TE OGH 1999/10/21 6Ob200/99a

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Wolf Theiss & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Brigitte S*****, vertreten durch Dr. Johann Fontanesi, Rechtsanwalt inWien, wegen 150.000 S, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 23. April 1999, GZ 6 R 14/98t-15, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 16. Februar 1998, GZ 11 Cg 208/96t-10, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei auch die mit 11.625 S (darin 1.937,50 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 8.370 S (darin 1.395 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Ehemann der Beklagten unterhielt bei der Klägerin ein Geschäftskonto für das von ihm betriebene Damenmodengeschäft. Nach Ausdehnung des vereinbarten Überziehungsrahmens hafteten schließlich 1,9 Mio S aus. Am 8. 6. 1994 schlossen die Klägerin und der Ehemann der Beklagten einen Kreditvertrag über diesen Betrag. Am selben Tag unterfertigte die Beklagte in einer Filiale der Klägerin einen Bürgschaftsvertrag, worin sie zur Kenntnis nahm, dass ihrem Gatten ein Kredit von 1,9 Mio S eingeräumt wurde. Sie war von ihm dahingehend informiert worden, dass dieser Kredit für sein Geschäft bereits ausgenutzt war. Zur Sicherstellung aller gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen, die der Klägerin aus diesem Kreditverhältnis sowie seiner Prolongation zustehen bzw zustehen werden (einschließlich aller Zinsen und Kosten) übernahm die Beklagte die Haftung als Bürge und Zahler im Sinn des § 1357 ABGB. Nach dem Bürgschaftsvertrag ist die Klägerin berechtigt, mit dem Kreditnehmer Kreditprolongationen, Stundungs- und Abstattungsvereinbarungen mit Wirksamkeit für die Beklagte zu treffen, wobei sie sich verpflichtete, die Beklagte von solchen Vereinbarungen in schriftlicher Form zu verständigen. Die Beklagte erklärte sich damit einverstanden, dass die Klägerin zur Geltendmachung allfälliger Forderungen berechtigt ist, den unterzeichneten Blanko-Rekta-Wechsel in allen Punkten auszufüllen, insbesondere den Ausstellungstag, die Verfallszeit, den Zinssatz und jene Wechselsumme einzusetzen, die der Höhe nach den der Beklagten gegenüber bestehenden Forderungen entspricht. Die Geltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmen sowie der allgemeinen Kreditbedingungen ist zwischen den Streitteilen vereinbart.Der Ehemann der Beklagten unterhielt bei der Klägerin ein Geschäftskonto für das von ihm betriebene Damenmodengeschäft. Nach Ausdehnung des vereinbarten Überziehungsrahmens hafteten schließlich 1,9 Mio S aus. Am 8. 6. 1994 schlossen die Klägerin und der Ehemann der Beklagten einen Kreditvertrag über diesen Betrag. Am selben Tag unterfertigte die Beklagte in einer Filiale der Klägerin einen Bürgschaftsvertrag, worin sie zur Kenntnis nahm, dass ihrem Gatten ein Kredit von 1,9 Mio S eingeräumt wurde. Sie war von ihm dahingehend informiert worden, dass dieser Kredit für sein Geschäft bereits ausgenutzt war. Zur Sicherstellung aller gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen, die der Klägerin aus diesem Kreditverhältnis sowie seiner Prolongation zustehen bzw zustehen werden (einschließlich aller Zinsen und Kosten) übernahm die Beklagte die Haftung als Bürge und Zahler im Sinn des Paragraph 1357, ABGB. Nach dem Bürgschaftsvertrag ist die Klägerin berechtigt, mit dem Kreditnehmer Kreditprolongationen, Stundungs- und Abstattungsvereinbarungen mit Wirksamkeit für die Beklagte zu treffen, wobei sie sich verpflichtete, die Beklagte von solchen Vereinbarungen in schriftlicher Form zu verständigen. Die Beklagte erklärte sich damit einverstanden, dass die Klägerin zur Geltendmachung allfälliger Forderungen berechtigt ist, den unterzeichneten Blanko-Rekta-Wechsel in allen Punkten auszufüllen, insbesondere den Ausstellungstag, die Verfallszeit, den Zinssatz und jene Wechselsumme einzusetzen, die der Höhe nach den der Beklagten gegenüber bestehenden Forderungen entspricht. Die Geltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmen sowie der allgemeinen Kreditbedingungen ist zwischen den Streitteilen vereinbart.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bürgschaftsvertrages war die Beklagte im Betrieb ihres Gatten angestellt und mit dem Einkauf sowie dem Herrichten der Auslagen befasst. Sie verdiente monatlich netto 14.000 S 14mal jährlich. Der Klägerin war das Anstellungsverhältnis bekannt. Sie ging von rund 20.000 S Brutto- oder Nettogehalt aus, weil dieser Betrag ihrer Erfahrung nach dem im Betrieb mitarbeitenden Ehegatten üblicherweise bezahlt wird.

