Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl. Ing. Walter Holzer und MR Mag. Gerhard Puschner (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef W*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Heinz Kallan, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr. Paul Bachmann und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung der Erwerbsunfähigkeit, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. Juni 1999, GZ 7 Rs 41/99z-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. Oktober 1998, GZ 31 Cgs 317/97t-17, aufgehoben wurde in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten der Rekursbeantwortung der klagenden Partei sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Rekurs der beklagten Partei gegen den Aufhebungsbeschluss ist zulässig (§ 519 Abs 1 Z 2 ZPO iVm §§ 45 Abs 3, 47 Abs 2 ASGG), aber im Ergebnis nicht berechtigt.Der Rekurs der beklagten Partei gegen den Aufhebungsbeschluss ist zulässig (Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer 2, ZPO in Verbindung mit Paragraphen 45, Absatz 3,, 47 Absatz 2, ASGG), aber im Ergebnis nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die im angefochtenen Beschluss geäußerte Rechtsansicht, dass bei Vorhandensein entsprechender Anhaltspunkte auch ohne ausdrückliche Einwendung zunächst zu prüfen ist, ob die Hauterkrankung des Klägers bereits bei Eintritt in das Erwerbsleben bestand, ist zutreffend, so dass es gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen.Die im angefochtenen Beschluss geäußerte Rechtsansicht, dass bei Vorhandensein entsprechender Anhaltspunkte auch ohne ausdrückliche Einwendung zunächst zu prüfen ist, ob die Hauterkrankung des Klägers bereits bei Eintritt in das Erwerbsleben bestand, ist zutreffend, so dass es gemäß Paragraph 510, Absatz 3, zweiter Satz ZPO ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen.
Eine vom Kläger bereits in das Erwerbsleben eingebrachte und seither im Wesentlichen unverändert bestehende körperliche Beeinträchtigung hätte nämlich bei Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit außer Betracht zu bleiben (ständige Rechtsprechung seit SSV-NF 2/87 = SZ 61/187 = JBl 1989, 334). Die Klärung dieser Frage ist somit unabdingbare Entscheidungsvoraussetzung. Wenn daher nach dem Inhalt des Prozessvorbringens und nach der Aktenlage hierüber keine Klarheit besteht, hat das Gericht auf Grund der Bestimmung des § 87 Abs 1 ASGG diese Frage von Amts wegen zu überprüfen und hierüber Feststellungen zu treffen. Da das Erstgericht diese entscheidungswesentliche Frage mit den Parteien nicht erörtert und auch keine Feststellungen dazu getroffen hat, ist sein Verfahren im Sinne der zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes schon deshalb mangelhaft geblieben (ebenso die eine Invaliditätspension betreffende E des Senates vom 4. 5. 1999, 10 ObS 81/99f).Eine vom Kläger bereits in das Erwerbsleben eingebrachte und seither im Wesentlichen unverändert bestehende körperliche Beeinträchtigung hätte nämlich bei Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit außer Betracht zu bleiben (ständige Rechtsprechung seit SSV-NF 2/87 = SZ 61/187 = JBl 1989, 334). Die Klärung dieser Frage ist somit unabdingbare Entscheidungsvoraussetzung. Wenn daher nach dem Inhalt des Prozessvorbringens und nach der Aktenlage hierüber keine Klarheit besteht, hat das Gericht auf Grund der Bestimmung des Paragraph 87, Absatz eins, ASGG diese Frage von Amts wegen zu überprüfen und hierüber Feststellungen zu treffen. Da das Erstgericht diese entscheidungswesentliche Frage mit den Parteien nicht erörtert und auch keine Feststellungen dazu getroffen hat, ist sein Verfahren im Sinne der zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes schon deshalb mangelhaft geblieben (ebenso die eine Invaliditätspension betreffende E des Senates vom 4. 5. 1999, 10 ObS 81/99f).
Richtig ist der Einwand der beklagten Partei, dass keine Erwerbsunfähigkeit vorliegt, wenn ein Versicherter im Wesentlichen in der Lage ist, die vor dem Stichtag als letzte nicht nur vorübergehend, wenngleich in einer geringeren Dauer als 60 Monate tatsächlich ausgeübte selbständige Erwerbstätigkeit fortzusetzen bzw weiterhin auszuüben (zutreffend Barnas, ZAS 1998, 72 [78]). Auch bei den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit nach dem ASVG ist zunächst zu prüfen, ob der Versicherte imstande ist, die von ihm zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit weiterhin auszuüben; in diesem Fall ist er weder invalid noch berufsunfähig (SSV-NF 3/2 = SZ 62/3 ua, zuletzt SSV-NF 12/72 mwN). Mit Fragen des Berufsschutzes und der Verweisbarkeit hat dies nichts zu tun. Für den Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit (§ 112 Abs 1 Z 2 GSVG) müssen insoweit dieselben Grundsätze gelten; auch dieser Versicherungsfall kann nicht bloß durch die Aufgabe der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit aus anderen als gesundheitlichen Gründen herbeigeführt werden.Richtig ist der Einwand der beklagten Partei, dass keine Erwerbsunfähigkeit vorliegt, wenn ein Versicherter im Wesentlichen in der Lage ist, die vor dem Stichtag als letzte nicht nur vorübergehend, wenngleich in einer geringeren Dauer als 60 Monate tatsächlich ausgeübte selbständige Erwerbstätigkeit fortzusetzen bzw weiterhin auszuüben (zutreffend Barnas, ZAS 1998, 72 [78]). Auch bei den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit nach dem ASVG ist zunächst zu prüfen, ob der Versicherte imstande ist, die von ihm zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit weiterhin auszuüben; in diesem Fall ist er weder invalid noch berufsunfähig (SSV-NF 3/2 = SZ 62/3 ua, zuletzt SSV-NF 12/72 mwN). Mit Fragen des Berufsschutzes und der Verweisbarkeit hat dies nichts zu tun. Für den Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit (Paragraph 112, Absatz eins, Ziffer 2, GSVG) müssen insoweit dieselben Grundsätze gelten; auch dieser Versicherungsfall kann nicht bloß durch die Aufgabe der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit aus anderen als gesundheitlichen Gründen herbeigeführt werden.
Ob im Sinne des § 133 Abs 2 lit b GSVG die persönliche Arbeitsleistung des Klägers zur Aufrechterhaltung seines Betriebes notwendig war, ist objektiv rückschauend im Hinblick auf den konkreten Betrieb zu prüfen (SSV-NF 5/114, 8/114, 11/45; 10 ObS 36/99p ua). Lediglich bei der erst in zweiter Linie zu beantwortenden Frage der Verweisbarkeit nach § 133 Abs 2 GSVG (10 ObS 36/99p) auf eine Erwerbstätigkeit mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten ist die Tätigkeit maßgebend, die der Versicherte zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat (vgl SSV-NF 9/22, 10/56 mwN). Der durch eine mindestens 60 Monate lang ausgeübte Erwerbstätigkeit erworbene Berufsschutz soll nicht durch eine nachfolgende, vor dem Stichtag ausgeübte kürzere Erwerbstätigkeit wieder verloren gehen (vgl SSV-NF 4/93 = SZ 63/112).Ob im Sinne des Paragraph 133, Absatz 2, Litera b, GSVG die persönliche Arbeitsleistung des Klägers zur Aufrechterhaltung seines Betriebes notwendig war, ist objektiv rückschauend im Hinblick auf den konkreten Betrieb zu prüfen (SSV-NF 5/114, 8/114, 11/45; 10 ObS 36/99p ua). Lediglich bei der erst in zweiter Linie zu beantwortenden Frage der Verweisbarkeit nach Paragraph 133, Absatz 2, GSVG (10 ObS 36/99p) auf eine Erwerbstätigkeit mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten ist die Tätigkeit maßgebend, die der Versicherte zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat vergleiche SSV-NF 9/22, 10/56 mwN). Der durch eine mindestens 60 Monate lang ausgeübte Erwerbstätigkeit erworbene Berufsschutz soll nicht durch eine nachfolgende, vor dem Stichtag ausgeübte kürzere Erwerbstätigkeit wieder verloren gehen vergleiche SSV-NF 4/93 = SZ 63/112).
Hat ein Versicherter durch mindestens 60 Kalendermonate mehrere selbständige Erwerbstätigkeiten ausgeübt, so ist auch im Rahmen des § 133 Abs 2 GSVG die Verweisung auf eine selbständige Erwerbstätigkeit, die nur Teilbereiche der bisher ausgeübten umfasst, zulässig, wenn nur für diesen Teilbereich die Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die der Versicherte bisher benötigte (SSV-NF 7/121, 9/22, 10/56).Hat ein Versicherter durch mindestens 60 Kalendermonate mehrere selbständige Erwerbstätigkeiten ausgeübt, so ist auch im Rahmen des Paragraph 133, Absatz 2, GSVG die Verweisung auf eine selbständige Erwerbstätigkeit, die nur Teilbereiche der bisher ausgeübten umfasst, zulässig, wenn nur für diesen Teilbereich die Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die der Versicherte bisher benötigte (SSV-NF 7/121, 9/22, 10/56).
Sollte sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen, dass die persönliche Arbeitsleistung des Klägers zur Aufrechterhaltung seines konkreten Betriebes nicht erforderlich war, dann wäre seine Verweisbarkeit nach § 133 Abs 2 GSVG nicht mehr zu prüfen, sondern seine Erwerbsunfähigkeit könnte allenfalls nur nach Maßgabe des § 133 Abs 1 GSVG vorliegen.Sollte sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen, dass die persönliche Arbeitsleistung des Klägers zur Aufrechterhaltung seines konkreten Betriebes nicht erforderlich war, dann wäre seine Verweisbarkeit nach Paragraph 133, Absatz 2, GSVG nicht mehr zu prüfen, sondern seine Erwerbsunfähigkeit könnte allenfalls nur nach Maßgabe des Paragraph 133, Absatz eins, GSVG vorliegen.
Zu all diesen Fragen sind, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, ergänzende Feststellungen zu treffen. Entgegen der Auffassung der Rekurswerberin ist die Sache keinesfalls im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens spruchreif.
Dem Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss musste daher ein Erfolg versagt bleiben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, ASGG.
Anmerkung
E56077 10C02529European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1999:010OBS00252.99B.1109.000Dokumentnummer
JJT_19991109_OGH0002_010OBS00252_99B0000_000