TE OGH 1999/9/2 2Ob253/99s

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Veröffentlicht am 02.09.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Evfrosyni P*****, vertreten durch Dr. Peter Windhopp, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Steen P*****, und 2. E***** AG, ***** beide vertreten durch Dr. Helfried Kriegel, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 182.473 sA und Feststellung (Streitwert S 10.000; Revisionsinteresse S 119.986,50), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 19. April 1999, GZ 14 R 215/98k-25, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9. September 1998, GZ 11 Cg 132/97f-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision der beklagten Parteien wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.Gemäß Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (Paragraph 502, Absatz eins, ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Dem gegenständlichen Verfahren liegt ein Verkehrsunfall am 22. 5. 1996 gegen 20,00 Uhr in W***** auf der Kreuzung O*****straße und T*****straße zwischen der Klägerin als Fußgängerin und dem Erstbeklagten als Lenker eines bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKWs zugrunde. Die Klägerin beabsichtigte, gemeinsam mit ihrem links von ihr gehenden Ehemann, der einen Regenschirm aufgespannt hatte, den 12 m breiten Schutzweg der O*****straße von Norden nach Süden zu überqueren, welche dort vier Fahrstreifen aufweist. Beide betraten den Schutzweg bei Aufleuchten des ersten Grünblinkens, konnten diesen jedoch zufolge zwischenzeitlich von der (gegenüberliegenden) S*****brücke nach links vor ihnen in die O*****straße abbiegender Fahrzeuge, die nicht vor dem Schutzweg anhielten, nicht mehr zur Gänze bei Grünlicht überqueren. Bevor sie die letzten Meter (etwa ab der Hälfte des Schutzweges) zurückzulegen begannen, begann bereits die Grünphase der für den Erstbeklagten (auf der U*****straße) maßgeblichen Verkehrsampel. Da dieser den Grünbeginn seiner Ampel zunächst "verschlief", weil er einen Regenbogen beobachten wollte, und deswegen erst 3,4 Sekunden nach Grünbeginn losfuhr, beschleunigte er bis zur späteren Unfallstelle auf 30 km/h und bemerkte erst etwa 8 m vor der späteren Kollision die beiden Fußgänger, worauf er mit Vollbremsung reagierte. Während der Ehemann der Klägerin noch ausweichen konnte, wurde die Klägerin etwa 2 m vor dem gegenüberliegenden Gehsteig (also nach einer Gesamtgehstrecke von etwa 10 m) vom PKW erfaßt und hiedurch schwer verletzt. Zum Unfallszeitpunkt hatte die Schutzwegampel bereits 23,4 Sekunden Rotlicht. Der Erstbeklagte wurde wegen dieses Unfalles rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt.

Ausgehend vom Alleinverschulden des Erstbeklagten begehrte die Klägerin mit ihrer Klage die Verurteilung beider beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung ihres - im Revisionsverfahren der Höhe nach nicht mehr strittigen - Gesamtschadens von S 182.473 sA. Darüber hinaus erhob sie auch ein Feststellungsbegehren.

Die beklagten Parteien bestritten das Klagebegehren insoweit, als dem Erstbeklagten ein höheres als 50 %iges Mitverschulden anzulasten sei. Ein ebensolches treffe auch die Klägerin.

Das Erstgericht verurteilte die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von (mit Berichtigungsbeschluß zum Urteil richtiggestellten) S 145.973 samt Staffelzinsen und wies das Mehrbegehren (unangefochten und rechtskräftig) ab. Das Erstgericht beurteilte den festgestellten Sachverhalt rechtlich dahin, daß das Alleinverschulden am Unfall den Erstbeklagten treffe. Dieser habe die vor ihm befindliche Kreuzung nicht genau beobachtet. So wie für Fahrzeuge, die auf der Kreuzung vom Ampelphasenwechsel überrascht würden, das Räumen derselben zu ermöglichen sei, habe dies auch für Fußgeher zu gelten, denen auch nicht zugemutet werden könne, nach dem Phasenwechsel der Fußgängerampel am Schutzweg umzukehren und zurückzugehen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 nicht übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und schloß sich auch dessen rechtlicher Beurteilung an. Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, "weil zur Frage der Beachtung von Fußgängern als 'Nachzügler' bzw deren notwendigen Vorsichtsmaßnahmen keine höchstgerichtliche Judikatur aus den letzten Jahren vorgefunden wurde".

