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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
StbG 1985 §10 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des BI in S, vertreten durch Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 22. September 2005, Zl. 0/912-17082/21-2005, betreffend Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 22. September 2005 (offenbar aus einem Versehen datiert mit "22. 9. 2002"), dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Rechtsvertretung zugestellt am 29. September 2005, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 39 iVm § 10 Abs. 1 Z. 2 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der am 5. November 1982 geborene Beschwerdeführer sei laut Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Februar 2002 schuldig, er habe am 17. Juli 2001 in Salzburg in zwei getrennten Tathandlungen in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit seinem Vater versucht, dem A. K. eine schwere Körperverletzung absichtlich zuzufügen. Hiedurch habe der Beschwerdeführer die Verbrechen der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15 und 87 Abs. 1 StGB begangen. Nach § 87 Abs. 1 StGB sei über den Beschwerdeführer unter Anwendung des § 36 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verhängt worden, deren Vollzug gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei.
§ 87 Abs. 1 StGB diene dazu, Gefahren für das Leben, die Gesundheit und Sicherheit von Menschen abzuwehren. Das vom Beschwerdeführer begangene Verbrechen zeige eine negative Einstellung des Antragstellers gegenüber Regeln der Gesellschaft, die zur Hintanhaltung von Gefahren für Leib und Leben vorgeschrieben seien. Zum Vorbringen des Rechtsvertreters, wonach die "Jugendlichkeit" des Beschwerdeführers bei der Begehung seiner Straftat Berücksichtigung finden müsse, werde entgegnet, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt bereits über 18 1/2 Jahre alt gewesen sei - also ein jugendlich Erwachsener - und davon ausgegangen werden könne, dass das Strafgericht diesen Umstand entsprechend berücksichtigt habe. Zu dem vom Rechtsvertreter vorgebrachten Umstand, der Gesinnungswandel des Beschwerdeführers zeige seine positive Einstellung zur Republik Österreich, sei anzumerken, dass das verhängte Urteil noch nicht getilgt sei. Auf Grund der genannten Verurteilung erfülle der Beschwerdeführer daher die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 2 StbG nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 in der Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), bildet es u.a. ein Verleihungshindernis, wenn ein Fremder durch ein inländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist. Eine gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 StbG maßgebliche Verurteilung liegt nach § 10 Abs. 2 leg. cit. nicht vor, wenn sie in Strafregisterauskünfte an die Behörde nicht aufgenommen werden darf.
Gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 Tilgungsgesetz 1972 tritt die Beschränkung der Auskunft über Verurteilungen aus dem Strafregister sofort mit Rechtskraft des Urteils ein, wenn die Verurteilung nur wegen Straftaten erfolgt ist, die vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangen wurden, und keine strengere Strafe als eine höchstens sechsmonatige Freiheitsstrafe verhängt worden ist.
2. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid alleine auf das Verleihungshindernis des § 10 Abs. 1 Z 2 StbG - und nicht etwa auf § 10 Abs. 1 Z 6 StbG - gestützt.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides war der am 5. November 1982 geborene Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt am 17. Juli 2001 noch nicht einundzwanzig Jahre alt und wurde zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt.
Damit sind die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Z 2 Tilgungsgesetz 1972 für eine beschränkte Auskunft aus dem Strafregister gegeben und liegt gemäß § 10 Abs. 2 StbG eine gemäß Abs. 1 Z 2 leg. cit. maßgebliche Verurteilung nicht vor.
Da die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 14. November 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005010691.X00Im RIS seit
19.12.2006