TE OGH 1999/9/1 9ObA112/99g

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.09.1999
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Franz Höllebrand als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johann L*****, Fliesenleger, *****, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei A***** Ges.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Arne Markel, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 33.013,22 brutto abzüglich S 4.234,11 netto sA, über die Revision (Revisionsinteresse S 7.263,83 sA) der beklagten Partei und den Rekurs der klagenden Partei gegen das Teilurteil bzw den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Februar 1999, GZ 15 Ra 6/99s-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. September 1998, GZ 16 Cga 77/98y-17, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1) Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Revisionsgegners auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

2) Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens.

Text

Begründung:

Der Kläger war bei der Beklagten als Fliesenleger beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis zwischen den Streitteilen ist der Kollektivvertrag für das Hafner-, Platten- und Fliesenlegergewerbe anzuwenden. Der Kläger verrichtete im Zeitraum vom Juli 1997 bis Oktober 1997 im Akkord an diversen Baustellen Schlütterarbeiten im Umfang von 147,68 lfm und Silikonarbeiten im Umfang von 1.577,34 lfm. Bei den dauerelastischen Dehnfugen (Silikonarbeiten) wurden keine Voranstriche aufgebracht. Es waren auch keine Materialien für einen solchen Arbeitsschritt bereitgestellt. Für die Berechnung der Akkordlöhne des Klägers kürzte die beklagte Partei die Laufmeteranzahl jeweils um die Hälfte und zahlte dem Kläger daher anstelle eines Betrages von S 28.422,44 brutto nur S 14.221,22 brutto. Nach Klagseinbringung erhielt der Kläger einen für Juli 1997 gewidmeten Betrag in Höhe von S 4.234,11 netto (= S 6.957,39 brutto). In den Monaten Juli und Oktober 1997 bekam der Kläger jeweils Lehrlinge als Hilfskräfte zugewiesen. Der im Juli 1997 zugeteilte Lehrling befand sich im dritten Lehrjahr kurz vor der Lehrabschlußprüfung. Für dessen Mithilfe wurden dem Kläger S 6.467,-- brutto, für einen anderen zugeteilten Lehrling S 4.425,-- brutto abgezogen. Im Oktober 1997 wurden dem Kläger für die Mithilfe eines Lehrlings S 7.900,-- brutto vom Lohn abgezogen. Eine Vereinbarung für einen solchen Abzug gab es zwischen den Streitteilen nicht. Mit Helfern, welche nicht Lehrlinge waren, hat der Kläger nie zusammengearbeitet.

Der Kläger begehrte zuletzt die Zahlung eines Bruttobetrages von S 33.013,22 abzüglich eines Nettobetrages von S 4.234,11 samt 4,5 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit 1. 11. 1998. Die Kürzungen der Akkordsätze seien einseitig durch die Beklagte ohne Zustimmung durch den Kläger erfolgt. Zunächst habe diese einen geringeren Laufmeterpreis errechnet, dann sei die Beklagte dazu übergegangen, einfach die Laufmetermengen zu halbieren. Demgegenüber habe der Kläger Anspruch auf die volle Entlohnung nach den Tarifansätzen des Tiroler Akkordvertrages. Diese gebührten unabhängig davon, ob ein Voranstrich notwendig bzw ob ein Reinigen der Fugen erforderlich sei. In diesem Sinne habe die beklagte Partei insgesamt ungerechtfertigte Abzüge in Höhe von S 7.263,83 brutto vorgenommen. Auch die Abzüge für die zwei Lehrlinge im Umfang von insgesamt S 18.792,-- brutto seien unberechtigt erfolgt. Ein Lehrling sei kein ausgebildeter Legerhelfer, wenn es auch sein möge, daß bei der Zuteilung eines Legerhelfers ein wesentlich höherer Abzug zu gewärtigen sei. Keinesfalls sei der Abzug der vollen Bruttolehrlingsentschädigung gerechtfertigt.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Abzüge für die Lehrlinge seien gerechtfertigt, weil diese als Helfer im Sinne des Akkordvertrages zu betrachten seien. Würden die im Akkordvertrag vorgesehenen Entgelte für Helfer in Abzug gebracht, wäre dieser um einiges höher. Die Aufgaben eines Helfers laut dem Kollektivvertrag für die Fliesenleger bestünden darin, dem Gesellen Mörtel und Kleber anzurühren und Fliesen, Mörtel und Kleber zur Arbeitsstelle zu transportieren bzw diverse Handreichungen durchzuführen, gerade und einfache Schnitte auszuführen und das Ausfugen zu übernehmen. Diese Arbeiten habe nach dem einschlägigen Berufsbild auch ein Lehrling auszuführen. Daher sei es für den Kläger ein Vorteil, die Arbeitsleistung im Akkord mit einem Lehrling durchzuführen. Der Akkordansatz wiederum enthalte eine Liste von Arbeitsschritten. Falle einer, wie hier die Anbringung eines Voranstriches weg, werde dadurch der Zeitaufwand des Legers verringert und dieser könne somit mehr Laufmeter pro Arbeitseinheit erbringen. Der Arbeitnehmer könne aber nur dann Anspruch auf den vollen Akkordsatz erheben, wenn er alle Teilleistungen durchgeführt habe. Durch die Kürzung der Laufmeteranzahl werde eine angemessene Kürzung des Akkordsatzes erreicht. Da der Kläger demnach keinen Anspruch auf den vollen Akkordsatz habe, sei auch eine Zustimmung zur Kürzung nicht erforderlich gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte ergänzend zum unstrittigen Sachverhalt fest:

