TE OGH 1999/10/19 4Ob220/99b

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.10.1999
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Cornelia G*****, vertreten durch Dr. Haimo Sunder-Plassmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei K***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Giger, Ruggenthaler & Simon Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 480.000 S), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 24. Juni 1999, GZ 1 R 106/99m-10, womit der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 26. März 1999, GZ 37 Cg 26/99y-6, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt wie folgt zu lauten hat:

1.) "Das Sicherungshauptbegehren, zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte auf Unterlassung der berechtigte Interessen der Klägerin verletzenden Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen der Klägerin werde der Beklagten ab sofort bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils mit einstweiliger Verfügung geboten, die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen der Klägerin ohne deren Einwilligung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein Gerichtsverfahren gegen Peter R*****, insbesondere ein Strafverfahren wegen Verdachts der Untreue oder des Betruges gegen Peter R***** zu unterlassen, wird abgewiesen.

2.) Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte auf Unterlassung der berechtigte Interessen der Klägerin verletzenden Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen der Klägerin wird der Beklagten ab sofort bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils geboten, die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen der Klägerin ohne deren Einwilligung zu unterlassen, wenn im Zusammenhang damit

a) die Klägerin dadurch in der Öffentlichkeit bloßgestellt werde, dass sie als "Verhältnis" des Peter R***** bezeichnet oder behauptet werde, dass sie ihren Geliebten Peter R***** beschimpft habe, als sie viel Alkohol getrunken habe;

b) tatsachenwidrig behauptet werde, die Klägerin stehe unter Betrugsverdacht oder die Staatsanwaltschaft ermittle gegen sie;

c) in Bezug auf die Klägerin behauptet werde, sie werde (von den Strafverfolgungsbehörden) gesucht, oder wenn behauptet oder der Eindruck erweckt werde, die Klägerin sei in Haft genommen worden, dies insbesondere dadurch, dass unmittelbar neben oder ober dem Bildnis der Klägerin die Behauptung "Jetzt sitzen alle Verdächtigen" oder "Quartett in Haft" veröffentlicht und nicht klargestellt werde, dass die Klägerin nicht zu den Verhafteten gehöre.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 6.866,10 S (darin enthalten 1.144,35 S USt) bestimmten anteiligen Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin hat die Hälfte ihrer Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen, die halben Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 18.890,10 S bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 3.148,35 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Beklagte ist Medieninhaberin der periodischen Druckschrift "K*****". Der "K*****" berichtete mehrfach unter Veröffentlichung von Bildnissen der Klägerin über die Flucht Peter R***** nach Brasilien, so in der Ausgabe vom 7. 6. 1998 auf den Seiten 1, 2 und 3, in der Ausgabe vom 11. 6. 1998 auf Seite 14 und in der Ausgabe vom 24. 5. 1998 auf Seite 3. Ein Bild der Klägerin befindet sich unmittelbar unter den hervorgehobenen Überschriften "FP-Affäre: Jetzt sitzen alle Verdächtigen" und "Quartett in Haft: Nach R***** ging den Fahndern auch Kreditvermittler D***** ins Netz". Dasselbe Bild ist am 24. 5. 1998 mit der Unterschrift "Gesucht: C. G*****" abgedruckt; im selben Artikel wird über einen Vorfall berichtet, wonach die Klägerin nach dem Genuß von viel Alkohol ihren Geliebten beschimpft habe. Am 11. 6. 1998 wird über ein gegen die Klägerin eingeleitetes Strafverfahren wegen des Verdachts der Beteiligung an Betrugshandlungen berichtet.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu gebieten, die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen der Klägerin ohne deren Einwilligung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein Gerichtsverfahren gegen Peter R*****, insbesondere ein Strafverfahren wegen Verdachts der Untreue oder des Betrugs gegen Peter R*****, zu unterlassen; eventualiter die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen der Klägerin zu unterlassen, wenn im Zusammenhang damit