Nach Konkurseröffnung über das Vermögen des Hauptschuldners stellte die Klägerin den Kredit fällig, er haftet mit 2,051.555,36 S aus.

Mit ihrer Wechselmandatsklage begehrt die Klägerin als Ausstellerin und Inhaberin des von der Beklagten als Bürgin für den Annehmer unterfertigten Wechsels Zahlung einer Teilforderung von 150.000 S. Die Beklagte sei maßgeblich im Unternehmen ihres Ehemannes mittätig und daher über die wirtschaftliche Situation bestens informiert gewesen. Sie sei sich des potentiellen Risikos - das nicht verharmlost worden sei - bewußt gewesen und zur Übernahme der Bürgschaft nicht gezwungen gewesen. Ein Missverhältnis liege nicht vor. Die dadurch gesicherte Betriebsmittelfinanzierung sei der Beklagten als Angestellter des Unternehmens auch zugute gekommen.

Die Beklagte erhob Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag und beantragte, diesen aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Bürgschaftsvertrag sei sittenwidrig. Die Beklagte sei im Zeitpunkt der Unterfertigung vermögenslos und geschäftsunerfahren gewesen. Sie sei weder von ihrem Ehemann noch von der Klägerin darüber aufgeklärt worden, daß es sich nicht um einen Neukredit handle, sondern der Kreditnehmer seinen bisher formlos eingeräumten Überziehungsrahmen beträchtlich überschritten und die Kreditsumme bereits ausgenützt habe. Hätte sie dies gewusst, hätte sie die Bürgschaftserklärung nicht unterfertigt. Sie sei auch nicht über die Risken einer Bürgschaft aufgeklärt worden. Ihr Ehemann habe nur erklärt, sie leiste eine Proformaunterschrift, auf der die Klägerin bestehe. Zwischen der Kreditsumme und dem Einkommen der Beklagten bestehe ein grobes Mißverhältnis. Sie sei nie in der Lage gewesen, die übernommene Verpflichtung auch nur annähernd zu erfüllen, weshalb die Bürgschaft für die Klägerin keinen Sinn ergebe. Gerade auf Grund dieses krassen Missverhältnisses habe die Beklagte nicht daran gezweifelt, dass sie bloß eine Proformaunterschrift leiste. Eigeninteresse am Zustandekommen des Kredites fehle, sämtliche Gelder seien in das Unternehmen des Kreditnehmers geflossen. Mangels Aufklärung der Beklagten über Inhalt und Wesen der Bürgschaft und über den Wechsel sei ihr ein Schade in Höhe des Klagebetrages entstanden, der aufrechnungsweise eingewendet werde.