Die Beklagte erkannte im Frühjahr 1997, mit ihren Preisen nicht mehr wettbewerbsfähig zu sein, weil andere Unternehmen die Silikonarbeiten um mehr als ein Drittel billiger anböten. Über diese Umstände bzw die mangelnde Konkurrenzfähigkeit der Beklagten wurden die Arbeitnehmer informiert. Es wurde ihnen auch mitgeteilt, daß zur Vermeidung einer Fremdvergabe die Akkordsätze um die Hälfte gekürzt werden müßten. Diese Kürzungen erfolgten erstmalig im Frühjahr 1997. Trotz teilweisen Widerspruchs gegen die Kürzungen nahmen die Arbeitnehmer dies zur Kenntnis und setzten ihre Arbeit zum halben Akkordlohn bis in den Herbst 1997 hinein fort. Der Kläger erteilte zwar den bevorstehenden Kürzungen nicht ausdrücklich seine Zustimmung, nahm diese jedoch zur Kenntnis, setzte seine Arbeit fort und beschwerte sich nicht weiter darüber.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der hier anzuwendende Kollektivvertrag für das Hafner-, Platten- und Fliesenlegergewerbe mit 30. 6. 1996 geendet habe, eine neue Akkordlohnvereinbarung aber erst mit 1. 7. 1998 wieder in Kraft getreten sei. Nach § 13 ArbVG entfalte der erloschene Kollektivvertrag Nachwirkungen, welche aber durch Idividualvereinbarung zwischen Kläger und Beklagter aufgehoben worden seien. Da der Kläger nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben, sondern seine Arbeit fortgesetzt habe, habe er schließlich zu erkennen gegeben, auch mit der Hälfte des Akkordlohnes einverstanden zu sein. Der Kollektivvertrag sehe eine Verminderung des Akkordsatze um 26,5 bzw 33,5 % vor, wenn dem Leger eine Hilfskraft beigegeben werde. Über die Qualifikation dieser Hilfskraft sage der Kollektivvertrag nichts aus. Da die Aufgaben einer Hilfskraft im wesentlichen derjenigen eines Lehrlings entsprechen und außerdem die dem Kläger zugeteilten Lehrlinge im fortgeschrittenen Ausbildungsstadium gewesen seien, könne davon ausgegangen werden, daß deren Tätigkeit der eines Helfers gleichzusetzen und somit ein Abzug berechtigt sei.Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der hier anzuwendende Kollektivvertrag für das Hafner-, Platten- und Fliesenlegergewerbe mit 30. 6. 1996 geendet habe, eine neue Akkordlohnvereinbarung aber erst mit 1. 7. 1998 wieder in Kraft getreten sei. Nach Paragraph 13, ArbVG entfalte der erloschene Kollektivvertrag Nachwirkungen, welche aber durch Idividualvereinbarung zwischen Kläger und Beklagter aufgehoben worden seien. Da der Kläger nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben, sondern seine Arbeit fortgesetzt habe, habe er schließlich zu erkennen gegeben, auch mit der Hälfte des Akkordlohnes einverstanden zu sein. Der Kollektivvertrag sehe eine Verminderung des Akkordsatze um 26,5 bzw 33,5 % vor, wenn dem Leger eine Hilfskraft beigegeben werde. Über die Qualifikation dieser Hilfskraft sage der Kollektivvertrag nichts aus. Da die Aufgaben einer Hilfskraft im wesentlichen derjenigen eines Lehrlings entsprechen und außerdem die dem Kläger zugeteilten Lehrlinge im fortgeschrittenen Ausbildungsstadium gewesen seien, könne davon ausgegangen werden, daß deren Tätigkeit der eines Helfers gleichzusetzen und somit ein Abzug berechtigt sei.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Umfang der auf die Hälfteabzüge entfallenden Klagsforderung mit Teilurteil ab und sprach dem Kläger einen Teilbetrag von S 7.263,83 sA zu. Hinsichtlich der auf die Abzüge für die Verwendung von Lehrlingen entfallende Klageforderung von S 18.792,-- sA hob es das Ersturteil auf. Es sprach aus, daß die Revision gegen das Teilurteil und der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß zulässig sei. Es vertrat die Auffassung, daß der einseitig von der Beklagten vorgenommene Hälfteabzug von den Akkordsätzen unberechtigt erfolgt sei. Die Auslegung des Kollektivvertrages führe zu dem Schluß, daß den Kollektivvertragsparteien durchaus bewußt gewesen sei, daß nicht immer alle Einzelarbeiten - hier: die Vornahme eines Voranstriches - anfielen, daß sie es aber absichtlich unterlassen hätten, bezüglich der strittigen Positionen noch eine weitere Aufgliederung vorzunehmen, um eine praktikable Abrechnung vornehmen zu können und eine nicht nachvollziehbare Zersplitterung in Einzelleistungen zu vermeiden. Im Vordergrund stünden nicht Zusatzarbeiten, sondern die Laufmeterlängen der Verfugung. Der Kläger habe somit Anspruch auf Zahlung des vollen Akkordlohnes.

