TE OGH 1999/11/9 10ObS254/99x

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Veröffentlicht am 09.11.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl. Ing. Walter Holzer und MR Mag. Gerhard Puschner (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Otto G*****, Pensionist, *****, vertreten durch Mag. Wolfgang Dlaska, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr. Paul Bachmann, Dr. Eva-Maria Bachmann und Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Pflegegeld, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Juli 1999, GZ 7 Rs 130/99p-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. Jänner 1999, GZ 31 Cgs 178/98b-7, zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, wonach der Pflegebedarf des Klägers durchschnittlich mehr als 160 Stunden monatlich beträgt und daher die Voraussetzungen für eine Anhebung des Pflegegeldes ab 1. 1. 1999 auf ein solches der Stufe 4 vorliegen, ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Ergänzend ist auszuführen:Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, wonach der Pflegebedarf des Klägers durchschnittlich mehr als 160 Stunden monatlich beträgt und daher die Voraussetzungen für eine Anhebung des Pflegegeldes ab 1. 1. 1999 auf ein solches der Stufe 4 vorliegen, ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, zweiter Satz ZPO). Ergänzend ist auszuführen:

Unstrittig ist, dass der an beiden Beinen gelähmte Kläger der Mobilitätshilfe im engeren Sinn bedarf und ohne Berücksichtigung des hierfür erforderlichen Pflegeaufwands einen solchen von durchschnittlich 145 Stunden monatlich benötigt; strittig ist nur, welcher Zeitwert für diese Mobilitätshilfe im Einzelfall zu veranschlagen ist und ob der Pflegebedarf dadurch die gesetzliche Grenze von 160 Stunden überschreitet.

Nach § 1 Abs 3 der neuen Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz - EinstV, BGBl II 1999/37, ist bei der Feststellung des zeitlichen Betreuungsaufwandes für Mobilitätshilfe im engeren Sinn, also insbesondere für die notwendige Unterstützung des Pflegebedürftigen bei allen gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Ortswechseln in der Wohnung sowie bei allen im Ablauf des täglichen Lebens vorkommenden Lagewechseln (Aufstehen, Niederlegen und Niedersetzen, Überwinden von Stufen im häuslichen Bereich, Umlagern bettlägeriger Menschen etc) von einem - auf einen Tag bezogenen - Richtwert von 30 Minuten auszugehen. Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, dass solche Richtwerte zwar grundsätzlich für die Sozialgerichte verbindlich sind, jedoch im Wesentlichen nur Durchschnittswerte angeben, die als Orientierungshilfe für die Rechtsanwendung dienen sollen und daher unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls sowohl über- als auch unterschritten werden können (SSV-NF 10/97 mwN; in diesem Sinne auch § 3 Abs 2 der neuen Richtlinien für die einheitliche Anwendung des Bundespflegegeldgesetzes, SozSi 1999, 360 - Amtliche Verlautbarung Nr 41/1999).Nach Paragraph eins, Absatz 3, der neuen Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz - EinstV, BGBl römisch II 1999/37, ist bei der Feststellung des zeitlichen Betreuungsaufwandes für Mobilitätshilfe im engeren Sinn, also insbesondere für die notwendige Unterstützung des Pflegebedürftigen bei allen gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Ortswechseln in der Wohnung sowie bei allen im Ablauf des täglichen Lebens vorkommenden Lagewechseln (Aufstehen, Niederlegen und Niedersetzen, Überwinden von Stufen im häuslichen Bereich, Umlagern bettlägeriger Menschen etc) von einem - auf einen Tag bezogenen - Richtwert von 30 Minuten auszugehen. Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, dass solche Richtwerte zwar grundsätzlich für die Sozialgerichte verbindlich sind, jedoch im Wesentlichen nur Durchschnittswerte angeben, die als Orientierungshilfe für die Rechtsanwendung dienen sollen und daher unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls sowohl über- als auch unterschritten werden können (SSV-NF 10/97 mwN; in diesem Sinne auch Paragraph 3, Absatz 2, der neuen Richtlinien für die einheitliche Anwendung des Bundespflegegeldgesetzes, SozSi 1999, 360 - Amtliche Verlautbarung Nr 41/1999).

Das Berufungsgericht hat überzeugend begründet, warum im konkreten Einzelfall der Betreuungsaufwand des Klägers im Rahmen der Mobilitätshilfe im engeren Sinn abweichend vom Richtwert (15 Stunden monatlich) 22,5 Stunden und damit sein gesamter durchschnittlicher Pflegebedarf mehr als 160 Stunden monatlich beträgt. Nicht nur die vollständige Lähmung beider Beine, sondern auch der weitere Umstand, dass der Kläger an 15 Tagen jedes Monats an einer massiven Schmerzhaftigkeit im Schulterbereich leidet und sich daher mangels entsprechender Einsetzbarkeit seiner Arme an diesen Tagen nicht ohne fremde Hilfe in den und aus dem Rollstuhl transferieren kann, rechtfertigen die Erhöhung des Pflegebedarfs gegenüber dem genannten Richtwert (vgl SSV-NF 11/118). Die Ansicht der Revisionswerberin, der Kläger benötige überhaupt nur an 15 Tagen im Monat Mobilitätshilfe im engeren Sinn, lässt die Feststellungen der Tatsacheninstanzen außer Acht und ist nicht zu teilen.Das Berufungsgericht hat überzeugend begründet, warum im konkreten Einzelfall der Betreuungsaufwand des Klägers im Rahmen der Mobilitätshilfe im engeren Sinn abweichend vom Richtwert (15 Stunden monatlich) 22,5 Stunden und damit sein gesamter durchschnittlicher Pflegebedarf mehr als 160 Stunden monatlich beträgt. Nicht nur die vollständige Lähmung beider Beine, sondern auch der weitere Umstand, dass der Kläger an 15 Tagen jedes Monats an einer massiven Schmerzhaftigkeit im Schulterbereich leidet und sich daher mangels entsprechender Einsetzbarkeit seiner Arme an diesen Tagen nicht ohne fremde Hilfe in den und aus dem Rollstuhl transferieren kann, rechtfertigen die Erhöhung des Pflegebedarfs gegenüber dem genannten Richtwert vergleiche SSV-NF 11/118). Die Ansicht der Revisionswerberin, der Kläger benötige überhaupt nur an 15 Tagen im Monat Mobilitätshilfe im engeren Sinn, lässt die Feststellungen der Tatsacheninstanzen außer Acht und ist nicht zu teilen.

Gegen die Erhöhung des dem Kläger zustehenden Pflegegeldes ab 1. 1. 1999 spricht auch nicht, wie die Revisionswerberin meint, dass die oben zitierte (neue) EinstV erst mit 1. 2. 1999 in Kraft getreten ist. Für die davor liegenden Zeiträume ist nämlich der mit der Mobilitätshilfe im engeren Sinn verbundene Bedarf im konkreten Einzelfall festzustellen (SSV-NF 8/79 = SZ 67/157; 10 ObS 370/98d). Es ist durchaus gerechtfertigt, diesen konkreten Bedarf auch im Monat Jänner 1999 mit 22,5 Stunden anzunehmen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Da im Revisionsverfahren keine Kosten verzeichnet wurden, hatte eine Kostenentscheidung zu entfallen.

Anmerkung

E56078 10C02549

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:010OBS00254.99X.1109.000

Dokumentnummer

JJT_19991109_OGH0002_010OBS00254_99X0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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