TE Vwgh Erkenntnis 2006/11/22 2005/08/0186

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Veröffentlicht am 22.11.2006
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §17 Abs1 idF 2004/I/077;
AlVG 1977 §46 Abs5 idF 2004/I/077;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Ing. G in G, vertreten durch die Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltgesellschaft mbH, 8010 Graz, Schmiedgasse 31, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 20. September 2005, Zl. LGS600/SfA/0566/2005-Mag.GR/S, betreffend Anspruch auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass dem Beschwerdeführer ab 7. März 2005 an Stelle von Arbeitslosengeld Notstandshilfe gebühre.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) habe dem Beschwerdeführer die Notstandshilfe ab 7. März 2005 zuerkannt, da er bis 4. Februar 2005 in Anstaltspflege gewesen sei und sich erst am 7. März 2005 wieder beim Arbeitsmarktservice gemeldet habe. In der dagegen erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer eingewendet, er sei vom 25. Jänner bis zum 4. Februar 2005 sowie vom 22. Februar bis zum 5. März 2005 stationär bei den "Kreuzschwestern" aufgenommen gewesen. Nach seinen Krankenhausaufenthalten habe sich der Beschwerdeführer telefonisch beim Arbeitsmarktservice gemeldet. Die Notstandshilfe sei ihm vom 5. Februar bis zum 21. Februar 2005 nicht ausbezahlt worden. Da der Beschwerdeführer während seiner Telefonate mit dem Arbeitsmarktservice nicht darauf hingewiesen worden sei, dass er sich persönlich melden hätte müssen, habe er davon ausgehen können, dass er von der persönlichen Vorsprache entbunden gewesen sei.

Nach der Wiedergabe des § 46 AlVG führte die belangte Behörde weiter aus, dass der Beschwerdeführer bei jeder Antragstellung darauf hingewiesen worden sei, dass eine Weitergewährung des Leistungsbezuges nach einer Krankheit erst dann möglich sei, wenn er sich persönlich beim Arbeitsmarktservice wieder melde. Die Notstandshilfe sei daher zu Recht ab seiner persönlichen Wiedermeldung am 7. März 2005 angewiesen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 16 Abs. 1 lit. c AlVG ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Unterbringung des Arbeitslosen in einer Heil- oder Pflegeanstalt.

Gemäß § 17 Abs. 1 letzter Satz AlVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 77/2004 gebührt das Arbeitslosengeld, wenn der Anspruch ruht oder der Bezug des Arbeitslosengeldes unterbrochen ist, ab dem Tag der Wiedermeldung oder neuerlichen Geltendmachung nach Maßgabe des gemäß § 58 AlVG auch in Angelegenheiten der Notstandshilfe anzuwendenden § 46 Abs. 5 AlVG.

§ 46 Abs. 5 AlVG in derselben Fassung lautet:

"Wird der Bezug von Arbeitslosengeld unterbrochen oder ruht der Anspruch (§ 16), wobei der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein nicht bekannt ist, so ist der Anspruch auf das Arbeitslosengeld oder auf den Fortbezug neuerlich persönlich geltend zu machen. Wenn der Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt, so genügt für die Geltendmachung die persönliche Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Die regionale Geschäftsstelle kann die arbeitslose Person vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache entbinden, wenn kein Zweifel an der Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung besteht und keine persönliche Abklärung zur Wahrung oder Verbesserung der Vermittlungschancen erforderlich ist. Erfolgt die Wiedermeldung nicht binnen einer Woche nach Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes, so gebührt das Arbeitslosengeld erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung."

Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sieht der Beschwerdeführer darin gelegen, dass die belangte Behörde den Bezug der Notstandshilfe erst ab dem Tag seiner persönlichen Vorsprache weiter gewährt hat. Es hätte nämlich auch durch eine telefonische Wiedermeldung die Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung erklärt werden können.

§ 46 Abs. 5 AlVG enthält im ersten Satz die Wendung "persönlich geltend zu machen" und im zweiten Satz den Begriff der "persönlichen Wiedermeldung". Aus dem dritten Satz der genannten Norm, die sich zumindest auf den - im vorliegenden Beschwerdeverfahren maßgeblichen - zweitgenannten Fall bezieht, ergibt sich aber schließlich, dass mit der "persönlichen Wiedermeldung" jedenfalls eine "persönliche Vorsprache" (u.a. mit dem Zweck der Feststellung der Verfügbarkeit) gemeint ist, da andernfalls von einer solchen nicht entbunden zu werden brauchte. Ein bloßer Telefonanruf reicht daher zur persönlichen Wiedermeldung nicht aus.