Ungeachtet des Außerkrafttretens der Akkordvereinbarung per 30. 6. 1996 habe diese mangels Abschlusses einer neuen Akkordvereinbarung Nachwirkungen entfaltet. Der Wortlaut dieses Zusatzes zum Kollektivvertrag sehe eine nähere Qualifizierung des "Helfers" nicht vor. Es komme daher jeder Arbeitnehmer hiefür in Frage, welcher entsprechende Hilfstätigkeiten verrichte. Wenn der Partieführer einen größeren Anteil an der Akkordleistung erhalte, sei dies gerechtfertigt, weil er gegenüber dem Arbeitgeber für die Qualität der Arbeit einzustehen habe und in diesem Sinne auch Kontroll- und Überwachungsaufgaben gegenüber seinem Helfer wahrzunehmen habe. Eine unterschiedliche Abstufung nach der Qualität des Helfers würde diesen Überlegungen zuwiderlaufen, weil die Verantwortung des Vorarbeiters gegenüber allen Kategorien der ihm unterstellten Helfer gleichbleibe. Ob sich ein Lehrling damit zufriedengeben müsse, im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses unqualifizierte Tätigkeiten zu verrichten, könne dahingestellt bleiben, weil dies nur das Verhältnis zwischen ihm und dem Lehrberechtigten betreffe, auf die Überlegungen betreffend Abzug von einem Akkordlohn eines Legers aber keinen Einfluß habe. In der Praxis werde es Hilfsarbeiter der niedrigsten Entlohnungsstufe geben, die gleich einem Lehrling im ersten Lehrjahr dem Leger zuarbeiten könnten. Um so weniger scheine es berechtigt, Lehrlinge aus der Kategorie der Helfer auszuklammern, wie dies dem Kläger vorschwebe. Ihm Ergebnis sei daher ein Abzug gerechtfertigt. Es fehle aber noch an Feststellungen, die die Höhe der Abzüge ausreichend nachvollziehen ließen. Insbesondere sei nicht ausreichend dokumentiert, ob die von der beklagten Partei vorgenommenen Abzüge sich an den für die Akkordarbeiten vorgesehenen Abzügen orientierten oder allenfalls noch nach unten zu korrigieren wären. Das Verfahren sei daher insoweit ergänzungsbedürftig. Revision und Rekurs seien zulässig, weil der Auslegung von Kollektivverträgen stets eine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zukomme.

