TE Vwgh Erkenntnis 2006/11/22 2005/08/0184

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Veröffentlicht am 22.11.2006
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §17 Abs1 idF 1995/297;
AlVG 1977 §17 Abs1;
AlVG 1977 §33 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §46 Abs5;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Karin Gmeiner, Rechtsanwältin in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 27/11, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 20. Juni 2005, Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/1218/56/2005-1170, betreffend Anspruch auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Dresdner Straße vom 6. April 2005, mit welchem dem Beschwerdeführer die Notstandshilfe ab 10. Oktober 2003 weiter gewährt wurde, abgewiesen.

In der Begründung gab die belangte Behörde das Verwaltungsgeschehen wieder und stellte folgenden Sachverhalt fest:

"Sie meldeten dem Arbeitsmarktservice am 23.6.2003 telefonisch, dass Sie sich in den Krankenstand begeben müssten. Daraufhin wurde Ihr Notstandshilfebezug mit 26.6.2003 (4. Tag des Krankenstandes) eingestellt.

Per Fax vom 2.10.2003 ersuchten Sie die für Ihre Betreuung zuständige Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice Dresdner Straße, Frau R. um Übermittlung Ihrer Versicherungsdaten an die Wiener Gebietskrankenkasse, In diesem handschriftlichen Fax findet sich der Vermerk 'letzter Bezug Juni 2003!' Mit Fax vom 3.10.2003 wurde wunschgemäß Ihr Bezugsverlauf an die Wiener Gebietskrankenkasse übermittelt.

Am 7.10.2003 erschienen Sie dann persönlich beim Arbeitsmarktservice Dresdner Straße und es wurde Ihnen ein neuer Antrag ausgefolgt.

In der Folge findet sich ein Aktenvermerk vom 9.10.2003 des Arbeitsmarktservice Dresdner Straße. An diesem Tag hatten Sie telefonisch gemeldet, dass Sie am selben Tag aus dem Therapiezentrum entlassen worden seien und sich am folgenden Tag persönlich beim Arbeitsmarktservice melden würden. Nach dem Wochenende könnten Sie wieder im Therapiezentrum aufgenommen werden, falls es ihnen nicht gut gehe. Nach Auskunft Ihres Sozialarbeiters seien Sie nach Ihrer neuerlichen Entlassung dann wieder arbeitsfähig. Von der Wiener Gebietskrankenkasse seien Sie ausgesteuert.

Am 8.10.2003 erreichte das Arbeitsmarktservice Dresdner Straße ein Mail des Sozialarbeiters L. vom Therapiezentrum Ybbs, in dem dieser bekannt gibt, Sie hätten dem Arbeitsmarktservice Dresdner Straße eine Endabrechnung der Wiener Gebietskrankenkasse übermittelt und diese sei am 24.9.2003 von einem Herrn/Frau G. vom Arbeitsmarktservice Dresdner Straße übernommen worden. Das habe eine Postnachforschung, die Sie beantragt hatten ergeben. Die Postnachforschung befindet sich in Kopie im Leistungsakt.

Das Mail enthält weiters eine Anfrage, über den derzeitigen Verfahrensstand insbesondere die Frage nach einem allfälligen Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. dem Zeitpunkt einer allfälligen Gebührlichkeit.

In der Folge findet sich im Leistungsakt ein mit 7.10.2003 datierter Krankenentgeltzettel, aus dem ersichtlich ist, dass Sie vom 26.6.-8.8.2003 Krankengeld bezogen habe, eine Aufenthaltsbestätigung über einen Spitalsaufenthalt Ihrerseits vom 1.9.-9.10.2003 im Therapiezentrum Ybbs, ein Schreiben der Wiener Gebietskrankenkasse vom 3.10.2003, indem Ihnen mitgeteilt wird, dass Sie keinen Leistungsanspruch gegen die Wiener Gebietskrankenkasse mehr haben, da Sie bereits die höchstmögliche Zeit an Krankengeld bezogen haben.

In der Folge wurde von Seiten des Arbeitsmarktservice Dresdner Straße die Überprüfung Ihrer Arbeitsfähigkeit veranlasst und Sie aus arbeitsmedizinischer Sicht als arbeitsfähig befunden.

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Dresdner Straße vom 27.10.2003 wurde einerseits festgestellt, dass Ihnen Notstandshilfe ab 7.10.2003 gebührt, da Sie Ihren Anspruch darauf am 7.10.2003 durch persönliche Vorsprache beim Arbeitsmarktservice geltend gemacht haben und andererseits Ihr Anspruch auf Notstandshilfe vom 7.-9-.10.2003 ruht, da Sie sich während dieser zeit in einer Heil- und Pflegeanstalt aufgehalten haben."

In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, der Beschwerdeführer hätte seinen Anspruch persönlich geltend zu machen gehabt. Die Dauer des Ruhens sei nicht von vorneherein bekannt gewesen. Weder ein Telefonat noch ein Schreiben sei als Geltendmachung anzusehen. Eine persönliche Geltendmachung sei in den Fällen eines Ruhens oder einer Unterbrechung nach Wegfall des Unterbrechungs- oder Ruhensgrundes jedenfalls erforderlich, wenn die Dauer nicht im Vorhinein bekannt sei. Da der Beschwerdeführer seinen Anspruch nach seinem Krankenstand erst am 7. Oktober 2003 persönlich geltend gemacht habe, habe auch erst an diesem Tag wieder Anspruch auf Notstandshilfe bestanden, wobei infolge eines Spitalsaufenthaltes vom 7. Oktober bis zum 9. Oktober 2003 der Anspruch geruht habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist im Beschwerdefall, ab wann dem Beschwerdeführer nach dem Ruhen des Notstandhilfeanspruches der weitere Bezug gebührt.