a) die Klägerin dadurch in der Öffentlichkeit bloßgestellt werde, dass sie als "Verhältnis" des Peter R***** bezeichnet oder behauptet werde, dass sie ihren Geliebten Peter R***** beschimpft habe, als sie viel Alkohol getrunken habe;

b) tatsachenwidrig behauptet werde, die Klägerin stehe unter Betrugsverdacht oder die Staatsanwaltschaft ermittle gegen sie;

c) in Bezug auf die Klägerin behauptet werde, sie werde (von den Strafverfolgungsbehörden) gesucht, oder wenn behauptet oder der Eindruck erweckt werde, die Klägerin sei in Haft genommen worden, dies insbesondere dadurch, dass unmittelbar neben oder ober dem Bildnis der Klägerin die Behauptung "Jetzt sitzen alle Verdächtigen" oder "Quartett in Haft" veröffentlicht und nicht klargestellt werde, dass die Klägerin nicht zu den Verhafteten gehöre.

Die Klägerin stützt ihr Begehren auf § 78 UrhG, weil sie durch die beanstandeten Bildnisveröffentlichungen in ihrem höchstpersönlichen Lebensbereich bloßgestellt werde und damit in berechtigten Interessen verletzt sei.Die Klägerin stützt ihr Begehren auf Paragraph 78, UrhG, weil sie durch die beanstandeten Bildnisveröffentlichungen in ihrem höchstpersönlichen Lebensbereich bloßgestellt werde und damit in berechtigten Interessen verletzt sei.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Soweit in der Ausgabe des "K*****" vom 7. 6. 1998 darüber berichtet werde, dass sich das "Quartett in Haft" befinde, sei für den verständigen Durchschnittsleser deutlich erkennbar gewesen, dass es sich bei den vier Inhaftierten um Peter R*****, dessen Bruder Herbert, den FPÖ-Politiker G***** und den Kreditvermittler D***** gehandelt habe. Eine Auslegung des Bedeutungsinhaltes der beanstandeten Textstelle dahin, der vernünftige, verständige Durchschnittsleser verstehe diesen Text als Hinweis auf eine Verhaftung der Klägerin, sei unstatthaft. Sofern in den Ausgaben des "K*****" vom 11. 6. und 12. 6. 1998 über ein gegen die Klägerin anhängiges Strafverfahren berichtet werde, beruhe diese Veröffentlichung auf Recherchen eines Redakteurs der Beklagten, dem die Staatsanwaltschaft Wien auf Anfrage bestätigt habe, dass gegen die Klägerin unter anderem wegen des Verdachts des Betrugs ein Verfahren anhängig sei. Nach der Rechtsprechung sei die Veröffentlichung eines Lichtbildes im Zusammenhang mit einer objektiv richtigen Berichterstattung über ein gegen den Abgebildeten anhängiges Strafverfahren zulässig, sofern einerseits ein entsprechendes öffentliches Interesse bestehe und andererseits sich die Berichterstattung nicht auf einen Minderjährigen erstrecke, den Betroffenen nicht erheblich in seinem beruflichen Fortkommen schädige und schließlich nicht vorverurteilend sei. All dies treffe auf den gegenständlichen Fall nicht zu. Die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin sei überdies auch bei Berücksichtigung der Kriterien der §§ 6, 7, 7a und 7b MedienG zulässig gewesen.Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Soweit in der Ausgabe des "K*****" vom 7. 6. 1998 darüber berichtet werde, dass sich das "Quartett in Haft" befinde, sei für den verständigen Durchschnittsleser deutlich erkennbar gewesen, dass es sich bei den vier Inhaftierten um Peter R*****, dessen Bruder Herbert, den FPÖ-Politiker G***** und den Kreditvermittler D***** gehandelt habe. Eine Auslegung des Bedeutungsinhaltes der beanstandeten Textstelle dahin, der vernünftige, verständige Durchschnittsleser verstehe diesen Text als Hinweis auf eine Verhaftung der Klägerin, sei unstatthaft. Sofern in den Ausgaben des "K*****" vom 11. 6. und 12. 6. 1998 über ein gegen die Klägerin anhängiges Strafverfahren berichtet werde, beruhe diese Veröffentlichung auf Recherchen eines Redakteurs der Beklagten, dem die Staatsanwaltschaft Wien auf Anfrage bestätigt habe, dass gegen die Klägerin unter anderem wegen des Verdachts des Betrugs ein Verfahren anhängig sei. Nach der Rechtsprechung sei die Veröffentlichung eines Lichtbildes im Zusammenhang mit einer objektiv richtigen Berichterstattung über ein gegen den Abgebildeten anhängiges Strafverfahren zulässig, sofern einerseits ein entsprechendes öffentliches Interesse bestehe und andererseits sich die Berichterstattung nicht auf einen Minderjährigen erstrecke, den Betroffenen nicht erheblich in seinem beruflichen Fortkommen schädige und schließlich nicht vorverurteilend sei. All dies treffe auf den gegenständlichen Fall nicht zu. Die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin sei überdies auch bei Berücksichtigung der Kriterien der Paragraphen 6,, 7, 7a und 7b MedienG zulässig gewesen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es stellte neben den eingangs wiedergegebenen Zeitungsartikeln fest, dass die Staatsanwaltschaft Wien am 7. 5. 