Das Erstgericht hielt den Wechelzahlungsauftrag aufrecht, wies die eingewendete Gegenforderung ab und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung des eingeklagten Betrages. Neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte es noch fest, dass die Beklagte und ihr Ehemann von seinem Unternehmen lebten und die Beklagte ihr Gehalt und Unterhaltsleistungen ihres Ehemannes, der Privatentnahmen getätigt habe, bezogen habe.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, die Bürgschaft der Beklagten sei nicht sittenwidrig, ihre Gegenforderung unberechtigt. Die Bank treffe nur dann eine Aufklärungspflicht, wenn für sie erkennbar sei, dass der wirtschaftliche Ruin des Hauptschuldners unmittelbar bevorstehe oder der Hauptschuldner mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sein werde, den Kredit zurückzuzahlen und sie damit rechnen müsse, dass diese Umstände dem nahen Angehörigen nicht bewusst seien. Dies sei hier nicht der Fall. Ein Eigeninteresse der Beklagten an der Gewährung des Kredites sei zu bejahen, weil auch sie vom Unternehmen gelebt habe. Ein grobes Missverhältnis zwischen ihrem damaligen bzw zu erwartenden Einkommen und der Kreditsumme habe ebenfalls nicht bestanden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil seine Entscheidung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach der bürgende Angehörige des Hauptschuldners all jene Tatsachen, die die Annahme der Sittenwidrigkeit des Bürgschaftsvertrages rechtfertigen können, zu behaupten und zu beweisen habe, abweiche und unter bestimmten Voraussetzungen die vom Gläubiger zu widerlegende Vermutung anerkenne, dass sich der bürgende, wirtschaftlich voll vom Hauptschuldner abhängige Ehegatte nur auf Grund Verhandlungsunterlegenheit eingelassen habe und dies von der Gläubigerbank in verwerflicher Weise ausgenutzt worden sei. Nach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes könne ein Bürgschaftsvertrag nichtig sein, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen Haftungsumfang und Leistungsfähigkeit des Bürgen bestehe und wenn der Bürge durch weitere, zu einem unerträglichen Ungleichgewicht der Vertragsparteien führende Umstände (Umstände des Zustandekommens des Vertrages infolge verdünnter Entscheidungsfreiheit des Bürgen) in einer dem Gläubiger zurechenbaren Weise erheblich belastet werde. Derartige Belastungen könnten sich insbesondere daraus ergeben, dass der Gläubiger die Geschäftsunerfahrenheit oder die seelische Zwangslage des Bürgen ausnutze oder ihn auf andere Weise in seiner Entscheidungsfreiheit, etwa durch Verharmlosung der Tragweite oder des Risikos der Verpflichtung oder durch Überrumpelung, unzulässig beeinträchtige. Im vorliegenden Fall bestehe ein auffallendes Missverhältnis zwischen dem Umfang der übernommenen Verpflichtung und der Leistungsfähigkeit der Beklagten, habe sie sich doch für eine mit 10 % Zinsen pro Jahr belastete Kreditsumme von 1,9 Mio S verbürgt. Gehe man von ihrem Vorbringen aus, so habe sie im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses lediglich ein Einkommen von 14.000 S netto monatlich als Angestellte im Unternehmen ihres Ehegatten bezogen und über kein Vermögen verfügt. Der pfändbare Teil ihres Einkommens (monatlich 4.550 S, somit 63.700 S pro Jahr) reiche nicht aus, die Kreditverbindlichkeit zu tilgen. Die Klägerin hätte daher - wäre eine Bonitätsprüfung durchgeführt worden - wissen müssen, dass die Beklagte unter diesen Voraussetzungen voraussichtlich niemals in der Lage sein werde, die gesamte verbürgte Schuld zu tilgen. Hingegen liegen keine Umstände vor, die auf eine Geschäftsunerfahrenheit der Beklagten schließen ließen. Sie sei im Unternehmen ihres Gatten mit dem Einkauf befasst gewesen und habe dadurch geschäftliche Erfahrungen sammeln können. Nach den als unbedenklich zu übernehmenden Feststellungen habe sie auch gewusst, dass sie für einen bereits ausgenutzten Kredit bürgen sollte. Sie habe auch nicht bewiesen, dass das Risiko ihr gegenüber verharmlost worden wäre und habe weder zur wirtschaftlichen Lage ihres Ehemannes im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme noch dazu etwas vorgebracht, warum die Klägerin eine Bürgschaft verlangt habe. Sie habe auch nicht behauptet, von der Klägerin oder ihrem Ehemann unter Druck gesetzt worden zu sein. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin auf die Entscheidungsfreiheit der Beklagten in zu missbilligender Weise eingewirkt hätte.

