TE Vwgh Erkenntnis 2006/11/14 2005/03/0029

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Veröffentlicht am 14.11.2006
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §8 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §8 Abs2;
WaffG 1996 §8 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des F L in W, vertreten durch Mag. Gunther Gram, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schwindgasse 4/7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. Dezember 2003, Zl SD 364/03, betreffend Entziehung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. März 2003 entzog die Bundespolizeidirektion Wien dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 in Verbindung mit § 8 Abs 1 Z 1 und Abs 6 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), den Waffenpass. Aus einem am 8. Jänner 2003 vom Polizeichefarzt erstellten "Aktengutachten" ergebe sich, dass der Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht nicht mehr die gemäß § 8 WaffG geforderte Verlässlichkeit besitze. Er habe "trotz Ankündigung keinen psychiatrischen Befund der Universitätsklinik für Psychiatrie vorgelegt" und den diesbezüglichen Ladungen nicht Folge geleistet.

In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, aus den vorliegenden Unterlagen gehe nicht hervor, dass die Gefahr bestehe, er werde eine Waffe missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder damit unvorsichtig umgehen. Von einer "Fehleinschätzung im Straßenverkehr" könne nicht auf mögliche Fehleinschätzungen beim Waffengebrauch geschlossen werden. Die "alkoholbedingte Führerscheinabnahme" lasse nicht den Schluss auf das Vorliegen einer Alkoholkrankheit zu. Auch wenn dem Beschwerdeführer "der Führerschein schon öfter als zweimal wegen Alkohol entzogen worden sei", seien diese Delikte - bis auf eines - doch getilgt und könnten deshalb nicht mehr als Rechtsgrundlage für eine Entziehung des Waffenpasses herangezogen werden. Das geforderte fachärztlich psychiatrische Gutachten habe er nicht vorlegen können, weil er den ersten Untersuchungstermin "aus gesundheitlichen Gründen", den zweiten "wegen unverschiebbaren Terminkollisionen" nicht wahrnehmen habe können.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs 4 AVG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seit 1988 wiederholt wegen Lenkens von Kraftfahrzeugen in alkoholisiertem Zustand bestraft worden, weshalb ihm die Lenkberechtigung (für 15 Monate, 12 Monate, drei Jahre; zuletzt im Oktober 2000 für zwei Jahre) entzogen worden sei. Auf Grund dessen habe die erstinstanzliche Behörde nachvollziehbare Zweifel an der waffenrechtlichen Verlässlichkeit des Beschwerdeführers gehegt. Der "Chefarzt" der erstinstanzlichen Behörde habe nach einer Untersuchung des Beschwerdeführers festgestellt, es lägen Hinweise auf "chronisch rezidivierenden Alkoholabusus" vor (der Amtsarzt hatte dazu auf "Tremor" und eine "Fettleber" des Beschwerdeführers verwiesen) und zur Abklärung die Einholung eines fachärztlichen psychiatrischen Gutachtens angeregt. Der Beschwerdeführer habe sich zwar zunächst bereit erklärt, dem nachzukommen, sei jedoch zweimaligen Ladungen nicht gefolgt und habe statt dessen eine Kursbestätigung über eine erfolgte Nachschulung (nach dem Entzug der Lenkberechtigung), eine verkehrspsychologische Stellungnahme und einen Laborbefund vorgelegt.