Gegen den Zuspruch eines den Betrag von S 30.986,50 sA übersteigenden Betrages und den Ausspruch über die Haftung der beklagten Partei, soweit sie 50 % der künftigen Schäden übersteigt, richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Parteien.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

In der Revision wird indes keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ausgeführt. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO auch nicht gebunden. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich bereits in seiner Entscheidung ZVR 1977/306 (zitiert auch in Messiner, StVO10 E 71 zu § 76) ausdrücklich ausgesprochen, daß die Verpflichtung eines Kraftfahrers, den bei Grünlicht einfahrenden Fahrzeugen des Querverkehrs, die auf der Kreuzung vom Phasenwechsel überrascht werden, und die Kreuzung nicht mehr rechtzeitig verlassen können, die Räumung der Kreuzung zu ermöglichen, sinngemäß auch für Fußgänger gilt. In der Entscheidung ZVR 1992/63 wurde ausgesprochen, daß ein Fahrzeuglenker, der in eine Kreuzung einfährt, eine solche Annäherungsgeschwindigkeit einzuhalten hat, daß er nötigenfalls vor einem querenden Schutzweg anhalten kann, um Fußgängern den ungehinderten und ungefährdeten Abschluß der Fahrbahnüberquerung zu ermöglichen. Dies hat auch für die vorliegende Unfallkonstellation zu gelten. Die Klägerin durfte gemäß § 76 Abs 3 StVO die Fahrbahn nicht nur bei durchgehendem, sondern auch noch bei grünblinkendem Licht betreten. Nach § 38 Abs 4 StVO hätte sie schon durch die zunächst von der S*****brücke herkommenden Fahrzeuge an der Fortsetzung ihres Überquerungsvorganges am Schutzweg nicht gehindert werden dürfen. Daß sie tatsächlich verkehrsbedingt diese letzten Meter nicht zurücklegen konnte, ist ihr bei dieser Situation ebensowenig als anspruchskürzendes Mitverschulden anzulasten, wie es ihr (so die Revisionswerber) zum Vorwurf gemacht werden kann, nicht am Schutzweg - von dem sie ja ohnedies bereits zum Unfallszeitpunkt 5/6 zurückgelegt hatte - umzudrehen und zum Ausgangspunkt zurückzugehen. Damit haben aber die Vorinstanzen im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung das Alleinverschulden am Unfall dem Erstbeklagten als Lenker zugemessen.In der Revision wird indes keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO ausgeführt. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO auch nicht gebunden. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich bereits in seiner Entscheidung ZVR 1977/306 (zitiert auch in Messiner, StVO10 E 71 zu Paragraph 76,) ausdrücklich ausgesprochen, daß die Verpflichtung eines Kraftfahrers, den bei Grünlicht einfahrenden Fahrzeugen des Querverkehrs, die auf der Kreuzung vom Phasenwechsel überrascht werden, und die Kreuzung nicht mehr rechtzeitig verlassen können, die Räumung der Kreuzung zu ermöglichen, sinngemäß auch für Fußgänger gilt. In der Entscheidung ZVR 1992/63 wurde ausgesprochen, daß ein Fahrzeuglenker, der in eine Kreuzung einfährt, eine solche Annäherungsgeschwindigkeit einzuhalten hat, daß er nötigenfalls vor einem querenden Schutzweg anhalten kann, um Fußgängern den ungehinderten und ungefährdeten Abschluß der Fahrbahnüberquerung zu ermöglichen. Dies hat auch für die vorliegende Unfallkonstellation zu gelten. Die Klägerin durfte gemäß Paragraph 76, Absatz 3, StVO die Fahrbahn nicht nur bei durchgehendem, sondern auch noch bei grünblinkendem Licht betreten. Nach Paragraph 38, Absatz 4, StVO hätte sie schon durch die zunächst von der S*****brücke herkommenden Fahrzeuge an der Fortsetzung ihres Überquerungsvorganges am Schutzweg nicht gehindert werden dürfen. Daß sie tatsächlich verkehrsbedingt diese letzten Meter nicht zurücklegen konnte, ist ihr bei dieser Situation ebensowenig als anspruchskürzendes Mitverschulden anzulasten, wie es ihr (so die Revisionswerber) zum Vorwurf gemacht werden kann, nicht am Schutzweg - von dem sie ja ohnedies bereits zum Unfallszeitpunkt 5/6 zurückgelegt hatte - umzudrehen und zum Ausgangspunkt zurückzugehen. Damit haben aber die Vorinstanzen im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung das Alleinverschulden am Unfall dem Erstbeklagten als Lenker zugemessen.

Die Revision ist damit mangels Vorliegens der Zulässigkeitsvoraussetzungen zurückzuweisen. Da die klagende Partei auf die Unzulässigkeit der Revision der beklagten Parteien aus dem Grunde des § 502 ZPO nicht hingewiesen hat, gebührt ihr hiefür auch kein Kostenersatz (RIS-Justiz RS0035962 und 0035979).Die Revision ist damit mangels Vorliegens der Zulässigkeitsvoraussetzungen zurückzuweisen. Da die klagende Partei auf die Unzulässigkeit der Revision der beklagten Parteien aus dem Grunde des Paragraph 502, ZPO nicht hingewiesen hat, gebührt ihr hiefür auch kein Kostenersatz (RIS-Justiz RS0035962 und 0035979).

Anmerkung

E55068 02A02539

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0020OB00253.99S.0902.000

Dokumentnummer

JJT_19990902_OGH0002_0020OB00253_99S0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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