1998 beim Untersuchungsrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien Vorerhebungen gegen die Klägerin wegen §§ 146 ff, 153 StGB beantragt habe und dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. Eine Erlaubnis zur Veröffentlichung ihrer Bildnisse habe die Klägerin der Beklagten nicht erteilt. In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht das Überwiegen des öffentlichen Interesses an den beanstandeten Veröffentlichungen von Bildnissen der Klägerin. Was den Artikel vom 7. 6. 1998 betreffe, so ergebe sich für einen flüchtigen Zeitungsleser weder aus der Überschrift noch aus dem darunter befindlichen Text, dass auch die abgebildete Klägerin verhaftet worden sei; ganz im Gegenteil spreche der Begleittext nur davon, dass die Klägerin Peter R***** davon abgeraten habe, freiwillig zurückzukommen. Auch aus der ersten Zeile des ersten Absatzes ergebe sich, dass alle vier Männer in Haft seien. Der Artikel vom 11. 6. 1998 berichte wahrheitsgemäß, dass die Klägerin unter Betrugsverdacht stehe. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Fortkommens der Klägerin iSd § 7a MedG sei von der Klägerin weder behauptet noch bescheinigt worden. Da weiters ein öffentliches Interesse an den mutmaßlichen strafbaren Handlungen des Peter R*****, seiner Flucht in Begleitung der Klägerin sowie den gegen sie stattfindenden Ermittlungen außer Zweifel stehe, überwiege das öffentliche Interesse an den beanstandeten Bildnisveröffentlichungen. Soweit sich die Klägerin darauf berufe, dass durch die Berichterstattung im Artikel vom 24. 5. 1998 in ihr Privatleben eingegriffen werde, sei insofern durchaus ein schützenswertes Interesse zu bejahen. Jedoch sei auch hier im Sinne einer Interessensabwägung das öffentliche Interesse im Zusammenhang mit Preisgabe des höchstpersönlichen Lebensbereiches zu prüfen und insofern der Schutz der Klägerin gemäß § 7 MedienG im Hinblick darauf zu verneinen, dass die Veröffentlichung wahr sei und im unmittelbaren Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben stehe. Dass die Klägerin ein Verhältnis mit Peter R***** habe, sei von ihr nie bestritten worden. Weiters erscheine dem Gericht gerade durch die Flucht von Peter R***** in Begleitung der Klägerin auch hinsichtlich ihres Verhältnisses zueinander der Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben gegeben.Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es stellte neben den eingangs wiedergegebenen Zeitungsartikeln fest, dass die Staatsanwaltschaft Wien am 7. 5. 1998 beim Untersuchungsrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien Vorerhebungen gegen die Klägerin wegen Paragraphen 146, ff, 153 StGB beantragt habe und dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. Eine Erlaubnis zur Veröffentlichung ihrer Bildnisse habe die Klägerin der Beklagten nicht erteilt. In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht das Überwiegen des öffentlichen Interesses an den beanstandeten Veröffentlichungen von Bildnissen der Klägerin. Was den Artikel vom 7. 6. 1998 betreffe, so ergebe sich für einen flüchtigen Zeitungsleser weder aus der Überschrift noch aus dem darunter befindlichen Text, dass auch die abgebildete Klägerin verhaftet worden sei; ganz im Gegenteil spreche der Begleittext nur davon, dass die Klägerin Peter R***** davon abgeraten habe, freiwillig zurückzukommen. Auch aus der ersten Zeile des ersten Absatzes ergebe sich, dass alle vier Männer in Haft seien. Der Artikel vom 11. 6. 1998 berichte wahrheitsgemäß, dass die Klägerin unter Betrugsverdacht stehe. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Fortkommens der Klägerin iSd Paragraph 7 a, MedG sei von der Klägerin weder behauptet noch bescheinigt worden. Da weiters ein öffentliches Interesse an den mutmaßlichen strafbaren Handlungen des Peter R*****, seiner Flucht in Begleitung der Klägerin sowie den gegen sie stattfindenden Ermittlungen außer Zweifel stehe, überwiege das öffentliche Interesse an den beanstandeten Bildnisveröffentlichungen. Soweit sich die Klägerin darauf berufe, dass durch die Berichterstattung im Artikel vom 24. 5. 1998 in ihr Privatleben eingegriffen werde, sei insofern durchaus ein schützenswertes Interesse zu bejahen. Jedoch sei auch hier im Sinne einer Interessensabwägung das öffentliche Interesse im Zusammenhang mit Preisgabe des höchstpersönlichen Lebensbereiches zu prüfen und insofern der Schutz der Klägerin gemäß Paragraph 7, MedienG im Hinblick darauf zu verneinen, dass die Veröffentlichung wahr sei und im unmittelbaren Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben stehe. Dass die Klägerin ein Verhältnis mit Peter R***** habe, sei von ihr nie bestritten worden. Weiters erscheine dem Gericht gerade durch die Flucht von Peter R***** in Begleitung der Klägerin auch hinsichtlich ihres Verhältnisses zueinander der Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben gegeben.