Das Berufungsgericht vertrat dennoch die Auffassung, ein Bürgschaftsvertrag könne im Einzelfall auch ohne derartige Einwirkung auf die Entscheidungsfreiheit des Bürgen wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sein. In der Gesamtbewertung der Umstände könne einer an sich für den Bürgen sinnlosen Bürgschaft besonderes Gewicht zukommen. Seien nämlich die finanziellen Mittel des Bürgen im Verhältnis zur Höhe der gesamten Hauptschuld praktisch bedeutungslos, der Bürge somit finanziell nicht leistungsfähig, und habe der Gläubiger im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses kein berechtigtes Interesse an einer Verpflichtung im vereinbarten Umfang, so sei zu vermuten, dass sich der bürgende Ehegatte auf die Verpflichtung nur auf Grund emotionaler Bindung an den Hauptschuldner infolge mangelnder Geschäftsgewandtheit eingelassen und der Kreditgeber dies verwerflicherweise ausgenutzt habe. Sei ein solches - für die Klägerin - sinnloses Geschäft nicht maßgeblich von unabhängigen, eigenverantwortlichen Erwägungen des Bürgen gesteuert, die ihre Ursache außerhalb der persönlichen Beziehung zum Hauptschuldner haben, so sei es gerechtfertigt, die den Bürgen ungewöhnlich schwer belastende Vereinbarung nur auf Grund strukturell ungleich größerer Verhandlungsstärke der Gläubigerbank, das heisst im Ergebnis auf einer Fremdbestimmung des Bürgen durch die Gläubigerbank beruhend, zustande gekommen und deshalb als sittenwidrig anzusehen. Von einem groben Missverhältnis zwischen Leistungsfähigkeit und Verpflichtungsumfang sei dann auszugehen, wenn der bürgende Ehegatte auf Grund der bei Vertragsabschluss für den Gläubiger erkennbaren Umstände voraussichtlich nicht in der Lage sei, mit seinen pfändbaren Einkünften innerhalb von fünf Jahren ab Fälligkeit der Bürgschaftsforderung ein Viertel der Hauptsumme ohne die anfallenden Zinsen aufzubringen. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall erfüllt. Die Klägerin hätte innerhalb von fünf Jahren nur mit pfändbaren Beträgen von höchstens 318.500 S (das seien 17 % der damals offenen Hauptverbindlichkeit) rechnen können. Damit wäre eine der Voraussetzungen der dargestellten Vermutung erfüllt. Das Erstgericht habe auch keine Feststellungen getroffen, die die Bürgschaft als angemessenen Interessenausgleich erscheinen ließen. Ein wesentliches Eigeninteresse der Beklagten sei nicht zu erkennen, habe sie doch keinen eigenen unmittelbaren geldwerten Vorteil erlangt. Die Klägerin habe nicht dargelegt, aus welchen Gründen sie eine Absicherung ihrer Kreditgewährung von der nur teilweise leistungsfähigen Beklagten verlangt habe. Sie habe jedoch behauptet, die Beklagte habe sich frei nach Überlegung in Kenntnis der wirtschaftlichen Situation des Kreditnehmers und im Bewusstsein des potentiellen Risikos zur Übernahme der Bürgschaft entschieden. Zu diesen wesentlichen Umständen habe das Erstgericht keine Feststellungen getroffen. Sollte der Klägerin der Nachweis gelingen, dass sich die Beklagte nicht nur auf Grund ihrer gefühlsmäßigen Bindung zum Hauptschuldner und aus der Hoffnung, so den Erhalt des Unternehmens zu sichern, zur Übernahme der Bürgschaft entschlossen, sondern darüber hinausgehende eigenverantwortliche Überlegungen angestellt und Tragweite und Risiko klar genug erkannt habe, wäre die Vermutung widerlegt und der Bürgschaftsvertrag wirksam. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren Tatsachen festzustellen haben, aus denen abgeleitet werden könne, ob die Klägerin bei Übernahme der Bürgschaft damit habe rechnen dürfen, die Beklagte werde bei Fälligkeit der Bürgschaft innerhalb von fünf Jahren in nennenswertem Umfang zur Tilgung des geltend gemachten Anspruches beitragen können. Es sei zu klären, welche Einkünfte die Beklagte seit 1996 erzielt habe und ob sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vermögenslos gewesen sei. Das Erstgericht werde der Klägerin auch Gelegenheit zur näheren Darlegung der konkreten Umstände des Vertragsabschlusses zu geben und darüber Beweise aufzunehmen haben.

In ihrem gegen den Aufhebungsbeschluss gerichteten Rekurs beantragt die Klägerin, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Urteil des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und berechtigt:

Die Bestimmungen der §§ 25b ff KSchG idF BGBl I 1997/6, womit der Gesetzgeber in der Frage der Haftung volljähriger Familienangehöriger ohne zulängliches Vermögen und Einkommen bei der Übernahme von Interzessionen eine von den Kriterien der Leitentscheidung des Obersten Gerichtshofes (SZ 68/64) abweichende Regelung gefunden hat, sind hier schon deshalb nicht maßgeblich, weil diese Bestimmungen gemäß § 41a Abs 4 Z 2 KSchG nicht auf Verträge anzuwenden ist, die - wie der hier zu beurteilende - vor dem 1. Jänner 1997 geschlossen wurden.Die Bestimmungen der Paragraphen 25 b, ff KSchG in der Fassung BGBl römisch eins 1997/6, womit der Gesetzgeber in der Frage der Haftung volljähriger Familienangehöriger ohne zulängliches Vermögen und Einkommen bei der Übernahme von Interzessionen eine von den Kriterien der Leitentscheidung des Obersten Gerichtshofes (SZ 68/64) abweichende Regelung gefunden hat, sind hier schon deshalb nicht maßgeblich, weil diese Bestimmungen gemäß Paragraph 41 a, Absatz 4, Ziffer 2, KSchG nicht auf Verträge anzuwenden ist, die - wie der hier zu beurteilende - vor dem 1. Jänner 1997 geschlossen wurden.

