-6, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. Mai 2006, Zl Senat-KR-05-0002, betreffend Übertretungen des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 und der Niederösterreichischen Schwarzwildverordnung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem hg Beschluss vom 12. September 2006, Zl 2006/03/0102, wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. Mai 2006, Zl Senat-KR-05-0002, betreffend Übertretungen des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 und der Niederösterreichischen Schwarzwildverordnung, als verspätet zurückgewiesen.
Dem lag im Wesentlichen zu Grunde, dass der angefochtene Bescheid dem Vertreter des Beschwerdeführers am 11. Mai 2006 zugestellt worden und am 28. Juni 2006 die am 26. Juni 2006 zur Post gegebene, gegen den genannten Bescheid gerichtete Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt war. In einem "Beiblatt zur Zustellung" genannten, mit 26. Juni 2006 datierten Anhang zur Beschwerde hatte der Vertreter des Beschwerdeführers Folgendes vorgebracht:
Die Beschwerde sei fristgerecht am 22. Juni 2006 eingeschrieben zur Post gegeben, am 26. Juni 2006 aber die gesamte Sendung wieder an den Absender zugestellt worden, weil die Anschrift des Empfängers nicht ausreichend gewesen sei, obwohl die Post das Schriftstück zur "einschreibbrieflichen" Zustellung übernommen habe. Daher habe die Beschwerde nochmals per 26. Juni 2006 zur Post gegeben werden müssen. Es werde daher "ersucht, die ursprüngliche Absendung als fristgerecht zu bewerten".
Maßgebend für die Zurückweisung der Beschwerde war nach den Ausführungen im zitierten Beschluss, dass die Nichteinrechnung der Tage des Postenlaufes nach § 33 Abs 3 AVG voraussetzt, dass die Eingabe überhaupt bei der Behörde einlangt. Der durch die Vertreter des Beschwerdeführers am 22. Juni 2006 in Gang gesetzte "Postenlauf" habe sein Ziel aber nicht erreicht, vielmehr war die Sendung wieder dem Absender zurückgestellt worden. Da erst die am 26. Juni 2006, nach Ablauf der Beschwerdefrist, (neuerlich) zur Post gegebene Sendung den Adressaten erreicht habe, sei die Beschwerdefrist versäumt worden.
Mit dem am 10. Oktober 2006 zur Post gegebenen Schriftsatz brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist ein. Dieser wird im Wesentlichen damit begründet, einer mit der Kuvertierung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde befassten Kanzleiangestellten seines Rechtsvertreters sei insoweit ein Fehler unterlaufen, als sie zwar den Aufgabeschein für die Einschreibsendung vollständig und richtig ausgefüllt, dann aber vergessen habe, auch auf das Kuvert die Adresse des Verwaltungsgerichtshofes zu schreiben. Vom Postamt Baden sei die kuvertierte und eingeschriebene Beschwerde am 22. Juni 2006, somit am letzten Tag der Einbringungsfrist, zur Bearbeitung übernommen worden. Am 26. Juni 2006 sei jedoch die gesamte Sendung wieder an die Kanzlei des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers retourniert worden, weil die Anschrift nicht ausreichend gewesen sei. Die im Rechtsanwaltskanzleibetrieb erfahrene Angestellte habe sich auch in der Kanzlei des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers bis zum 22. Juni 2006 als verlässliche Angestellte erwiesen, die regelmäßig mit der Kuvertierung und Postaufgabe fristgebundener Schriftsätze betraut gewesen sei, wobei ihr niemals Fehler unterlaufen seien. Sie habe sich auch sonst als zuverlässige Kanzleikraft erwiesen.
Die dargelegten Umstände stellten einen minderen Grad des Versehens dar, weil die Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft die rein manipulative Tätigkeit der Kuvertierung, der Beschriftung des Kuverts und der Postaufgabe auch tatsächlich richtig ausführe, dem Rechtsanwalt nicht zumutbar sei.
Das unvorhergesehene Hindernis sei erst mit der Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 2006 am 27. September 2006 weggefallen, weil dem Vertreter des Beschwerdeführers "erst zu diesem Zeitpunkt zur Kenntnis gelangte, dass der am 22.6.2006 in Gang gesetzte Postlauf in die Einbringungsfrist eingerechnet wurde und erst der Postlauf ab 26.6.2006 nicht eingerechnet wurde."
Gemäß § 46 Abs 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Gemäß § 46 Abs 3 VwGG ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.
Ein Hindernis im Sinne des § 46 Abs 3 VwGG fällt bereits dann weg, wenn das relevante Ereignis erkannt werden konnte bzw musste (vgl die bei Mayer, B-VG3, § 46 VwGG, VI.1., zitierte hg Judikatur).
Die auf Grund der unzureichenden Adressierung erfolgte Retournierung der am letzten Tag der Beschwerdefrist zur Post gegebenen Beschwerde war dem Vertreter des Beschwerdeführers nicht unbekannt geblieben. Vielmehr hat er in einem mit 26. Juni 2006 datierten "Beiblatt zur Zustellung" die Zustellvorgänge dargestellt und ersucht, "die ursprüngliche Absendung als fristgerecht zu bewerten". Schon zu diesem Zeitpunkt waren ihm also jene tatsächlichen Umstände, die zur Verspätung geführt hatten, nämlich die nicht ausreichende Adressierung und die deshalb erfolgte Rückmittlung der Postsendung, bekannt. Bei dieser aktenkundigen Sachlage ist von einem "Aufhören des Hindernisses" nicht erst durch die am 27. September 2006 erfolgte Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses vom 12. September 2006, sondern schon mit 26. Juni 2006 (Retournierung der Postsendung) auszugehen. An diesem Tag begann die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 46 Abs 3 VwGG zu laufen, weshalb sich der erst am 10. Oktober 2006 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag als verspätet erweist.
Dass etwa schon die oben angeführt Erklärung im "Beiblatt zur Zustellung" als Wiedereinsetzungsantrag anzusehen gewesen wäre, behauptet nicht einmal der Beschwerdeführer.
Dem Antrag war deshalb nicht stattzugeben.
Wien, am 14. November 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006030148.X00Im RIS seit
11.01.2007Zuletzt aktualisiert am
12.05.2017