Die belangte Behörde folgerte, es sei vom Vorliegen von Anhaltspunkten für eine beim Beschwerdeführer bestehende Alkoholkrankheit auszugehen, bei deren Vorliegen der Betroffene gemäß § 8 Abs 2 WaffG keinesfalls als verlässlich im Sinne des § 8 Abs 1 WaffG anzusehen wäre. In diesem Fall sei die Behörde ermächtigt, die Vorlage eines psychiatrischen Gutachtens zur Überprüfung dahingehender Krankheitssymptome einzufordern oder von Amts wegen einen entsprechenden Sachverständigen mit der Erstellung eines derartigen Gutachtens zu beauftragen. Die Vorlage zweier psychologischer Gutachten durch den Beschwerdeführer sei schon unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden fachlichen Eignung eines solchen Gutachtens zur Befundung einer psychiatrischen Erkrankung nicht zielführend. Der Beschwerdeführer sei zu der von der erstinstanzlichen Behörde veranlassten psychiatrischen Untersuchung durch die Universitätsklinik des AKH trotz zweimaliger Ladung nicht erschienen. Die von ihm ins Treffen geführte "Erkrankung" bzw "unverschiebbare Terminkollision" habe er nicht näher begründet. Es sei deshalb aus in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Gründen die Feststellung des für seine Verlässlichkeit maßgebenden Sachverhaltes nicht möglich gewesen, sodass der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs 6 WaffG als nicht verlässlich gelte, weshalb der ihm ausgestellte Waffenpass zu entziehen gewesen sei.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde, deren Behandlung vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 9. Juni 2004, B 281/04, abgelehnt und die dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten worden war, hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens - die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand - erwogen:

Die maßgebenden Bestimmungen des Waffengesetzes 1996 (WaffG),

BGBl I Nr 12/1997, lauten:

"Verläßlichkeit

§ 8. (1) Ein Mensch ist verläßlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß er

1.

Waffen mißbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;

2.

mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;

              3.              Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.

(2) Ein Mensch ist keinesfalls verläßlich, wenn er

1.

alkohol- oder suchtkrank ist oder

2.

psychisch krank oder geistesschwach ist oder

3.

durch ein körperliches Gebrechen nicht in der Lage ist, mit Waffen sachgemäß umzugehen.

...

(6) Schließlich gilt ein Mensch als nicht verläßlich, wenn aus Gründen, die in seiner Person liegen, die Feststellung des für die Verläßlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes nicht möglich war. Als solcher Grund gilt jedenfalls, wenn der Betroffene sich anläßlich der Überprüfung seiner Verläßlichkeit weigert, der Behörde

1. Waffen, die er nur auf Grund der nach diesem Bundesgesetz ausgestellten Urkunde besitzen darf, samt den zugehörigen Urkunden vorzuweisen;

2. die sichere Verwahrung der in Z 1 genannten Waffen nachzuweisen, obwohl auf Grund bestimmter Tatsachen Zweifel daran bestehen, daß er die Waffen sicher verwahrt.

(7) Bei erstmaliger Prüfung der Verläßlichkeit hat sich die Behörde davon zu überzeugen, ob Tatsachen die Annahme mangelnder waffenrechtlicher Verläßlichkeit des Betroffenen aus einem der in Abs. 2 genannten Gründe rechtfertigen. Antragsteller, die nicht Inhaber einer Jagdkarte sind, haben ein Gutachten darüber beizubringen, ob sie dazu neigen, insbesondere unter psychischer Belastung mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden. Der Bundesminister für Inneres hat durch Verordnung geeignete Personen oder Einrichtungen zu bezeichnen, die in der Lage sind, solche Gutachten dem jeweiligen Stand der Wissenschaft entsprechend zu erstellen.

...

Überprüfung der Verläßlichkeit

§ 25. (1) Die Behörde hat die Verläßlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte zu überprüfen, wenn seit der Ausstellung der Urkunde oder der letzten Überprüfung fünf Jahre vergangen sind.

(2) Die Behörde hat außerdem die Verläßlichkeit des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde zu überprüfen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der Berechtigte nicht mehr verläßlich ist. Sofern sich diese Anhaltspunkte auf einen der in § 8 Abs. 2 genannten Gründe oder darauf beziehen, daß der Betroffene dazu neigen könnte, insbesondere unter psychischer Belastung mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden, ist die Behörde zu einem entsprechenden Vorgehen gemäß § 8 Abs. 7 ermächtigt.

(3) Ergibt sich, daß der Berechtigte nicht mehr verläßlich ist, so hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen."

