TE Vwgh Beschluss 2006/11/21 2005/21/0040

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Veröffentlicht am 21.11.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §57 impl;
AVG §59 Abs1;
FrG 1997 §61 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, in der Beschwerdesache des H, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 12. Jänner 2005, Zl. Fr 1008247, betreffend Anordnung der Schubhaft, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Aufwandersatz wird nicht zuerkannt.

Begründung

Mit dem angefochtenen, nicht nach § 57 AVG erlassenen Bescheid ordnete die belangte Behörde gegen den damals seit 31. August 2004 in der Justizanstalt Innsbruck wegen der §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2, 130 2. Satz 2. Fall und 229 StGB in gerichtlicher Haft befindlichen Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland, gemäß § 61 Abs. 1 und 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG "ab dem unmittelbaren Anschluss an die Gerichtshaft die Festnahme und Anhaltung (Schubhaft) zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung und zur Sicherung der Abschiebung an".

Die vorliegende, gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde am 23. Februar 2005 zur Post gegeben. Der Beschwerdeführer wurde danach unstrittig aus der Gerichtshaft entlassen, wobei er nicht in Schubhaft genommen wurde.

Darauf wurde der Beschwerdeführer anlässlich der ihm vom Verwaltungsgerichtshof eingeräumten Gelegenheit, sich zur Frage der Klaglosstellung zu äußern, hingewiesen. Der Beschwerdeführer machte hierauf mit Eingabe vom 24. Oktober 2006 geltend, er sei mit Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 19. Mai 2005, abgeändert mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 4. November 2005, wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht (gegenüber seinem Sohn) nach § 198 Abs. 1 StGB zu einer zweimonatigen Zusatzstrafe verurteilt worden. Der Vollzug dieser Freiheitsstrafe sei mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 16. Jänner 2006 bis zum 31. Jänner 2007 aufgeschoben worden. Im Anschluss an die nach diesem Tag zu verbüßende zweimonatige Zusatzstrafe drohe ihm auf Grund des angefochtenen Bescheides vom 12. Jänner 2005 die Schubhaft, sodass er nach wie vor ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung habe. Dazu komme, dass ihm bereits in der Vergangenheit zumindest zwei Ausgänge, die er beantragt habe, um seine Familie zu besuchen, unter Hinweis auf die Anordnung der Schubhaft verweigert worden seien. Diese Nachteile drohten auch bei Verbüßung der Zusatzstrafe. Da er mittlerweile ein stabiles Privat- und Familienleben aufgebaut habe und auch in Zukunft einer geregelten Arbeit nachgehen werde, sei von einer günstigen Sozialprognose auszugehen. Eine Schubhaft würde seine Integration in den Arbeitsmarkt, sein Sozialleben und die künftige Erfüllung der Unterhaltspflicht erschweren.

Dazu ist auszuführen, dass die Anordnung des angefochtenen Bescheides, die Schubhaft habe ab dem unmittelbaren Anschluss an die Gerichtshaft einzutreten, im Sinne des Bestimmtheitserfordernisses des § 59 Abs. 1 AVG nur so verstanden werden kann, dass der Eintritt der Rechtsfolgen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Entlassung aus der Gerichtshaft zu erfolgen hat. Wird die im Schubhaftbescheid genannte Person - aus welchen Gründen auch immer - nach der Entlassung aus der Gerichtshaft nicht in Schubhaft genommen, so darf dieser Schubhaftbescheid zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr vollstreckt werden (vgl. die hg. Beschlüsse vom 30. Jänner 2004, Zl. 2003/02/0148, und vom 31. August 2006, Zl. 2004/21/0073, mwN). Lediglich der Erlassung eines neuen Schubhaftbescheides stünde als Folge des geänderten Sachverhaltes (Verhängung einer Zusatzstrafe nach Erlassung des angefochtenen Bescheides) nicht das Hindernis der entschiedenen Sache entgegen.

Da auf der Grundlage des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde vom 12. Jänner 2005 die Verhängung von Schubhaft nicht mehr zulässig ist, gehen die hierauf gegründeten Überlegungen des Beschwerdeführers, die sich im Ergebnis durchwegs als Beschreibung möglicher Nachteile aus einer solchen späteren Verhängung von Schubhaft darstellen, ins Leere. Die Vollziehung dieses Bescheides kommt nach dem Gesagten nämlich jedenfalls nicht mehr in Betracht, sodass einer inhaltlichen Beschwerdeerledigung nur noch theoretische Bedeutung zukäme.

In sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG war daher die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 58 Abs. 2 VwGG idF der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997. Ein Zuspruch von Kosten nach dieser Gesetzesstelle setzt voraus, dass die Entscheidung hierüber keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Da dies hier nicht der Fall ist, wird im Sinn der Übung der freien Überzeugung nach § 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG kein Kostenersatz zuerkannt.

Wien, am 21. November 2006

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Spruch Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005210040.X00

Im RIS seit

01.02.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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