Das Rekursgericht gab dem Sicherungsantrag in seinem Hauptbegehren Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe wiederholt erkannt, dass bei Personen, die mit dem Gegenstand der mit der Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang stehenden Berichterstattung in keinem anderen Zusammenhang stünden als Ehepartner einer in dieser Berichterstattung dargestellten Person zu sein, kein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung eines Lichtbilds bestehe. Dieser für Ehegattinnen von Rechtsbrechern aufgestellte Grundsatz komme auch der Klägerin zugute, die unstrittig in einem Naheverhältnis zu Peter R***** stehe und ihn nach Brasilien begleitet habe. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass gegen die Klägerin Vorerhebungen wegen §§ 146 ff, 153 StGB beantragt wurden, zumal das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts sei noch nicht festgestanden, ob die Vorerhebungen gegen die Klägerin wegen eines Vergehens- oder Verbrechenstatbestands geführt würden, geschweige denn, ob objektive konkrete Verdachtsgründe über eine allfällige Beteiligung der Klägerin an Straftaten Peter R***** hervorgekommen seien. Wenn unter diesen Umständen eine Identitätspreisgabe durch Bildnisveröffentlichung nicht einmal hinsichtlich eines als Haupttäter einer strafbaren Handlung Verdächtigen durch § 7a Abs 2 Z 2 MedienG gerechtfertigt sei, gelte dies umso mehr für die bis zur beanstandeten Berichterstattung der breiten Öffentlichkeit völlig unbekannte Klägerin. Ein überwiegendes Veröffentlichungsinteresse der Beklagten im Sinne des § 7a Abs 1 MedienG liege ebensowenig vor, wie ihr der Rechtfertigungsgrund des § 7a Abs 3 Z 2 MedienG zugutekomme, zumal sie weder behauptet noch bescheinigt habe, dass die Bildnisveröffentlichung für Zwecke der Strafrechtspflege oder der Sicherheitspolizei amtlich veranlaßt worden sei. Da es in der mit der Lichtbildveröffentlichung im Zusammenhang stehenden Berichterstattung über Peter R***** auch nicht bloß um die Klarstellung allfälliger familienrechtlicher Beziehungen ("Verhältnis", Geliebte, Freundin, Fluchtgefährtin etc.), sondern um den Vorwurf besonders schwerer strafbarer Handlungen gehe, die in der Öffentlichkeit großes Aufsehen erregt hätten, habe jedenfalls kein Bedürfnis an der Identitätspreisgabe der Klägerin bestanden. Ein solches sei auch unter dem Gesichtspunkt des § 7a MedienG zu verneinen, weil eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung ihres Fortkommens, sofern sie wieder einmal in Österreich eine Anstellung anstreben sollte, unter Bedachtnahme auf die konkreten Umstände dieses Einzelfalls jedenfalls auf der Hand liege. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne es insofern nicht darauf ankommen, dass die Klägerin durch die überstürzte Aufgabe ihrer Arbeitsstelle und den Aufenthalt seit über einem Jahr in Brasilien schon selbst ihr Fortkommen beeinträchtigt habe. Letztlich habe das Bescheinigungsverfahren aber entgegen der Auffassung der Beklagten auch keinen Anhaltspunkt dafür geliefert, dass die Klägerin nichts dagegen gehabt habe, laufend gemeinsam mit R***** im Zentrum der Berichterstattung zu stehen.Das Rekursgericht gab dem Sicherungsantrag in seinem Hauptbegehren Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe wiederholt erkannt, dass bei Personen, die mit dem Gegenstand der mit der Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang stehenden Berichterstattung in keinem anderen Zusammenhang stünden als Ehepartner einer in dieser Berichterstattung dargestellten Person zu sein, kein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung eines Lichtbilds bestehe. Dieser für Ehegattinnen von Rechtsbrechern aufgestellte Grundsatz komme auch der Klägerin zugute, die unstrittig in einem Naheverhältnis zu Peter R***** stehe und ihn nach Brasilien begleitet habe. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass gegen die Klägerin Vorerhebungen wegen Paragraphen 146, ff, 153 StGB beantragt wurden, zumal das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts sei noch nicht festgestanden, ob die Vorerhebungen gegen die Klägerin wegen eines Vergehens- oder Verbrechenstatbestands geführt würden, geschweige denn, ob objektive konkrete Verdachtsgründe über eine allfällige Beteiligung der Klägerin an Straftaten Peter R***** hervorgekommen seien. Wenn unter diesen Umständen eine Identitätspreisgabe durch Bildnisveröffentlichung nicht einmal hinsichtlich eines als Haupttäter einer strafbaren Handlung Verdächtigen durch Paragraph 7 a, Absatz 2, Ziffer 2, MedienG gerechtfertigt sei, gelte dies umso mehr für die bis zur beanstandeten Berichterstattung der breiten Öffentlichkeit völlig unbekannte Klägerin. Ein überwiegendes Veröffentlichungsinteresse der Beklagten im Sinne des Paragraph 7 a, Absatz eins, MedienG liege ebensowenig vor, wie ihr der Rechtfertigungsgrund des Paragraph 7 a, Absatz 3, Ziffer 2, MedienG zugutekomme, zumal sie weder behauptet noch bescheinigt habe, dass die Bildnisveröffentlichung für Zwecke der Strafrechtspflege oder der Sicherheitspolizei amtlich veranlaßt worden sei. Da es in der mit der Lichtbildveröffentlichung im Zusammenhang stehenden Berichterstattung über Peter R***** auch nicht bloß um die Klarstellung allfälliger familienrechtlicher Beziehungen ("Verhältnis", Geliebte, Freundin, Fluchtgefährtin etc.), sondern um den Vorwurf besonders schwerer strafbarer Handlungen gehe, die in der Öffentlichkeit großes Aufsehen erregt hätten, habe jedenfalls kein Bedürfnis an der Identitätspreisgabe der Klägerin bestanden. Ein solches sei auch unter dem Gesichtspunkt des Paragraph 7 a, MedienG zu verneinen, weil eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung ihres Fortkommens, sofern sie wieder einmal in Österreich eine Anstellung anstreben sollte, unter Bedachtnahme auf die konkreten Umstände dieses Einzelfalls jedenfalls auf der Hand liege. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne es insofern nicht darauf ankommen, dass die Klägerin durch die überstürzte Aufgabe ihrer Arbeitsstelle und den Aufenthalt seit über einem Jahr in Brasilien schon selbst ihr Fortkommen beeinträchtigt habe. Letztlich habe das Bescheinigungsverfahren aber entgegen der Auffassung der Beklagten auch keinen Anhaltspunkt dafür geliefert, dass die Klägerin nichts dagegen gehabt habe, laufend gemeinsam mit R***** im Zentrum der Berichterstattung zu stehen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil das erlassene Unterlassungsgebot zu weit gefaßt ist; das Rechtsmittel ist auch teilweise berechtigt.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, das Rekursgericht lasse völlig außer Acht, daß die beanstandete Berichterstattung (Flucht eines Nationalratsabgeordneten ins Ausland im Zusammenhang mit einer Insolvenz mit Millionenverbindlichkeiten) eines der spektakulärsten innenpolitischen Ereignisse in der ersten Hälfte des Jahres 1998 zum Gegenstand gehabt habe, woraus sich bereits das öffentliche Interesse auch an einer Bildberichterstattung über die Klägerin ergäbe. Der Klägerin sei bewusst gewesen, an einem spektakulären Vorfall beteiligt zu sein; sie habe in diesem Zusammenhang immer wieder Medienkontakte gepflegt und in der Öffentlichkeit frei und offen über Motivation und Umstände der Flucht Peter R***** gesprochen. Im Unterschied zu den vom Rekursgericht zitierten Entscheidungen könne daher keine Rede davon sein, dass die Klägerin unverschuldet in Verbindung mit Straftaten gebracht worden sei; sie habe sich vielmehr aus eigenen Stücken an dessen Seite gestellt und für die gemeinsame Flucht einen Kredit aufgenommen. Dazu ist zu erwägen:

Bei der Beurteilung, ob berechtigte Interessen im Sinn des § 78 UrhG verletzt wurden, ist darauf abzustellen, ob Interessen des Abgebildeten bei objektiver Prüfung als schutzwürdig anzusehen sind. Dabei ist auch der mit dem veröffentlichten Bild zusammenhängende Text zu berücksichtigen (MR 1995, 143 - Haider-Fan mwN; JBl 1998, 55 = MR 1997, 302 - Ernestine K. uva). Der erste Schritt gilt daher der Prüfung, ob im Einzelfall überhaupt ein schützwürdiges Interesse des Abgebildeten vorliegt, das verletzt sein könnte. Bei Bejahung dieses Interesses ist in einem zweiten Schritt die Interessenlage auf beiden Seiten - also auch auf der Seite des Veröffentlichers - zu beurteilen, aus deren Abwägung sich ergibt, ob die Geheimhaltungsinteressen den Vorrang haben und damit zu "berechtigten Interessen" werden (MR 1989, 54 - Frau des Skandalrichters; JBl 1998, 55 = MR 1997, 302 - Ernestine K.; MR 1998, 126 [Korn] - Ing. P.).Bei der Beurteilung, ob berechtigte Interessen im Sinn des Paragraph 78, UrhG verletzt wurden, ist darauf abzustellen, ob Interessen des Abgebildeten bei objektiver Prüfung als schutzwürdig anzusehen sind. Dabei ist auch der mit dem veröffentlichten Bild zusammenhängende Text zu berücksichtigen (MR 1995, 143 - Haider-Fan mwN; JBl 1998, 55 = MR 1997, 302 - Ernestine K. uva). Der erste Schritt gilt daher der Prüfung, ob im Einzelfall überhaupt ein schützwürdiges Interesse des Abgebildeten vorliegt, das verletzt sein könnte. Bei Bejahung dieses Interesses ist in einem zweiten Schritt die Interessenlage auf beiden Seiten - also auch auf der Seite des Veröffentlichers - zu beurteilen, aus deren Abwägung sich ergibt, ob die Geheimhaltungsinteressen den Vorrang haben und damit zu "berechtigten Interessen" werden (MR 1989, 54 - Frau des Skandalrichters; JBl 1998, 55 = MR 1997, 302 - Ernestine K.; MR 1998, 126 [Korn] - Ing. P.).

