TE OGH 1999/9/13 4Ob193/99g

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Veröffentlicht am 13.09.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Gerald Ganzger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. M***** GmbH & Co KG, 2. M***** GmbH, beide *****, beide vertreten durch Giger, Ruggenthaler und Simon, Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 450.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 26. Mai 1999, GZ 15 R 193/98g-8, mit dem der Beschluß des Handelsgerichts Wien vom 21. Oktober 1998, GZ 38 Cg 65/98i-4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Verlegerin des Nachrichtenmagazins "N*****". Die Erstbeklagte ist Verlegerin der Tageszeitung "Neue Kronen Zeitung"; die Zweitbeklagte ist persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten.

In der Ausgabe der "Neuen Kronen Zeitung" vom 13. 9. 1998 wurde folgende entgeltliche Einschaltung veröffentlicht: Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Käufern von periodischen Druckwerken, deren Verleger und/oder Eigentümer sie sind, insbesondere der Tageszeitung "Neue Kronen Zeitung", unentgeltliche Zugaben zu gewähren, insbesondere wenn die gewährte Zugabe in der Einräumung einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel besteht. Eventualiter wird begehrt, den Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Käufern von periodischen Druckwerken, deren Verleger und/oder Eigentümer sie sind, insbesondere der "Neuen Kronen Zeitung", durch Inserenten und/oder Kooperationspartner unentgeltliche Zugaben gewähren zu lassen, insbesondere wenn die gewährte Zugabe in der Einräumung einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel besteht. Die Beklagten gewährten mit der Veröffentlichung des Inserats und der darin enthaltenen Gewinnspielankündigung eine Zugabe. Am Gewinnspiel könne nur mit dem abgedruckten "Gewinnticket" teilgenommen werden. Wer seine Gewinnchance erhöhen wolle, müsse weitere Ausgaben der "Neuen Kronen Zeitung" kaufen. Eine alternative Teilnahmemöglichkeit werde nicht angeboten.

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen. Sie hätten an der Gestaltung des Inserats nicht mitgewirkt. Bei der Annahme von Inseraten werde strikt darauf geachtet, daß die zur Veröffentlichung übergebenen Anzeigentexte keinen unzulässigen Kaufanreiz für das Trägermedium ausüben. Ihre Mitarbeiter seien angewiesen, derartige Einschaltungen abzulehnen oder ihre Abänderung zu verlangen. In Zweifelsfällen müßten sie die Anzeigentexte dem Leiter der Rechtsabteilung vorlegen. Eine weitere Kontrolle bestehe darin, daß der technische Leiter der M***** AnzeigengmbH & Co KG den Anzeigenspiegel durchzusehen, kritische Inserate zu überprüfen und gegebenenfalls zu entfernen habe. Bei der vorliegenden Einschaltung sei aus nicht nachvollziehbaren Gründen niemandem aufgefallen, daß keine alternative Teilnahmemöglichkeit vorgesehen war. Daß die Einschaltung ohne Änderung veröffentlicht wurde, sei auf menschliches Versagen zurückzuführen. Die einzige Absicht, die die Beklagten, die M***** AnzeigengmbH & Co KG sowie deren Mitarbeiter verfolgt hätten, habe darin bestanden, ein Inserat anzunehmen und zu veröffentlichen. Eine Absicht, damit auch den Absatz der "Neuen Kronen Zeitung" zu fördern, habe keinesfalls bestanden.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Im Inserat werde eine alternative Teilnahmemöglichkeit zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Aus dem Text ergebe sich jedoch, daß die Teilnahme am Gewinnspiel nicht die Verwendung des Coupons, sondern die Beantwortung der Fragen voraussetze. Ein "Gewinnticket" könne durch Kopieren oder eine andere Art der Vervielfältigung hergestellt werden. Die mit der Einschaltung verbundenen Werbewirkungen für die Zeitung hielten sich innerhalb des erlaubten Leistungswettbewerbs. Ein unerlaubter Lockeffekt sei damit nicht verbunden.

Das Rekursgericht verbot den Beklagten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in periodischen Druckwerken der Beklagten Inserate für Gewinnspiele Dritter zu veröffentlichen, wenn dem Käufer nicht eine der Einsendung eines Zeitungscoupons gleichwertige, vom Bezug der Zeitung unabhängige alternative Teilnahmemöglichkeit am Gewinnspiel geboten wird. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der an der Teilnahme interessierte Leser müsse annehmen, daß er den Gewinncoupon einsenden müsse, um am Gewinnspiel teilnehmen zu können. Ein Hinweis auf eine gleichwertige alternative Teilnahmemöglichkeit fehle. Dadurch würden Leser veranlaßt, mehrere Zeitungsexemplare zu kaufen, um ihre Gewinnchancen zu erhöhen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil das Rekursgericht das Vorbringen der Beklagten, nicht in Wettbewerbsabsicht gehandelt zu haben, unbeachtet gelassen hat; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Die Beklagten bekämpfen die Auffassung des Rekursgerichts, sie hätten bereits dadurch wettbewerbswidrig gehandelt, daß sie das Inserat angenommen und veröffentlicht haben. Mit der Annahme und Veröffentlichung von Inseraten werde üblicherweise nicht beabsichtigt, den Absatz der Zeitung zu fördern. Die Wettbewerbsabsicht wäre daher von der Klägerin zu behaupten und zu bescheinigen gewesen.

