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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
LDG 1984 §70 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der C R in H, vertreten durch die Rechtsanwälte OEG Zamponi Weixelbaum & Partner in 4020 Linz, Kaisergasse 17, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer für allgemein bildende Pflichtschulen beim Landesschulrat für Oberösterreich (Senat für Volks- und Sonderschullehrer) vom 28. Jänner 2004, Zl. 1-DOK-12/23-04, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 25. Mai 2004, Zl. 1-DOK-12/29-04, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung nach dem Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG 1984), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 20. November 2003, Zl. 2000/09/0153, verwiesen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 28. Jänner 2004 wurde auch im fortgesetzten Verfahren die Berufung der Beschwerdeführerin gegen das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis (vom 22. März 2000) im Umfang seines Strafausmaßes abgewiesen und die (in erster Instanz erfolgte) Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung von der belangten Behörde bestätigt.
Die belangte Behörde hat - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, also in nichtöffentlicher Sitzung - im angefochtenen Bescheid folgenden Sachverhalt festgestellt:
"Frau R unterrichtete im Schuljahr 1995/96 im Ausmaß einer halben Lehrverpflichtung, wobei neben der Vermittlung des vorgesehenen Lehrstoffes ihr ungewöhnliches erzieherisches Wirken auffällt. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die sogenannten Morgenkreise, die den Schülern auf der Bücherstiege im Klassenzimmer zur Verfügung gestellte Literatur, das Abspielen einschlägiger Kassetten in Form von Lobpreisliedern während der Morgenkreise, aber auch im Zeichenunterricht, die Verweigerung des Besuches der Buchausstellung im Dezember 1995, die Verweigerung des Abspielens des Liedes 'Hexe Wackelzahn' beim Besuch der Zahnputztante im Rahmen der Zahnprofilaxe, Aussagen zu Büchern und Videokassetten, die Kinder außerhalb der Schule bekommen haben (durch Kritik am Film 'König der Löwen', an der Figur der Pocahontas, an dem Buch 'Das Zauberband', das B B auf Anordnung der Lehrerin anderen Kindern nicht zeigen durfte), allgemein geäußerte Kritiken an Figuren wie Zauberern, Hexen, die in Kinderbüchern und Märchen vorkamen, sowie das Ablehnen von Geschichten im Lesebuch (z.B. Lesebuch 2 'Die kleine Hexe').
Besonders hervorzuheben sind jedoch ihre Gebete im Unterricht um Heilung bei Kindern, die Schmerzen hatten und zwar durch Handauflegen bzw. Berühren der Kinder. So geschehen bei T S wegen Asthma, bei Y H wegen Kopfschmerzen, bei B B, die ihrer Mutter berichtete, dass ihr öfter wegen Kopfschmerzen die Hand aufgelegt wurde, bei E H wegen Zahnschmerzen und mehrmals auch bei P A wegen Kopfschmerzen.
Zusammenfassend kann sohin festgestellt werden, dass die Erziehungs- und Unterrichtsarbeit von Frau R geprägt ist von religiösen motivierten Handlungen. Sie lässt dabei völlig außer Acht, dass sie in der 2. Klasse einer Volksschule lediglich die Pflichtgegenstände Lesen, Schreiben, Deutsch und Bildnerische Erziehung zu unterrichten hätte und zwar ohne die Vermittlung 'christlich religiöser' Werte. Dadurch verursachte Verhaltensauffälligkeiten und Beeinträchtigungen einzelner Kinder wurden zwar nicht bestritten, aber als vernachlässigbar abgetan.
Wie intensiv sich jedoch die religiöse Beeinflussung durch Frau R auswirkte, kann man daran erkennen, dass es in ihrer Klasse überdurchschnittlich viele Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten gab. C R unterrichtete im Schuljahr 1995/96 16 Kinder in der 2b-Klasse. Vier dieser Kinder waren Schüler mit nicht deutscher Muttersprache und derart mangelhaften Deutschkenntnissen, dass sie die Bedeutung der Aussagen und Handlungen von Frau R nicht wirklich erkennen konnten (Aussage von C R vor der Disziplinarkommission, Protokollseite 9). Ein Kind hatte Eltern, die der Jedidjabewegung nahe standen. Von den restlichen elf Kindern wurden bei sieben Veränderungen und Beeinträchtigungen festgestellt.
