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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Niederösterreich ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 2.143,68 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer Liegenschaft im Gebiet der Gemeinde Fallbach. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2000 trug ihm der Bürgermeister den Anschluß seiner Liegenschaft an den Schmutzwasserkanal auf.
Mit Bescheid vom 25. Juli 2001 wies der Gemeindevorstand eine dagegen gerichtete Berufung des Beschwerdeführers ab.
1.2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer eine Vorstellung an die Niederösterreichische Landesregierung, die mit Bescheid vom 11. Oktober 2001 abgewiesen wurde. Begründend berief sich die Landesregierung auf §62 Abs2 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 und auf §17 des Niederösterreichischen Kanalgesetzes.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und die Verletzung in Rechten durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie für die Abweisung der Beschwerde eintritt.
Die Gemeinde Fallbach hat keine Äußerung erstattet.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12. Juni 2002, G 322,360,361/01, §62 Abs2 erster und zweiter Satz der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 idF der 1. Novelle als verfassungswidrig aufgehoben.
2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10616/1985, 11711/1988).
3. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren begann am 5. März 2002. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 23. November 2001 eingelangt, war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig. Der Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wandte bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,- sowie der Ersatz der entrichteten Gebühr gemäß §17a VfGG von € 181,68 enthalten.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B1577.2001Dokumentnummer
JFT_09979374_01B01577_2_00