Die Behörde hat den Beschwerdeführer aber auch nicht von der persönlichen Wiedermeldung entbunden. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, kann die (von der Behörde kaum vermeidbare) Entgegennahme eines Telefonrufs der arbeitslosen Person, bei dem seitens der Behörde nicht auf das Erfordernis der persönlichen Wiedermeldung aufmerksam gemacht wird, nicht als eine solche Entbindung gedeutet werden, da es dafür einer ausdrücklichen Erklärung der Behörde bedurft hätte, deren Abgabe der Beschwerdeführer aber gar nicht behauptet.

Da der Beschwerdeführer sich nach Eintritt des Ruhensgrundes des (ersten) Krankenhausaufenthaltes, somit erst am 7. März 2005 wieder persönlich beim AMS vorgesprochen hat, liegt erst zu diesem Zeitpunkt eine wirksame Wiedermeldung im Sinne des § 46 Abs. 5 AlVG vor. Eine rückwirkende Auszahlung der Notstandshilfe für den Zeitraum zwischen den beiden Krankenhausaufenthalten vom

5. bis 21. Februar 2005 kommt daher nicht in Betracht, weil dem § 17 Abs. 1 letzter Satz AlVG entgegensteht (vgl. dazu schon das Erkenntnis vom 23. April 2003, Zl. 2000/08/0125).

Allerdings hat die belangte Behörde übersehen, dass sich der Beschwerdeführer am 7. März 2005, und damit innerhalb einer Woche nach Beendigung des zweiten Krankenhausaufenthaltes am 5. März 2005 (und damit nach Wegfall eines weiteren Ruhensgrundes) persönlich beim AMS gemeldet hat.

§ 46 Abs. 5 letzter Satz AlVG sieht im Fall der persönlich Wiedermeldung eine "Maßgabe" hinsichtlich der Rechtsfolge des § 17 Abs. 1 letzter Satz AlVG (Gebühren der Leistung erst ab dem Tag der persönlichen Wiedermeldung) vor, nämlich, dass das Arbeitslosengeld (die Notstandshilfe) nur dann erst ab diesem Tag gebührt, wenn die Meldung nicht innerhalb einer Woche nach Beendigung des Ruhenszeitraums erfolgt. Argumento e contrario steht die Leistung daher schon ab dem Ende des Ruhenszeitraumes (hier somit ausgehend von Behauptungen des Beschwerdeführers über seinen zweiten Krankenhausaufenthalt schon ab 6. März 2005) zu, wenn bei der persönlichen Wiedermeldung (also im Fall des § 46 Abs. 5 zweiter Satz AlVG) die einwöchige Frist eingehalten wird.

Es kann auf sich beruhen, ob man im Hinblick darauf, dass sich der Beschwerdeführer nach seinem ersten Krankenhausaufenthalt nicht bei der regionalen Geschäftsstelle des AMS persönlich wiedergemeldet hat, die beiden Krankenhausaufenthalte des Beschwerdeführers einschließlich des dazwischenliegenden Zeitraums zusammenzurechnen hätte, weil im Beschwerdefall auch diesfalls (Gesamtdauer der Bezugsunterbrechung 40 Tage) die Höchstdauer der Unterbrechung von 62 Tagen, ab der nach dem ersten Satz des § 46 Abs. 5 AlVG eine neuerliche persönliche Geltendmachung erforderlich und der letzte Satz des § 46 Abs. 5 AlVG daher nicht anzuwenden wäre, nicht überschritten würde.

Da es die belangte Behörde ausgehend von ihrer unzutreffenden Rechtsauffassung, dass der Leistungsbezug dem Beschwerdeführer in jedem Fall erst ab dem Tag der persönlichen Wiedermeldung am 7. März 2005 (und nicht schon ab 6. März 2005) gebührt, unterlassen hat, Feststellungen über die Dauer des zweiten Krankenhausaufenthaltes des Beschwerdeführers zu treffen, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 22. November 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005080186.X00

Im RIS seit

18.01.2007

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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