Die Klägerin macht in ihrem Rekurs geltend, das Berufungsgericht sei zu Unrecht von einem auffallenden Missverhältnis der Leistungsfähigkeit der Beklagten im Verhältnis zur abgegebenen Haftungserklärung ausgegangen und habe die von ihm auch übernommene Feststellung des Erstgerichts, wonach die Beklagte neben ihrem Gehalt auch noch Unterhalt von ihrem Gatten bezogen habe, nicht berücksichtigt. Es hätte auch ein wirtschaftliches Interesse der Beklagten an der Bürgschaft bejahen müssen, das in der Förderung und Unterstützung jenes Unternehmens gelegen sei, aus dem die Beklagte ihren Lebensunterhalt bezogen habe. Im übrigen sei das Berufungsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen, wonach für die Annahme der Sittenwidrigkeit zum Missverhältnis zwischen Leistungsfähigkeit und Verpflichtungsumfang noch weitere, vom in Anspruch genommenen Bürgen zu behauptende und zu beweisende, die Sittenwidrigkeit begründende, Umstände hinzutreten müssten.

Das Berufungsgericht stützte seine Auffassung auf die Rechtsprechung einiger Senate des BGH, wonach in Fällen eines krassen Missverhältnisses zwischen Haftungsumfang und Leistungsfähigkeit des Bürgen zu vermuten sei, dass sich dieser auf eine solche Verpflichtung nur auf Grund emotionaler Bindung an den Hauptschuldner infolge mangelnder Geschäftsgewandtheit und Rechtskundigkeit eingelassen und die Bank dies verwerflicherweise ausgenutzt habe. Ein derart krasses Missverhältnis bejahte der BGH in Fällen, in denen die pfändbaren Einkünfte des Bürgen nicht ausreichten, um in fünf Jahren ein Viertel der Hauptverbindlichkeit (ohne Zinsen) abzudecken (ZIP 1996, 1126; ZIP 1997, 1957; NJW 1994, 1726).

Der Oberste Gerichtshof hat sich in seiner grundlegenden Entscheidung 1 Ob 515/95 (SZ 68/64 = ÖBA 1995, 804 [Graf, Verbesserter Rechtsschutz vor riskanten Bürgschaften ÖBA 1995, 776]) erstmals mit der Frage der Sittenwidrigkeit riskanter Bürgschaften vermögensschwacher Familienangehöriger befasst. Danach bleibt es grundsätzlich jedermann unbenommen, auch risikoreiche Geschäfte abzuschließen und sich zu Leistungen zu verpflichten, die er nur unter besonders günstigen Bedingungen erbringen kann. Dieses Prinzip der Privatautonomie wird nur durch § 879 ABGB begrenzt. Erst die Verbindung der strukturell ungleich größeren Verhandlungsstärke der Gläubigerbank gegenüber einem dem Hauptschuldner gutstehenden Angehörigen, dessen Verpflichtung seine gegenwärtigen und in absehbarer Zukunft zu erwartenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei weitem übersteigt, mit weiteren in der Person des gutstehenden Angehörigen liegenden, seine Entscheidungsfreiheit weitgehend beeinträchtigenden und der Gläubigerbank zurechenbaren Umständen kann in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze des Wucherverbotes - in bloßen Ausnahmefällen - die Sittenwidrigkeit und damit die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäftes wegen Vorliegens eines Ausbeutungstatbestandes begründen. Eine Reihe nachfolgender Entscheidungen hat eine gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelt (ÖBA 1997, 1027; ÖBA 1998, 124; ÖBA 1998, 723; JBl 1998, 36; EvBl 1999/2; 3 Ob 224/97f; 1 Ob 211/98f = ÖBA 1999, 647; RIS-Justiz RS0048300; RS0048309; RS0048312). Danach sind wichtige Kriterien für die Inhaltskontrolle derartige Geschäfte in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze des Wucherverbotes das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses zwischen der Vermögenssituation des Interzedenten und dem Umfang der eingegangenen Schuld, die Missbilligung des Zustandekommens des Interzessionsgeschäftes infolge verdünnter Entscheidungsfreiheit des Interzedenten sowie die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis dieser Faktoren durch den Kreditgeber, wobei die Erfüllung dieser Voraussetzungen im Zeitpunkt der Haftungsübernahme erforderlich ist, um die Sittenwidrigkeit bejahen zu können (EvBl 1999/2; 1 Ob 211/98f = ÖBA 1999, 647).Der Oberste Gerichtshof hat sich in seiner grundlegenden Entscheidung 1 Ob 515/95 (SZ 68/64 = ÖBA 1995, 804 [Graf, Verbesserter Rechtsschutz vor riskanten Bürgschaften ÖBA 1995, 776]) erstmals mit der Frage der Sittenwidrigkeit riskanter Bürgschaften vermögensschwacher Familienangehöriger befasst. Danach bleibt es grundsätzlich jedermann unbenommen, auch risikoreiche Geschäfte abzuschließen und sich zu Leistungen zu verpflichten, die er nur unter besonders günstigen Bedingungen erbringen kann. Dieses Prinzip der Privatautonomie wird nur durch Paragraph 879, ABGB begrenzt. Erst die Verbindung der strukturell ungleich größeren Verhandlungsstärke der Gläubigerbank gegenüber einem dem Hauptschuldner gutstehenden Angehörigen, dessen Verpflichtung seine gegenwärtigen und in absehbarer Zukunft zu erwartenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei weitem übersteigt, mit weiteren in der Person des gutstehenden Angehörigen liegenden, seine Entscheidungsfreiheit weitgehend beeinträchtigenden und der Gläubigerbank zurechenbaren Umständen kann in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze des Wucherverbotes - in bloßen Ausnahmefällen - die Sittenwidrigkeit und damit die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäftes wegen Vorliegens eines Ausbeutungstatbestandes begründen. Eine Reihe nachfolgender Entscheidungen hat eine gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelt (ÖBA 1997, 1027; ÖBA 1998, 124; ÖBA 1998, 723; JBl 1998, 36; EvBl 1999/2; 3 Ob 224/97f; 1 Ob 211/98f = ÖBA 1999, 647; RIS-Justiz RS0048300; RS0048309; RS0048312). Danach sind wichtige Kriterien für die Inhaltskontrolle derartige Geschäfte in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze des Wucherverbotes das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses zwischen der Vermögenssituation des Interzedenten und dem Umfang der eingegangenen Schuld, die Missbilligung des Zustandekommens des Interzessionsgeschäftes infolge verdünnter Entscheidungsfreiheit des Interzedenten sowie die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis dieser Faktoren durch den Kreditgeber, wobei die Erfüllung dieser Voraussetzungen im Zeitpunkt der Haftungsübernahme erforderlich ist, um die Sittenwidrigkeit bejahen zu können (EvBl 1999/2; 1 Ob 211/98f = ÖBA 1999, 647).