Dem hält die Klägerin entgegen, daß die Wettbewerbsabsicht der Beklagten schon aufgrund der Gestaltung der Einschaltung zu vermuten sei. Die Beklagten hätten nicht bescheinigt oder vorgebracht, eine Förderung des eigenen Absatzes durch die Veröffentlichung des Inserats nicht beabsichtigt zu haben. Diese Ausführungen sind nicht richtig. Die Beklagten haben in der Äußerung ausführlich dargelegt, bei der Annahme und Veröffentlichung des Inserats nicht in Wettbewerbsabsicht gehandelt zu haben; sie haben für ihr Vorbringen auch Bescheinigungsmittel angeboten. Ihr Vorbringen ist für die Entscheidung erheblich, weil die Veröffentlichung von Inseraten, in denen Gewinnspiele angekündigt werden, nicht von vornherein wettbewerbswidrig ist:

Das Zeitungsunternehmen handelt wettbewerbswidrig, wenn es Inserate als Lockmittel zur Förderung des Absatzes der eigenen Zeitung einsetzt. Es muß in jedem Fall dafür Sorge tragen, daß bei der Gestaltung der Anzeige der Eindruck einer Abhängigkeit des vom Dritten angekündigten Gewinnspiels vom Kauf eines Zeitungsexemplars unterbleibt (stRsp MR 1992, 210 [Korn] = ÖBl 1992, 226 - Verführerschein ua).

Veröffentlicht das Zeitungsunternehmen ein Inserat, durch das ein derartiger Eindruck hervorgerufen wird, so ist zu vermuten, daß es mit diesem Inserat (auch) seinen eigenen Wettbewerb fördern will. Im vorliegenden Fall ist offenkundig, daß das Inserat geeignet ist, auch den Absatz der Beklagten zu fördern. In der Einschaltung wird mehrmals darauf hingewiesen, daß der Teilnehmer das abgedruckte ("nebenstehendes") "Gewinnticket" ausfüllen und einsenden muß, wenn er seine Chance, beim Quelle Bank Gewinnspiel 100.000 S zu gewinnen, wahren will. Daraus muß jeder Leser schließen, daß er ein "Gewinnticket" und damit eine (weitere) Ausgabe der "Neuen Kronen Zeitung" benötigt, um am Gewinnspiel teilnehmen und allenfalls durch Einsenden mehrerer Kupons seine Gewinnchancen erhöhen zu können. Die Verknüpfung von Inserateninhalt und Zeitungsabsatz läßt vermuten, daß die Beklagten mit der Annahme des Inserats (auch) in der Absicht gehandelt haben, den eigenen Wettbewerb zu fördern. Die Klägerin war daher nicht gehalten, zu behaupten und zu beweisen (bescheinigen), daß die Beklagten mit der Annahme des Inserats zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt haben.

Die Beklagten haben aber in der Äußerung eingewandt, an der Gestaltung des Inserats nicht beteiligt gewesen zu sein und ein Kontrollsystem eingerichtet zu haben, das im vorliegenden Fall aus ungeklärten Gründen versagt habe. Können sie ihre Behauptungen bescheinigen, so ist die aus dem objektiven Charakter des Inserats folgende Vermutung der Wettbewerbsabsicht widerlegt. Zur Bescheinigung ihres Vorbringens haben die Beklagten die Vernehmung von Auskunftspersonen beantragt.

Das Erstgericht hat die Auskunftspersonen nicht vernommen, weil es den Sicherungsantrag schon wegen der von ihm verneinten Eignung des Inserats, den Absatz der Zeitung zu fördern, abgewiesen hat. Diese Auffassung hat das Rekursgericht zu Recht nicht geteilt; es hätte sich aber mit dem Vorbringen der Beklagten, nicht in Wettbewerbsabsicht gehandelt zu haben, auseinandersetzen müssen. Da dies nicht geschehen ist, ist die angefochtene Entscheidung mangelhaft geblieben.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben. Die angefochtene Entscheidung war aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 52 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E55353 04A01939

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0040OB00193.99G.0913.000

Dokumentnummer

JJT_19990913_OGH0002_0040OB00193_99G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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