Gegen das Teilurteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Gründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, daß angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren diesbezüglich abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Gegen den Aufhebungsbeschluß richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und in der Sache selbst dahin zu erkennen, daß dem Kläger auch der Betrag von S 18.792,-- sA. zugesprochen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, dem Rekurs des Klägers nicht Folge zu geben.

Zur Revision der Beklagten:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig, weil keine im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG erhebliche Rechtsfrage geltendgemacht wird.Die Revision ist nicht zulässig, weil keine im Sinne des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG erhebliche Rechtsfrage geltendgemacht wird.

Mit ihrer Revision releviert die Beklagte nicht die vom Berufungsgericht in seinem Rechtsmittelzulässigkeitsausspruch aufgezeigten Rechtsfragen zur Auslegung des Kollektivvertrages, insbesondere dazu, ob der volle Akkordlohn auch dann zusteht, wenn nicht alle im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Leistungen erbracht werden bzw erbracht werden können. Die Beklagte rügt vielmehr ausschließlich den Umstand, daß das Berufungsgericht die Beendigung der Nachwirkungen des Kollektivvertrages durch eine schlüssig zwischen Streitteilen getroffene Vereinbarung nicht beachtet habe. Dem ist entgegenzuhalten, daß das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen hat, daß die Beklagte im Verfahren erster Instanz einen derartigen Einwand gar nicht erhoben hat. Das Berufungsgericht folgte dabei der Rechtsprechung, nach der sogenannte "überschießende" Feststellungen grundsätzlich nur insoweit zu berücksichtigen sind, als sie in den Rahmen des geltendgemachten Klagegrundes oder der erhobenen Einreden fallen (RIS-Justiz RS0037964, zuletzt 1 Ob 2297/96t ua). Insbesondere kann das Rechtsmittelgericht das Urteil einer Vorinstanz nicht zu dem Zweck aufheben, daß (genügend deutliche und widerspruchsfreie) Feststellungen nachgeholt werden, die über das Parteivorbringen hinausgehen (RIS-Justiz RS0040308, zuletzt 5 Ob 106/97t). Genau dies wäre im hier vorliegenden Fall aber erforderlich, um die Umstände einer - von der beklagten Partei gar nicht behaupteten - schlüssigen Unterwerfung des Klägers unter die Kürzungsmaßnahmen der Beklagten einer Beurteilung unterziehen zu können. Soweit sich die Beklagte erstmalig in der Revision auf einen Verfahrensmangel infolge Verletzung der Anleitungspflicht des § 182 ZPO beruft, ist ihr entgegenzuhalten, daß ihr durch das Berufungsgericht gemäß § 473a Abs 1 ZPO Gelegenheit zur Erhebung einer solchen Mängelrüge gegeben, eine solche aber nicht erhoben wurde. Die Nachholung einer im Berufungsverfahren möglichen Mängelrüge im Revisionsverfahren ist aber unzulässig und daher unbeachtlich. Insgesamt vermag die Beklagte daher keine erheblich Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG aufzuzeigen. Selbst wenn das Berufungsgericht - zu Recht - ausgesprochen hatte, die ordentliche Revision sei zulässig, das Rechtsmittel aber dann nur solche Gründe geltendgemacht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0102059, insbesondere 1 Ob 610/95, 6 Ob 2341/96z, zuletzt 6 Ob 28/99g; RIS-Justiz RS0048272, insbesondere 4 Ob 604/95 = RdW 1997, 79).Mit ihrer Revision releviert die Beklagte nicht die vom Berufungsgericht in seinem Rechtsmittelzulässigkeitsausspruch aufgezeigten Rechtsfragen zur Auslegung des Kollektivvertrages, insbesondere dazu, ob der volle Akkordlohn auch dann zusteht, wenn nicht alle im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Leistungen erbracht werden bzw erbracht werden können. Die Beklagte rügt vielmehr ausschließlich den Umstand, daß das Berufungsgericht die Beendigung der Nachwirkungen des Kollektivvertrages durch eine schlüssig zwischen Streitteilen getroffene Vereinbarung nicht beachtet habe. Dem ist entgegenzuhalten, daß das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen hat, daß die Beklagte im Verfahren erster Instanz einen derartigen Einwand gar nicht erhoben hat. Das Berufungsgericht folgte dabei der Rechtsprechung, nach der sogenannte "überschießende" Feststellungen grundsätzlich nur insoweit zu berücksichtigen sind, als sie in den Rahmen des geltendgemachten Klagegrundes oder der erhobenen Einreden fallen (RIS-Justiz RS0037964, zuletzt 1 Ob 2297/96t ua). Insbesondere kann das Rechtsmittelgericht das Urteil einer Vorinstanz nicht zu dem Zweck aufheben, daß (genügend deutliche und widerspruchsfreie) Feststellungen nachgeholt werden, die über das Parteivorbringen hinausgehen (RIS-Justiz RS0040308, zuletzt 5 Ob 106/97t). Genau dies wäre im hier vorliegenden Fall aber erforderlich, um die Umstände einer - von der beklagten Partei gar nicht behaupteten - schlüssigen Unterwerfung des Klägers unter die Kürzungsmaßnahmen der Beklagten einer Beurteilung unterziehen zu können. Soweit sich die Beklagte erstmalig in der Revision auf einen Verfahrensmangel infolge Verletzung der Anleitungspflicht des Paragraph 182, ZPO beruft, ist ihr entgegenzuhalten, daß ihr durch das Berufungsgericht gemäß Paragraph 473 a, Absatz eins, ZPO Gelegenheit zur Erhebung einer solchen Mängelrüge gegeben, eine solche aber nicht erhoben wurde. Die Nachholung einer im Berufungsverfahren möglichen Mängelrüge im Revisionsverfahren ist aber unzulässig und daher unbeachtlich. Insgesamt vermag die Beklagte daher keine erheblich Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG aufzuzeigen. Selbst wenn das Berufungsgericht - zu Recht - ausgesprochen hatte, die ordentliche Revision sei zulässig, das Rechtsmittel aber dann nur solche Gründe geltendgemacht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0102059, insbesondere 1 Ob 610/95, 6 Ob 2341/96z, zuletzt 6 Ob 28/99g; RIS-Justiz RS0048272, insbesondere 4 Ob 604/95 = RdW 1997, 79).