Der erkennende Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen, bestehen doch gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, wonach ein mit dem Angehörigen des Hauptschuldners abgeschlossener Bürgschaftsvertrag im Einzelfall auch ohne zu missbilligende Einwirkung auf die Entscheidungsfreiheit des Bürgen wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sein könne, wenn das krasse Missverhältnis zwischen der Leistungsfähigkeit des Bürgen und der von ihm eingegangenen Verpflichtungen ein gerechtfertigtes Interesse der Bank an der Mithaftung des Angehörigen ausschließe und die Vermutung begründe, dass der Angehörige die Verbindlichkeiten auf Grund seines Naheverhältnisses eingegangen sei, erhebliche Bedenken:

Lehre und Rechtsprechung anerkennen den durch § 879 ABGB begrenzten Grundsatz der Privatautonomie, wonach es jedem Verkehrsteilnehmer unbenommen bleiben müsse, auch risikoreiche Geschäfte abzuschließen und sich zu Leistungen zu verpflichten, die ihn schlechthin überfordern oder die von ihm nur unter besonders günstigen Bedingungen, notfalls sogar unter dauernder Inanspruchnahme des pfändungsfreien Eigentums, erbracht werden können (SZ 68/64; BGHZ 120, 272; Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 15 ff zu § 859; Koziol/Welser I10 82 f). Die Anwendung des § 879 ABGB erfordert jedoch eine - auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bezogene Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände, die der Gläubigerbank auch bekannt sein mussten, oder die sie doch hätte kennen müssen. Nach den Verfahrensergebnissen war der Beklagten anlässlich der Unterfertigung des Bürgschaftsvertrages der volle Umfang der von ihr eingegangenen Verpflichtung sowie auch der Umstand bekannt, dass der Kredit für das Unternehmen ihres Ehegatten bereits ausgenützt war. Dass die Beklagte geschäftsunerfahren gewesen wäre, ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Wie das Berufungsgericht zu Recht erkannte, war sie im Unternehmen ihres Ehegatten mit dem Einkauf befasst und hat dadurch geschäftliche Erfahrung sammeln können. Auch jegliche - allenfalls zu missbilligende - Einwirkung der Klägerin oder des Ehegatten der Beklagten auf ihre Willensbildung bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages fehlt.Lehre und Rechtsprechung anerkennen den durch Paragraph 879, ABGB begrenzten Grundsatz der Privatautonomie, wonach es jedem Verkehrsteilnehmer unbenommen bleiben müsse, auch risikoreiche Geschäfte abzuschließen und sich zu Leistungen zu verpflichten, die ihn schlechthin überfordern oder die von ihm nur unter besonders günstigen Bedingungen, notfalls sogar unter dauernder Inanspruchnahme des pfändungsfreien Eigentums, erbracht werden können (SZ 68/64; BGHZ 120, 272; Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 15 ff zu Paragraph 859 ;, Koziol/Welser I10 82 f). Die Anwendung des Paragraph 879, ABGB erfordert jedoch eine - auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bezogene Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände, die der Gläubigerbank auch bekannt sein mussten, oder die sie doch hätte kennen müssen. Nach den Verfahrensergebnissen war der Beklagten anlässlich der Unterfertigung des Bürgschaftsvertrages der volle Umfang der von ihr eingegangenen Verpflichtung sowie auch der Umstand bekannt, dass der Kredit für das Unternehmen ihres Ehegatten bereits ausgenützt war. Dass die Beklagte geschäftsunerfahren gewesen wäre, ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Wie das Berufungsgericht zu Recht erkannte, war sie im Unternehmen ihres Ehegatten mit dem Einkauf befasst und hat dadurch geschäftliche Erfahrung sammeln können. Auch jegliche - allenfalls zu missbilligende - Einwirkung der Klägerin oder des Ehegatten der Beklagten auf ihre Willensbildung bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages fehlt.

