TE OGH 1999/10/27 1Ob257/99x

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Veröffentlicht am 27.10.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Martin W*****, vertreten durch Dr. Candidus Cortolezis, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Wolf Dieter W*****, vertreten durch Dr. Alois Siegl, Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung (Streitwert S 200.000,--), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 28. Juni 1999, GZ 2 R 255/99f-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 5. Mai 1999, GZ 30 C 37/99i-5, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 36.899,-- (darin S 3.941,50 Umsatzsteuer und S 13.250,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist der eheliche Sohn des Beklagten. Die Ehe der Eltern des Klägers wurde geschieden. Am 14. 2. 1996 schlossen die Streitteile einen gerichtlichen Vergleich, mit welchem der Kläger unter bestimmten Voraussetzungen auf den ihm gegenüber dem Beklagten zustehenden Unterhaltsanspruch rückwirkend ab 1. 1. 1996 verzichtete.

Der Kläger begehrte die Feststellung, daß die Unterhaltspflicht des Beklagten ihm gegenüber bei Aufnahme eines Universitätsstudiums der technischen Physik im Wintersemester 1999/2000 ab 1. 10. 1999 durch ihn bestehe. Er habe mit Ablauf des Schuljahrs 1997/98 die Reifeprüfung abgelegt und absolviere zur Zeit den Grundwehrdienst. Danach plane er die Aufnahme des Studiums der technischen Physik. Der Beklagte weigere sich, im Falle eines Studiums des Klägers für diesen Unterhalt zu bezahlen; er habe sich nur bereit erklärt, dem Kläger Taschengeld zu reichen. Deshalb habe der Kläger ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Bestehens der Unterhaltsverpflichtung des Beklagten, zumal davon seine Entscheidung abhänge, ob er ein Studium beginnen werde.

Der Beklagte wendete ein, der Kläger sei aufgrund des Inhalts des Vergleichs vom 14. 2. 1996 seines Unterhaltsanspruchs verlustig gegangen, er sei sogar zur Rückzahlung von zu Unrecht erhaltenen Unterhaltsbeträgen verpflichtet. Ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Unterhaltsverpflichtung bestehe nicht, weil es sich bei dem vom Kläger behaupteten Unterhaltsanspruch um ein bedingtes Rechtsverhältnis handle, das von vielen Faktoren abhängig sei. Im übrigen könne der Kläger nach Aufnahme des Studiums jederzeit mit Leistungsklage gegen den Beklagten vorgehen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der abstrakte Unterhaltsanspruch des Klägers ergebe sich dem Grunde nach aus dem Gesetz und sei einer gerichtlichen Feststellung nicht zugänglich. Der konkrete Unterhaltsanspruch für die Zukunft sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, die noch nicht absehbar seien. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers allein reiche für die Zulässigkeit eines Feststellungsbegehrens nicht aus.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Der Beklagte bestreite den Unterhaltsanspruch des Klägers dem Grunde nach, sodaß das Feststellungsinteresse des Klägers für seinen Unterhaltsanspruch für den Fall der Aufnahme eines Studiums mit Herbst 1999 gegeben sei. Das Gericht erster Instanz werde festzustellen haben, ob der Kläger mit Vergleich vom 14. 2. 1996 auf seine Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten verzichtet habe oder ob der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach weiterhin bestehe. Erst danach sei die Rechtssache entscheidungsreif.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Der Kläger hat ein Feststellungsbegehren erhoben, das vorbeugenden Rechtsschutz gewähren soll. Eine solche Feststellungsklage ist dann zulässig, wenn aufgrund des Verhaltens des Beklagten eine erhebliche objektive Ungewißheit über den Bestand eines Rechtes entstanden ist und diese Ungewißheit durch die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils beseitigt werden kann. Grundsätzlich ist das Feststellungsinteresse im Sinne des § 228 ZPO schon dann zu bejahen, wenn ein Kläger durch die Bestreitung eines von ihm behaupteten Rechts in seinen wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeiten eingeschränkt ist (SZ 70/84; SZ 70/186; ÖBA 1997, 1016; SZ 68/156, Fasching, LB2 Rz 1096 und 1098). Nach ständiger Rechtsprechung muß auch in Feststellungsklagen das festzustellende Recht oder Rechtsverhältnis inhaltlich und umfänglich genau und zweifelsfrei bezeichnet werden. Der prozeßökonomische Zweck einer Feststellungsklage liegt darin, die Rechtslage dort zu klären, wo ein von der Rechtsordnung anerkanntes Bedürfnis zur Klärung streitiger Rechtsbeziehungen besteht. Ist ein Begehren unbestimmt, kann das erfließende Urteil die Aufgabe der Klärung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien nicht erfüllen. Es ist daher erforderlich, das Feststellungsbegehren ausreichend zu individualisieren (1 Ob 1030/95). Prozessuale Vorteile oder die Feststellung bloßer "Rechtslagen" reichen nicht aus, um eine Feststellungsklage zulässig zu machen (SZ 67/96; WBl 1993, 124; 9 ObA 257/92; Fasching aaO Rz 1093 f).Der Kläger hat ein Feststellungsbegehren erhoben, das vorbeugenden Rechtsschutz gewähren soll. Eine solche Feststellungsklage ist dann zulässig, wenn aufgrund des Verhaltens des Beklagten eine erhebliche objektive Ungewißheit über den Bestand eines Rechtes entstanden ist und diese Ungewißheit durch die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils beseitigt werden kann. Grundsätzlich ist das Feststellungsinteresse im Sinne des Paragraph 228, ZPO schon dann zu bejahen, wenn ein Kläger durch die Bestreitung eines von ihm behaupteten Rechts in seinen wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeiten eingeschränkt ist (SZ 70/84; SZ 70/186; ÖBA 1997, 1016; SZ 68/156, Fasching, LB2 Rz 1096 und 1098). Nach ständiger Rechtsprechung muß auch in Feststellungsklagen das festzustellende Recht oder Rechtsverhältnis inhaltlich und umfänglich genau und zweifelsfrei bezeichnet werden. Der prozeßökonomische Zweck einer Feststellungsklage liegt darin, die Rechtslage dort zu klären, wo ein von der Rechtsordnung anerkanntes Bedürfnis zur Klärung streitiger Rechtsbeziehungen besteht. Ist ein Begehren unbestimmt, kann das erfließende Urteil die Aufgabe der Klärung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien nicht erfüllen. Es ist daher erforderlich, das Feststellungsbegehren ausreichend zu individualisieren (1 Ob 1030/95). Prozessuale Vorteile oder die Feststellung bloßer "Rechtslagen" reichen nicht aus, um eine Feststellungsklage zulässig zu machen (SZ 67/96; WBl 1993, 124; 9 ObA 257/92; Fasching aaO Rz 1093 f).

Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger die Feststellung eines schon jetzt bestehenden, aber noch vom Eintritt einer bestimmten Bedingung (Antritt eines Studiums) abhängigen Rechtsverhältnisses. Dies ist grundsätzlich nicht unzulässig. Nach Lehre und Rechtsprechung können aber bedingte Rechte nur dann festgestellt werden, wenn bereits der gesamte rechtserzeugende Sachverhalt vorliegt und auch die Bedingung feststeht und nur deren Eintritt offen ist (3 Ob 583/87; SZ 41/153; Fasching aaO Rz 1090). Der Unterhaltsanspruch des Klägers hängt nun nicht nur von der Aufnahme eines Universitätsstudiums ab, sondern von vielen anderen Faktoren wie beispielsweise von seinen eigenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen, der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen etc. Ob aus all diesen "Sachverhaltselementen" eine Unterhaltspflicht des Beklagten ab 1. 10. 1999 abgeleitet werden kann, läßt sich nicht beurteilen, zumal insoweit weder Behauptungen aufgestellt wurden noch irgendwelche Verfahrensergebnisse vorliegen. Der Kläger hat vielmehr sein Begehren auf Feststellung der Unterhaltspflicht des Beklagten lediglich darauf abgestellt, daß dieses durch die Aufnahme eines bestimmten Universitätsstudiums bedingt sei. Dies ist aber im Sinne der vorhin zitierten Judikatur und Lehre unzulässig.

Das vom Kläger formulierte und trotz Einwendung der Unschlüssigkeit (siehe Schriftsatz des Beklagten vom 9. 4. 1999) und ungeachtet der Erörterung der Frage der Zulässigkeit (siehe S 1 des Protokolls vom 14. 4.1999) unverändert aufrecht erhaltene Feststellungsbegehren wurde vom Erstgericht zu Recht abgewiesen, weil bedingte Rechte nur bei Vorliegen des gesamten rechtserzeugenden Sachverhalts feststellungsfähig wären. Einer richterlichen Anleitung des anwaltlich vertretenen Klägers zu entsprechender Änderung seines Begehrens bedurfte es nicht, weil einerseits der Beklagte die Unschlüssigkeit des Feststellungsbegehrens eingewendet und andererseits die Zulässigkeit dieses Begehrens im Hinblick auf die Bedingtheit und Zukünftigkeit des behaupteten Anspruchs vom Erstgericht ohnehin erörtert wurde (vgl 1 Ob 1030/95).Das vom Kläger formulierte und trotz Einwendung der Unschlüssigkeit (siehe Schriftsatz des Beklagten vom 9. 4. 1999) und ungeachtet der Erörterung der Frage der Zulässigkeit (siehe S 1 des Protokolls vom 14. 4.1999) unverändert aufrecht erhaltene Feststellungsbegehren wurde vom Erstgericht zu Recht abgewiesen, weil bedingte Rechte nur bei Vorliegen des gesamten rechtserzeugenden Sachverhalts feststellungsfähig wären. Einer richterlichen Anleitung des anwaltlich vertretenen Klägers zu entsprechender Änderung seines Begehrens bedurfte es nicht, weil einerseits der Beklagte die Unschlüssigkeit des Feststellungsbegehrens eingewendet und andererseits die Zulässigkeit dieses Begehrens im Hinblick auf die Bedingtheit und Zukünftigkeit des behaupteten Anspruchs vom Erstgericht ohnehin erörtert wurde vergleiche 1 Ob 1030/95).

Die vom Berufungsgericht verfügte Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung erweist sich demnach als entbehrlich, sodaß in Stattgebung des Rekurses des Beklagten die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen ist.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den Paragraphen 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E55851

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0010OB00257.99X.1027.000

Im RIS seit

26.11.1999

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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