Die Kosten der Revisionsbeantwortung waren nicht zuzuerkennen, weil der Revisionsgegner auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat (RIS-Justiz RS0035962; zuletzt 9 ObA 25/99p).

Zum Rekurs des Klägers:

Der Rekurs ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob ein Abzug vom Akkordlohn eines Legers auch dann berechtigt ist, wenn als "Hilfskraft" im Sinne des Kollektivvertrages ein Lehrling fungiert, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).Das Berufungsgericht hat die Frage, ob ein Abzug vom Akkordlohn eines Legers auch dann berechtigt ist, wenn als "Hilfskraft" im Sinne des Kollektivvertrages ein Lehrling fungiert, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (Paragraph 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen des Rekurswerbers entgegenzuhalten:

Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß den Kollektivvertragsparteien grundsätzlich unterstellt werden darf, daß sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollten, sodaß bei mehreren an sich in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten jener der Vorzug zu geben ist, die diesen Anforderungen am meisten entspricht (RIS-Justiz RS0008828, zuletzt 9 ObA 54/98a). Bei einer Beurteilung nach diesen Kriterien ist ein Abzug vom Leger-Akkordlohn deshalb vorgesehen, weil dem Leger durch die Beigabe einer Hilfskraft ermöglicht wird, in derselben Zeit eine größere Arbeitsleistung zu erbringen und daraus folgend einen höheren Lohn zu erzielen, als dies ohne Unterstützung möglich wäre. Ob im konkreten Fall die Heranziehung von Lehrlingen zulässig war oder nicht, ändert nichts an deren Funktion als "Hilfskraft" und kann auch dem Leger, dem die Erbringung einer höheren Akkordleistung ermöglicht wurde, nicht zum Vorteil in dem Sinn gereichen, daß er sich keinen Abzug gefallen lassen muß. Abgesehen davon, daß der Kläger keinerlei Vorbringen dahin erstattet hat, welche konkreten "Ausbildungstätigkeiten" er erbracht hätte, ist dies im Hinblick auf die Erbringung von Akkordleistungen auch unwahrscheinlich. Das Berufungsgericht hat aber zu Recht darauf hingewiesen, daß es noch an Feststellungen mangelt, welche eine abschließende Beurteilung hinsichtlich der Höhe des vorzunehmenden Abzuges ermöglichen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf Paragraph 52, ZPO.

Anmerkung

E55124 09B01129

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:009OBA00112.99G.0901.000

Dokumentnummer

JJT_19990901_OGH0002_009OBA00112_99G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten