Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Adamovic sowie durch die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Lothar Matzenauer und ADir Reg. Rat. Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C***** GmbH, ***** vertreten durch Ploil, Krepp & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Monika K*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr. Georg Grießer und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen S 70.800,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. März 1999, GZ 8 Ra 380/98f-41, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 20. Februar 1998, GZ 19 Cga 208/94k-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.871,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 811,84 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte war vom 1. 6. 1993 bis 31. 8. 1994 bei der klagenden Partei als Verkaufsrepräsentantin für Kopiergeräte (für Normalpapier) beschäftigt und kündigte ihr Arbeitsverhältnis selbst auf. Ihr Arbeitsvertrag enthielt unter anderem eine Konkurrenzklausel mit einer Konventionalstrafe in der Höhe der Bruttobezüge der letzten 6 Monate ihres Arbeitsverhältnisses. Seit 1. 9. 1994 ist die Beklagte bei einem Mitbewerber im Vertrieb von Kopiergeräten tätig, zunächst als unmittelbare Verkaufsrepräsentantin, seit 1. 1. 1995 als Verkaufsleiterin.
Die Beklagte begründete ihre Kündigung mit einer Änderung des Provisionssystems durch die klagende Partei (Wechsel von einer umsatzorientierten Provision auf eine deckungsbeitragsorientierte Provision). Im ersten Rechtsgang entschied der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 29. 8. 1996, 8 ObA 2207/96h, inzwischen veröffentlicht in JBl 1997, 473 = Arb 11.538, daß eine vertraglich vorbehaltene Änderung des Provisionssystems im Rahmen des vom Arbeitgeber auszuübenden billigen Gestaltungsermessens unter bestimmten näher umschriebenen Voraussetzungen rechtmäßig sein könne und die Beklagte daher nicht berechigte, wegen eines schuldbaren Verhaltens ihres Arbeitgebers ohne Bindung an die Konkurrenzklausel ihr Arbeitsverhältnis zu kündigen.
Die rechtliche Begründung der Berufungsentscheidung im zweiten Rechtsgang, bei der Änderung des Provisionssystems habe die klagende Arbeitgeberin den Rahmen des billigen Ermessens bei Ausübung des Gestaltungsvorbehaltes nicht überschritten, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO). Damit erweist sich, daß die klagende Arbeitgeberin der Beklagten keinen Grund im Sinne des § 37 Abs 1 AngG (schuldbares Verhalten) zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Bindung an die Konkurrenzklausel gegeben hat.Die rechtliche Begründung der Berufungsentscheidung im zweiten Rechtsgang, bei der Änderung des Provisionssystems habe die klagende Arbeitgeberin den Rahmen des billigen Ermessens bei Ausübung des Gestaltungsvorbehaltes nicht überschritten, ist zutreffend (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO). Damit erweist sich, daß die klagende Arbeitgeberin der Beklagten keinen Grund im Sinne des Paragraph 37, Absatz eins, AngG (schuldbares Verhalten) zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Bindung an die Konkurrenzklausel gegeben hat.
Den Revisionsausführungen ist zu erwidern:
Unter dem Gesichtspunkt der Anwendung primären Gemeinschaftsrechtes ist die österreichische Regelung der Konkurrenzklausel im Hinblick auf Art 48 EGV (Freizügigkeit der Arbeitnehmer) nicht zu beanstanden, auch nicht unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Europäische Gerichtshof die Bestimmung in ein "allgemeines Verbot" die Freizügigkeit zu beschränken, umgeformt hat (Schrammel, Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU, ecolex 1996, 467, 469; ebenso Reissner,Unter dem Gesichtspunkt der Anwendung primären Gemeinschaftsrechtes ist die österreichische Regelung der Konkurrenzklausel im Hinblick auf Artikel 48, EGV (Freizügigkeit der Arbeitnehmer) nicht zu beanstanden, auch nicht unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Europäische Gerichtshof die Bestimmung in ein "allgemeines Verbot" die Freizügigkeit zu beschränken, umgeformt hat (Schrammel, Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU, ecolex 1996, 467, 469; ebenso Reissner,