Sechs dieser Kinder waren anlässlich der Erstattung der Strafanzeige gegen C R von Dr. H F, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, untersucht worden. Dieser diagnostizierte unter anderem: Verhaltensstörungen, Hyperaktivität, Angststörungen, Neigungen zu psychosomatischen Beschwerden, Störungen des Essverhaltens, depressive Züge, dissoziative Persönlichkeitsstörungen.
Obwohl in mehreren Elterngesprächen, in Aussprachen mit Vorgesetzten, nämlich BSI M und VD G eindeutig der Auftrag erteilt wurde, jegliche religiöse Beeinflussung der Schüler zu unterlassen, hat Frau R weiterhin das Gedankengut der Jedidja-Glaubensgemeinschaft im Unterricht verbreitet. Davon konnte sie auch weder der Hinweis auf dienstrechtliche Konsequenzen, anhaltende Elternproteste, noch das negative Medienecho abhalten. Dem in einer gemeinsamen Aussprache am 5.3.1996 vorgebrachten Wunsch von 5 Eltern, Handauflegen und Morgenkreise zu unterlassen, bzw. das Abspielen beanstandeter Kassetten im Zeichenunterricht zu unterlassen wurde ohne pädagogischer Auseinandersetzung lediglich mit Hinweisen wie 'Wissen Sie nicht um die Macht des Bösen, die Geister sind unter uns' ... begegnet. Den am 18.3.1996 während einer Schulkonferenz von der Schulleiterin VD G erteilten Auftrag, nicht gegen den Willen der Eltern die Kinder in einer Art Sektenlehre (Jedidja) zu beeinflussen und den Wunsch der Eltern zu respektieren, beantwortete Frau R mit dem Hinweis, der Glaube beeinflusse ihr Handeln, sie sei dem Herrn und sonst niemanden verpflichtet.
Die völlige Uneinsichtigkeit von Frau R bezüglich ihrer dienstlichen Obliegenheiten konnte auch von den zuständigen Schulaufsichtsbeamten nicht korrigiert werden. Weitere massive Manipulationen der Kinder in ihrer Meinungsbildung und Verletzung der Erziehungsrechte der Eltern beziehungsweise deren Rechte auf religiöse Kindererziehung waren die Folge."
Zur zweiten (im Vorerkenntnis bestätigten) Dienstpflichtverletzung ging die belangte Behörde davon aus, diese stehe in engem Konnex mit der ersten Anschuldigung und sei als Erschwerungsgrund zu werten. Zu dieser (zweiten) Anschuldigung stellte sie Folgendes fest:
"Immerhin sind diese Weisungsverletzungen wiederholt erfolgt:
Dies bestätigen die Aussagen von VD G vor der Disziplinaroberkommission. Auch BSI M gab an, dass es mehrere Gespräche mit Frau R in dieser Angelegenheit gegeben habe, zunächst mit dem gut gemeinten Ratschlag, derartige Beeinflussungen zu unterlassen, um sich nicht um den Beruf zu bringen. Nachdem Frau R uneinsichtig blieb, erging am 7.3.1996 die als Vereinbarung bezeichnete Weisung. Allerdings ohne Erfolg."
