TE OGH 1999/10/5 2Ob277/99w

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Veröffentlicht am 05.10.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* Versicherung AG, *, vertreten durch Dr. Gerhard Kucher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Erich S*, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 93.587 und Feststellung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 2. Juni 1999, GZ 3 R 126/99t-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St. Veit/Glan vom 3. Februar 1999, GZ 3 C 1298/98d-10 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.112 (darin enthalten USt von S 1.352, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Am 14. 6. 1994 ereignete sich ein Verkehrsunfall an dem die damals zwei Jahre und drei Monate alte Tochter des Beklagten und ein Versicherungsnehmer der klagenden Partei beteiligt waren. Die Tochter des Beklagten lief, nachdem sie vorher von diesem aus einem PKW gehoben und auf den Gehsteig gestellt worden war, über die Fahrbahn der Gasse, hinsichtlich der eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 10 km/h verfügt worden war. Der Versicherungsnehmer der klagenden Partei und diese wurden in Anwendung des § 9 Abs 2 EKG und unter Zugrundelegung der Feststellung, dass der Versicherungsnehmer der klagenden Partei eine Annäherungsgeschwindigkeit von 10-15 km/h eingehalten habe, zur Zahlung eines Schmerzengeldbetrages von S 90.000 sA verurteilt und wurde die Haftung für die künftigen Schäden festgestellt.Am 14. 6. 1994 ereignete sich ein Verkehrsunfall an dem die damals zwei Jahre und drei Monate alte Tochter des Beklagten und ein Versicherungsnehmer der klagenden Partei beteiligt waren. Die Tochter des Beklagten lief, nachdem sie vorher von diesem aus einem PKW gehoben und auf den Gehsteig gestellt worden war, über die Fahrbahn der Gasse, hinsichtlich der eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 10 km/h verfügt worden war. Der Versicherungsnehmer der klagenden Partei und diese wurden in Anwendung des Paragraph 9, Absatz 2, EKG und unter Zugrundelegung der Feststellung, dass der Versicherungsnehmer der klagenden Partei eine Annäherungsgeschwindigkeit von 10-15 km/h eingehalten habe, zur Zahlung eines Schmerzengeldbetrages von S 90.000 sA verurteilt und wurde die Haftung für die künftigen Schäden festgestellt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei im Regressweg die Bezahlung des an das Kind geleisteten Schadenersatzbetrages samt Zinsen und die Feststellung der Haftung des Beklagten für sämtliche Leistungen, welche sie an seine Tochter zuerbringen haben wird. Die klagende Partei brachte dazu vor, der Beklagte habe seine Aufsichtspflicht verletzt.

Dies wurde vom Beklagten bestritten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und bejahte eine Verletzung der Aufsichtspflicht durch den Beklagten.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass das Klagebegehren abgewiesen wurde; es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige 52.000 S, nicht jedoch 260.000 S, die ordentliche Revision sei zulässig.

Das Berufungsgericht verneinte eine Verletzung der Aufsichtspflicht durch den Beklagten.

Die ordentliche Revision erachtete es für zulässig, weil eine Rechtsprechung zur Frage fehle, ob der nicht erbrachte Entlastungsbeweis hinsichtlich des Versicherungsnehmers der klagenden Partei im Verhältnis zum Beklagten zum Tragen komme oder ob in einem solchen Fall reine Verschuldenskriterien heranzuziehen seien. Darüber hinaus erscheine eine oberstgerichtliche Klärung der im vorliegenden Fall nach § 1309 ABGB gegebenen Rechtsfragen über den Einzelfall hinaus zur Rechtsentwicklung von erheblicher Bedeutung.Die ordentliche Revision erachtete es für zulässig, weil eine Rechtsprechung zur Frage fehle, ob der nicht erbrachte Entlastungsbeweis hinsichtlich des Versicherungsnehmers der klagenden Partei im Verhältnis zum Beklagten zum Tragen komme oder ob in einem solchen Fall reine Verschuldenskriterien heranzuziehen seien. Darüber hinaus erscheine eine oberstgerichtliche Klärung der im vorliegenden Fall nach Paragraph 1309, ABGB gegebenen Rechtsfragen über den Einzelfall hinaus zur Rechtsentwicklung von erheblicher Bedeutung.

Die dagegen von der klagenden Partei erhobene Revision ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt es bei der Frage, ob der Aufsichtspflichtige seine Obsorgepflicht im Sinne des § 1309 ABGB genügt hat, auf das Alter, die Entwicklung und die Eigenart des Kindes, auf die Voraussehbarkeit eines schädigenden Verhaltens des zu Beaufsichtigenden, auf das Maß der von diesem ausgehenden, dritten Personen drohenden Gefahr sowie darauf an, was den Aufsichtspflichtigen in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen im konkreten Fall unternehmen müssten, um die Schädigung Dritter durch ihre Kinder zu verhindern, welchen Anlass sie zu bestimmten Aufsichtsmaßnahmen hatten (ZVR 1984/324, 1989/153, 1990/156, 1997/35). Maßgebend für das Maß der Aufsichtspflicht der Eltern sind aber immer die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles (ZVR 1990/156), weshalb insoweit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben sind. Eine grobe Fehlbeurteilung kann in der Ansicht des Berufungsgerichtes, der Beklagte habe seine Aufsichtspflicht nicht verletzt, weil er das Kind nur rund 10 Sekunden aus den Augen gelassen habe, die Gasse eine äußerst geringe Verkehrsfrequenz aufgewiesen habe, die Höchstgeschwindigkeit mit 10 km/h limitiert gewesen und das Kind noch nie davon gelaufen sei, nicht erblickt werden.Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt es bei der Frage, ob der Aufsichtspflichtige seine Obsorgepflicht im Sinne des Paragraph 1309, ABGB genügt hat, auf das Alter, die Entwicklung und die Eigenart des Kindes, auf die Voraussehbarkeit eines schädigenden Verhaltens des zu Beaufsichtigenden, auf das Maß der von diesem ausgehenden, dritten Personen drohenden Gefahr sowie darauf an, was den Aufsichtspflichtigen in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen im konkreten Fall unternehmen müssten, um die Schädigung Dritter durch ihre Kinder zu verhindern, welchen Anlass sie zu bestimmten Aufsichtsmaßnahmen hatten (ZVR 1984/324, 1989/153, 1990/156, 1997/35). Maßgebend für das Maß der Aufsichtspflicht der Eltern sind aber immer die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles (ZVR 1990/156), weshalb insoweit grundsätzlich die Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht gegeben sind. Eine grobe Fehlbeurteilung kann in der Ansicht des Berufungsgerichtes, der Beklagte habe seine Aufsichtspflicht nicht verletzt, weil er das Kind nur rund 10 Sekunden aus den Augen gelassen habe, die Gasse eine äußerst geringe Verkehrsfrequenz aufgewiesen habe, die Höchstgeschwindigkeit mit 10 km/h limitiert gewesen und das Kind noch nie davon gelaufen sei, nicht erblickt werden.

Verneint man aber eine Verletzung der Aufsichtspflicht des Beklagten, dann stellt sich die weitere Frage, ob der nicht erbrachte Entlastungsbeweis hinsichtlich des Versicherungsnehmers der klagenden Partei im Verhältnis zum Beklagten zum Tragen kommt, nicht.

Die Revision der klagenden Partei war deshalb zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision der klagenden Partei hingewiesen, weshalb ihr die Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen waren.Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision der klagenden Partei hingewiesen, weshalb ihr die Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen waren.

Textnummer

E55343

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:E55343

Im RIS seit

04.11.1999

Zuletzt aktualisiert am

02.08.2023
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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