Die arbeitsrechtliche Konkurrenzklausel 1996, 57). Eine Konkurrenzklausel kann eine im Einzelfall sachlich gerechtfertigte Beschränkung der Freizügigkeit sein, wenn sie sich als verhältnismäßig darstellt, zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient und sich unterschiedslos an Inländer und Ausländer richtet. Die Verhältnismäßigkeit der nationalen österreichischen Regelungen dürfte angesichts der in § 36 Abs 2 und § 37 AngG verfügten Einschränkungen gewahrt sein. Die genannten Bestimmungen sind auch nicht staatsbürgerbezogen. Ob die Konkurrenzklausel einem zwingenden Allgemeininteresse dient, kann allerdings nur im Einzelfall beurteilt werden. Insoweit ist den nationalen Gerichten auch eine am Gemeinschaftsrecht orientierte Sachlichkeitsprüfung aufgetragen (Schrammel aaO 469). Die Verhältnismäßigkeit im vorliegenden Fall ist schon dadurch gegeben, daß im Ergebnis die Konventionalstrafe auf rund 1/3 des vereinbarten Betrages gemäß § 38 AngG gemäßigt wurde. Die sachliche Rechtfertigung der Konventionalstrafe ergibt sich aus der privatautonomen Regelung im Arbeitsvertrag im Zusammenhang damit, daß die Vertragstreue und die Ordnung des Wettbewerbs verhältnismäßige Beschränkungen der Freizügigkeit gestatten. Im zweiten Rechtsgang präzisierte die Beklagte ihren Vorwurf, das neue, am Deckungsbeitrag orientierte Provisionssystem sei sittenwidrig, dahin, bei Anwendung dieses Systems müsse sie bei gleichem Verdienst wie bisher mehr arbeiten und Überstunden leisten, da sie nur durch eine mit erhöhtem Arbeitseinsatz verbundene Umsatzausweitung einen gleich hohen Verdienst erzielen konnte, wie nach dem bisherigen System (ON 23). Da die Beklagte nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen nach dem neuen System mit 6,28 % statt bisher 5,07 % einen höheren Prozentsatz der erzielten Umsätze als Provision erhielt, geht dieser Einwand ins Leere.Die arbeitsrechtliche Konkurrenzklausel 1996, 57). Eine Konkurrenzklausel kann eine im Einzelfall sachlich gerechtfertigte Beschränkung der Freizügigkeit sein, wenn sie sich als verhältnismäßig darstellt, zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient und sich unterschiedslos an Inländer und Ausländer richtet. Die Verhältnismäßigkeit der nationalen österreichischen Regelungen dürfte angesichts der in Paragraph 36, Absatz 2 und Paragraph 37, AngG verfügten Einschränkungen gewahrt sein. Die genannten Bestimmungen sind auch nicht staatsbürgerbezogen. Ob die Konkurrenzklausel einem zwingenden Allgemeininteresse dient, kann allerdings nur im Einzelfall beurteilt werden. Insoweit ist den nationalen Gerichten auch eine am Gemeinschaftsrecht orientierte Sachlichkeitsprüfung aufgetragen (Schrammel aaO 469). Die Verhältnismäßigkeit im vorliegenden Fall ist schon dadurch gegeben, daß im Ergebnis die Konventionalstrafe auf rund 1/3 des vereinbarten Betrages gemäß Paragraph 38, AngG gemäßigt wurde. Die sachliche Rechtfertigung der Konventionalstrafe ergibt sich aus der privatautonomen Regelung im Arbeitsvertrag im Zusammenhang damit, daß die Vertragstreue und die Ordnung des Wettbewerbs verhältnismäßige Beschränkungen der Freizügigkeit gestatten. Im zweiten Rechtsgang präzisierte die Beklagte ihren Vorwurf, das neue, am Deckungsbeitrag orientierte Provisionssystem sei sittenwidrig, dahin, bei Anwendung dieses Systems müsse sie bei gleichem Verdienst wie bisher mehr arbeiten und Überstunden leisten, da sie nur durch eine mit erhöhtem Arbeitseinsatz verbundene Umsatzausweitung einen gleich hohen Verdienst erzielen konnte, wie nach dem bisherigen System (ON 23). Da die Beklagte nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen nach dem neuen System mit 6,28 % statt bisher 5,07 % einen höheren Prozentsatz der erzielten Umsätze als Provision erhielt, geht dieser Einwand ins Leere.