Die Klägerin hat - nach ihrer eigenen Aussage gegenüber einem Wochenmagazin, zitiert im beanstandeten Artikel vom 11. 6. 1998, dessen inhaltliche Richtigkeit sie nicht in Frage gestellt hat - seit eineinhalb Jahren die Brisanz der Situation gekannt, sich mit Peter R***** seit damals mit dem Thema Flucht ("von einem Tag auf den anderen") auseinandergesetzt, als "Sicherheitspolster" einen Kredit aufgenommen und mit Peter R***** gemeinsam im Internet Länder gesucht, die mit Österreich kein Auslieferungsabkommen haben, und dabei letztlich Brasilien ausgewählt. Alle diese Umstände weisen zumindest auf eine längerdauernde Kenntnis der Klägerin über einen gegen Peter R***** entstandenen und/oder bestehenden Verdacht der Begehung strafbarer Handlungen hin und belegen ihre Beteiligung an der Planung und Durchführung ihrer gemeinsamen Flucht, die in allen österreichischen Medien äußerstes Aufsehen erregt hat. Die Klägerin hatte demnach hier - im Gegensatz etwa zum Sachverhalt der Entscheidung MR 1989, 54 - "Frau des Skandalrichters" - mit dem große Publizität genießenden "Fall Peter R*****" wesentlich mehr zu tun, als nur die Lebensgefährtin oder Freundin des Verdächtigen zu sein; sie hat sich nämlich aktiv an seine Seite gestellt und mit ihm eine gemeinsame Flucht geplant und durchgeführt. Unter diesen Umständen muss ein überwiegendes Informationsinteresse der Beklagten auch an einer Bildberichterstattung bejaht werden (so auch 4 Ob 163/99w). Das Sicherungshauptbegehren erweist sich deshalb als unbegründet.

