Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter DI Walter Holzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Andrea Svarc (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann R*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Februar 1999, GZ 7 Rs 23/99b-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 21. Oktober 1998, GZ 25 Cgs 123/97h-17, zum Teil abgeändert und zum Teil aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Teilurteil wird aufgehoben und die Sozialrechtssache auch in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der am 18. 5. 1947 geborene Kläger, der den Beruf des Maurers erlernt hat, war in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag überwiegend als Gemeindearbeiter tätig. Vom 1. 6. 1995 bis 31. 12. 1996 bezog er von der beklagten Partei eine befristete Invaliditätspension.
Der Kläger leidet unter anderem an ausgeprägten Rezidivnasenpolypen in beiden Nebenhöhlen im Rahmen einer chronisch-polypösen Rhinosinusitis. Die Nasenpolypen sollten umgehend einer operativen Sanierung unterzogen werden. Ohne Sanierung treten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zwei Wochen Krankenstände auf (ohne Überschneidung); nach der Sanierung ist aus HNO-fachärztlicher Sicht mit einer Woche Krankenstand zu rechnen. Aus lungenfachärztlicher Sicht ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit zwei Wochen und aus orthopädischer Sicht mit drei Wochen Krankenstand pro Jahr zu rechnen. Es ergeben sich somit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sieben Wochen Krankenstand im Falle der Nichtsanierung der Kieferhöhlen, ansonsten ergeben sich nach der Sanierung der Kieferhöhlen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sechs Wochen Krankenstand pro Jahr.
Das Erstgericht wies das auf Gewährung einer Invaliditätspension ab 1. 1. 1997 gerichtete Begehren des Klägers ab und sein weiteres Begehren auf Gewährung der vorzeitigen Alterspension bei geminderter Arbeitsfähigkeit zurück. Der Kläger könne zwar nicht mehr seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gemeindearbeiter verrichten, er müsse sich aber auf Grund des näher festgestellten medizinischen Leistungskalküls auf die Tätigkeiten eines Telefonisten, Parkgaragenkassiers und Kontrollarbeiters in der Elektronikindustrie verweisen lassen. Die zu erwartenden Krankenstände erreichten nur ein Ausmaß von sechs Wochen, weil dem Kläger die Sanierung der Nasennebenhöhlen jedenfalls zumutbar sei und er im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht auch dazu verpflichtet sei.
Das Berufungsgericht gab der gegen die Abweisung des Begehrens auf Invaliditätspension erhobenen Berufung des Klägers Folge. Mit Teilurteil änderte es die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, dass es den Anspruch des Klägers auf Leistung der Invaliditätspension für die Zeit vom 1. 1. 1997 bis 31. 12. 1998 als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannte und der beklagten Partei die Leistung einer vorläufigen Zahlung von S 8.000,-- monatlich auftrug. Im übrigen (Begehren des Klägers auf Invaliditätspension ab 1. 1. 1999) gab es der Berufung mit Beschluss Folge, hob das Ersturteil in diesem Umfang auf und trug dem Erstgericht diesbezüglich eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Das Berufungsgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Beklagte habe im Verfahren in erster Instanz nicht eingewendet, dass beim Kläger durch eine zumutbare Behandlung (Operation der Nasenpolypen) die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invaliditätspension (prognostizierte Krankenstände von sieben Wochen) wegfielen. Den Versicherungsträger treffe diesbezüglich aber die Behauptungs- und die Beweislast. Auf die vom Erstgericht "überschießend" getroffenen Feststellungen über die Zumutbarkeit der Operation sei daher nicht Bedacht zu nehmen, sodass im Sinne der ständigen Rechtsprechung auf Grund der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit prognostizierten Krankenstände im Ausmaß von zumindest sieben Wochen jährlich der Kläger vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen sei und ihm daher die begehrte Invaliditätspension zustehe. Nach § 256 Abs 1 ASVG idF BGBl 1996/201 gebühre die Invaliditätspension längstens für die Dauer von 24 Monaten ab dem Stichtag. Ohne zeitliche Befristung sei die Pension gemäß Abs 2 dieser Gesetzesstelle nur dann zuzuerkennen, wenn auf Grund des körperlichen oder geistigen Zustandes dauernde Invalidität anzunehmen sei. Da das Erstgericht keine Feststellungen zur Frage des Vorliegens einer dauernden Invalidität des Klägers getroffen habe, sei dem Kläger durch Teilurteil die Invaliditätspension gemäß § 256 Abs 1 ASVG für die Dauer von 24 Monaten zuzuerkennen.Das Berufungsgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Beklagte habe im Verfahren in erster Instanz nicht eingewendet, dass beim Kläger durch eine zumutbare Behandlung (Operation der Nasenpolypen) die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invaliditätspension (prognostizierte Krankenstände von sieben Wochen) wegfielen. Den Versicherungsträger treffe diesbezüglich aber die Behauptungs- und die Beweislast. Auf die vom Erstgericht "überschießend" getroffenen Feststellungen über die Zumutbarkeit der Operation sei daher nicht Bedacht zu nehmen, sodass im Sinne der ständigen Rechtsprechung auf Grund der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit prognostizierten Krankenstände im Ausmaß von zumindest sieben Wochen jährlich der Kläger vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen sei und ihm daher die begehrte Invaliditätspension zustehe. Nach Paragraph 256, Absatz eins, ASVG in der Fassung BGBl 1996/201 gebühre die Invaliditätspension längstens für die Dauer von 24 Monaten ab dem Stichtag. Ohne zeitliche Befristung sei die Pension gemäß Absatz 2, dieser Gesetzesstelle nur dann zuzuerkennen, wenn auf Grund des körperlichen oder geistigen Zustandes dauernde Invalidität anzunehmen sei. Da das Erstgericht keine Feststellungen zur Frage des Vorliegens einer dauernden Invalidität des Klägers getroffen habe, sei dem Kläger durch Teilurteil die Invaliditätspension gemäß Paragraph 256, Absatz eins, ASVG für die Dauer von 24 Monaten zuzuerkennen.
Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Begehrens des Klägers auf Invaliditätspension ab 1. 1. 1999 sei das Verfahren zu der Frage, ob beim Kläger das Vorliegen einer dauernden Invaliditäts anzunehmen sei, ergänzungsbedürftig. Sollte die Beklagte im fortgesetzten Verfahren nunmehr einwenden, dass der Zustand des Klägers durch eine zumutbare Behandlung gebessert werden könne, werde im Sinne der ständigen Rechtsprechung zu berücksichtigen sein, dass die Frage, ob ein operativer Eingriff zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zumutbar sei oder die Grenzen des Zumutbaren überschreite, jeweils nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles entschieden werden könne, wobei insbesondere auf die mit der Maßnahme verbundenen Gefahren, die Erfolgsaussichten einer Behandlung oder Operation, die Schwere des Eingriffes und seine Folge unter Berücksichtigung auch einer erforderlichen Nachbehandlung sowie die damit verbundenen Schmerzen Bedacht zu nehmen sei. Müsse ein Versicherter die Zweckmäßigkeit und Zumutbarkeit einer Operation erstmals während des Verfahrens auf Zuerkennung der Invaliditätspension ernstlich in Betracht zu ziehen, sei es ihm erst nach Ablauf einer vierwöchigen Überlegungsfrist als Verschulden zuzurechnen, wenn er sich der Operation nicht unterziehe. Entscheidend sei daher, wann seine Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt gewesen wäre, wenn er spätestens nach Ablauf der Überlegungsfrist versucht hätte, in die allgemeine Gebührenklasse einer für ihn mit Rücksicht auf seinen Wohnort in Betracht kommenden öffentlichen Krankenanstalt aufgenommen zu werden. Zum Zeitraum bis zur Aufnahme in die Krankenanstalt sei noch die Zeit nach der Operation bis zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit hinzuzurechnen, um den Tag, bis zu dem der Versicherte Anspruch auf die Invaliditätspension habe, bestimmen zu können.
Über entsprechende Einwendung der Beklagten im fortgesetzten Verfahren werde daher der HNO-Sachverständige zu befragen sein, ob er den Kläger bereits bei der Untersuchung im März 1998 auf die Notwendigkeit der Operation der Polypen hingewiesen habe oder ob eine Erörterung auch der Zumutbarkeit dieser Operation mit dem Kläger erst in der mündlichen Gutachtenserörterung am 21. 10. 1998 erfolgt sei. Weiters sei zu klären, welche Gefahren mit der Operation der Polypen verbunden seien, die Erfolgsaussichten, die Schwere des Eingriffs, seine Folgen, die erforderliche Nachbehandlung, die damit verbundenen Schmerzen, die zeitliche Möglichkeit, den Eingriff in der allgemeinen Gebührenklasse einer für den Kläger in Betracht kommenden Krankenanstalt durchführen zu lassen. Weiters seien auch Feststellungen über die Dauer des Krankenhausaufenthaltes, des Krankenstandes und die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Verbesserungen des Leistungskalküls zu treffen.
Gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, diese Entscheidung im klageabweisenden Sinne abzuändern oder sie hilfsweise aufzuheben und die Rechtssache auch insoweit an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Auszugehen ist davon, dass nach der auch von den Parteien nicht in Zweifel gezogenen ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates in Zukunft trotz zumutbarer Krankenbehandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartende leidensbedingte Krankenstände von sieben Wochen oder mehr einen Versicherten vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließen, während dies bei einer Krankenstandsdauer von sechs Wochen jährlich noch nicht angenommen wird (SSV-NF 10/14 mwN uva). Nach § 87 Abs 1 ASGG hat das Gericht sämtliche notwendig erscheinenden Beweise von Amts wegen aufzunehmen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senates besteht in der Frage des Ausschlusses vom Arbeitsmarkt infolge von Krankenständen die Verpflichtung zur amtswegigen Beweisaufnahme, wenn sich aus dem Vorbringen, den Beweisergebnissen oder dem Akteninhalt Hinweise für die in der Zukunft zu erwartenden Krankenstände ergeben. In diesem Fall ist das Gericht von Amts wegen verpflichtet, entscheidungswesentliche Tatumstände in seine Überprüfung einzubeziehen (10 ObS 297/97t; 10 ObS 40,41/96 mwN uva).Auszugehen ist davon, dass nach der auch von den Parteien nicht in Zweifel gezogenen ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates in Zukunft trotz zumutbarer Krankenbehandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartende leidensbedingte Krankenstände von sieben Wochen oder mehr einen Versicherten vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließen, während dies bei einer Krankenstandsdauer von sechs Wochen jährlich noch nicht angenommen wird (SSV-NF 10/14 mwN uva). Nach Paragraph 87, Absatz eins, ASGG hat das Gericht sämtliche notwendig erscheinenden Beweise von Amts wegen aufzunehmen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senates besteht in der Frage des Ausschlusses vom Arbeitsmarkt infolge von Krankenständen die Verpflichtung zur amtswegigen Beweisaufnahme, wenn sich aus dem Vorbringen, den Beweisergebnissen oder dem Akteninhalt Hinweise für die in der Zukunft zu erwartenden Krankenstände ergeben. In diesem Fall ist das Gericht von Amts wegen verpflichtet, entscheidungswesentliche Tatumstände in seine Überprüfung einzubeziehen (10 ObS 297/97t; 10 ObS 40,41/96 mwN uva).
Es trifft zu, dass nach der Rechtsprechung des erkennenden Senates den Versicherungsträger im Allgemeinen nicht nur die Beweislast, sondern auch die Behauptungslast dafür trifft, dass die Voraussetzungen für die weitere Zuerkennung der Pensionsleistung nicht mehr gegeben sind, wenn (sobald) sich der Versicherte einer ihm zumutbaren Behandlung unterzieht und die sich aus § 87 Abs 1 ASGG ergebende Verpflichtung des Gerichtes, alle notwendigen Beweise von Amts wegen aufzunehmen, sich nur innerhalb der - wenngleich weit zu steckenden - Grenzen des Parteivorbringens zu bewegen hat (SSV-NF 12/78 mwN ua). Die Entscheidungen, in denen diese Rechtsprechung entwickelt wurde, betrafen allerdings nicht die hier streitgegenständliche Frage der Zumutbarkeit einer Operation im Rahmen der Krankenstandsprognose. Für die Beurteilung der Frage, ob in der Zukunft zu erwartende Krankenstände den Versicherten vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließen, wurde vom erkennenden Senat die Rechtsprechung entwickelt, dass in Zukunft trotz zumutbarer Krankenbehandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartende leidensbedingte Krankenstände von 7 Wochen oder mehr einen Versicherten vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließen. Schon das Wort "Krankenstand" deutet auf eine "Krankheit", also einen behandlungsbedürftigen Zustand des Versicherten hin und es soll daher nach der zitierten Rechtsprechung ein Versicherter erst dann als vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen gelten, wenn für ihn trotz zumutbarer Krankenbehandlung leidensbedingte Krankenstände von 7 Wochen oder mehr zu erwarten sind. Die Frage, ob bzw inwieweit eine zumutbare Krankenbehandlung die für den Versicherten prognostizierten Krankenstände ihrer Häufigkeit und Dauer nach herabsetzen würde, ist damit aber ein immanenter Teil der für die Beurteilung eines Ausschlusses des Versicherten vom allgemeinen Arbeitsmarkt maßgebenden Krankenstandsprognose.Es trifft zu, dass nach der Rechtsprechung des erkennenden Senates den Versicherungsträger im Allgemeinen nicht nur die Beweislast, sondern auch die Behauptungslast dafür trifft, dass die Voraussetzungen für die weitere Zuerkennung der Pensionsleistung nicht mehr gegeben sind, wenn (sobald) sich der Versicherte einer ihm zumutbaren Behandlung unterzieht und die sich aus Paragraph 87, Absatz eins, ASGG ergebende Verpflichtung des Gerichtes, alle notwendigen Beweise von Amts wegen aufzunehmen, sich nur innerhalb der - wenngleich weit zu steckenden - Grenzen des Parteivorbringens zu bewegen hat (SSV-NF 12/78 mwN ua). Die Entscheidungen, in denen diese Rechtsprechung entwickelt wurde, betrafen allerdings nicht die hier streitgegenständliche Frage der Zumutbarkeit einer Operation im Rahmen der Krankenstandsprognose. Für die Beurteilung der Frage, ob in der Zukunft zu erwartende Krankenstände den Versicherten vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließen, wurde vom erkennenden Senat die Rechtsprechung entwickelt, dass in Zukunft trotz zumutbarer Krankenbehandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartende leidensbedingte Krankenstände von 7 Wochen oder mehr einen Versicherten vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließen. Schon das Wort "Krankenstand" deutet auf eine "Krankheit", also einen behandlungsbedürftigen Zustand des Versicherten hin und es soll daher nach der zitierten Rechtsprechung ein Versicherter erst dann als vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen gelten, wenn für ihn trotz zumutbarer Krankenbehandlung leidensbedingte Krankenstände von 7 Wochen oder mehr zu erwarten sind. Die Frage, ob bzw inwieweit eine zumutbare Krankenbehandlung die für den Versicherten prognostizierten Krankenstände ihrer Häufigkeit und Dauer nach herabsetzen würde, ist damit aber ein immanenter Teil der für die Beurteilung eines Ausschlusses des Versicherten vom allgemeinen Arbeitsmarkt maßgebenden Krankenstandsprognose.
Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht zu dieser Frage von Amts wegen Beweise aufgenommen und Feststellungen getroffen. Es trifft zu, dass nach herrschender Rechtsprechung sogenannte "überschießende" Feststellungen nur dann berücksichtigt werden dürfen, wenn sie sich im Rahmen des geltend gemachten Klagsgrundes oder der erhobenen Einwendungen halten (RIS-Justiz RS0040318; RS0037972 uva; für eine weitergehende Berücksichtigung Fasching, ZPR2 Rz 661, 899). Auch unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung sind jedoch die vom Erstgericht zur Frage der Zumutbarkeit einer Operation und ihrer Auswirkung auf die prognostizierten Krankenstandsdauer getroffenen Feststellungen auf jeden Fall beachtlich, weil sie entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes in den Rahmen der von der beklagten Partei erhobenen Einwendungen, nämlich der Bestreitung der Invalidität des Klägers, fallen.
Das Berufungsgericht hat in seinem Aufhebungsbeschluss die Kriterien, nach denen zu beurteilen ist, ob ein operativer Eingriff zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zumutbar ist, im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zutreffend dargelegt (SSV-NF 2/33; 4/23; 6/13; 6/14; 7/8 ua). Danach kann die Frage, ob ein operativer Eingriff zumutbar ist oder die Grenze des Zumutbaren überschreitet, jeweils nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles entschieden werden, wobei insbesondere auf die mit der Maßnahme verbundenen Gefahren, die Erfolgsaussichten einer Behandlung oder Operation, die Schwere des Eingriffes und seine Folgen unter Berücksichtung auch einer erforderlichen Nachbehandlung sowie die damit verbundenen Schmerzen Bedacht zu nehmen ist. Bei der "Feststellung" des Erstgerichtes, dass dem Kläger die Operation der Nasenpolypen zumutbar sei, handelt es sich um eine rechtliche Beurteilung, wofür jedoch nach zutreffender Ansicht des Berufungsgerichtes die erforderlichen Tatsachenfeststellungen im Sinne der soeben dargelegten Ausführungen fehlen.
Das Berufungsgericht hat weiters zutreffend darauf hingewiesen, dass auch im Bereich des Sozialversicherungsrechtes nur eine schuldhafte, also eine zumindest leicht fahrlässige Verletzung der Mitwirkungspflicht für das Bestehen eines Anspruches von Bedeutung ist. Das Berufungsgericht hat auch die von der Judikatur entwickelten Grundsätze für die Verpflichtung eines Versicherten, sich einer zumutbaren Behandlung zu unterziehen, um gesundheitsbedingten Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit entgegenzuwirken bzw eine gesundheitsbedingt bestehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit zu beseitigen, dargestellt. Grundsätzlich ist danach dem Versicherten dann, wenn die Möglichkeit besteht, den bestehenden Leidenszustand durch eine an sich zumutbare Operation entscheidend zu bessern, gerechnet von dem Zeitpunkt, in dem er erstmalig von der Möglichkeit eines solchen Eingriffes erfährt, eine bestimmte Überlegungsfrist, die etwa in der Entscheidung SSV-NF 6/13 mit 4 Wochen angenommen wurde, einzuräumen. Zu berücksichtigen sei überdies nach Ablauf der Überlegungsfrist die ab der Anmeldung bis zu einem Operationstermin liegende Zeit sowie die Zeit der notwendigen Nachbehandlung und allfällig erforderlichen Rehabilitation.
Diese Grundsätze können aber nicht in gleicher Weise auf alle Fälle, in denen im Zusammenhang mit der Frage eines Pensionsanspruches wegen geminderter Arbeitsfähigkeit eine operative Behandlung in Frage steht, übertragen werden. In der Entscheidung SSV-NF 6/13 stand eine operative Versteifung des Sprunggelenks und damit ein Eingriff in Frage, der zwar geeignet war, die Arbeitsfähigkeit positiv zu beeinflussen, der jedoch eine Auswirkung auf die körperliche Integrität auf Dauer zur Folge hatte. In der Entscheidung SSV-NF 7/8 wurde ausgesprochen, dass dem Kläger die Vornahme einer Bandscheibenoperation zumutbar sei, um seinen Gesundheitszustand so weit zu bessern, dass er wieder in der Lage sei, einer entsprechenden Arbeitstätigkeit nachzugehen. In diesen Fällen wurde den Versicherten eine Überlegungsfrist von einem Monat zur Entscheidung über die Durchführung des operativen Eingriffes zugebilligt. Entscheidend war aber in diesen Fällen, dass bei den Versicherten im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt Invalidität bestand und sie ausgehend vom aktuell erhobenen Zustand nicht in der Lage waren, eine in Frage kommende Tätigkeit auszuüben.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich von diesen Sachverhalten. Vorerst ist zu berücksichtigen, dass es sich, verglichen mit den den bisherigen Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen, um einen verhältnismäßig kleinen Eingriff handelt, der mit relativ geringen Belastungen verbunden ist und auch zu keinen bleibenden Veränderungen der körperlichen Integrität führt. Handelt es sich aber um eine operative Behandlung geringen Umfanges - die Aktenunterlagen weisen darauf hin, dass der Eingriff ambulant in einer Tagesklinik durchgeführt werden kann - dann besteht keine Grundlage dafür, dem Versicherten eine längere Überlegungsfrist für einen Entschluss zu dieser Operation einzuräumen.
Dazu kommt, dass beim Kläger ausgehend vom derzeit bestehenden Zustand grundsätzlich keine Invalidität besteht; er ist in der Lage, einer in Frage kommenden Tätigkeit nachzugehen. Ein Ausschluss vom Arbeitsmarkt könnte sich nur daraus ergeben, dass beim Kläger Krankenstände in einem Ausmaß zu erwarten sind, die die Ausübung einer geregelten Beschäftigung nicht ermöglichen. Handelt es sich aber um die Frage von Krankenständen, so ist der Versicherte in noch höherem Maß als dann, wenn ein die Arbeitsfähigkeit ausschließender Dauerzustand besteht, verpflichtet, von sich aus alles zu unternehmen, um den Zustand durch eine entsprechende medizinische Behandlung zu verbessern. Dass der Gesetzgeber in diesem Fall eine besondere Mitwirkung des Versicherten fordert, kommt insbesondere in § 143 Abs 6 ASVG zum Ausdruck. So ordnen Z 2 und 3 leg cit an, dass der Versicherungsträger verfügen kann, dass das Krankengeld auf Dauer oder für eine bestimmte Zeit oder zur Gänze ruht, wenn der Versicherte trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 144 Abs 2 die Anstaltspflege ablehnt oder der wiederholt unter anderem Anordnungen des behandelnden Arztes verletzt hat. Wohl beziehen sich diese Bestimmungen unmittelbar nur auf den Anspruch auf Krankengeld, doch kann hieraus der allgemeine Grundsatz abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber vom Versicherten fordert, sich einer zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlichen Behandlung zu unterziehen. Es obliegt dem Versicherten in diesem Zusammenhang, von sich aus tätig zu werden und die notwendige ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Abzustellen ist hier nicht darauf, ob dem Versicherten die Möglichkeit einer ärztlichen Behandlung von dritter Seite mitgeteilt wird, sondern ob er bei Einhaltung der ihm obliegenden Verpflichtungen zur Inanspruchnahme der erforderlichen Krankenbehandlung hievon Kenntnis erlangen konnte. Dabei werden insbesondere auch die eigenen Angaben des Klägers gegenüber dem HNO-Sachverständigen anlässlich der am 18. 3. 1998 erfolgten Untersuchung zu berücksichtigen sein, wonach sich der Kläger bereits vor ca 3-4 Jahren nach Rücksprache mit seinem HNO-Arzt einer Nasenpolypenoperation unterzogen hat (vgl Seite 2 in ON 10). Erst nach Vorliegen entsprechender Feststellungen zu dieser beschriebenen Mitwirkungspflicht des Klägers wird beurteilt werden können, von welcher voraussichtlichen Krankenstandsdauer beim Kläger im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ab 1. 1. 1997 auszugehen ist.Dazu kommt, dass beim Kläger ausgehend vom derzeit bestehenden Zustand grundsätzlich keine Invalidität besteht; er ist in der Lage, einer in Frage kommenden Tätigkeit nachzugehen. Ein Ausschluss vom Arbeitsmarkt könnte sich nur daraus ergeben, dass beim Kläger Krankenstände in einem Ausmaß zu erwarten sind, die die Ausübung einer geregelten Beschäftigung nicht ermöglichen. Handelt es sich aber um die Frage von Krankenständen, so ist der Versicherte in noch höherem Maß als dann, wenn ein die Arbeitsfähigkeit ausschließender Dauerzustand besteht, verpflichtet, von sich aus alles zu unternehmen, um den Zustand durch eine entsprechende medizinische Behandlung zu verbessern. Dass der Gesetzgeber in diesem Fall eine besondere Mitwirkung des Versicherten fordert, kommt insbesondere in Paragraph 143, Absatz 6, ASVG zum Ausdruck. So ordnen Ziffer 2 und 3 leg cit an, dass der Versicherungsträger verfügen kann, dass das Krankengeld auf Dauer oder für eine bestimmte Zeit oder zur Gänze ruht, wenn der Versicherte trotz Vorliegens der Voraussetzungen des Paragraph 144, Absatz 2, die Anstaltspflege ablehnt oder der wiederholt unter anderem Anordnungen des behandelnden Arztes verletzt hat. Wohl beziehen sich diese Bestimmungen unmittelbar nur auf den Anspruch auf Krankengeld, doch kann hieraus der allgemeine Grundsatz abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber vom Versicherten fordert, sich einer zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlichen Behandlung zu unterziehen. Es obliegt dem Versicherten in diesem Zusammenhang, von sich aus tätig zu werden und die notwendige ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Abzustellen ist hier nicht darauf, ob dem Versicherten die Möglichkeit einer ärztlichen Behandlung von dritter Seite mitgeteilt wird, sondern ob er bei Einhaltung der ihm obliegenden Verpflichtungen zur Inanspruchnahme der erforderlichen Krankenbehandlung hievon Kenntnis erlangen konnte. Dabei werden insbesondere auch die eigenen Angaben des Klägers gegenüber dem HNO-Sachverständigen anlässlich der am 18. 3. 1998 erfolgten Untersuchung zu berücksichtigen sein, wonach sich der Kläger bereits vor ca 3-4 Jahren nach Rücksprache mit seinem HNO-Arzt einer Nasenpolypenoperation unterzogen hat vergleiche Seite 2 in ON 10). Erst nach Vorliegen entsprechender Feststellungen zu dieser beschriebenen Mitwirkungspflicht des Klägers wird beurteilt werden können, von welcher voraussichtlichen Krankenstandsdauer beim Kläger im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ab 1. 1. 1997 auszugehen ist.
Erst nach Klärung dieser Frage wird gemäß § 256 Abs 1 und 2 ASVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl 1996/201 (vgl § 563 Abs 1 Z 4 ASVG) allenfalls auch zu beurteilen sein, ob dem Kläger ein Anspruch auf eine zeitlich begrenzte oder unbegrenzte Invaliditiätspension zusteht, wobei nach Abs 2 der zitierten Gesetzesstelle Voraussetzung für einen Zuspruch einer Invaliditätspension ohne zeitliche Befristung das Vorliegen einer dauernden Invalidität wäre.Erst nach Klärung dieser Frage wird gemäß Paragraph 256, Absatz eins und 2 ASVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl 1996/201 vergleiche Paragraph 563, Absatz eins, Ziffer 4, ASVG) allenfalls auch zu beurteilen sein, ob dem Kläger ein Anspruch auf eine zeitlich begrenzte oder unbegrenzte Invaliditiätspension zusteht, wobei nach Absatz 2, der zitierten Gesetzesstelle Voraussetzung für einen Zuspruch einer Invaliditätspension ohne zeitliche Befristung das Vorliegen einer dauernden Invalidität wäre.
Die aufgezeigten Feststellungsmängel führen zu einer Aufhebung des vom Berufungsgericht erlassenen Teilurteiles und zur Rückverweisung der Sozialrechtssache auch in diesem Umfang an das Prozessgericht erster Instanz.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.
Anmerkung
E57040 10C02539European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1999:010OBS00253.99Z.1109.000Dokumentnummer
JJT_19991109_OGH0002_010OBS00253_99Z0000_000