Soweit nun das Berufungsgericht eine Nichtigkeit auch ohne solche Einwirkungen auf die Entscheidungsfreiheit des Bürgen wegen Verstoßes gegen die guten Sitten aus dem Umstand eines krassen Missverhältnisses von Leistungsfähigkeit und eingegangener Verpflichtung des Bürgen bejaht und meint, der Gläubiger habe in einem solchen Fall kein berechtigtes Interesse an einer Verpflichtung im vereinbarten Umfang, es sei vielmehr zu vermuten, dass sich die Beklagte auf die Verpflichtung nur auf Grund emotionaler Bindung an den Hauptschuldner infolge mangelnder Geschäftsgewandtheit eingelassen und der Kreditgeber dies in verwerflicher Weise ausgenutzt habe, (Gegenteiliges habe die Klägerin zu beweisen) weicht es von der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ab. Die Auffassung des Berufungsgerichtes steht auch zu den allgemeinen Beweislastregeln des Zivilprozesses in Widerspruch, wonach jeder Streitteil die seinen Rechtsstandpunkt unterstützenden tatsächlichen Voraussetzungen zu behaupten und unter Beweis zu stellen hat (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 11 vor § 266). Während der belangte Angehörige nach ständiger Rechtsprechung für alle die Annahme der Sittenwidrigkeit seiner Haftungsvereinbarung rechtfertigenden Umstände behauptungs- und beweispflichtig ist, nimmt das Berufungsgericht in Fällen krassen Missverhältnisses zwischen Verpflichtungsumfang und Leistungsfähigkeit eine Beweislastumkehr vor, indem es die beklagte Bürgin (obwohl diese näher zum Beweis ist als die kreditierende Bank) von der Beweislast für die ihren Rechtsstandpunkt stützenden Tatsachen entbindet. Die Beweislastverteilung des Berufungsgerichts steht mit den dargelegten Grundsätzen der Rechtsprechung, an denen der erkennende Senat festhält, nicht in Einklang.Soweit nun das Berufungsgericht eine Nichtigkeit auch ohne solche Einwirkungen auf die Entscheidungsfreiheit des Bürgen wegen Verstoßes gegen die guten Sitten aus dem Umstand eines krassen Missverhältnisses von Leistungsfähigkeit und eingegangener Verpflichtung des Bürgen bejaht und meint, der Gläubiger habe in einem solchen Fall kein berechtigtes Interesse an einer Verpflichtung im vereinbarten Umfang, es sei vielmehr zu vermuten, dass sich die Beklagte auf die Verpflichtung nur auf Grund emotionaler Bindung an den Hauptschuldner infolge mangelnder Geschäftsgewandtheit eingelassen und der Kreditgeber dies in verwerflicher Weise ausgenutzt habe, (Gegenteiliges habe die Klägerin zu beweisen) weicht es von der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ab. Die Auffassung des Berufungsgerichtes steht auch zu den allgemeinen Beweislastregeln des Zivilprozesses in Widerspruch, wonach jeder Streitteil die seinen Rechtsstandpunkt unterstützenden tatsächlichen Voraussetzungen zu behaupten und unter Beweis zu stellen hat (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 11 vor Paragraph 266,). Während der belangte Angehörige nach ständiger Rechtsprechung für alle die Annahme der Sittenwidrigkeit seiner Haftungsvereinbarung rechtfertigenden Umstände behauptungs- und beweispflichtig ist, nimmt das Berufungsgericht in Fällen krassen Missverhältnisses zwischen Verpflichtungsumfang und Leistungsfähigkeit eine Beweislastumkehr vor, indem es die beklagte Bürgin (obwohl diese näher zum Beweis ist als die kreditierende Bank) von der Beweislast für die ihren Rechtsstandpunkt stützenden Tatsachen entbindet. Die Beweislastverteilung des Berufungsgerichts steht mit den dargelegten Grundsätzen der Rechtsprechung, an denen der erkennende Senat festhält, nicht in Einklang.