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde zur Strafbemessung aus, das Einwirken auf die Schüler und Schülerinnen der 2b-Klasse im Schuljahr 1995/96 sei als die schwerste Dienstpflichtverletzung anzusehen. Der Beschwerdeführerin seien sieben bis achtjährige Kinder zur Erfüllung der Unterrichts- und Erziehungsaufgabe anvertraut gewesen. Sie habe "durch ihre vielfach wiederholten religiös motivierten Beeinflussungen bei sieben Kindern (von elf potentiell gefährdeten Kindern) Beeinträchtigungen des psychischen Wohls zumindest mitverursacht; dadurch habe sie gegen diese bedeutende Dienstpflicht eines Landeslehrers massiv verstoßen". Bei den mündlichen Verhandlungen vor den Kommissionen (gemeint: Disziplinarkommission erster und zweiter Instanz) habe die Beschwerdeführerin eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie ihrer christlichen Einstellung so sehr verpflichtet sei, dass diese über ihrer Dienstpflicht stehe. Dass ein Abgehen von dieser Einstellung nicht erwartet werden könne, bestätige ihre nur sehr ausweichende Antwort auf die Frage, wie sie mit der frührer mehrfach getroffenen Aussage, nur dem Herrn und sonst niemanden verpflichtet zu sein, künftig umgehe. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin auch in Zukunft ihrer Verpflichtung, die ihr obliegenden Unterrichts-, Erziehungs-, und Verwaltungsaufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch zu besorgen und in ihrem gesamten Verhalten darauf bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten bleibe, nicht im erforderlichen Ausmaß nachkommen werde. Die weitere Belassung der Beschwerdeführerin im Dienst würde eine gravierende Gefährdung wesentlicher Interessen im Dienst bedeuten.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde nach Aktenvorlage eine Gegenschrift erstattete, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Auf die Unzuständigkeitseinrede der Beschwerdeführerin, die Disziplinaroberkommission sei unrichtig zusammengesetzt gewesen, weil ihr ein vom Landeshauptmann bestellter rechtskundiger Beamter nicht angehört habe (gemeint: § 15 Abs. 2 lit. c O.ö. Landeslehrer-Diensthoheitsgesetz 1986), erwiderte die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift, die Disziplinaroberkommission sei sehr wohl gesetzmäßig zusammengesetzt gewesen, es habe nämlich HR Dr. F W als rechtskundiger Beamter auch an der maßgeblichen Sitzung am 17. Dezember 2003 teilgenommen, seine Anwesenheit sei "bedauerlicher Weise im Protokoll nicht verzeichnet".
Mit einem Berichtigungsbescheid vom 25. Mai 2004 berichtigte die belangte Behörde (entsprechend ihrem in der Gegenschrift erstatteten Vorbringen) den angefochtenen Bescheid dahingehend, dass die Disziplinaroberkommission "unter dem Vorsitz von Dr. P H und in Anwesenheit der Mitglieder LSI HR Mag. H S, VD OSR B W, VD L G, VD OSR P B und dem rechtskundigen Beamten HR Dr. F W sowie der Schriftführerin Mag. B R in der Sitzung vom 17.12.2003 über die Berufung gegen das mit Erkenntnis der Disziplinarkommission für Landeslehrer für allgemein bildende Pflichtschulen beim Bezirksschulrat E (Senat für Volks- und Sonderschullehrer), SchU30- 7/68-2000-H, vom 22.3.2000 verhängte Strafausmaß entschieden hat".
Diesen Berichtigungsbescheid hat die Beschwerdeführerin nicht (mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof) bekämpft. Ausgehend von diesem rechtskräftigen Berichtigungsbescheid ist dem Einwand der Beschwerde, die belangte Behörde sei bei der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Sitzung (vom 17. Dezember 2003) nicht entsprechend dem § 15 Abs. 2 O.ö. Landeslehrer-Diensthoheitsgesetz 1986 zusammengesetzt gewesen, die Grundlage entzogen.