Im konkreten Fall hat die Beklagte nach dem von der Arbeitgeberin geänderten Provisionssystem mit geringerem Umsatz ein annähernd gleich hohes Entgelt (Grundgehalt und Provision) erzielt, sodaß der klagenden Partei ein Mißbruch des ihr in Punkt 4.3.3. des Arbeitsvertrages eingeräumten Gestaltungsrechtes bezüglich des Provisionssystems zu Lasten der Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, zumal die Änderung des Provisionssystems durch eine negative Umsatzentwicklung veranlaßt war. Die Ausübung des dem Arbeitgeber vorbehaltenen Gestaltungsermessens im Bereich der Entgelthöhe stellte keine zustimmungspflichtige Versetzung im Sinne des § 101 ArbVG dar. Im Zusammenhang mit Entgeltvereinbarungen steht dem Betriebsrat nur ein sehr eingeschränktes Mitwirkungsrecht zu (zB §§ 96 Abs 1 Z 4, 100 ArbVG für bestimmte Leistungsentgelte; vgl Cerny, Entgeltregelungen in Betriebsvereinbarungen in FS Strasser I, 1983, 487), wobei darauf hinzuweisen ist, daß nach den übrzeugenden Ausführungen Strassers (Geltung des § 96 ArbVG für Provisionsregelungen ? DRdA 1993, 93) ein Vergleich mit den übrigen in § 96 Abs 1 ArbVG aufgezählten Tatbeständen unter Bedachtnahme auf den Zweck der Regelung dazu führt, den Begriff des "leistungsbezogenen Entgelts" in Z 4 dahin auszulegen, daß Provisionsregelungen nicht erfaßt werden.Im konkreten Fall hat die Beklagte nach dem von der Arbeitgeberin geänderten Provisionssystem mit geringerem Umsatz ein annähernd gleich hohes Entgelt (Grundgehalt und Provision) erzielt, sodaß der klagenden Partei ein Mißbruch des ihr in Punkt 4.3.3. des Arbeitsvertrages eingeräumten Gestaltungsrechtes bezüglich des Provisionssystems zu Lasten der Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, zumal die Änderung des Provisionssystems durch eine negative Umsatzentwicklung veranlaßt war. Die Ausübung des dem Arbeitgeber vorbehaltenen Gestaltungsermessens im Bereich der Entgelthöhe stellte keine zustimmungspflichtige Versetzung im Sinne des Paragraph 101, ArbVG dar. Im Zusammenhang mit Entgeltvereinbarungen steht dem Betriebsrat nur ein sehr eingeschränktes Mitwirkungsrecht zu (zB Paragraphen 96, Absatz eins, Ziffer 4,, 100 ArbVG für bestimmte Leistungsentgelte; vergleiche Cerny, Entgeltregelungen in Betriebsvereinbarungen in FS Strasser römisch eins, 1983, 487), wobei darauf hinzuweisen ist, daß nach den übrzeugenden Ausführungen Strassers (Geltung des Paragraph 96, ArbVG für Provisionsregelungen ? DRdA 1993, 93) ein Vergleich mit den übrigen in Paragraph 96, Absatz eins, ArbVG aufgezählten Tatbeständen unter Bedachtnahme auf den Zweck der Regelung dazu führt, den Begriff des "leistungsbezogenen Entgelts" in Ziffer 4, dahin auszulegen, daß Provisionsregelungen nicht erfaßt werden.
Die Bezahlung einer Konventionalstrafe ist vom Eintritt oder dem Nachweis eines Schadens nicht abhängig (SZ 25/272; SZ 56/75 = Arb 10.266; SZ 70/110). Die Vorinstanzen haben nicht etwa festgestellt, daß der klagenden Partei durch den Verstoß der Beklagten gegen die Konkurrenzklausel kein Schaden entstanden ist, sondern lediglich, daß es nicht möglich ist, den Schaden der klagenden Partei durch Abwerben von Kunden auch nur annähernd zu beziffern; soweit die Revisionswerberin daher davon ausgeht, der klagenden Partei sei kein Schaden entstanden, ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Hat die Arbeitgeberin der Klägerin ihr Gestaltungsermessen im Rahmen der Billigkeit ausgeübt, wie hier festgestellt worden ist, so ist dieser Vorgang weder rechtswidrig noch "schuldbar" im Sinne des § 37 Abs 1 AngG, sodaß die Beklagte nicht zur Kündigung ohne weitere Bindung an die Konkurrenzklausel berechtigt war.Hat die Arbeitgeberin der Klägerin ihr Gestaltungsermessen im Rahmen der Billigkeit ausgeübt, wie hier festgestellt worden ist, so ist dieser Vorgang weder rechtswidrig noch "schuldbar" im Sinne des Paragraph 37, Absatz eins, AngG, sodaß die Beklagte nicht zur Kündigung ohne weitere Bindung an die Konkurrenzklausel berechtigt war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO.
Anmerkung
E55192 08B01969European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1999:008OBA00196.99B.0826.000Dokumentnummer
JJT_19990826_OGH0002_008OBA00196_99B0000_000