Die Rechtsprechung des BGH, auf die sich das Berufungsgericht zur Frage der auf ein auffallendes Missverhältnis gegründeten Vermutung (die Beklagte habe sich auf Grund ihrer schwächeren Verhandlungsposition auf die Bürgschaft eingelassen und ihre Unterlegenheit sei von der klagenden Bank ausgenutzt worden) beruft, beurteilt dieses Problem durchaus differenziert. So hat der BGH in seiner Entscheidung vom 26. 4. 1994 (NJW 1994, 1726) eine Vermutung für das Vorliegen zu missbilligender Umstände bei Zustandekommen des Vertrages und die Kenntnis bzw des Ausnutzens dieser Umstände durch die klagende Bank in einem Fall bejaht, in dem eine erst seit kurzer Zeit volljährige Ehefrau, die über keine qualifizierte Berufsausbildung verfügte und auch kaum praktische geschäftliche Erfahrungen hatte, einer Bankkreditschuld beigetreten war und dabei eine in auffallendem Missverhältnis zu ihrer Leistungsfähigkeit stehende Verpflichtung übernommen hatte.

Wollte man die vom Berufungsgericht in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH herangezogenen Kriterien berücksichtigen, so würde schon das Erfordernis eines krassen Missverhältnisses zwischen Leistungsfähigkeit und Verpflichtungsumfang der Beklagten nicht erfüllt: Nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichts (die das Berufungsgericht auch übernommen, in seiner Beurteilung jedoch nicht berücksichtigt hat) bezog die Beklagte sowohl ein Gehalt von 14.000 S netto monatlich 14 x im Jahr als auch Unterhalt von ihrem Ehegatten. Nach den Berechnungen des Berufungsgerichtes müsste es der Beklagten (um mit der Rechtsprechung des BGH ein krasses Missverhältnis verneinen zu können) möglich sein, 25 % der Kreditsumme (an Kapital), das sind 475.000 S innerhalb von fünf Jahren zu zahlen. Dies entspricht 6.785 S monatlich (14 x), wozu die Beklagte in Anbetracht des neben ihrem Gehalt bezogenen Unterhalts auch in der Lage sein müsste. Von einem so auffälligen Missverhältnis zwischen geschuldeter Leistung und Leistungsfähigkeit der Bürgin, das die finanziellen Mittel der Bürgin im Verhältnis zur Höhe der gesamten Hauptschuld als praktisch bedeutungslos erscheinen und dem Gläubiger ein berechtigtes Interesse an einer Verpflichtung im vereinbarten Umfang absprechen müsste, kann daher im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.

Die Sittenwidrigkeit der gegenständlichen Bürgschaftsvereinbarung scheidet daher schon mangels eines auffallenden Missverhältnisses zwischen Leistungsfähigkeit und Verpflichtungsumfang sowie auch deshalb aus, weil keine Umstände zutage getreten sind, die eine inhaltliche Missbilligung des Bürgschaftsvertrages, eine Missbilligung der Umstände seines Zustandekommens infolge verdünnter Entscheidungsfreiheit der Beklagten oder eine Kenntnis bzw fahrlässige Unkenntnis dieser Faktoren durch die Klägerin annehmen lassen. Die Beklagte hat den ihr diesbezüglich obliegenden Beweis nicht erbracht.

Die dem Erstgericht auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung aufgetragene Verfahrensergänzung kann somit unterbleiben. Aus diesen Erwägungen wird der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes aufgehoben und in der Sache selbst die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 41 und 50 Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E55881 06A02009

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0060OB00200.99A.1021.000

Dokumentnummer

JJT_19991021_OGH0002_0060OB00200_99A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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