Insoweit die Beschwerdeführerin eine Unzuständigkeit der belangten Behörde darauf zu stützen sucht, dass die ihrer Beschwerde beigelegten Medienberichte (vom 5. Dezember 2003 in der Tageszeitung Kurier und vom 8. Dezember 2003 in der Tageszeitung Neue Kronen Zeitung) erschienen und die Beschwerdeführerin daraus ableiten möchte, die Unabhängigkeit eines oder mehrerer Mitglieder der belangten Behörde sei deshalb nicht gegeben, bzw. dass "eine Befangenheit vorliegt", stellt die Beschwerdeführerin einen nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen diesen Medienberichten und der belangten Behörde bzw. ihren Mitgliedern allerdings (nach dem in der Beschwerde erstatteten Vorbringen) nicht her. Dass die beanstandete Äußerung "die Beschwerdeführerin wird nicht mehr in den Schulbetrieb zurückkehren" als eine Erklärung eines "Sprecher des Landesschulrates" (so in der Tageszeitung Kurier) bzw. als eine des "Landesschulrates" allenfalls der "Schulbehörde" (so in der Tageszeitung Neue Kronen Zeitung) wiedergegeben wird, ist diesen vorgelegten Medienberichten eindeutig zu entnehmen. Eine Meinungskundgebung von Mitgliedern der belangten Behörde ist diesen Medienberichten allerdings nicht zu entnehmen. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde sei bzw. ihre Mitglieder seien schon vor der Sitzung vom 17. Dezember 2003 "unter allen Umständen von einer Entlassung ausgegangen" bleibt eine Mutmaßung. Eine Befangenheit der belangten Behörde oder einzelner ihrer Mitglieder konnte die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde nicht (konkret) dartun. Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt nicht vor.
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des LDG 1984 lauten:
"Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten und Absehen von der mündlichen Verhandlung
§ 94a. (1) Die mündliche Verhandlung kann ungeachtet eines Parteienantrages in Abwesenheit des Beschuldigten durchgeführt werden, wenn der Beschuldigte trotz ordnungsgemäß zugestellter Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, sofern er nachweislich auf diese Säumnisfolge hingewiesen worden ist.
(2) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn der Sachverhalt infolge Bindung an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils eines Strafgerichtes oder eines Straferkenntnisses eines unabhängigen Verwaltungssenates zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung hinreichend geklärt ist.
(3) Sofern die Landesgesetzgebung eine Disziplinaroberkommission vorsieht, kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dieser ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn
1. die Berufung zurückzuweisen ist,
2. die Angelegenheit an die erste Instanz zu verweisen
ist, 3.
ausschließlich über eine Berufung gegen die Auferlegung eines Kostenersatzes zu entscheiden ist,
4. sich die Berufung ausschließlich gegen die
Strafbemessung richtet oder 5. der
Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint.
(4) In den Fällen des Abs. 1 ist vor schriftlicher Erlassung des Disziplinarerkenntnisses dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Disziplinarerkenntnis
§ 95. (1) Wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, hat die Disziplinarkommission bei der Beschlussfassung über das Disziplinarerkenntnis nur auf das, was in der mündlichen Verhandlung vorgekommen ist, sowie auf eine allfällige Stellungnahme des Beschuldigten gemäß § 94a Abs. 4 Rücksicht zu nehmen. Dies gilt auch für eine allfällig durch die Landesgesetzgebung eingerichtete Disziplinaroberkommission, wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden ist.
(2) Das Disziplinarerkenntnis hat auf Schuldspruch oder auf Freispruch zu lauten und im Falle eines Schuldspruches, sofern nicht nach § 73 Abs. 3 oder § 83 von einem Strafausspruch abgesehen wird, die Strafe festzusetzen.
(3) Eine schriftliche Ausfertigung des Disziplinarerkenntnisses ist den Parteien längstens innerhalb von zwei Wochen zuzustellen und der landesgesetzlich hiezu berufenen Behörde unverzüglich zu übermitteln.
(4) Das Disziplinarerkenntnis einer allfällig durch die Landesgesetzgebung eingerichteten Disziplinaroberkommission wird für jede Partei mit der mündlichen Verkündung, wenn aber von einer mündlichen Verhandlung abgesehen wurde oder das Disziplinarerkenntnis gemäß § 94a Abs. 4 schriftlich zu erlassen war, mit der an die Partei erfolgten Zustellung rechtswirksam."