Nach der ständigen Rechtsprechung ist der geltend gemachte Anspruch auf Notstandshilfe zeitraumbezogen zu beurteilen. Daraus folgt, dass die in den jeweiligen - frühestens mit der Antragstellung beginnenden und mit der Erlassung des Berufungsbescheides endenden - Zeiträumen, für welche die Leistung beantragt wurde, gegebene Sach- und Rechtslage maßgebend ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2004, Zl. 2003/08/0237).

Gemäß § 17 Abs. 1 zweiter Satz AlVG in der demnach im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 297/1995 gebührt das Arbeitslosengeld im Falle des Ruhens des Anspruches oder der Unterbrechung des Bezuges des Arbeitslosengeldes ab dem Tag der persönlichen Wiedermeldung oder neuerlichen persönlichen Geltendmachung nach Maßgabe des § 46 Abs. 5 AlVG.

§ 46 Abs. 5 AlVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 139/1997 lautet wie folgt:

"Wird der Bezug von Arbeitslosengeld unterbrochen oder ruht der Anspruch (§ 16), wobei der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraumes im vorhinein nicht bekannt ist, so ist der Anspruch auf das Arbeitslosengeld bzw. auf den Fortbezug neuerlich persönlich geltend zu machen. Wenn der Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt, so genügt für die Geltendmachung die persönliche Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Ist aber der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraumes im vorhinein bekannt und überschreitet die Unterbrechung bzw. das Ruhen den Zeitraum von 62 Tagen nicht, so ist von der regionalen Geschäftsstelle ohne gesonderte Geltendmachung und ohne persönliche Wiedermeldung über den Anspruch zu entscheiden. Der Arbeitslose ist in diesem Fall im Sinne des § 50 Abs. 1 verpflichtet, den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis oder sonstige maßgebende Änderungen, die im Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraum eintreten, der regionalen Geschäftsstelle zu melden. In allen übrigen Fällen ist der Anspruch neuerlich persönlich geltend zu machen."

Der Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraum bemisst sich nach der Dauer jenes Sachverhaltes, welcher den Leistungsbezug unterbrochen oder zum Ruhen gebracht hat. Der Zeitraum bis zur persönlichen Wiedermeldung bzw. Geltendmachung ist in den Unterbrechungszeitraum nicht einzurechnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2002/08/0070).

Der Beschwerdeführer geht in seiner Beschwerde davon aus, dass der Ruhenszeitraum 62 Tage nicht überschritten habe, und vertritt davon ausgehend die Ansicht, eine persönliche Wiedermeldung sei nicht erforderlich gewesen.

Ob Letzteres zutrifft, kann dahinstehen, weil der Beschwerdeführer nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen vom 26. Juni bis zum 8. August 2003 Krankengeld bezogen hat und vom 1. September bis zum 9. Oktober 2003 in einem Spital bzw. einem Therapiezentrum untergebracht gewesen ist und somit in beiden Zeiträumen der Notstandhilfeanspruch des Beschwerdeführers geruht hat. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) ruht gemäß § 16 Abs. 1 lit. a und c AlVG nicht nur während des Bezuges von Krankengeld, sondern auch während der Unterbringung des Arbeitslosen in einer Heil- oder Pflegeanstalt. Dadurch ergibt sich aber ein Ruhenszeitraum von insgesamt 83 Tagen. Nach der dargestellten Rechtslage konnte in diesem Fall eine persönliche Wiedermeldung keinesfalls zu einem Fortbezug führen, dazu bedurfte es einer neuerlichen persönlichen Geltendmachung.

Sämtliche Beschwerdeargumente beruhen aber auf der - nicht näher begründeten und unrichtigen - Prämisse, der Ruhenszeitraum betrage nicht mehr als 62 Tage. Angesichts dessen geht aber auch das zentrale Argumente des Beschwerdeführers, im Falle der Notwendigkeit einer persönliche Wiedermeldung sei ein "persönliches Erscheinen" des Arbeitslosen nicht erforderlich, ins Leere. Übersteigt der Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraum nämlich 62 Tage und ist das Ende des Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraumes im Vorhinein nicht bekannt, so ist der Anspruch auf das Arbeitslosengeld bzw. auf den Fortbezug neuerlich persönlich geltend zu machen. Dies erfolgte - wie im Beschwerdefall zutreffend auch vom Beschwerdeführer am 7. Oktober 2003 geltend gemacht - mit dem bundeseinheitlich aufgelegten Formular. Dass die neuerliche Geltendmachung in Form einer persönlichen Vorsprache erfolgen muss, hat der Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen. Den vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde angeführten Entscheidungen liegen Fälle zu Grunde, in denen es um die Frage der persönlichen Wiedermeldung und nicht um die neuerliche Geltendmachung, somit um andere Sachverhalte gegangen ist.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage und auf der Grundlage des festgestellten und nicht bestrittenen Sachverhaltes - in der Beschwerde wird auch nur inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht - erweist sich die Ansicht der belangten Behörde, die persönliche Geltendmachung des Notstandshilfeanspruches sei nach dem Wegfall des Ruhensgrundes erforderlich und auch für den Zeitpunkt des Fortbezuges maßgeblich gewesen, als zutreffend.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 22. November 2006

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005080184.X00

Im RIS seit

18.01.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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