Der Beschwerdeführer rügt zunächst, die getroffenen Feststellungen reichten nicht aus, das Vorliegen einer Alkoholkrankheit zu belegen. Zwecks Nachweises einer solchen Erkrankung hätte von der belangten Behörde vielmehr ein medizinisches Gutachten eingeholt werden müssen.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend: Die belangte Behörde hat nicht etwa das Bestehen einer - die Verlässlichkeit gemäß § 8 Abs 2 Z 1 WaffG ex lege ausschließenden - Alkoholkrankheit des Beschwerdeführers angenommen, vielmehr näher dargelegte einzelne Umstände als Anhaltspunkte im Sinne des § 25 Abs 2 WaffG gewertet und deshalb die Beibringung eines fachärztlichen Gutachtens vom Beschwerdeführer gefordert. Der Beschwerdeführer hat in diesem Zusammenhang zweimaligen Ladungen nicht Folge geleistet und schließlich, anstatt die geforderte fachärztliche Untersuchung zu ermöglichen, eine Kursbestätigung über die Nachschulung nach der Entziehung der Lenkberechtigung, eine verkehrspsychologische Stellungnahme und einen Laborbefund vorgelegt.

Der Beschwerdeführer hat die von ihm zur Rechtfertigung des Unterbleibens der fachärztlichen Untersuchung geltend gemachten "gesundheitlichen Gründe" und die "unverschiebbare Terminkollision" weder ansatzweise konkretisiert noch bescheinigt, und auch nicht in der Folge - bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides - die geforderte Untersuchung ermöglicht, vielmehr bloß die genannten Unterlagen vorgelegt, die eine fachärztliche Untersuchung nicht ersetzen können.

Soweit der Beschwerdeführer dabei als Verfahrensmangel rügt, die belangte Behörde hätte von Amts wegen vorgehen und die notwendigen Beweise aufnehmen müssen, ist ihm zu entgegnen, dass § 25 Abs 2 WaffG ausdrücklich vorsieht, dass die Behörde im Fall des Vorliegens von Anhaltspunkten, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist, die Verlässlichkeit zu überprüfen hat. Sofern sich diese Anhaltspunkte auf einen der im § 8 Abs 2 leg cit genannten Gründe beziehen, ist die Behörde zu einem Vorgehen gemäß § 8 Abs 7 WaffG ermächtigt. Die belangte Behörde durfte ein fachärztliches Gutachten also dann fordern, wenn ausreichende Anhaltspunkte bestanden, der Beschwerdeführer leide an einer - die Verlässlichkeit ex lege ausschließenden - Alkoholkrankheit.

Die belangte Behörde hat sich in diesem Zusammenhang nicht nur auf die wiederholten gravierenden Alkoholdelikte des Beschwerdeführers berufen, sondern auch auf die vom Amtsarzt aufgezeigten, in diese Richtung weisenden Umstände (ausgeprägter Tremor, Fettleber).

Vor diesem Hintergrund durfte die belangte Behörde von Anhaltspunkten im Sinne des § 25 Abs 2 WaffG ausgehen, zumal - ausgehend davon, dass bei Prüfung der Verlässlichkeit angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein strenger Maßstab anzulegen ist - für die Anordnung der Beibringung eines Gutachtens zwecks Überprüfung der Verlässlichkeit keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind (vgl das hg Erkenntnis vom 26. April 2005, Zl 2005/03/0044).

Davon ausgehend wurde der Beschwerdeführer zu Recht zur Beibringung eines fachärztlichen Gutachtens aufgefordert. Die Nichtbeibringung eines solchen Gutachtens ließ die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgebenden Sachverhaltes aus in der Person des Beschwerdeführers liegenden Gründen nicht zu, sodass dieser gemäß § 8 Abs 6 erster Satz WaffG als nicht verlässlich gilt.

Schon die mangelnde Mitwirkung bei der Feststellung des Sachverhalts rechtfertigt also die Entziehung des Waffenpasses gemäß § 25 in Verbindung mit § 8 Abs 1 und 6 WaffG.

Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 14. November 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005030029.X00

Im RIS seit

06.12.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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