Die Beschwerdeführerin rügt (zusammengefasst) die Nichtdurchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung im fortgesetzten Verfahren. Die ergänzend getroffenen Feststellungen der belangten Behörde seien auch weiterhin nicht hinreichend, weil diesen nur allgemein gehaltenen Formulierungen das Ausmaß der zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen auch weiterhin nicht entnommen werden könne.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 94a Abs. 3 Z 5 LDG 1984 (und entsprechenden vergleichbaren Regelungen) wiederholt dargelegt, dass der Sachverhalt dann als nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt anzusehen ist, wenn er nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde, und in der Berufung kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehen eines Neuerungsverbotes zulässigerweise - neu und in konkreter Weise behauptet wird; darunter sind nicht nur inhaltsleere Bestreitungen zu verstehen. Die Berufungsbehörde darf insbesondere auch dann nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 94a Abs. 3 Z 5 LDG 1984 ausgehen (und demnach nicht von einer mündlichen Berufungsverhandlung absehen), wenn der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt wurde, der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. September 2006, Zl. 2003/09/0080, und die darin angegebene Judikatur).
Davon ausgehend war die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung im fortgesetzten Verfahren geboten:
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem Erkenntnis vom 20. November 2003, Zl. 2000/09/0153, die (damals angefochtene) Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 7. Juli 2000 im Umfang des Strafausspruches mit der Begründung aufgehoben, dass die belangte Behörde "Feststellungen zur Grundlage der Strafbemessung nämlich darüber, in welchem Ausmaß die Beschwerdeführerin ihre Dienstpflichten verletzte (etwa mit welcher Intensität sie auf die Kinder einwirkte, ob dies im Unterricht ständig oder vereinzelt erfolgte und in welchem Umfang Gefährdungen oder gar Gesundheitsschädigungen und an welchen Kindern auftraten; wann und wie oft erteilte Weisungen nicht befolgt wurden) nicht getroffen hat". Auf Grund dieses "Begründungsmangels" war der Sachverhalt aber nicht hinreichend geklärt; er war sohin ergänzungsbedürftig. Daher war die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung jedenfalls geboten, weil die Berufungsbehörde nach dem genannten Vorerkenntnis gehalten war, ergänzenden Sachverhaltsfeststellungen zu treffen. Sie hätte ihre Entscheidung daher auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen müssen.
Dessen ungeachtet hat die belangte Behörde diese ergänzenden Feststellungen nicht getroffen, sondern aufgrund eines Aktenverfahrens lediglich die im ersten Rechtsgang getroffenen Feststellungen wiederholt.
Aber auch wenn die belangte Behörde ergänzende (hinreichende) Feststellungen zur Grundlage der Strafbemessung tatsächlich getroffen hätte, wäre die Aufhebung des Bescheides unvermeidlich, weil die belangte Behörde unberücksichtigt ließ, dass der ergänzend festzustellende Sachverhalt nicht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung geklärt werden durfte (vgl. insoweit etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2006, Zl. 2003/09/0011). Dass die Beschwerdeführerin den maßgeblichen Sachverhalt (betreffend die Grundlagen der Strafbemessung) etwa außer Streit gestellt, nicht bestritten oder selbst vorgebracht hätte, hat die belangte Behörde nicht angenommen; derartiges ist - schon mit Rücksicht darauf, dass die Beschwerdeführerin in das fortgesetzte Verfahren gar nicht einbezogen war und daher auch keine Gelegenheit zu einem derartigen Vorbringen hatte - den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Die gegen die "Beweiswürdigung" gerichteten Beschwerdeausführungen sind insoweit begründet, als dem nunmehr angefochtenen Bescheid auch nicht zu entnehmen ist, welche Erwägungen die belangte Behörde zu ihren Feststellungen (und nicht etwa den von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten) veranlasst haben.
Nach dem Vorgesagten erweist sich der angefochtene Bescheid mit einem Verfahrensmangel behaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 20. November 2006
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004090024.X00Im RIS seit
21.12.2006