Die Beklagte hat sich aber nicht darauf beschränkt, in ihrer Wortberichterstattung mit der gebotenen Sachlichkeit über die Verwicklungen der Klägerin in den Kriminalfall zu berichten, sondern hat die Klägerin als "Verhältnis" des Peter R***** bezeichnet und die Behauptung aufgestellt, die Klägerin habe ihren Geliebten nach dem Genuss von viel Alkohol beschimpft. Die Illustration dieser Textpassagen, die jedenfalls die private Sphäre der Klägerin betreffen, ist durch ein überwiegendes Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit nicht gedeckt. Gleiches gilt für die (unmittelbar oberhalb eines Bildes der Klägerin) in einer hervorgehobenen Überschrift aufgestellten Behauptungen "Jetzt sitzen alle Verdächtigen" und "Quartett in Haft", die den Eindruck erwecken, die Klägerin gehöre mit zu den Verhafteten; für die Annahme einer Verletzung berechtigter Interessen und sohin eines Verstosses gegen § 78 UrhG genügt nämlich schon die Möglichkeit von Missdeutungen (ÖBl 1998, 162 - "Lachen ist gesund"; MR 1989, 54 - "Frau des Skandalrichters" ua). Was schließlich den Verdacht betrifft, die Klägerin selbst sei straffällig geworden, so wäre eine Bildnisveröffentlichung in diesem Zusammenhang nur dann durch überwiegende Interessen iSd § 78 UrhG gedeckt, wenn zugleich bescheinigt wäre, dass begründete Verdachtsmomente vorliegen, wonach die Klägerin ein Verbrechen begangen habe (MR 1998, 126 - Ing.P. ua). Die bloße Einleitung von Vorerhebungen gegen die Klägerin ohne Hinweis auf einen konkreten Verbrechenstatbestand erfüllen diese Voraussetzungen jedenfalls nicht. Damit erweist sich das Sicherungseventualbegehren als berechtigt.Die Beklagte hat sich aber nicht darauf beschränkt, in ihrer Wortberichterstattung mit der gebotenen Sachlichkeit über die Verwicklungen der Klägerin in den Kriminalfall zu berichten, sondern hat die Klägerin als "Verhältnis" des Peter R***** bezeichnet und die Behauptung aufgestellt, die Klägerin habe ihren Geliebten nach dem Genuss von viel Alkohol beschimpft. Die Illustration dieser Textpassagen, die jedenfalls die private Sphäre der Klägerin betreffen, ist durch ein überwiegendes Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit nicht gedeckt. Gleiches gilt für die (unmittelbar oberhalb eines Bildes der Klägerin) in einer hervorgehobenen Überschrift aufgestellten Behauptungen "Jetzt sitzen alle Verdächtigen" und "Quartett in Haft", die den Eindruck erwecken, die Klägerin gehöre mit zu den Verhafteten; für die Annahme einer Verletzung berechtigter Interessen und sohin eines Verstosses gegen Paragraph 78, UrhG genügt nämlich schon die Möglichkeit von Missdeutungen (ÖBl 1998, 162 - "Lachen ist gesund"; MR 1989, 54 - "Frau des Skandalrichters" ua). Was schließlich den Verdacht betrifft, die Klägerin selbst sei straffällig geworden, so wäre eine Bildnisveröffentlichung in diesem Zusammenhang nur dann durch überwiegende Interessen iSd Paragraph 78, UrhG gedeckt, wenn zugleich bescheinigt wäre, dass begründete Verdachtsmomente vorliegen, wonach die Klägerin ein Verbrechen begangen habe (MR 1998, 126 - Ing.P. ua). Die bloße Einleitung von Vorerhebungen gegen die Klägerin ohne Hinweis auf einen konkreten Verbrechenstatbestand erfüllen diese Voraussetzungen jedenfalls nicht. Damit erweist sich das Sicherungseventualbegehren als berechtigt.

Dem Revisionsrekurs war daher teilweise Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der Beklagten auf den §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50 ZPO. Die Klägerin ist mit ihrem Sicherungshauptbegehren unterlegen, mit ihrem Sicherungseventualbegehren aber durchgedrungen. Mangels anderer Anhaltspunkte für die Bewertung sind Unterliegen und Obsiegen mit jeweils 50 % zu bewerten.Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf Paragraph 393, Absatz eins, EO, jene über die Kosten der Beklagten auf den Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraphen 43,, 50 ZPO. Die Klägerin ist mit ihrem Sicherungshauptbegehren unterlegen, mit ihrem Sicherungseventualbegehren aber durchgedrungen. Mangels anderer Anhaltspunkte für die Bewertung sind Unterliegen und Obsiegen mit jeweils 50 % zu bewerten.

Anmerkung

E55542 04A02209

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0040OB00220.99B.1019.000

Dokumentnummer

JJT_19991019_OGH0002_0040OB00220_99B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten